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Erscheinung:15.02.2016 | Thema Risikomanagement Trennbanken: Auslegungshilfe zum Abschirmungsgesetz

Die BaFin hat gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank eine Auslegungshilfe zu Artikel 2 des Abschirmungsgesetzes erarbeitet. Sie konkretisiert die Vorgaben des Abschirmungsgesetzes zur Risikoanalyse der Kreditinstitute und hat somit eine hohe praktische Relevanz. Die Auslegungshilfe stand bis Ende Januar zur Konsultation. Die BaFin wird die Stellungnahmen auswerten und die Auslegungshilfe anschließend formell veröffentlichen.

Systemrelevante Kreditinstitute

Seit der Finanzkrise bemühen sich Regulatoren und Aufseher international auf verschiedenen Ebenen um Lösungen für das sogenannte Too-Big-to-Fail-Problem, also das Phänomen, dass einige Banken so groß, so komplex, so stark mit anderen Marktteilnehmern verwoben oder in ihren Funktionen so unersetzbar sind, dass ihr Scheitern den gesamten Finanzmarkt erschüttern könnte.

So wurden beispielsweise Regelungen zur Sanierung und Abwicklung solcher systemrelevanter Institute etabliert. Ein weiterer Mosaikstein für die Lösung des Too-Big-to-Fail-Problems sind Trennbankenregelungen. Sie sollen die Vernetzung großer Banken reduzieren, deren Komplexität verringern und so eine bessere Abwicklungsfähigkeit systemrelevanter Banken erreichen. Die Abtrennung soll zudem verhindern, dass Banken ab einer bestimmten Größenordnung durch Verluste im Investmentgeschäft in eine finanzielle Schieflage geraten und diese Spekulationsverluste die Einlagen der Kunden gefährden. Auch soll sie eine risikogerechte Bepreisung riskanter Geschäfte bewirken und Fehlanreize vermeiden.

Trennbankenregelungen
Trennbankenregelungen befassen sich mit der Trennung bestimmter riskanter Geschäfte vom Einlagen- und Kreditgeschäft. Sie verbieten es Einlagenkreditinstituten ab einer bestimmten Größenordnung, riskante Geschäfte zu betreiben, und zwar insbesondere solche, die nicht mit einem Kundenauftrag in Beziehung stehen.

Abschirmungsgesetz

Mit dem Abschirmungsgesetz, das bereits am 14. Januar 2014 in Kraft getreten ist, hat Deutschland früher als viele andere Staaten Trennbankenregelungen eingeführt und somit eine international führende Rolle übernommen. Das Abschirmungsgesetz verlangt von großen Banken, Eigengeschäftsaktivitäten und andere riskante Geschäfte zu beenden oder sie vom Einlagen- und Kreditgeschäft abzutrennen.

Das Gesetz hat weitreichende Verbotstatbestände in § 3 Absatz 2 des Kreditwesengesetzes (KWG) eingefügt. Sie betreffen Eigengeschäfte, Kredit- und Garantiegeschäfte mit bestimmten Hedgefonds und europäischen wie ausländischen alternativen Investmentfonds (AIF) sowie den Hochfrequenzhandel, soweit er nicht als Market-Making1 betrieben wird. Das Verbot gilt nicht für Geschäfte, die der Absicherung von Geschäften mit Kunden, der Zins-, Währungs- und Liquiditätssteuerung des Instituts oder dem Erwerb oder der Veräußerung langfristig angelegter Beteiligungen dienen.

Das Gesetz erfasst CRR-Kreditinstitute2 und Unternehmen im Gruppenverbund mit CRR-Unternehmen, deren Handelsbestand und Liquiditätsreserve größer als 100 Milliarden Euro sind (absoluter Schwellenwert) oder in den letzten drei Geschäftsjahren 20 Prozent der Bilanzsumme überschritten und mindestens 90 Milliarden Euro erreicht haben (relativer Schwellenwert). Damit sind die Schwellenwerte, die auf Handelsaktivitäten abstellen, nicht deckungsgleich mit dem Kreis der verbotenen Geschäfte. Für kleinere Kreditinstitute, die unterhalb der Schwellenwerte die genannten Geschäfte betreiben, gilt das Verbot also nicht.

Die von dem Abschirmungsgesetz betroffenen Kreditinstitute mussten bis zum 31. Dezember 2015 ihre verbotenen Geschäfte im Wege einer Risikoanalyse ermitteln. Die nach derzeitigem Stand voraussichtlich elf Institute, die unter den Anwendungsbereich des Abschirmungsgesetzes fallen, haben nun bis zum 1. Juli 2016 Zeit, diese Geschäfte zu beenden oder auf ein wirtschaftlich, organisatorisch und rechtlich eigenständiges Finanzhandelsinstitut zu übertragen. Unabhängig davon, ob die Schwellenwerte überschritten sind, kann die BaFin außerdem ab diesem Zeitpunkt anordnen, dass die Institute darüber hinaus weitere besonders risikoreiche Geschäfte einstellen oder übertragen müssen (Einzelfallbefugnis). Dies kommt in Frage, wenn die Geschäfte die Solvenz des Kreditinstituts zu gefährden drohen, und kann auch das Market-Making betreffen. Wer verbotene Geschäfte betreibt, muss mit einer Freiheits- oder Geldstrafe rechnen.

Auslegungshilfe

Die Auslegungshilfe der BaFin bietet den Instituten Anhaltspunkte für die Durchführung ihrer Risikoanalyse und die Implementierung des anschließenden Compliance-Prozesses für die Identifizierung der verbotenen Geschäfte. Zudem können sich die Strafverfolgungsbehörden bei der strafrechtlichen Bewertung von Sachverhalten an der Auslegungshilfe orientieren. BaFin und Deutsche Bundesbank haben bei der Erstellung die bisherige aufsichtliche Praxis berücksichtigt. Einzelne Auslegungshinweise gehen aber darüber hinaus. Im Vorfeld fand ein intensiver Dialog mit Verbands- und Institutsvertretern statt, an dem die EZB als Beobachter teilnahm.

Eine der Fragen, mit denen sich die Auslegungshilfe befasst, ist die Abgrenzung des verbotenen vom erlaubten Geschäft, die die Kreditinstitute bei der Risikoanalyse vornehmen müssen. Dies kann sich in der Praxis schwierig gestalten. Die Begriffe des Eigengeschäfts und des Eigenhandels knüpfen an die Kategorisierung an, die sich in den Hinweisen der BaFin zu den Tatbeständen des Eigenhandels und des Eigengeschäfts finden. Das Eigengeschäft ist unabhängig von seinem tatsächlichen Risikogehalt verboten.

Für die Frage, was unter dem verbotenen Kredit- und Garantiegeschäft mit alternativen Investmentfonds zu verstehen ist, ist auf die enge Begriffsbestimmung nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 KWG (Kreditgeschäft) beziehungsweise § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 KWG (Garantiegeschäft) zurückzugreifen. Kredit- und Garantiegeschäfte mit AIF sind erfasst, wenn sie in beträchtlichem Umfang Leverage einsetzen, also Hebelgeschäfte. Die Institute müssen über angemessene Prozesse verfügen, um die Einhaltung der Anlagebedingungen überprüfen zu können. Schließlich beantworten die Auslegungshinweise auch die Frage, ob beziehungsweise in welchen Fällen Kredit- und Garantiegeschäfte mit Zweck- und Objektgesellschaften wirtschaftlich den verbotenen Geschäften mit AIF zuzurechnen sind.

Internationale Trennbankenregelungen

Neben dem Abschirmungsgesetz gibt es international eine Reihe weiterer Trennbankenregelungen, zum Beispiel den Dodd-Frank Act mit der sogenannten Volcker Rule in den USA und den Financial Services Act in Großbritannien, der auf einem Vorschlag der Independent Commission on Banking unter dem Vorsitz des bekannten Ökonomos Sir John Vickers basiert.

Die Europäische Kommission setzte 2012 eine Expertengruppe unter Federführung des finnischen Zentralbankpräsidenten Erkki Liikanen (Liikanen-Gruppe) ein. Ihre Empfehlungen sind in den Verordnungsentwurf für eine Bankenstrukturreform eingeflossen, über den der Rat der Europäischen Union, das Europäische Parlament und die Kommission noch verhandeln werden. Die vorgeschlagenen Regeln unterscheiden sich teilweise von denen des Abschirmungsgesetzes, sind ihrer grundsätzlichen Ausrichtung nach aber vergleichbar.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Fußnoten:

  1. 1 Beim Market-Making stellen Marktteilnehmer auf dem Kapitalmarkt verbindliche An- und Verkaufskurse für ein Finanzinstrument. Sie sorgen so für regelmäßige und kontinuierliche Liquidität auf dem Markt.
  2. 2 Kreditinstitute, die der europäischen Eigenmittelverordnung (Capital Requirements RegulationCRR) unterliegen.
Autor: Dr. Andrea Stubbe, BaFin

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