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Erscheinung:15.09.2016 | Thema Verbraucherschutz, Zulassung Fintechs: Adressatengerechte Kommunikation - Umgang der BaFin mit innovativen Unternehmen

Das Thema „Fintechs“ treibt die gesamte Finanzbranche nun schon seit einiger Zeit um. Wiederholt hat sich gezeigt, dass hier unterschiedliche Kulturen und Perspektiven aufeinandertreffen. Manche Innovatoren empfinden die Regeln, die – aus gutem Grund – für die Finanzbranche gelten, als Bremsklotz, wenn sie selbst beim Markteintritt oder im laufenden Geschäft davon betroffen sind. Das liegt in der Natur der Sache, denn innovative Unternehmen wie Fintechs sind meist durch eine Start-up-Kultur geprägt. Sie sind von ihrer Geschäftsidee überzeugt und wollen diese möglichst schnell in die Tat umsetzen.

Der Gesetzgeber denkt in anderen Kategorien: Er muss die Finanzstabilität und den Schutz der Verbraucher im Blick haben. Die BaFin wiederum hat die Pflicht, die geltenden Regeln anzuwenden. Und dabei hat sie – anders als manch andere europäische Aufsichtsbehörde – aufgrund potenzieller Interessenkonflikte keinen Auftrag zu Wirtschaftsförderung.

Trotz oder gerade wegen dieser unterschiedlichen Perspektiven hat die BaFin die Notwendigkeit einer technologie- und innovationsfreundlichen Verwaltungspraxis erkannt, sprich: einer adressatengerechten Kommunikation mit den Unternehmern. Diese muss nicht nur verständlich sein, sondern auch schnell und somit – soweit es die technischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen erlauben – elektronisch.

Um dies umzusetzen, hat die BaFin vor einigen Monaten eine interne Projektgruppe ins Leben gerufen. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick darüber, was sich seitdem getan hat.

Definition: Fintechs

Eine klare Definition des Begriffs „FinTechs“ existiert bisher nicht. Als Kombination aus den Worten „Financial Services“ und „Technology“ versteht man unter FinTechs gemeinhin junge Unternehmen, die mit Hilfe technologiebasierter Systeme spezialisierte und besonders kundenorientierte Finanzdienstleistungen anbieten. FinTechs folgen damit dem Trend zur Digitalisierung und Personalisierung und treiben gleichzeitig den digitalen Fortschritt im Finanzmarkt voran. Sie setzen dabei insbesondere auf kundenfreundliche, schnelle und bequeme Anwendungen für den Nutzer. FinTechs treten allerdings nicht nur in Konkurrenz zu den traditionellen Finanzdienstleistern wie Banken, Versicherern und Wertpapierdienstleistern, sondern ergänzen zum Teil auch deren Angebot.

Direkter Kontakt

So können Unternehmensgründer und Fintechs seit einiger Zeit über die Internetseite der BaFin Kontakt mit der Aufsicht aufnehmen. Sie können dort über ein Kontaktformular Vorab-Anfragen, aber auch konkrete Fragen zum Geschäftsmodell einreichen. Die Bezeichnung „Kontaktformular“ mag etwas veraltet anmuten, trägt aber zur Effizienz der Kommunikation bei: Es dient dazu, die für das jeweilige Geschäftsmodell zuständige Stelle innerhalb der BaFin zügig zu ermitteln – bei einer Behörde mit circa 2.500 Mitarbeitern ein entscheidender Faktor. Die zuständigen Ansprechpartner können dann direkt mit den Unternehmern in Verbindung treten. Diese sollten dabei eines beachten: Je detaillierter und präziser die Frage, desto konkreter die Antwort.

Um den Unternehmen den Einstieg in aufsichtliche Fragen zu erleichtern, bietet die BaFin auf ihrer Internetseite eine auf Fintechs zugeschnittene und kompakte Aufbereitung relevanter Fragen zu den Fintech-Geschäftsmodellen an, die derzeit am häufigsten vorkommen. Diese Informationen sind auch ohne tiefere juristische Kenntnisse zu verstehen und in deutscher und englischer Sprache verfügbar. Fintechs können sich so bereits in einem frühen Entwicklungsstadium und ohne fremde Hilfe beispielsweise über die Erlaubnispflicht informieren. Auch finden sich an dieser Stelle praktische Hinweise und wichtige Merkblätter.

Linkliste

Alternative Bezahlverfahren
Automatisierte Finanzportfolioverwaltung
Crowdfunding
Crowdinvesting
Crowdlending
Automatisierte Anlageberatung
Signalgebung und automatisierte Auftragsführung
Vermögensanlagen-Informationsblätter
Virtuelle Währungen

Den direkten Austausch fördert die BaFin zusätzlich, indem sie auf diversen Veranstaltungen präsent und ansprechbar ist. Im Juni war die BaFin selbst Gastgeberin einer Konferenz, der BaFin-Tech 2016 (BaFinJournal Juli 2016). Vertreter von Fintechs und weitere Interessierte konnten dort an Workshops und Diskussionsrunden teilnehmen und darüber hinaus in Einzelgesprächen ihre Fragen mit Aufsehern aus allen Bereichen der BaFin erörtern. Zahlreiche BaFin-Kollegen gaben an Informationsständen Einblicke in die Sicht- und Arbeitsweise der Aufsicht.

Experten-Netzwerk innerhalb der BaFin

Innerhalb der BaFin hat sich inzwischen ein Netzwerk von Experten aus unterschiedlichen Aufgabenbereichen etabliert, das innovative Geschäftsmodelle hinsichtlich aufsichtsrechtlicher Vorgaben bewertet. In dem Netzwerk sind Experten aus der Banken-, der Versicherungs- und der Wertpapieraufsicht vertreten, aber auch aus der Abteilung für die Prüfung der Erlaubnispflicht und die Verfolgung unerlaubter Geschäfte.
Dank der Kombination von Erfahrung und Fachexpertise aus der laufenden Aufsicht und der Prüfung der Erlaubnispflicht können innovative Geschäftsmodelle und Prozesse, die sich möglicherweise nicht ausschließlich einem Geschäftsbereich zuordnen lassen, zügig und umfassend beurteilt werden.

Aufsichtsrechtliche Vorgaben gelten weiterhin

Die gesteigerte Serviceorientierung der BaFin darf jedoch nicht mit einer Aufweichung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen verwechselt werden. Denn die Aufsicht setzt kein Recht. Vielmehr ist es ihre Pflicht, geltende Vorgaben anzuwenden, auch beim Umgang mit Fintechs. Und auch hier muss die BaFin ihren Grundsätzen treu bleiben. Dazu gehört zum einen das Prinzip „gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regel“, das BaFin-Präsident Felix Hufeld immer wieder betont. Benötigt also ein Geschäftsmodell eine Erlaubnis der BaFin, so gelten die gleichen aufsichtsrechtlichen Vorgaben wie für etablierte Institute. Selbstverständlich gilt aber auch hier der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Proportionalität), nach dem beispielsweise eine große internationale Bank anders beaufsichtigt wird als ein kleines Regionalinstitut. Einen Bonus für Innovatoren sieht aber auch das Proportionalitätsprinzip nicht vor.

Zum anderen gilt für die Aufsicht, dass Gründlichkeit Vorrang vor Schnelligkeit haben muss. Denn insbesondere bei neuen Anwendungen, Prozessen und Produkten müssen Entscheidungen gut vorbereitet und abgewogen werden – nicht nur mit Blick auf den Einzelfall, sondern auch, da sie im Zweifel die weitere Entwicklung der gesamten Branche beeinflussen können.

Auch wenn manche Innovatoren diese Regeln und Grundsätze auf den ersten Blick als Bremsklötze empfinden: Ein sorgfältig regulierter und beaufsichtigter Markt ist auch für innovative Unternehmen ein deutlicher Vorteil. Denn ein solcher Markt ist die Basis für Vertrauen – sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer. Nur, wo dieses Vertrauen existiert, können sich letztlich gesellschaftlich wertvolle Innovationen nachhaltig ausbreiten.

Ausblick

Innovative Geschäftsmodelle können sich außerdem nur dann langfristig im Markt etablieren, wenn die Unternehmer mit aufsichtsrechtlichen Vorgaben und den damit verbundenen Grundsätzen vertraut sind. Die BaFin wird ihr Informations- und Kommunikationsangebot daher weiter ausbauen und – in Abhängigkeit vom Innovationsdrang der Unternehmer – an neue Entwicklungen anpassen.

Diese Aufgaben werden nun im regulären Aufsichtsbetrieb verstetigt. Trotz des nahenden Abschlusses des internen Projekts wird das Netzwerk weiterhin bestehen bleiben.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

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