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Erscheinung:15.03.2017 | Thema Prospekte, Verbraucherschutz Vermögensanlagen: Erfahrungen mit dem Kleinanlegerschutzgesetz

Schwarmfinanzierung und Verkaufsprospekte

Auch fast zwei Jahre nach Einführung des Kleinanlegerschutzgesetzes stellen die neuen Anforderungen des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) und der Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV) für einige Anbieter weiterhin eine Herausforderung dar.

Hinweis:Kleinanlegerschutzgesetz

Das Kleinanlegerschutzgesetz, das im Juli 2015 in Kraft trat, hat für Anbieter von Vermögensanlagen neue Pflichten eingeführt und der BaFin zusätzliche Kompetenzen übertragen. Ziel war es, Privatanleger besser zu schützen. Nähere Informationen finden sich insbesondere in folgenden Ausgaben des BaFinJournals: Januar 2015, Juli 2015, September 2015, Dezember 2015 und März 2016.

Zu den Neuregelungen zählt, dass Schwarmfinanzierungen (Crowdinvesting) unter bestimmten Bedingungen von der Prospektpflicht ausgenommen sind. Während die meisten etablierten Marktteilnehmer mit den gesetzlichen Vorgaben inzwischen gut zurechtkommen, haben insbesondere neue Plattformbetreiber weiterhin Startschwierigkeiten. Auch in Bezug auf Verkaufsprospekte hat das Kleinanlegerschutzgesetz erhebliche Neuerungen mit sich gebracht. Alte wie neue Anbieter sollten sich hier ihren Pflichten bewusst werden, die Prospekterstellung nicht unterschätzen und vor allem sorgfältig arbeiten, um zügige Verfahren zu ermöglichen.

Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über aktuelle Fragen und wichtige Themen aus der Praxis sowie Tipps für Anbieter zur Umsetzung. Zudem geht er auf Risiken ein, die Anleger beachten sollten.

Ausnahme für Schwarmfinanzierungen

Damit die Ausnahme von der Prospektpflicht bei Schwarmfinanzierungen greift, müssen nach § 2a VermAnlG mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. So muss es sich bei den Vermögensanlagen um partiarische oder Nachrangdarlehen (§ 1 Absatz 2 Nr. 3 und 4 VermAnlG) oder um sonstige, wirtschaftlich vergleichbare Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 7 VermAnlG handeln. Auch darf der Verkaufspreis sämtlicher von einem Anbieter angebotenen Vermögensanlagen desselben Emittenten 2,5 Millionen Euro nicht übersteigen.

Darüber hinaus dürfen diese Angebote nur über Internet-Dienstleistungsplattformen vermittelt werden, die somit als Intermediär fungieren. Die Betreiber dieser Plattformen benötigen eine Erlaubnis als Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach dem Kreditwesengesetz (KWG) oder als Finanzanlagenvermittler nach der Gewerbeordnung (GewO). In der Praxis haben die meisten Plattformbetreiber eine Vermittlungserlaubnis gemäß § 34f Absatz 1 Nr. 3 GewO der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde, also der Industrie- und Handelskammer oder einer (Kreis-)Gewerbebehörde. Einige Betreiber haben sich auch als gebundene Vermittler unter einem Haftungsdach bei der BaFin registrieren lassen. Plattformbetreiber, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben, sollten beachten, dass für die Erlaubnis nach § 34f GewO keine europäischen Passporting-Regelungen existieren.

Definition:Schwarmfinanzierung

Schwarmfinanzierung (Crowdinvesting) bezeichnet eine Finanzierungsform, bei der eine Vielzahl von Geldgebern ein konkretes Projekt über eine Internet- Dienstleistungsplattform finanziert. Die Anleger erhalten für das Investment in der Regel einen festen Zinssatz oder werden über einen erfolgsabhängigen Zinssatz an zukünftigen Gewinnen des finanzierten Projekts beteiligt.

Vermögensanlagen-Informationsblätter

Anbieter von Schwarmfinanzierungen, die von der Prospektpflicht befreit sind, müssen bei der BaFin ein ordnungsgemäß erstelltes Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) hinterlegen. Sie können dazu auch einen Dritten bevollmächtigen, etwa eine Anwaltskanzlei oder den Plattformbetreiber. Seit Inkrafttreten des § 2a VermAnlG wurden weit über 300 VIBs für Schwarmfinanzierungs-Angebote bei der BaFin hinterlegt. Dabei traten mehr als 40 verschiedene Plattformen als Vermittler in Erscheinung.

§ 13 VermAnlG regelt, welche Mindestangaben das Vermögensanlagen-Informationsblatt enthalten muss. Dazu zählen zum Beispiel Laufzeiten und Kündigungsfristen der Vermögensanlage und der Verschuldungsgrad des Emittenten.

Das VIB ist in Schriftform einzureichen. Üblicherweise erfolgt dies per Fax oder über das Melde- und Veröffentlichungsportal (MVP-Portal), das die Dokumente sicher und verschlüsselt übermittelt. Für die Nutzung des MVP-Portals ist die einmalige Anmeldung zum Fachverfahren Prospekte erforderlich. Die erfolgreiche Übermittlung der Dokumente an die BaFin wird im Übermittlungsprotokoll durch den Status „Meldung akzeptiert“ angezeigt.

Jedem VIB, das der Anbieter der Vermögensanlage nicht selbst einreicht, muss eine entsprechende Vollmacht beigelegt werden, die den Hinterleger legitimiert. Hat der Anbieter seinen Sitz nicht in Deutschland, ist die Vollmacht um einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland zu ergänzen. Jedes VIB sollte außerdem mit einem Anschreiben des Hinterlegers versehen sein, aus dem sich der zuständige Ansprechpartner mit Telefonnummer ergibt, damit die BaFin Rückfragen zeitnah klären kann, insbesondere wenn formelle Anforderungen nicht eingehalten sind. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass erst die schriftliche Eingangsbestätigung der BaFin die Hinterlegung des VIBs formell dokumentiert. Um das Verfahren zu beschleunigen, versendet die BaFin diese Bestätigung bevorzugt per Fax; der Hinterleger sollte darum im Anschreiben auch seine Faxnummer angeben. Da insbesondere die erstmalige Überprüfung der Voraussetzungen einige Zeit in Anspruch nimmt, sollte das VIB hierfür rechtzeitig, das heißt mindestens eine Woche vor dem geplanten Start des öffentlichen Angebots, bei der BaFin eingereicht werden.

Risiken für Anleger

Bei den im Rahmen von Schwarmfinanzierungen angebotenen Vermögensanlagen handelt es sich meist um Nachrangdarlehen gemäß § 1 Absatz 2 Nr. 4 VermAnlG – oft mit Immobilien als Anlageobjekten. Hierbei besteht die Gefahr, dass Anleger irrtümlich davon ausgehen, unmittelbar in „sichere Sachwerte“ zu investieren. Tatsächlich erwerben sie aber nur eine schuldrechtliche Gläubigerstellung über die Vergabe eines qualifiziert nachrangigen Darlehens. Sie tragen somit sowohl das Bonitätsrisiko des Emittenten als auch das Sachwertrisiko im Hinblick auf das Anlageobjekt.

Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte

Nachrangdarlehen sind inzwischen die am häufigsten angebotene Vermögensanlage. Erst das Kleinanlegerschutzgesetz hat sie – neben partiarischen Darlehen – als Vermögensanlage erfasst und damit der Prospektpflicht unterworfen. Anbieter dieser Darlehensarten wurden dadurch erstmals mit den Pflichten der Prospekterstellung konfrontiert und haben teilweise noch Schwierigkeiten, diese umfassend einzuhalten und damit zügige Verfahren zu gewährleisten.

Gleiches gilt für die „sonstigen“, wirtschaftlich vergleichbaren Vermögensanlagen. In der Praxis handelt es sich hierbei häufig um Direktinvestitionen in Container, die aus verbundenen Kauf-, Miet- und Rückkaufverträgen bestehen, und um Direktinvestments in Holz, bei denen die Anleger meist nach einer langjährigen Laufzeit einen Barausgleich aus der Verwertung des Holzes erhalten sollen, das sie gekauft haben.

Für die sonstigen Vermögensanlagen gilt seit dem 1. Januar 2017 eine weitere Neuregelung. Aufgrund des Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (siehe BaFinJournal Juli 2016) umfassen sie nun nicht allein Anlagen, bei denen dem Anleger ein durchsetzbarer vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung und Verzinsung beziehungsweise auf einen Barausgleich gewährt wird, sondern auch solche Anlagen, die dies lediglich in Aussicht stellen. Damit sind insbesondere auch unverbindliche Versprechen eines Rückkaufs beziehungsweise Barausgleichs erfasst.

Fortführungs-Prospekte

Eine weitere wesentliche Neuregelung des Kleinanlegerschutzgesetzes ist, dass es die Gültigkeit von Vermögensanlagen-Verkaufsprospekten auf ein Jahr begrenzt hat. Ein öffentliches Angebot für Vermögensanlagen kann also nicht mehr wie früher dauerhaft fortgeführt werden, sobald einmal ein Verkaufsprospekt von der BaFin gebilligt und bei ihr hinterlegt wurde. Durchgehende öffentliche Angebote von Vermögensanlagen sind somit nur dann möglich, wenn rechtzeitig ein von der BaFin gebilligter Fortführungs-Prospekt veröffentlicht wird. Dies sicherzustellen, liegt in der Verantwortung der Anbieter. Der Fortführungs-Prospekt sollte grundsätzlich mindestens drei Monate eingereicht werden, bevor die Gültigkeit des aktuellen Prospekts abläuft.

Hinweis:Informationen zur Hinterlegung von Prospekten

Die BaFin hält auf ihrer Internetseite Hinweise und wichtige Fragen und Antworten zur Hinterlegung von Vermögensanlagen-Verkaufsprospekten bereit.

Häufig unterschätzen Anbieter den Aufwand für die Erstellung eines Fortführungs-Prospekts. Alle Mindestangaben sind auf den Zeitpunkt der Aufstellung des neuen Prospekts zu aktualisieren, vor allem die Zahlenwerke wie der Jahresabschluss, die Zwischenübersicht und Prognosen. Gesellschafter, die sich während des laufenden öffentlichen Angebots neu an der Gesellschaft beteiligt haben, sind ebenfalls zu erfassen. Zudem ist etwa daran zu denken, dass Konkretisierungen bisheriger Blind-Pool-Konstruktionen neue Angaben erforderlich machen können, die vollständig, verständlich und kohärent zu den restlichen Angaben im Verkaufsprospekt sein müssen. Ändert sich darüber hinaus etwa das Anlageobjekt oder kommen weitere Anlageobjekte hinzu, hat dies ebenfalls neue Mindestangaben nach der Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung zur Folge, die wiederum kohärent und verständlich sein müssen.

Der Anbieter sollte diese Aspekte bei der Formulierung des Verkaufsprospekts umfassend berücksichtigen, um die Prüfung durch die BaFin zu beschleunigen. Hilfreich ist auch, wenn er oder der Hinterleger unmittelbar bei der Antragstellung erklären, dass es sich um einen Fortführungs-Prospekt handelt und nicht, etwa aufgrund veränderter Anlegerrechte, um eine neue Vermögensanlage.

Pflichten nach Billigung

Das Kleinanlegerschutzgesetz hat auch den Umfang der gesetzlichen Verpflichtungen der Anbieter nach Billigung der Verkaufsprospekte erhöht. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass manche Anbieter diesen Pflichten bisher nur unzureichend oder erst nach Aufforderung seitens der BaFin nachkommen.

Hier ist zunächst die Pflicht gemäß § 10a VermAnlG zu nennen, wonach der Anbieter der BaFin sowohl die Beendigung des öffentlichen Angebots als auch die vollständige Tilgung der Vermögensanlage mitteilen muss. Weiterhin muss er den Jahresabschluss nach § 26 VermAnlG bereits nach sechs Monaten offen legen. Bei der zeitlichen Planung sollte der Anbieter berücksichtigen, dass der geprüfte Jahresabschluss samt Lagebericht beim elektronischen Bundesanzeiger einzureichen ist.

Hinzu kommt, dass der Anbieter jeden wichtigen neuen Umstand und jede wesentliche Unrichtigkeit in einem Nachtrag veröffentlichen muss, solange er die Vermögensanlage öffentlich anbietet. Diese Pflicht ist zwar nicht neu. Der Gesetzgeber hat jedoch nun konkrete nachtragsauslösende Umstände benannt. Dazu zählen insbesondere jeder neu offengelegte Jahresabschluss und Lagebericht des Emittenten sowie jeder Umstand, der sich mindestens im laufenden Geschäftsjahr erheblich auf die Geschäftsaussichten des Emittenten auswirkt und der geeignet ist, dessen Fähigkeit zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber dem Anleger erheblich zu beeinträchtigen.

Der Anbieter hat neben dem durch die BaFin gebilligten Verkaufsprospekt eine um sämtliche Nachträge ergänzte Fassung auf seiner Internetseite sowie im Bundesanzeiger zu veröffentlichen beziehungsweise bei den im Prospekt benannten Zahlstellen bereitzuhalten und darauf im Bundesanzeiger hinzuweisen. Alle Dokumente müssen auf der Internetseite des Anbieters ohne Beschränkungen zugänglich sein; eine Veröffentlichung im geschlossenen Mitglieder-Bereich der Internetseite oder ein Verweis auf die Zahlstelle reicht nicht aus. Diese Pflicht endet nicht mit der Beendigung des öffentlichen Angebots der Vermögensanlage, sondern alle Dokumente müssen bis zur vollständigen Tilgung der Vermögensanlage zugänglich sein.

Tendenz zu Blind-Pool-Konstruktionen

Eine unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes bedenkliche Tendenz ist die zunehmende Gestaltung vieler Projekte als sogenannte Blind Pools. Der Anbieter legt sich bei diesen Gestaltungen zum Zeitpunkt der Prospektaufstellung noch nicht verbindlich fest, in welcher Finanzierungsform – etwa über Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen oder Unternehmensanteile – und in welche Anlageobjekte er die Anlegergelder im Einzelnen investieren will.

Insbesondere bei Blind-Pool-Konstruktionen sind die Angaben im Prospekt oft widersprüchlich, unvollständig oder fehlen ganz, was zu längeren Verfahren führen kann. Die Tatsache, dass es sich bei dem Anlageobjekt um einen Blind Pool handelt, bedeutet nicht, dass die Angaben, die die Verordnung fordert, per se entfallen können. Der Anbieter hat gegebenenfalls einen Investitionsplan anzugeben, der einzelne Finanzierungs- und sonstige Kriterien für die spätere Investition verbindlich festlegt. Die BaFin wirkt bei der Prüfung des Prospekts auf die notwendige Transparenz hin. Auch hier gilt: Der Prospekt muss vollständig, verständlich und kohärent sein. Während der Dauer des öffentlichen Angebots bestehen ebenfalls Nachtragspflichten, etwa bei der Konkretisierung des Anlageobjekts.

Risiken für Anleger

Der Anleger sollte sich beim Erwerb einer solchen Vermögensanlage bewusst sein, dass damit besondere Risiken verbunden sein können. So ermöglicht der Prospekt bei noch nicht feststehenden Anlageobjekten nur eine stark eingeschränkte Beurteilung der Tragfähigkeit des Projekts, da die Prognosen ungewiss sind. Die Geschäftsentwicklung und die Fähigkeit des Anbieters zur Zins- und Rückzahlung lassen sich ebenfalls mangels feststehender Anlageobjekte, in die investiert werden soll, oftmals nur schwer einschätzen.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

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