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Erscheinung:19.06.2017 Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz - Umsetzung von MiFID II und Anpassung an weitere europäische Vorschriften

In Kürze wird das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz (2. FiMaNoG) im Bundesgesetzblatt verkündet. Das Gesetz wird in weiten Teilen zum 3. Januar 2018 in Kraft treten und passt nationale Vorschriften im Bereich der Finanzmarktaufsicht an zahlreiche neue europäische Vorgaben an.

Umsetzung der MiFID II und Anpassung an MiFIR

Hinweis:Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz

Das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz (1. FiMaNoG) wurde bereits im Sommer 2016 verkündet (siehe BaFinJournal Juli 2016). Es setzte folgende europäische Vorschriften in nationales Recht um: die Marktmissbrauchsverordnung, die Marktmissbrauchsrichtlinie, die Zentralverwahrer-Verordnung und die Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIPs-Verordnung).

Schwerpunkt des 2. FiMaNoG ist die Umsetzung der umfangreichen Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II), der Nachfolgerin der MiFID I. Sie enthält zahlreiche neue Vorgaben für den Handel mit Finanzinstrumenten. Darunter fallen sowohl übergeordnete Fragen der Finanzmarktinfrastruktur, etwa die Regulierung von Handelsplätzen, als auch geänderte Vorschriften für Finanzmarktakteure beim Vertrieb von Finanzinstrumenten an Anleger.

Begleitet wird die MiFID II von der Finanzmarktverordnung (Markets in Financial Instruments Regulation – MiFIR), deren Schwerpunkt auf der Markttransparenz bei Geschäften in Finanzinstrumenten liegt. Die MiFIR gilt zwar unmittelbar, löst jedoch ebenfalls Anpassungsbedarf im deutschen Recht aus: Nationale Regelungen, die der MiFIR entgegenstehen oder auch gleich lauten, entfallen künftig. Zudem müssen nationale Sanktionsvorschriften auf die Ge- und Verbote dieser Verordnung ausgedehnt werden.

Änderungen vor allem am WpHG

Das wichtigste öffentlich-rechtliche Regelwerk für den Handel mit Finanzinstrumenten ist in Deutschland das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Dementsprechend findet sich dort auch ein Großteil der Änderungen des 2. FiMaNoG. Der Gesetzgeber hat die Novellierung des WpHG auch dazu genutzt, dieses neu zu strukturieren und die Nummerierung der Paragrafen grundlegend zu ändern. Das Wertpapierhandelsgesetz war nach zahlreichen Änderungen zunehmend unübersichtlich geworden und ein Einschub neuer untergeordneter Paragrafen teilweise nicht mehr möglich.

An den Änderungen im WpHG lässt sich exemplarisch die zunehmende Bedeutung von europäischem Recht und die abnehmende Bedeutung nationaler Regulierung ablesen – viele Vorschriften im WpHG sind nur noch grundlegender Natur. Das weit überwiegende Regulierungsvolumen entfällt inzwischen auf europäische Durchführungsverordnungen, die unmittelbar anwendbar sind und auf die das WpHG jeweils verweist.

Neben dem WpHG ändert das 2. FiMaNoG in Umsetzung der MiFID II auch andere Kapitalmarktgesetze, insbesondere das Börsengesetz (BörsG) und das Kreditwesengesetz (KWG).

Ausführungsbestimmungen zu weiteren Verordnungen

Darüber hinaus enthält das 2. FiMaNoG Ausführungsbestimmungen zu zwei weiteren europäischen Rechtsakten, die unmittelbar anwendbar sind: zur Verordnung über Wertpapierfinanzierungsgeschäfte (Regulation on Securities Financing Transactions – SFT-Verordnung) und zur Benchmark-Verordnung. Das 2. FiMaNoG regelt unter anderem die Zuständigkeiten für die Überwachung der einschlägigen Regelungen und deren Sanktionierung durch Bußgeldvorschriften.

Die SFT-Verordnung von 2015 hat – zusätzlich zu den Berichtspflichten der Europäischen Marktinfrastrukturverordnung (European Market Infrastructure RegulationEMIR) – Meldepflichten für den Abschluss, die Änderung und Beendigung von Wertpapierfinanzierungsgeschäften eingeführt. Zudem enthält sie erweiterte Transparenzanforderungen für die Manager von Investmentfonds und stellt Anforderungen an die Weiterverwendung von Finanzinstrumenten, die diese als Sicherheit erhalten haben.

Die Benchmark-Verordnung, die Ende Juni 2016 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, soll sicherstellen, dass die in der EU hergestellten und verwendeten Benchmarks robust, zuverlässig, repräsentativ und für den angestrebten Einsatzzweck geeignet sind. Ziel ist es, Manipulationen von Benchmarks künftig vorzubeugen.

Wesentliche Ziele des 2. FiMaNoG

Bei der Regulierung der Finanzmarktinfrastruktur durch die MiFID II hat der europäische Gesetzgeber in erster Linie auf einige unerwünschte Folgen der MiFID I und auf den technologischen Fortschritt seit deren Umsetzung im Jahr 2007 reagiert. Bei der Regulierung der Handelsplattformen hatte die MiFID I den Börsenzwang aufgehoben, um mehr Wettbewerb und dadurch Kostensenkungen zu erreichen. Damit waren jedoch auch Probleme verbunden. So wurden die Vorteile des Wettbewerbs nicht immer an die Endinvestoren weitergegeben. Mit der MiFID II wurden darum die Regeln zur Transparenz und zur Ausführung (Best Execution) überarbeitet und ausgeweitet.

Zudem sind die Märkte zunehmend komplex und unübersichtlich geworden. Dies führte zu einem Bedarf an einer Neujustierung der Regulierung der etablierten Handelsplattformen – also der Börsen und multilateralen Handelssysteme – wie auch einer besseren Überwachung neuartiger organisierter Handelssysteme und des außerbörslichen Handels, der stark zugenommen hat. Er soll zugunsten regulierter Handelsplattformen zurückgedrängt werden.

Organisierte Handelssysteme

Nach dem 2. FiMaNoG werden neben den herkömmlichen regulierten Märkten und den multilateralen Handelssystemen (Multilateral Trading FacilitiesMTFs) künftig auch sogenannte Organisierte Handelssysteme (Organised Trading Facilities – OTFs) beaufsichtigt. Damit erfasst die Rechtsetzung nun auch intransparente Handelssysteme wie Broker-Crossing-Netzwerke, die elektronischen Handel außerhalb der Börsen ermöglichen. Sie entziehen sich einer Einordnung als beaufsichtigte MTFs, unter anderem weil die Zusammenführung von Aufträgen im Ermessen des Betreibers liegt.

Künftig gilt auch der Betrieb eines OTFs als erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung nach dem KWG und bringt zahlreiche Organisations- und Verhaltenspflichten mit sich. OTFs als neue Handelsplattformen sollen besser überwacht, aber nicht gefördert werden: Der Betreiber muss darlegen, warum sein System nicht als regulierter Markt oder MTF geführt werden kann. Hinzu kommt, dass OTFs nicht für Aktien und aktienähnliche Finanzinstrumente betrieben werden können.

Datenbereitstellungsdienste

Ein wichtiges Anliegen der MiFID II und damit auch des 2. FiMaNoG ist mehr Transparenz durch einen einfachen und kostengünstigen Zugang zu wichtigen Marktdaten. Diesem Zweck dient die Einführung eines verbindlichen Regelwerks für die Anbieter solcher Daten, der Datenbereitstellungsdienste. Diese unterliegen künftig sowohl einer Erlaubnispflicht nach dem KWG als auch der laufenden BaFin-Aufsicht nach dem neu eingefügten Abschnitt 10 des WpHG.

Es gibt drei Kategorien von Datenbereitstellungsdiensten. Die erste Kategorie sind die Anbieter konsolidierter Datenticker (Consolidated Tape Providers – CTPs), die europaweit Nachhandelstransparenzdaten von Handelsplätzen und genehmigten Veröffentlichungssystemen gesammelt veröffentlichen. Das Modell eines einzigen europäischen Anbieters, das in den Verhandlungen zur MiFID II zunächst erwogen worden war, hat sich hier nicht durchgesetzt. Stattdessen können sich mehrere CTP-Anbieter im Wettbewerb bewähren. Sie benötigen aber eine Zulassung durch die Behörde ihres Heimatlands und müssen zahlreiche Organisationspflichten erfüllen. Besonders wichtig ist die Pflicht zur nicht-diskriminierenden Preisgestaltung, die das Ausnutzen von Marktmacht verhindern soll.

Ebenfalls neu unter das Aufsichtsregime fallen genehmigte Veröffentlichungssysteme (Approved Publication Arrangements – APAs), welche die Nachhandelstransparenz bei Wertpapierfirmen sicherstellen und Informationen über deren Geschäfte gebündelt veröffentlichen. Auch sie benötigen künftig eine Zulassung und unterliegen einer laufenden Überwachung ihrer Pflichten, etwa in Bezug auf die Datenqualität, Preisgestaltung und kostenfreie Bereitstellung der Daten nach Ablauf von 15 Minuten.

Die dritte Kategorie der Datenbereitstellungsdienste sind genehmigte Meldemechanismen (Approved Reporting Mechanisms – ARMs). Sie übernehmen für Wertpapierfirmen deren Meldepflicht für getätigte Geschäfte an die Aufsichtsbehörde. Das betrifft die Meldungen nach dem bisherigen § 9 WpHG, die künftig durch § 22 WpHG in Verbindung mit der MiFIR geregelt sind.

Hochfrequenzhandel

Eine Erlaubnispflicht und laufende Überwachung sogenannter Hochfrequenzhändler waren bisher auf europäischer Ebene nicht vorgegeben, in Deutschland jedoch bereits vor einigen Jahren mit dem Hochfrequenzhandelsgesetz eingeführt worden (siehe BaFinJournal April 2013).

Da damals die im Wesentlichen bereits absehbare europäische Regulierung implementiert wurde, konnte sich das 2. FiMaNoG nun auf kleinere Anpassungen beschränken. Die Vorgaben und die Berechnung für das Order-Transaktionsverhältnis und die Mindestpreisänderungsgröße wurden weiter präzisiert und mit den europäischen Vorgaben harmonisiert.

Positionen in Warenderivaten

Das 2. FiMaNoG führt erstmals Vorschriften für eine Begrenzung und Überwachung der Positionen in Warenderivaten ein. Damit setzt es Vorgaben der MiFID II um, die auf Beschlüssen der G 20 beruhen. Möglichen Marktmanipulationen und dem Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung bei Warenderivaten soll durch eine verbesserte Kontrolle der Marktteilnehmer entgegengewirkt werden. Ziel ist es, insbesondere im Bereich der Rohstoff- und Nahrungsmittelmärkte die Gefahr negativer Auswirkungen auf die Realwirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung zu verringern.

Konkret wird für jedes an Handelsplätzen gehandelte Warenderivat ein Positionslimit festgelegt. Dieses gilt für sämtliche aggregierten offenen Positionen, die von natürlichen oder juristischen Personen selbst oder auf Gruppenebene gehalten werden. Die Einhaltung der Positionslimits muss von den Handelsplätzen und Wertpapierfirmen durch geeignete interne Kontrollsysteme überwacht werden.

Zudem müssen Handelsplätze der zuständigen Behörde täglich eine detaillierte Aufschlüsselung der Positionen in Warenderivaten an den Handelsplätzen übermitteln. Gleiches gilt für Wertpapierfirmen, die außerbörslich handeln, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer eigenen Positionen als auch der ihrer Kunden und Endkunden. Zudem ist von Handelsplatzbetreibern ein aggregierter wöchentlicher Bericht zu veröffentlichen.

Wohlverhaltens- und Organisationspflichten

Das 2. FiMaNoG bringt auch einige Änderungen bei den Wohlverhaltens- und Organisationspflichten mit sich, die den Schutz der Anleger verbessern sollen. Sie werden von Abschnitt 6 in Abschnitt 11 des WpHG verschoben und inhaltlich angepasst.

So wurden die Informationspflichten der Unternehmen gegenüber den Kunden verbessert und ausdifferenziert. Insbesondere die Kosten, die mit dem Kauf oder Verkauf eines Finanzinstruments verbunden sind, müssen transparenter aufgeschlüsselt werden. Ihre Auswirkungen auf die Rendite der Anlage sind in verständlicher Form darzustellen.

Auch bei der Anlageberatung gibt es wichtige Neuerungen. Die MiFID II hat auf europäischer Ebene die „unabhängig erbrachte Anlageberatung“ eingeführt. Der deutsche Gesetzgeber hatte diese Form der Anlageberatung bereits 2014 mit dem Honoraranlageberatungsgesetz im WpHG verankert (siehe BaFinJournal Juli 2014); mit dem 2. FiMaNoG wurde nunmehr die Bezeichnung „Honorar-Anlageberatung“ in „Unabhängige Honorar-Anlageberatung“ geändert. Bei der Unabhängigen Honorar-Anlageberatung sind nicht-monetäre Zuwendungen Dritter an das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht zulässig. Monetäre Zuwendungen sind nur unter engen Voraussetzungen erlaubt und müssen an den Kunden ausgekehrt werden. Bei der provisionsbasierten Anlageberatung und anderen Wertpapierdienstleistungen sind Zuwendungen nur erlaubt, wenn sie darauf zielen, die Qualität der jeweiligen Dienstleistung zu verbessern.

Diese Anforderung hat die MiFID II nun verschärft: Sie bestimmt anhand konkreter Kriterien mit Regelbeispielen, wann eine Zuwendung die Qualität der Dienstleistung für den Kunden verbessert. Die Umsetzung wird in Deutschland in der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV) erfolgen. Spezielle Regelungen gibt es außerdem für Analysen durch Dritte: Sie stellen nur dann keine Zuwendung dar, wenn sie gegen eine Gegenleistung des Unternehmens aus dessen eigenen Mitteln erfolgen oder vom Kunden über ein separates Analysekonto bezahlt werden.

Eine weitere wichtige Neuerung durch das 2. FiMaNoG betrifft die Produktüberwachungspflichten, die Product Governance. Die danach neu einzurichtenden Prozesse beginnen bereits, bevor die Wertpapierdienstleistung erbracht wird, nämlich bei der Erstellung eines Finanzinstruments. Kernbestandteil der Pflicht zur Product Governance ist es, für Finanzinstrumente ein internes Produktfreigabeverfahren durchzuführen und dabei jeweils einen Zielmarkt zu bestimmen. Dies soll sicherstellen, dass die Finanzinstrumente so beschaffen sind, dass sie den Bedürfnissen der Endkunden im Zielmarkt entsprechen. Der Hersteller des Produkts muss den Zielmarkt anhand festgelegter Kriterien bestimmen. Zu diesen zählen die Kundenkategorie – also Privatkunde, professioneller Kunde oder geeignete Gegenpartei –, Kenntnisse und Erfahrungen der Kunden, ihre Finanzsituation und Risikotragfähigkeit, Risikotoleranz, Anlageziele und Bedürfnisse. Da der Hersteller diese Kriterien oft nur sehr allgemein berücksichtigen kann, muss der Vertrieb den Zielmarkt gegebenenfalls anhand seiner Kundenstruktur näher konkretisieren.

Sanktionen

In Anlehnung an die Entwicklung im übrigen Kapitalmarktrecht hat auch das 2. FiMaNoG die möglichen Sanktionen bei Verstößen gegen Ge- und Verbote verschärft.

Die potenziellen Bußgelder fallen höher aus als bisher und können sich auch am Umsatz des betroffenen Unternehmens orientieren. Zudem wurden die Möglichkeiten der BaFin erweitert, Verstöße und verhängte Sanktionen öffentlich bekannt zu machen.

Ausblick

Neben dem 2. FiMaNoG werden demnächst auch mehrere zugehörige nationale Rechtsverordnungen überarbeitet oder neu erlassen, darunter die bereits erwähnte WpDVerOV und die Wertpapierdienstleistungs-Prüfungsverordnung (WpDPV). Darüber hinaus werden sowohl die Finanzmarktteilnehmer als auch die BaFin intensiv damit beschäftigt sein, die Flut an neuen Regelungen in ihre Arbeitsabläufe zu integrieren und erforderliche Anpassungen vorzunehmen. Trotz ihrer Detailliertheit werden auch die europäischen Durchführungsbestimmungen noch zahlreiche Fragen aufwerfen, welche die BaFin und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA zu klären haben.

Nach dem umfangreichen Komplex MiFID II/MiFIR dürfte es nun zunächst eine Pause bei der Regulierung geben, bevor dann in einigen Jahren wohl das Thema „MiFID III“ am Horizont auftauchen wird.

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