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Erscheinung:15.09.2017 | Thema Fintech Fintech - EBA und BCBS starten Konsultationen

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA hat Anfang August ein Diskussionspapier zum Thema Fintech veröffentlicht. Darin geht sie auf die Ergebnisse einer Erhebung (Mapping Exercise) zum europäischen Fintech-Sektor ein, die sie im Frühjahr unter den nationalen Aufsichtsbehörden durchgeführt hatte. Sie identifiziert auf Basis der Erkenntnisse eine Reihe an Themenfeldern, zu denen aus ihrer Sicht weitere Analysen durchgeführt und konkrete Maßnahmen ergriffen werden sollten. Marktteilnehmer können dazu bis zum 6. November Stellung nehmen.

Im Rahmen ihrer allgemeinen Zuständigkeit zur Überwachung neuer Finanzinnovationen1) hatte die EBA schon mehrere Initiativen verabschiedet, die in den Fintech-Kontext einzuordnen sind. Bereits 2014 und 2015 veröffentlichte sie beispielsweise Stellungnahmen zu virtuellen Währungen und kreditbasierter Schwarmfinanzierung. Weitere relevante Arbeiten führte die EBA im Rahmen ihrer spezifischen Zuständigkeit zur Gewährleistung kohärenter Harmonisierung2) durch. So veröffentlichte sie im Februar dieses Jahres – auf Grundlage ihres Mandats aus Artikel 98 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie – einen Entwurf für Technische Regulierungsstandards zur starken Kundenauthentifizierung und sicheren Kommunikation für Anbieter von Zahlungsdienstleistungen (siehe BaFinJournal März 2017). Während bisher somit überwiegend spezifische Fintech-Aspekte im Vordergrund standen, geht es in dem nun vorgelegten Diskussionspapier darum, einen holistischen Ansatz zum Thema zu präsentieren.

Marktüberblick und Informationen zu einzelnen Unternehmen

Die EBA kommt zu dem Ergebnis, dass in den 24 Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums, die an der Erhebung teilgenommen haben, insgesamt mehr als 1.500 Fintech-Unternehmen existieren. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Gesamtzahl deutlich höher ist, da nicht alle Fintechs der Zuständigkeit der Finanzaufsichtsbehörden unterliegen und diese somit keinen vollständigen Marktüberblick haben. Die meisten Aufsichtsbehörden gehen davon aus, dass der europäische Fintech-Sektor in den kommenden Jahren weiter wachsen wird.

Neben allgemeinen Marktinformationen erhob die EBA auch spezifische Informationen zu einzelnen Fintechs. Die nationalen Aufsichtsbehörden waren gehalten, in vier vorgegebene Kategorien (Cluster) jeweils mindestens fünf Fintechs einzuordnen. Dabei sollte ein möglichst breites Spektrum an Unternehmensarten abgedeckt werden. Für jedes der ausgewählten Fintech-Unternehmen waren unter anderem Informationen zur Art der erbrachten Dienstleistungen, zu den zugrundeliegenden Finanzinnovationen, den Geschäftsvolumina, dem Regulierungsstatus sowie zu Geschäfts- und Marketingstrategien anzugeben. Die EBA erhielt so detaillierte Informationen zu insgesamt 282 Fintech-Unternehmen. Obgleich nicht statistisch repräsentativ, ermöglicht die Stichprobe interessante Einblicke in den europäischen Fintech-Markt.

Die Auswertung ergibt folgendes Bild: Ein Großteil der Fintech-Unternehmen aus der Stichprobe ist der Kategorie „Zahlungsdienste, Zahlungsabwicklung und Wertstellung“ zuzuordnen. Weitere bedeutende Kategorien sind „andere Finanzdienstleistungen“ sowie „Kredit, Einlagen und Kapitalaufnahme“. Grundsätzlich zeigt die Auswertung eine große Bandbreite von Dienstleistungen, was jedoch angesichts der EBA-Vorgabe, ein breites Spektrum zu übermitteln, zu erwarten war.

Die große Bandbreite der Aktivitäten spiegelt sich zu einem gewissen Grad auch in der Diversität der Regulierung wider: Viele Fintechs sind als Zahlungsdienstleister gemäß Zahlungsdiensterichtlinie oder als Wertpapierdienstleister gemäß Finanzmarktrichtlinie lizensiert (18 beziehungsweise 11 Prozent). Als Kreditinstitute nach der Eigenmittelrichtlinie sind 9 Prozent der Fintechs in der Stichprobe lizensiert. Eine Registrierungspflicht lediglich nach nationalem Recht besteht für 9 Prozent der Unternehmen, eine Lizensierungspflicht auf Basis rein nationaler Vorschriften für 5 Prozent. Den größten Anteil stellt mit 31 Prozent jedoch die Kategorie der Fintechs, die weder lizensierungs- noch registrierungspflichtig sind.

Regulierungsstatus der Fintechs aus der Stichprobe

Regulierungsstatus der Fintechs aus der Stichprobe Abbildung: Regulierungsstatus der Fintechs aus der Stichprobe; Quelle: EBA-Diskussionspapier Regulierungsstatus der Fintechs aus der Stichprobe

Aus der Tatsache, dass viele Fintech-Unternehmen einer nationalen Lizensierungs- oder Registrierungspflicht beziehungsweise gar keiner Aufsicht im weiteren Sinne unterliegen, schlussfolgert die EBA, dass möglicherweise Divergenzen zwischen den Fintech-Regulierungsansätzen der EU-Mitgliedstaaten bestehen. Daraus abzuleiten, dass Regulierungsarbitrage betrieben wird und entsprechende Risiken bestehen, wäre aus Sicht der BaFin jedoch voreilig. Hier sollte man zunächst die verschiedenen Fintech-Geschäftsmodelle genauer unter die Lupe nehmen. Eine unterschiedliche regulatorische Behandlung kann bei näherer Betrachtung der Aktivitäten und Dienstleistungen durchaus gerechtfertigt sein.

Weitere Schritte

Auf Basis ihrer Erkenntnisse stellt die EBA fest, dass ein Schwerpunkt künftiger Arbeiten auf den Lizensierungs- und Registrierungsanforderungen an Fintech-Unternehmen liegen sollte. Dies gelte auch für regulatorische „Sandkasten-Ansätze“. Die EBA will etwaige unterschiedliche Regulierungsansätze aufdecken und, sofern erforderlich, Maßnahmen zur europaweiten Harmonisierung ergreifen. Des Weiteren möchte die EBA Chancen und Risiken analysieren, die sich für Kreditinstitute und andere etablierte Unternehmen aus der Nutzung innovativer Technologien ergeben. Hier erwägt sie die Entwicklung eines Leitfadens, der es den nationalen Behörden ermöglicht, prudenzielle Risiken zu erkennen und zu bewerten und auf dieser Grundlage einheitliche Aufsichtsansätze zu entwickeln.

Die EBA will zudem ihre bereits begonnenen Analysen zu den Auswirkungen von Fintech auf die Geschäftsmodelle der Kreditinstitute fortführen und beispielsweise Änderungen der Kundenbeziehungen und Vertriebskanäle untersuchen. Besonders detailliert beschreibt sie mögliche Untersuchungsschwerpunkte im Bereich des Verbraucherschutzes, mit dem sie sich bereits in zahlreichen früheren Veröffentlichungen befasst hatte. Ein potenzielles Problem besteht nach Ansicht der EBA darin, dass viele Verbraucherschutzbestimmungen in ihrer Geltung national begrenzt sind, die Fintech-Unternehmen ihre Finanzdienstleistungen hingegen zunehmend grenzüberschreitend erbringen. Abschließend führt die EBA in ihrem Diskussionspapier auch Sanierung und Abwicklung sowie die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung als Schwerpunkte für Folgearbeiten auf.

Weitere europäische und globale Initiativen

Hinweis:Konsultation des BCBS

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht BCBS hat ein Konsultationspapier zu den Auswirkungen von Fintech auf Banken und die Bankenaufsicht veröffentlicht. Darin präsentiert er zentrale Ergebnisse aus Szenario-Analysen und Falluntersuchungen und spricht auf dieser Basis zehn Empfehlungen an Banken beziehungsweise die Bankenaufsicht aus. Diese Empfehlungen sind nicht verbindlich, sollen aber als Orientierung für die Adressaten dienen, welche Aspekte mit Blick auf Fintech künftig zu beachten sind. Die Marktteilnehmer können bis zum 31. Oktober Stellung nehmen.

Die geplanten Arbeiten der EBA stehen nicht im luftleeren Raum, sondern sind vielmehr eingebettet in eine Reihe anderer Fintech-Initiativen auf europäischer und globaler Ebene. So führte die EU-Kommission von März bis Juni dieses Jahres eine umfangreiche Konsultation zum Thema durch. Diese befasste sich unter anderem mit der Frage, wie Fintech dazu beitragen kann, Verbrauchern und Unternehmen den Zugang zu Finanzdienstleistungen zu erleichtern. Ein weiterer Aspekt der Konsultation lag auf der Frage, wie eine Balance zwischen intensivierter Datennutzung durch die Unternehmen und dem verstärkten Bedürfnis der Nutzer nach Datenschutz und -sicherheit gefunden werden kann. Gegenwärtig wertet die EU-Kommission die 226 eingegangen Stellungnahmen aus. Anschließend wird sie eine Zusammenfassung und Schlussfolgerungen veröffentlichen.

Mit der Maßgabe, regulatorische und aufsichtliche Probleme zu identifizieren, die sich für die Finanzstabilität ergeben können, hat das FSB das Fintech-Thema beleuchtet. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht (siehe BaFinJournal Juli 2017) kommt der Finanzstabilitätsrat zu dem Ergebnis, dass insbesondere Cyber- und operationelle Risiken verstärkter Aufmerksamkeit der internationalen Aufsichtsgremien und nationalen Aufsichtsbehörden bedürfen. Daneben rät das FSB, den Fintech-Sektor aufgrund seiner dynamischen Struktur weiterhin auf mögliche Finanzstabilitätsrisiken hin zu überwachen.

Auch der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht BCBS hat sich mit dem Thema Fintech befasst. Der Analyseschwerpunkt lag dabei auf den Auswirkungen auf Banken, deren Geschäftsmodelle und die Bankenaufsicht. Ein entsprechendes Konsultationspapier hat der BCBS Ende August veröffentlicht.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Fußnoten:

  1. 1) Artikel 9 Absatz 2 EBA-Verordnung.
  2. 2) Artikel 10 EBA-Verordnung.

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