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Erscheinung:15.12.2017 Basel-III-Reformpaket: BaFin und Bundesbank begrüßen Einigung

Am 7. Dezember ist eine Entscheidung gefallen, die für die Zukunft der internationalen Bankenregulierung von zentraler Bedeutung ist: Das Leitungsgremium des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht BCBS, die Gruppe der Zentralbankpräsidenten und Leiter der Bankenaufsichtsinstanzen (Group of Governors and Heads of Supervision – GHoS), hat sich auf neue Eigenkapitalregeln für Banken geeinigt. Sie sollen das als „Basel III“ bekannte Regelwerk finalisieren. Die BaFin und die Deutsche Bundesbank begrüßen die Einigung. Beide Institutionen sehen das Ergebnis als wichtigen Schritt zur Sicherstellung einer harmonisierten globalen Regulierung für den Bankensektor sowie zur Stärkung der Finanzstabilität.

In der Sitzung am 7. Dezember ging es um den letzten noch offenen Punkt: die Untergrenze für durch interne Modelle bestimmte Eigenkapitalanforderungen (Output Floor). Die GHoS legte diesen auf 72,5 Prozent fest. Für Deutschland gehören Bundesbankpräsident Jens Weidmann und BaFin-Präsident Felix Hufeld dem Gremium an. „Der Abschluss des Basel-III-Reformpakets ist wichtig, denn dadurch wird im elften Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise endlich eine weitere wesentliche Lehre gezogen. Außerdem wird die regulatorische Unsicherheit beseitigt, die auf den Banken lastete“, sagte Bundesbankpräsident Weidmann. „Der nun festgelegte Output Floor ist aus deutscher Sicht kein Wunschergebnis, aber ein Kompromiss, den alle Beteiligten tragen können“, erklärte BaFin-Präsident Hufeld und betonte: „Wichtig war uns, dass sich die globale Bankenregulierung nicht vom Prinzip der Risikosensitivität verabschiedet und interne Modelle weiterhin zulässt.“

Auf einen Blick:Basel III

Das Regelwerk Basel III wurde Ende 2010 vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht BCBS verabschiedet und seitdem mehrfach ergänzt und überarbeitet. Es enthält Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften für Banken, um diese gegen schwere Turbulenzen auf den internationalen Märkten zu wappnen und so die Finanzstabilität zu erhöhen. Basel III wurde in der Europäischen Union durch die Eigenmittelrichtlinie (Capital Requirements Directive IV – CRD IV) und -verordnung (Capital Requirements Regulation – CRR) umgesetzt.

Abweichungen einschränken

Mit den überarbeiteten Baseler Regelungen sollen vor allem ungewollt hohe Abweichungen bei den mit bankinternen Verfahren berechneten Kapitalanforderungen eingeschränkt werden. Durch den Output-Floor wird für Banken, die eigene Verfahren verwenden, die dadurch mögliche Eigenkapitalersparnis gegenüber der Nutzung von Standardmethoden auf 27,5 Prozent beschränkt.

„Die neuen Regelungen stellen die Institute vor bedeutende Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Die Banken haben aber neun Jahre Zeit, sich schrittweise auf die neuen Anforderungen einzustellen – eine machbare Aufgabe“, erklärte Hufeld.

Verhandlungserfolge von BaFin und Bundesbank

BaFin und Bundesbank hatten sich entschieden dafür eingesetzt, dass der Standardansatz für Kreditrisiken stärker nach dem tatsächlichen Risikogehalt differenziert und zugleich für viele Portfolien die Berechnung der Eigenmittelunterlegung mit bankeigenen Modellen weiterhin möglich sein wird. Zu den Verhandlungserfolgen zählt, dass nachweislich niedrige Verluste bei den für den deutschen Markt besonders wichtigen Immobilienfinanzierungen (sogenannter Hard Test) risikoreduzierend berücksichtigt werden können.

„Alle Mitglieder der beiden Gremien GHOS und BCBS haben zugesagt, sich für eine vollständige und zeitnahe Umsetzung aller Elemente des Basel-III-Pakets in ihren Ländern einzusetzen. Das war eine wesentliche Voraussetzung für unsere Zustimmung zu den Reformen“, so Bundesbankpräsident Weidmann.

Interview
BaFin-Präsident Felix Hufeld: „Ich bin nicht glücklich, aber das Ergebnis ist tragfähig“

BaFin-Präsident Felix Hufeld, der Deutschland gemeinsam mit Bundesbankpräsident Jens Weidmann in der GHoS vertritt, erläutert im Interview die Grundzüge der Einigung und was sie für die deutschen Banken und den Markt insgesamt bedeutet.

Herr Hufeld, nach langem Ringen sind Sie im GHOS nun doch noch zu einer Einigung gekommen. Wie sieht der Kompromiss aus?

Der große Teil der Überarbeitung des Basel-III-Rahmenwerks stand schon Ende 2016 mit den Entscheidungen des Basler Ausschusses in Santiago fest. Dort verständigte man sich auf Begrenzungen in der Modellierung und neue Standardansätze für Kredit-, operationelle und derivative Risiken. Zudem wird von den global systemisch relevanten Banken eine höhere Leverage Ratio1) erwartet. Für all dies hatten wir in den Verhandlungen also bereits Kompromisse gefunden, mit denen wir durchaus zufrieden sein können.

Knackpunkt war primär die Kalibrierung eines Maßes zur Begrenzung der Variabilität der Modelle, mit denen Banken ihre Risiken berechnen. Unterschiedliche Auffassungen über die Wirkungsweise eines solchen Output-Floors und seine Auswirkungen auf die Kapitalausstattung der Banken haben dazu geführt, dass sich die Konsensfindung verzögert hat. Die Einigung sieht nun einen Output-Floor von 72,5 Prozent aller Standardansätze vor.

Sind Sie mit diesem Ergebnis zufrieden?

Ich bin nicht glücklich, aber das Ergebnis ist tragfähig und ein sehr wichtiger Meilenstein, um einen globalen Standard in der Bankenregulierung zu bewahren. Zufrieden bin ich mit den Verhandlungsergebnissen zu Immobilien, Anleihen und Krediten an Unternehmen und Privatkunden, die für Deutschland besonders wichtig sind. Entscheidend ist aber vor allem anderen, dass sich die globale Bankenregulierung nicht vom Prinzip der Risikosensitivität verabschiedet hat und Modellierung weiterhin zulässt. Eine faktische Abschaffung dieses Prinzips wäre für mich die rote Linie gewesen. Modellierung von Risiken auf der Basis von Verlusthistorien und Prognosen zwingt die Banken, ihre Risiken sehr genau zu kennen. Diese Kenntnis brauchen auch wir Aufseher, um den Kapitalbedarf der systemrelevanten Institute und damit des gesamten Finanzsystems erfassen und beurteilen zu können.

Das soll jetzt kein Hohelied auf die Modellierung sein. Wir mussten deren exzessive Nutzung und die ungewollte Variabilität der Ergebnisse begrenzen. Das soll unter anderem mit Input-Floors – also der Begrenzung der Ausfallwahrscheinlichkeit und der Verlustquote bei Ausfall – und mit dem besagten Output-Floor geschehen. Da sind wir auch bei dem, was ich mir anders gewünscht hätte: Die Kalibrierung des Output-Floors ist mit den Wirkungen, die im Moment bekannt sind, an der Grenze des Erträglichen. Auch wenn er nur die Modellebanken trifft, wird er einigen Instituten viel abverlangen, auch solchen, die mit Portfolien mit positiv beeindruckenden Ausfallhistorien und damit auch gerechtfertigt geringen Risikogewichten für diese Portfolien aufwarten.

Warum war der Basel-III-Kompromiss so wichtig?

Die Eigenkapital- und Liquiditätsregeln sollen die Märkte stabilisieren helfen. Wenn ein einziges krudes Risikomaß dazu führen würde, dass nur noch risikoreiches Neugeschäft den Banken den Spagat ermöglicht, auf der einen Seite die regulatorischen Kapitalanforderungen und auf der anderen Seite die Renditeerwartungen der Eigentümer zu erfüllen, würde mir das große Sorge bereiten.

Wir sind zusammen mit der Deutschen Bundesbank verantwortlich für die Stabilität unseres Bankenmarkts. Als Allfinanzaufseher sehen wir zudem die übergreifenden Effekte im gesamten Finanzmarkt. Wir sind an einem Punkt, an dem wir abwägen müssen, wieviel zusätzliche Kapitalanforderung die Märkte stabilisiert, bevor sich der Effekt ins Negative verkehrt. Zu hohe Kapitalkosten können das Kreditwesen unangemessen belasten. Gerade wir in Deutschland brauchen die Banken, weil unser primär mittelständisches Wirtschaftssystem nicht so stark über den Kapitalmarkt finanziert wird, sondern über Bankkredite. Das ist in anderen Ländern anders.

Andere Länder sind ein gutes Stichwort. Die Probleme der Banken in anderen Ländern sind doch gewiss nicht kleiner als in Deutschland. Warum war es dennoch so schwierig, sich zu einigen?

Weil die Probleme der Banken ganz unterschiedlicher Natur sind. Die Geschäftsmodelle und Risikostrukturen sind verschieden. Auch die Wahlrechte im gegenwärtigen Regelwerk machen die angewandte Regulierung nicht in dem Maße einheitlich, dass alle mit den gleichen Voraussetzungen in die Verhandlungen gingen. Wir Europäer haben zum Beispiel die Mutter aller Output-Floors – den Basel-I-Floor, mit dem ein zu starkes Absinken der Kapitalanforderungen aus Modellen vermieden werden sollte – anders implementiert, als es andere taten. Das führte über viele Jahre zu günstigeren Eigenkapitalanforderungen in Europa. In Ländern, in denen die Modellergebnisse bereits jetzt stärker nach unten begrenzt sind, hat man naturgemäß auch geringeren bis gar keinen Kapitalmehrbedarf durch die neue Regulierung.

Wann sollen die neuen Regeln in Kraft treten?

Die Regelungen sollen ab 2022 gelten. Der Output-Floor selbst wird dann stufenweise über fünf Jahre eingeführt, bis er zum 1. Januar 2027 die volle Höhe von 72,5 Prozent erreicht haben wird. Mit anderen Worten: Die Banken haben von heute aus gesehen neun Jahre Zeit, um sich schrittweise auf die neuen Anforderungen einzustellen. Diese Zeit sollten sie nutzen.

Ist der Prozess damit abgeschlossen, oder bleibt noch Wichtiges zu tun?

Es ist in der Tat noch einiges zu tun. Das Rahmenwerk selbst ist ein riesiges Mosaik. Nicht jedes Steinchen fügt sich passgenau ein. Da wird es noch etwas Reparaturbedarf geben. Außerdem werden wir das Zusammenspiel unterschiedlicher regulatorischer Anforderungen – auch aus dem Bereich der Bilanzierungsvorschriften – stärker in den Blick nehmen müssen, um die Gesamtwirkung auf die Bankbilanzen vollständig erfassen zu können. Das ist alles andere als trivial und wird uns noch einiges an Arbeit abverlangen.

Hinweis

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Fußnote:

  1. 1) Verschuldungsquote.

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