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Erscheinung:15.12.2017 | Thema Kapitalanlagen von Versicherern Kapitalanlagen: Versicherungsbranche auf der Suche nach Rendite?

Ende 2016 führte die BaFin im Auftrag der europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA eine Abfrage zum Kapitalanlageverhalten von Versicherungsunternehmen durch. Die Ergebnisse sind auf der Internetseite von EIOPA veröffentlicht.

Um einen tieferen Einblick in die Aspekte zu erhalten, die in der Kapitalanlage deutscher Versicherer eine größere Rolle spielen als im europäischen Durchschnitt, ergänzte die BaFin die Abfrage um einen eigenen Fragebogen. Ziel war es, das „Search for Yield“-Verhalten der deutschen Versicherungswirtschaft zu ergründen. An der Abfrage beteiligten sich insgesamt 35 Versicherer – Versicherungsunternehmen und -gruppen, Pensionsfonds und Pensionskassen – mit einem Kapitalanlagevolumen zu Marktwerten von insgesamt circa 2 Billionen Euro.

Die Versicherer hatten 16 Fragen dazu zu beantworten, in welchem Maße sie die Struktur ihres Anlageportfolios zwischen 2011 und 2015 zur Erzielung höherer Renditen verändert haben. Zudem sollten sie anhand derselben Fragen eine Zukunftsprognose abgeben, und zwar für den Zeitraum von 2016 bis 2018. Dabei wurde jeweils nach einer bestimmten Art der Veränderung gefragt, zum Beispiel längeren Laufzeiten der Wertpapiere. Die Versicherer konnten die Fragen jeweils mit „hoch“, „mittel“, „gering“ oder „gar nicht“ beantworten. Zudem hatten sie Gelegenheit, ihre Auswahl zu erläutern.

Definition:Search for Yield

Search for Yield bedeutet, dass ein Finanzmarktteilnehmer auf der „Suche nach Rendite“ eine riskantere Kapitalanlagestrategie wählt. Dieses Verhalten ist insbesondere in Zeiten eines niedrigen Zinsniveaus zu erwarten. Mit dem Vorteil, höhere Renditen zu generieren, gehen auch Risiken für die Kapitalanlage einher. Hierzu zählen unter anderem höhere Ausfälle durch eine geringere Kreditwürdigkeit der Schuldner, ungewohnte Eigenschaften neuer Anlageprodukte, eine geringere Liquidität und lange Laufzeiten. Ein Risiko langer Laufzeiten liegt darin, dass im Falle steigender Zinsen der Kurs festverzinslicher Wertpapiere zurückgeht. Dieser Effekt ist umso deutlicher zu beobachten, je größer der relative Zinsanstieg und je länger die Laufzeit des Wertpapiers ist. Search for Yield ist dann aufsichtlich problematisch, wenn ein Unternehmen nicht in der Lage ist, mit höheren Risiken angemessen umzugehen.

Ergebnisse

Die Abfrage ergab, dass die Versicherer in den vergangenen fünf Jahren in moderatem Maß Search for Yield betrieben haben und dies auch künftig beabsichtigen, allerdings in weniger ausgeprägter Form.

So war die Suche nach Rendite zwischen 2011 und 2015 besonders durch längere Laufzeiten neu erworbener Kapitalanlagen, Veränderungen der Hauptanlageklassen – zum Beispiel weniger festverzinsliche Wertpapiere und mehr Aktien – sowie einen höheren Anteil von Infrastrukturanlagen geprägt. In der zukunftsgerichteten Perspektive, also für den Zeitraum 2016 bis 2018, spielt Search for Yield nach Angabe der Versicherer eine etwas geringere Rolle. Hier spiegelt sich das Verhalten am deutlichsten durch eine Zunahme der Infrastrukturanlagen wider.

Unterschiede zwischen größeren und kleineren Versicherern

Vergleicht man die Rückmeldungen kleinerer und größerer Versicherer, so sind erwartungsgemäß Unterschiede feststellbar. Kleinere Versicherer setzen zur Erzielung einer höheren Rendite tendenziell stärker auf eine Verlängerung der Laufzeit, während größere Versicherer den Fokus mehr auf Veränderungen bei den alternativen Kapitalanlagen setzen. Gemeint sind nicht-traditionelle Kapitalanlagen wie beispielsweise in Infrastruktur, Rohstoffe und direkte Beteiligungen (Private Equity). Zudem sind eine Veränderung des Portfolios hin zu weniger liquiden Anlagen sowie die Durationssteuerung über Derivate – also das Anpassen der Laufzeiten von Kapitalanlagen an die Verpflichtungen aus Versicherungen – eher für die größeren Versicherer von Bedeutung. Die Erhöhung des Fondsbestands hingegen ist unter den kleineren Versicherern ausgeprägter.

Zudem werden diejenigen Investitionsfelder, für die mehr Expertise erforderlich ist, tendenziell von größeren Versicherern genutzt. Ausnahmen bilden hier Infrastrukturanlagen, die angabegemäß auch von kleineren Versicherern erworben werden. Das Gesamtverhalten beim Thema Search for Yield sowie die Veränderung des Verhaltens im Zeitablauf ist jedoch bei beiden Gruppen ähnlich.

Hinweis:EIOPA-Umfrage zum Anlageverhalten

Um das Anlageverhalten europäischer Versicherer zu analysieren, hat die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung EIOPA 87 große Versicherungsgruppen und vier Einzelunternehmen in 16 Mitgliedstaaten der Europäischen Union befragt. Ihren Ergebnisbericht hat sie kürzlich veröffentlicht.

Die Umfrage beinhaltete sowohl qualitative als auch quantitative Angaben hinsichtlich der Entwicklung des Anlageverhaltens der Unternehmen in den letzten fünf sowie in den folgenden drei Jahren. Der EIOPA-Bericht weist auf Trends hin, die mit einem Search-for-Yield-Verhalten in der Versicherungsbranche verbunden sein könnten. Dazu zählen zum Beispiel erhöhte Engagements in festverzinsliche Wertpapiere mit niedrigerer Bonitätsbewertung und illiquide Anlagen wie nicht börsennotierte Aktien und Kredite.

Darüber hinaus ergab die Umfrage, dass sich die durchschnittliche Laufzeit der Anleiheportfolios erhöht hat, während die Aktienallokation weitgehend unverändert geblieben ist. Zudem tendieren die großen Versicherungsgruppen mehr in nicht-traditionelle Anlageklassen wie Infrastruktur, Hypotheken, Darlehen und Immobilien zu investieren, wenngleich das Volumen hierbei aktuell einen vergleichsweisen geringen Anteil des Anlageportfolios ausmacht.

Weitere Erkenntnisse

Die in der Presse teilweise hervorgehobene Bedeutung von Anlagen in Wertpapieren mit geringerer Kreditqualität spiegelt sich in den Antworten kaum wider. Umschichtungen hin zu geringerer Kreditqualität finden zwar statt, jedoch verglichen mit den anderen abgefragten Optionen eher in unterdurchschnittlichem Maß.

Darüber hinaus wurde deutlich, dass mehr als zwei Drittel der Versicherer mindestens in geringem Maße planen, ihren Fondsbestand zu erhöhen. Somit setzt sich der Trend zur Auslagerung von Kapitalanlagen in der Versicherungsbranche weiter fort.

Die BaFin fragte zudem nach dem Anteil des Portfolios, der bewusst umgeschichtet wurde. Der marktwertgewichtete Mittelwert beträgt hier für die vergangenen Jahre circa 4,1 Prozent, für die Zeit bis 2018 etwa 4,9 Prozent. Nach diesen Angaben wird die aktive Umschichtung der Portfolios also in Zukunft zunehmen, während die übrigen Antworten auf abnehmende Strukturveränderungen des Anlageportfolios zur Erzielung höherer Renditen hindeuten. Den Antworten der Versicherer ist zu entnehmen, dass zur Realisierung von Bewertungsreserven zur Finanzierung der Zinszusatzreserve in der Lebensversicherung teilweise ebenfalls Portfolio-Umschichtungen vorgenommen werden. Die Finanzierung der Zinszusatzreserve wirkt sich demnach auf den Anteil des Portfolios aus, der zukünftig umgeschichtet werden soll.

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