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Erscheinung:15.03.2018 | Thema Fintech, Verbraucherschutz Initial Coin Offerings: BaFin veröffentlicht Hinweisschreiben zur Einordnung als Finanzinstrumente

Seit einiger Zeit erreichen die BaFin vermehrt Anfragen, ob Token oder virtuelle Währungen (einheitlich als „Token“ bezeichnet), die bei Initial Coin Offerings (ICOs) an Anleger vertrieben werden, als Finanzinstrumente anzusehen sind. Sie hat nun ein Hinweisschreiben veröffentlicht, in dem sie zur regulatorischen Einordnung von Token im Bereich der Wertpapieraufsicht Stellung nimmt. Dieses betrifft alle Marktteilnehmer, die Dienstleistungen in Bezug auf Token erbringen, mit diesen handeln oder Token öffentlich anbieten.

Um etwaige gesetzliche Anforderungen lückenlos zu erfüllen, sind diese Marktteilnehmer gehalten, genau zu prüfen, ob ein reguliertes Instrument vorliegt, beispielsweise ein Finanzinstrument oder ein Wertpapier. Im Zweifel sollten sie die zuständigen Fachreferate der BaFin frühzeitig kontaktieren.

Ziel des Hinweisschreibens ist es, betroffene Marktteilnehmer über die für sie geltenden gesetzlichen Anforderungen aufzuklären. Denn ICOs bewegen sich aus regulatorischer Sicht nicht im luftleeren Raum, sondern unterfallen je nach Ausgestaltung der Token den geltenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen.

Das Hinweisschreiben kann allerdings nicht sämtliche offenen Fragen zu ICOs abschließend beantworten; dafür sind die ICO- und Token-Arten am Markt zu vielfältig. Es stellt auch keinen auf ICOs zugeschnittenen regulatorischen Rahmen dar. Einen solchen kann nur der Gesetzgeber schaffen.

Anwendungsbereich

Das Hinweisschreiben richtet sich an alle Marktteilnehmer, die in Deutschland Bankgeschäfte betreiben, Finanzdienstleistungen oder andere erlaubnispflichtige Dienstleistungen erbringen oder Wertpapiere beziehungsweise Vermögensanlagen öffentlich zum Erwerb anbieten.

Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, in welchem Land der betreffende Marktteilnehmer seinen Sitz hat. Das Erbringen erlaubnispflichtiger Dienstleistungen unterfällt hierzulande auch dann der Erlaubnispflicht, wenn sich der Erbringer der Dienstleistung aus dem Ausland zielgerichtet an den deutschen Markt wendet, beispielsweise über das Internet. Nähere Informationen dazu finden sich im BaFin-Merkblatt zur Erlaubnispflicht grenzüberschreitend betriebener Geschäfte.

Prüfung im Einzelfall

Kernaussage des Hinweisschreibens ist, dass die BaFin bei Token im Einzelfall prüft, ob es sich um Finanzinstrumente im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) oder der europäischen Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II), ein Wertpapier im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) oder eine Vermögensanlage im Sinne des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) handelt. Wegen der zahlreichen am Markt auftretenden Ausgestaltungen von Token wäre eine allgemeingültige Aussage zu deren Rechtsnatur zu pauschal. Ohne Prüfung aller individuellen Umstände und Merkmale ist es nicht möglich, eine aufsichtsrechtliche Einordnung vorzunehmen.

Entscheidend ist, welche Rechte mit dem jeweiligen Token verbunden sind. Die typisierende Bezeichnung ist dabei nicht maßgeblich, auch wenn eine Kategorisierung – beispielsweise nach „Beteiligungs-Token“, „Utility Token“ und „Payment Token“ – einen ersten Anhaltspunkt für die Art des Token liefern kann. Sie kann jedoch keine umfassende und verbindliche aufsichtsrechtliche Einordnung ersetzen. Diese richtet sich vielmehr nach dem jeweils geltenden Aufsichtsgesetz, also beispielsweise dem WpHG, dem WpPG, dem VermAnlG, dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) und der Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse RegulationMAR). Für jeden Token ist anhand der in den einzelnen Aufsichtsgesetzen genannten Voraussetzungen gesondert zu prüfen, ob das betreffende Gesetz auf ihn anwendbar ist. Das Depotgesetz (DepotG) und das allgemeine Zivilrecht sind vom Hinweisschreiben nicht erfasst.

Die Einordnung eines Token als Wertpapier oder Finanzinstrument im Sinne des WpHG oder der MiFID II bestimmt den Anwendungsbereich der relevanten Kapitalmarktgesetze und EU-Verordnungen, beispielsweise der für die Anforderungen an den Sekundärmarkthandel maßgeblichen Marktmissbrauchsverordnung. Die Anwendbarkeit gemäß Artikel 2 MAR setzt allerdings unter anderem voraus, dass der Token an einem von der MAR erfassten Handelsplatz gehandelt wird oder dies geplant ist. Viele Token werden jedoch nur auf Kryptowährungs-Handelsplattformen im außereuropäischen Ausland gehandelt. Ist ein Token als Investmentvermögen einzuordnen, findet in Deutschland das KAGB Anwendung. Ist er hingegen weder als Wertpapier noch als Investmentvermögen, aber als Vermögensanlage im Sinne des VermAnlG einzuordnen, sind dessen Regelungen auf ihn anwendbar.

Für die aufsichtsrechtliche Einordnung eines Token durch die Wertpapieraufsicht kommt es nicht darauf an, ob es sich bei dem Token um eine Rechnungseinheit im Sinne des § 1 Absatz 11 Satz 1 Nr. 7 KWG handelt. Rechnungseinheiten sind keine Finanzinstrumente gemäß § 2 Absatz 4 WpHG oder der MiFID II und werden dort somit anders behandelt als im KWG. Umgekehrt sind auch nicht sämtliche Token schlechthin als Rechnungseinheiten im Sinne des KWG anzusehen.
Die aufsichtsrechtliche Einordnung eines Token als Wertpapier setzt keine physische Verbriefung in einer Urkunde oder Globalurkunde voraus. Vielmehr genügt es, dass der Inhaber des Token jeweils dokumentiert werden kann, beispielsweise anhand der Blockchain-Technologie.

Maßnahmen bei Verstößen

Werden einschlägige regulatorische Anforderungen nicht eingehalten, kann dies zur Folge haben, dass die BaFin das entsprechende Vorhaben oder Geschäft untersagt. Darüber hinaus stellen derartige Verstöße unter Umständen auch Ordnungswidrigkeiten dar, die mit Bußgeldern geahndet werden können. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine Straftat vorliegt, gibt die BaFin den Fall zur Strafverfolgung an die zuständige Staatsanwaltschaft ab.

Hinweis:Hilfe für Marktteilnehmer

Das Hinweisschreiben zeigt, dass der für Token geltende Rechtsrahmen in Deutschland sehr komplex ist. Wegen der weitreichenden Folgen von Verstößen gegen gesetzliche Anforderungen sind betroffene Marktteilnehmer somit gut beraten, das Hinweisschreiben aufmerksam zu lesen sowie gegebenenfalls Rechtsrat einzuholen. Bei Zweifeln über die aufsichtsrechtliche Einordnung eines Token können die zuständigen Fachreferate der BaFin weiterhelfen. Im Falle einer Kontaktaufnahme ist es ratsam, den Sachverhalt klar und umfassend zu beschreiben und der BaFin eine eigene rechtliche Einordnung mit angemessener Vorlaufzeit zur Prüfung zu übermitteln. Die genauen Anforderungen an die Einreichung solcher Anfragen sind beim jeweiligen Fachreferat zu erfragen.

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