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Erscheinung:15.03.2018 Wertpapiere: Kauf- und Tauschangebote - Hinweise für Anleger

Anleger erhalten hin und wieder per Post das Angebot, ein Wertpapier aus ihrem Depot zu einem Angebotspreis an einen Interessenten zu verkaufen beziehungsweise gegen andere Wertpapiere einzutauschen. Depotführende Institute sind dazu verpflichtet, derartige Angebote automatisch an betroffene Depotinhaber weiterzuleiten; sie prüfen jedoch nicht, ob die Angebote seriös sind. Bei der Weiterleitung handelt es sich also nicht um eine Empfehlung an den Anleger, das Angebot anzunehmen.

In vielen Fällen haben Kauf- oder Tauschangebote für Wertpapiere durchaus einen seriösen Hintergrund, etwa wenn es sich um öffentliche Übernahmen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) handelt. Danach besteht unter gewissen Umständen sogar eine Angebotspflicht. Die BaFin beaufsichtigt dieses Verfahren.

Aber auch jenseits von Angeboten nach dem WpÜG können Privatpersonen und Unternehmen Kauf- oder Tauschangebote veröffentlichen, welche die depotführenden Institute dann pflichtgemäß und ungeprüft an ihre Kunden weiterleiten. Diese freiwilligen Angebote unterliegen keiner staatlichen Aufsicht. Damit sind diese Angebote natürlich nicht per se unseriös. Es ist aber besondere Vorsicht geboten, denn man kann nicht in allen Fällen von einem fairen Angebot mit einer angemessenen Gegenleistung ausgehen. Der vorliegende Artikel erläutert, welche Kauf- und Tauschangebote die BaFin beaufsichtigt und bei welchen Angeboten besondere Vorsicht geboten ist.

Ausschließliche Weiterleitungsfunktion der Depotbank

Die Verpflichtung der depotführenden Institute, die Angebote an ihre Kunden weiterzuleiten, ergibt sich aus Nr. 16 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte. In der Regel sind diese Sonderbedingungen Bestandteil der Vertragsbeziehung zwischen dem Kunden und dem Institut.

Weiterleiten ist hierbei wörtlich zu verstehen: Erhält ein depotführendes Institut das Angebot eines Dritten, identifiziert es lediglich anhand der darin angegebenen Wertpapierkennnummer (WKN) oder der Internationalen Wertpapierkennnummer (International Securities Identification Number – ISIN), welche Kunden betroffen sind. An diese übermittelt sie das Angebot. Sie prüft dabei weder die Ziele, die rechtliche Existenz und die Bonität des Interessenten noch die Qualität der Angebotsinformationen oder gar die Fairness des Angebots und die Angemessenheit der angebotenen Gegenleistung.

Aus Gründen des Verbraucherschutzes hat die BaFin im März 2017 eine Kennzeichnungspflicht für die Weiterleitung von Kauf- und Tauschangeboten in die neuen Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion (MaComp) aufgenommen. Danach muss das depotführende Institut den Kunden darauf hinweisen, dass dieser die Informationen selbst prüfen muss. Für Kleinanleger soll ohne Weiteres erkennbar sein, dass das Institut keinerlei Verantwortung für das Angebot übernimmt, selbst wenn das Begleitschreiben deren Briefkopf enthält. Wie dieser Hinweis optisch zu gestalten ist und auf welche Aspekte einzugehen ist, hat die BaFin in den MaComp konkretisiert.

Es sollte auch im Interesse der depotführenden Institute sein, den Anschein einer Verantwortungsübernahme möglichst auszuschließen. Bisweilen versenden die Institute zusammen mit dem Angebot eine vorbereitete Annahmeerklärung. Dies ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, aus Sicht der BaFin aber auch nicht zu beanstanden. Aus der Annahmeerklärung darf der Kunde jedoch ebenfalls nicht schlussfolgern, dass die Institute das Angebot geprüft und für gut befunden haben.

Kauf- und Tauschangebote nach dem WpÜG

Das WpÜG gibt die Rahmenbedingungen für öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren vor, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Ausschließlich im Freiverkehr gehandelte Wertpapiere fallen damit nicht in den Anwendungsbereich. Bei den Wertpapieren handelt es sich meist um Aktien. Allerdings kann es auch um den Erwerb von aktienvertretenden Zertifikaten oder sonstigen Wertpapieren gehen, die ihrerseits zum Kauf von Aktien berechtigen.

Dem Erwerb der Wertpapiere geht ein Angebot des Bieters an die Aktionäre der Zielgesellschaft voraus, das auf den Abschluss von Kauf- oder Tauschverträgen gerichtet ist. Das Angebot muss im Rahmen einer Angebotsunterlage unterbreitet werden. Der Bieter muss diese innerhalb von vier Wochen bei der BaFin einreichen, nachdem er seine Entscheidung über die Abgabe eines Angebots oder die Information über die erfolgte Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft veröffentlicht hat.

Die BaFin prüft in der Regel innerhalb von zehn Werktagen, ob der Bieter die Angebotsunterlage – gegebenenfalls mit Änderungen – veröffentlichen kann oder ob sie das Angebot untersagen kann beziehungsweise muss. Für die Prüfung ist vor allem relevant, ob die im WpÜG und in der WpÜG-Angebotsverordnung (WpÜGAngebV) vorgesehenen Mindestangaben in der Angebotsunterlage enthalten sind und ob der Inhalt gegen das WpÜG und die entsprechenden Ausführungsverordnungen verstößt.

Verschiedene Angebotsarten

Bei einem regulären Erwerbsangebot will der Bieter entweder Anteile kaufen, ohne die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erlangen, oder er will die Kontrollposition, über die er bereits verfügt, weiter ausbauen. Hierfür ist kein Mindestpreis vorgeschrieben; Teilangebote sind zulässig. Die Kontrolle über eine Zielgesellschaft hat derjenige, der mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der relevanten Aktiengesellschaft (AG), Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE) oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) hält.

Bei einem Übernahmeangebot will der Bieter so viele Aktien der Zielgesellschaft erwerben, dass er die genannte Kontrollschwelle erreicht oder überschreitet. Er kann sein Angebot unter anderem von der Bedingung abhängig machen, dass er eine bestimmte Erfolgsquote erreicht. Dabei muss er jedoch nach der im WpÜG verankerten Mindestpreisregelung eine Gegenleistung anbieten. Diese muss mindestens entweder dem gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs der vorangegangenen drei Monate oder dem Preis der möglichen Vorerwerbe der vorangegangenen sechs Monate entsprechen – je nachdem, welcher der beiden Beträge höher ist.

Ein Pflichtangebot an alle übrigen Aktionäre muss der Bieter dann unterbreiten, wenn er die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat. Auch hier gilt die Mindestpreisregelung des WpÜG. Das Pflichtangebot ist im Gegensatz zum Übernahmeangebot bedingungsfeindlich ausgestaltet. Es kann also nicht an Bedingungen geknüpft werden, außer an bestimmte behördliche Genehmigungen.

Ein Delisting-Erwerbsangebot schließlich ist dann abzugeben, wenn der Bieter die Zulassung des Wertpapiers am organisierten Markt widerrufen lassen will. Dies bedeutet, dass das Wertpapier künftig überhaupt nicht mehr börslich gehandelt werden soll oder aber nur noch im Freiverkehr notiert. § 39 des Börsengesetzes (BörsG) verweist für das durchzuführende Angebotsverfahren auf das WpÜG. Dabei muss der Bieter ein bedingungsfreies Kaufangebot abgeben. Es gilt eine modifizierte Mindestpreisregelung: Die vom Bieter mindestens anzubietende Gegenleistung richtet sich hier nach dem gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs der vorangegangenen sechs Monate und dem Preis etwaiger Vorerwerbe in diesem Zeitraum.

Auch öffentliche Angebote eines Bieters im Geltungsbereich des WpÜG werden Anlegern durch ihr depotführendes Institut übermittelt. Dieses weist auf die Veröffentlichung der relevanten Angebotsunterlage hin und bittet den Anleger darum ihm mitzuteilen, ob er das Angebot annehmen will. In der von der BaFin genehmigten Angebotsunterlage findet der Anleger sämtliche Informationen, die er für seine Entscheidung benötigt.

Sonstige Kauf- und Tauschangebote

Jenseits von Kauf- und Tauschangeboten, die dem Anwendungsbereich des WpÜG unterfallen und daher in Bezug auf das Angebotsverfahren der Aufsicht der BaFin unterliegen, kann es natürlich ebenfalls seriöse Kauf- und Tauschangebote geben. Typischerweise handelt es sich dabei um Angebote, die auf Wertpapiere Bezug nehmen, die nur im Freiverkehr gehandelt werden, oder aber auf solche Wertpapiere, die keine Aktien sind oder Aktien vertreten. Derartige Angebote werden ebenfalls durch die depotführenden Institute an ihre Kunden übermittelt. Zudem sind sie oft im Bundesanzeiger sowie auf privaten Internetseiten auffindbar. Die BaFin ist bei solchen Angeboten nicht eingebunden und prüft auch keine Unterlagen.

Auf einen Blick:Kauf- und Tauschangebote

Kauf- und Tauschangebote nach dem WpÜG
Diese Angebote unterliegen der Aufsicht der BaFin. Hierzu zählen öffentliche Erwerbs-, Übernahme-, Pflicht- und Delisting-Erwerbsangebote.

Sonstige Kauf- und Tauschangebote
Hierzu gehören Angebote, die nicht unter das WpÜG fallen und daher auch nicht von der BaFin beaufsichtigt werden. Typischerweise handelt es sich um Angebote, die auf nur im Freiverkehr gehandelte Wertpapiere Bezug nehmen oder auf solche Wertpapiere, die keine Aktien sind oder Aktien vertreten.

In einigen Fällen besondere Vorsicht geboten

Anleger sollten sich zum einen vor „schwarzen Schafen“ in Acht nehmen. Dies sind Interessenten, die gar keine Kauf- oder Tauschabsicht hegen, sondern durch die Veröffentlichung des Angebots lediglich eine Kursbewegung herbeiführen wollen. Ob solche Interessenten im Ernstfall die geschlossenen Verträge überhaupt vollziehen und die angebotene Gegenleistung leisten können, ist fraglich.

Des Weiteren ist Vorsicht bei Kauf- oder Tauschinteressenten geboten, die Anleger dazu verleiten wollen, ihre Wertpapiere mit extrem hohen Abschlägen gegenüber dem Marktwert an sie abzugeben. Dies betrifft zum Beispiel Wertpapiere von Unternehmen, die Insolvenz anmelden mussten oder wegen anderer Ereignisse nicht mehr börsennotiert sind. In einigen Fällen kann diese Realisierung von Verlusten für Anleger sinnvoll sein, wenn etwa ein Totalverlust ein absehbares Szenario ist. Es kann aber auch Fälle geben, in denen Kauf- oder Tauschinteressenten eine unklare Risikolage eindeutig zu ihren Gunsten und zulasten der Anleger ausnutzen wollen.

Für die Kauf- oder Tauschinteressenten ist die Sache einfach zu bewerkstelligen: Die Versandkosten, die aufgrund der Vielzahl der anzuschreibenden Anleger oft sehr hoch sind, tragen die depotführenden Institute. Gehen Anleger aus Unkenntnis oder Unüberlegtheit auf solche Angebote ein, können den Bietern erhebliche Gewinne auf Kosten dieser Anleger winken.

Gebot sorgfältiger Prüfung durch den Anleger

Anleger sollten alle Kauf- und Tauschangebote sehr genau prüfen, bevor sie sich für oder gegen eine Annahme entscheiden. Wichtig ist dabei zunächst zu klären, um wen es sich bei dem Kauf- oder Tauschinteressenten handelt und ob das Angebot dem Regime des WpÜG unterliegt oder nicht.

Bei Angeboten, die nicht dem WpÜG unterfallen, sollten sich Anleger besonders gründlich informieren, ob diese fair sind und insbesondere auch die angebotene Gegenleistung angemessen ist. Dies ist nicht immer ganz einfach, vor allem dann, wenn es sich um marktenge Wertpapiere handelt – also Wertpapiere, die nicht mehr oder nur noch wenig an der Börse gehandelt werden. Gibt es aus diesem Grund keine Finanzberichte, können die Anleger andere Informationsquellen nutzen wie beispielsweise freiwillig veröffentlichte Bilanzkennzahlen, den Bericht des Insolvenzverwalters und veröffentlichte Neuigkeiten des Unternehmens.

Wenn der Anleger ernsthaft in Erwägung zieht, ein Angebot anzunehmen, allerdings mit eigenen Recherchen nicht weiterkommt oder trotz Prüfung nicht beurteilen kann, ob die angebotene Gegenleistung angemessen ist, sollte er sich nicht scheuen, kompetente Beratung in Anspruch zu nehmen. Diese kann zum Beispiel durch Anlegerschutzorganisationen oder einen in Finanzthemen bewanderten Rechtsanwalt erfolgen. Umfassende, verständlich aufbereitete Informationen sind schließlich Voraussetzung dafür, eine fundierte Entscheidung über die Annahme eines solchen Angebots treffen zu können.

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