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Erscheinung:16.04.2018 | Thema Verbraucherschutz Lebensversicherung - Jährliche Standmitteilungen: Information und Schutz der Verbraucher

Verbraucher schließen Lebensversicherungsverträge in der Regel für einen längeren Zeitraum ab, der nicht selten bei über 30 Jahren liegt. Sie haben daher ein besonders hohes Bedürfnis an Vertragsinformationen. Die Lebensversicherungsunternehmen sind gesetzlich verpflichtet, vor Vertragsabschluss bestimmte Informationen zu erteilen, etwa zu den Vertragskosten und zu den zu erwartenden Leistungen. Sie erfüllen diese Pflicht durch sogenannte Verbraucherinformationen, Produktinformationsblätter oder Modellrechnungen.

Doch auch während der Vertragslaufzeit haben die Kunden ein Interesse, regelmäßig über den aktuellen Stand unterrichtet zu werden. Sie müssen ihre aktuellen Ansprüche kennen, um über die Vertragsfortführung entscheiden zu können. Dabei haben sie grundsätzlich mehrere Optionen: Sie können den Vertrag unverändert weiterführen, den Beitrag reduzieren oder erhöhen, den Vertrag beitragsfrei stellen oder ihn kündigen.

Ein Grund für eine Anpassung des Vertrags kann eine veränderte finanzielle Situation des Verbrauchers sein, beispielsweise wenn dieser wegen Arbeitslosigkeit, eines Berufswechsels oder einer Umschulung mehr oder weniger Geld zur Verfügung hat. Auch die persönliche Situation kann sich zum Beispiel durch Hochzeit, Kinderzuwachs oder Scheidung ändern und einen erhöhten oder reduzierten Absicherungsbedarf mit sich bringen. Schließlich kann neben diesen individuellen Gründen auch die Entwicklung des Kapitalmarkts dazu führen, dass ein Kunde seinen Vertrag neu bewertet. Die anhaltende Niedrigzinsphase führt teilweise zu deutlich geringeren Ablaufleistungen als noch bei Vertragsabschluss prognostiziert. Allein der letztgenannte Grund hat in den vergangenen Jahren das Informationsbedürfnis der Kunden und damit die Bedeutung der regelmäßigen Vertragsmitteilungen erhöht.

Arten von Standmitteilungen

Für Lebensversicherer gelten während der Laufzeit der Verträge Informationspflichten, die durch verschiedene Gesetze festgelegt sind. Die „klassische“ Standmitteilung haben die Unternehmen ihren Versicherungsnehmern gemäß § 155 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) jährlich zu übermitteln. Da die Textform hierfür ausreicht, kann dies auch per E-Mail geschehen.

Für besondere Vertragsarten wie Riester- und Rürup-Rentenversicherungen legt das Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) in § 7a eine jährliche, allerdings schriftliche Informationspflicht gegenüber dem Vertragspartner fest. Die Mitteilung erfolgt hier also in der Regel per Brief. Inhalt und Form tragen dem besonderen Informationsbedürfnis bei diesen staatlich geförderten Altersvorsorgeprodukten Rechnung.

Weitere spezielle Unterrichtungspflichten bestehen bei Verträgen der betrieblichen Altersversorgung – also Direktversicherungen, Pensionskassen- und Pensionsfondsverträgen – gegenüber Versorgungsanwärtern und -empfängern. Wenn diese nicht zugleich Versicherungsnehmer sind, sind sie nach § 144 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) von den Unternehmen gesondert zu informieren. Je nach Art der Information muss das Unternehmen überwiegend jährlich, zum Teil aber auch anlassbezogen oder auf Anfrage tätig werden. Das Gesetz schreibt hierfür keine Form vor.

Inhalt der Standmitteilungen

Die klassische Standmitteilung betrifft Lebensversicherungen mit Überschussbeteiligung. Diese kann gemäß § 153 Absatz 1 VVG aus Kosten-, Risiko- und Kapitalanlageüberschüssen sowie aus der Beteiligung an den Bewertungsreserven bestehen. Nach § 155 VVG muss eine Standmitteilung die Entwicklung der Ansprüche des Versicherungsnehmers unter Einbeziehung der Überschussbeteiligung wiedergeben. § 6 Absatz 1 Nr. 3 VVG-Informationspflichtenverordnung (VVG-InfoV) legt ergänzend fest, dass alljährlich eine Information über den Stand der Überschussbeteiligung sowie Informationen darüber, inwieweit diese Überschussbeteiligung garantiert ist, zu erfolgen haben.

Welche Werte muss die Standmitteilung demnach enthalten? Vordringlich möchte der Versicherungsnehmer wissen, welche Leistung er bei Ablauf des Vertrags erhalten wird (Ablaufleistung im Erlebensfall). Darüber hinaus ist die Leistung anzugeben, die im Fall des Todes der versicherten Person fällig werden würde (Todesfallleistung). Hierfür liegt es nahe, auf den Zeitpunkt der Standmitteilung abzustellen.

Ob auch die Leistung im Fall einer Kündigung zum Zeitpunkt der Standmitteilung (Rückkaufswert) genannt werden muss, ist in der juristischen Fachliteratur umstritten. Das gilt auch für die Leistung, die im Fall einer zum Zeitpunkt der Standmitteilung erklärten Beitragsfreistellung bei Ablauf des Vertrags zur Auszahlung käme.

Zudem lehnten es bislang einige Lebensversicherer ab, die Überschussbeteiligung sowie die zum Zeitpunkt der Standmitteilung bereits garantierten Überschüsse separat auszuweisen. Trotz des Wortlauts von § 6 Absatz 1 Nr. 3 VVG-InfoV reiche es aus, einen Gesamtbetrag etwa zur Ablaufleistung im Erlebensfall einschließlich der garantierten und der nicht garantierten (prognostizierten) Überschüsse anzugeben. Im vergangenen Jahr hat das Landgericht Frankfurt am Main jedoch rechtskräftig entschieden, dass die Angabe eines Gesamtbetrags nicht ausreicht (Az. 2-06 O 375/16).

Neue Regelungen

Im Juli 2017 hat der Gesetzgeber eine Änderung des § 155 VVG beschlossen, die zum 1. Juli 2018 in Kraft tritt. Sie wird die Anforderungen an den Inhalt der Standmitteilungen konkretisieren und erweitern. Zudem beantwortet sie die genannten, bislang noch offenen Fragen.

So ist der Rückkaufswert („Auszahlungsbetrag bei Kündigung“) nunmehr ebenso verpflichtend anzugeben wie die Leistung im Fall einer Beitragsfreistellung („vereinbarte Leistung zuzüglich garantierter Überschussbeteiligung zum Ablauf … unter der Voraussetzung einer prämienfreien Versicherung“). Auch stellt die Neufassung ergänzend zur VVG-InfoV klar, dass der Versicherer bezüglich der Überschussbeteiligung mitteilen muss, „inwieweit diese … garantiert ist“. Die Todesfallleistung („Leistung bei Eintritt eines Versicherungsfalles“) ist „zu dem in der Standmitteilung bezeichneten maßgeblichen Zeitpunkt“ zu berechnen.

Darüber hinaus ist für Verträge, die ab dem 1. Juli abgeschlossen werden, die Summe der gezahlten Beiträge zu nennen. Ein ausdrückliches Transparenzgebot, wie es § 7 Absatz 1 Satz 2 VVG für vorvertragliche Informationen vorsieht („klar und verständlich“), ist hingegen auch dem zukünftigen § 155 VVG nicht zu entnehmen. Dennoch müssen die Lebensversicherer die Standmitteilungen so gestalten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher diese verstehen kann. Die BaFin wird auch künftig darauf achten, dass die Standmitteilungen nicht nur die inhaltlichen Vorgaben einhalten, sondern auch verständlich ausgestaltet sind.

Neuer § 155 VVG: Standmitteilung

(1) Bei Versicherungen mit Überschussbeteiligung hat der Versicherer den Versicherungsnehmer jährlich in Textform über den aktuellen Stand seiner Ansprüche unter Einbeziehung der Überschussbeteiligung zu unterrichten. Dabei hat er mitzuteilen, inwieweit diese Überschussbeteiligung garantiert ist. Im Einzelnen hat der Versicherer Folgendes anzugeben:

  1. die vereinbarte Leistung bei Eintritt eines Versicherungsfalles zuzüglich Überschussbeteiligung zu dem in der Standmitteilung bezeichneten maßgeblichen Zeitpunkt,
  2. die vereinbarte Leistung zuzüglich garantierter Überschussbeteiligung bei Ablauf des Vertrags oder bei Rentenbeginn unter der Voraussetzung einer unveränderten Vertragsfortführung,
  3. die vereinbarte Leistung zuzüglich garantierter Überschussbeteiligung zum Ablauf des Vertrags oder zum Rentenbeginn unter der Voraussetzung einer prämienfreien Versicherung,
  4. den Auszahlungsbetrag bei Kündigung des Versicherungsnehmers,
  5. die Summe der gezahlten Prämien bei Verträgen, die ab dem 1. Juli 2018 abgeschlossen werden; im Übrigen kann über die Summe der gezahlten Prämien in Textform Auskunft verlangt werden.

(2) Weitere Angaben bleiben dem Versicherer unbenommen. Die Standmitteilung kann mit anderen jährlich zu machenden Mitteilungen verbunden werden.

(3) Hat der Versicherer bezifferte Angaben zur möglichen zukünftigen Entwicklung der Überschussbeteiligung gemacht, so hat er den Versicherungsnehmer auf Abweichungen der tatsächlichen Entwicklung von den anfänglichen Angaben hinzuweisen.

Untersuchung von Standmitteilungen durch die BaFin

Auch im Hinblick auf die Informationspflichten von Lebensversicherern ist es Aufgabe der BaFin, die Gesamtheit der Verbraucher zu schützen. So hat sie im vergangenen Jahr die Standmitteilungen von zwölf Lebensversicherern untersucht, die laut einer Studie des Marktwächters Finanzen bestimmte Mindestvorgaben nicht eingehalten haben sollen.

Die meisten Unternehmen haben ihre Standmitteilungen daraufhin überarbeitet. Die Änderungen bestehen zum einen darin, dass Wertangaben wie die Todesfallleistung oder die garantierten Überschüsse aufgenommen wurden. Zum anderen haben die Versicherer die Verständlichkeit der Mitteilungen verbessert. Dies betrifft beispielsweise die Ergänzung des klarstellenden Begriffs „garantiert“ vor der Angabe des Überschussguthabens und den Hinweis, dass die ausgewiesenen Beträge eine vollständige Beitragszahlung bis zum Ablauf des Vertrags voraussetzen.
Einige Unternehmen waren hingegen nicht bereit, ihre Mitteilungen anzupassen. Auf Basis der noch aktuellen Gesetzeslage war dies jedoch aufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden, da die gesetzlichen Vorgaben sehr knapp gehalten sind und es juristisch umstritten ist, welche Angaben eine Standmitteilung zwingend enthalten muss.

Gesetzesverstöße

Aufgrund von Verbraucherbeschwerden hat die BaFin bei einigen Lebensversicherern weitere Gesetzesverstöße festgestellt. So versandten einige Unternehmen im letzten Vertragsjahr keine Standmitteilung mehr. Sie argumentierten unter anderem, das Ablaufankündigungsschreiben, das wenige Monate vor Vertragsablauf versandt wird, ersetze die letzte Standmitteilung. Dagegen spricht jedoch, dass der Informationsgehalt des Ablaufankündigungsschreibens geringer ist als der einer Standmitteilung. So enthielt das betroffene Ablaufankündigungsschreiben keine Angaben zu Todesfallleistung und Rückkaufswert. Zudem fordert § 155 VVG eine jährliche Standmitteilung. Dies ist nicht gewährleistet, wenn eine Standmitteilung etwa letztmals im Februar 2016 erging, der Vertrag jedoch erst im Dezember 2017 ablief, so dass rund 1¾ Jahre keine Information versendet wurde. Aufgrund der Intervention der BaFin versenden die betroffenen Unternehmen nun auch im letzten Vertragsjahr eine Standmitteilung.

Einige Unternehmen informierten bei Verträgen der betrieblichen Altersversorgung die Versorgungsanwärter und -empfänger nicht ausreichend. Die Versicherer sendeten diesen die Informationsschreiben nicht direkt zu, sondern deren Arbeitgebern in ihrer Funktion als Versicherungsnehmer. Diese sollten die Schreiben dann an die Versorgungsanwärter und -empfänger weiterleiten. Die Erfüllung der Informationspflicht über den Arbeitgeber ist grundsätzlich aufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden, solange der Versicherer sicherstellt, dass sämtliche Versorgungsanwärter und -empfänger die Schreiben erhalten. Die Unternehmen hielten dies jedoch nicht nach. Sie hätten hierfür beispielsweise mit dem Arbeitgeber vereinbaren können, dass dieser den Versand bestätigt und dem Versicherer etwaige Postrückläufer mitteilt. Gegebenenfalls müsste dieser die Informationsschreiben dann selbst versenden. Die BaFin hat die Versicherer aufgefordert, ihre Vorgehensweise anzupassen.

Bei den Standmitteilungen eines Unternehmens hat die BaFin außerdem festgestellt, dass sie die Vertragswerte zum jeweiligen Jahrestag des Versicherungsbeginns ausweisen. Sowohl der Versand der Mitteilungen als auch die Stichtage der in den Standmitteilungen angegebenen Bewertungsreserven weichen um bis zu drei Monate von diesem Stichtag ab. Dies widerspricht ihrem Sinn und Zweck, dem Versicherungsnehmer die Gelegenheit zu geben, einmal im Jahr zu einem bestimmten Termin die Vertragsführung zu überdenken. Die BaFin hat das Unternehmen daher dazu veranlasst, Maßnahmen zu ergreifen, um die Abweichungen zu vermeiden.

Ein Unternehmen versäumte es zudem, in seinen Standmitteilungen darauf hinzuweisen, dass es die Angaben zur Beteiligung der Versicherten an den Erträgen elektronisch veröffentlicht. Diese Pflicht ergibt sich aus § 15 Absatz 2 Mindestzuführungsverordnung (MindZV). Das Unternehmen wird seine Standmitteilungen auf Verlangen der BaFin anpassen.

Schließlich musste die BaFin ein Unternehmen dazu anhalten, ihre Auslegungsentscheidung zum Ausweis der Beteiligung an den Bewertungsreserven in der Standmitteilung (BaFinJournal Juni 2016) einzuhalten. Der Lebensversicherer hatte im Rahmen der Überschussbeteiligung lediglich die Mindestbeteiligung an den Bewertungsreserven ausgewiesen, nicht jedoch die gesamte dem Vertrag zugeordnete Beteiligung.

Hinweis

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