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Erscheinung:17.07.2018 | Thema Verbraucherschutz Kostentransparenz - Kosteninformationen: Papiertiger oder wichtiger Schritt zum informierten Anleger?

„Was nichts kostet, ist nichts wert. Was viel kostet, vielleicht auch.“ Dieses Zitat des Schweizer Theologen und Journalisten Walter Ludin beschreibt anschaulich, dass man beim Thema Kosten genau hinschauen sollte. Dies gilt auch bei Finanzinstrumenten.

Seit dem 3. Januar 2018 erhalten Kunden von ihren Instituten ein neues Dokument – die sogenannten Vorab- beziehungsweise Ex-ante-Kosteninformationen. Hintergrund dieser Neuerung sind die Vorgaben aus der zweiten europäischen Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II) sowie deren deutschem Umsetzungsgesetz (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG, siehe BaFinJournal Juni 2017). Hiernach sind die Institute verpflichtet, ihre Kunden über alle Kosten und Nebenkosten im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen und dem jeweiligen Finanzinstrument zu informieren.

Als zuständige Aufsichtsbehörde überprüft die BaFin, dass die Institute die neuen Vorgaben einhalten. Anfang des Jahres führte sie eine Marktuntersuchung zur Umsetzung der MiFID II durch (siehe BaFinJournal Mai 2018). Von befragten Instituten erhielt die BaFin die Rückmeldung, dass einige Kunden beispielsweise im Rahmen des Telefonbankings Unmut in Bezug auf die Kosteninformationen geäußert hätten, da ihnen diese im Detail vorgelesen wurden.

Ist das Vorlesen aber wirklich rechtlich erforderlich? Der vorliegende Beitrag gibt Antwort auf diese und weitere Fragen, die für Verbraucher relevant sind, und gibt einen Überblick über die wesentlichen Neuerungen. Er soll Verbrauchern insbesondere helfen, den Zweck der Kostentransparenz zu verstehen, und den Nutzen verdeutlichen, den sie aus den neuen Kosteninformationen ziehen können.

Definition:Finanzinstrumente

Mit Finanzinstrumenten sind solche Anlageprodukte gemeint, die durch das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) reguliert sind. Hierzu zählen beispielsweise Fonds, Aktien, Zertifikate, Anleihen und Vermögensanlagen.

Zweck der neuen Kosteninformationen

Kosteninformationen sind für Kunden eigentlich nichts Neues. Allerdings bezogen sich diese bisher allein auf den „Preis“ und waren im Übrigen über viele verschiedene Dokumente verteilt. Sie fanden sich zum Beispiel im Produktinformationsblatt, in den wesentlichen Anlegerinformationen, im Preis-Leistungsverzeichnis des Instituts und im Beratungsvertrag.

Dies wollte der (europäische) Gesetzgeber ändern. Durch das Zusammenziehen der Kosteninformationen in einem gesonderten Dokument sollten diese für Kunden transparenter und vor allem auch vergleichbarer gemacht werden. Kunden sollen nicht mehr alle Informationen, die für sie relevant sind, selbst zusammensuchen müssen.

Ohne vorherige Kosteninformation keine Dienstleistung

Die Institute sind nun verpflichtet, ihre Kunden rechtzeitig, das heißt vor jeder Wertpapierdienstleistung – zu der auch die beratungsfreie Ausführung von Orders gehört – über alle Kosten und Nebenkosten zu informieren, die im Zusammenhang mit dem Erwerb oder Verkauf eines Finanzinstruments auf sie zukommen.

Anders als etwa bei der Geeignetheitserklärung erlaubt das Gesetz nicht, diese Informationen nachträglich zur Verfügung zu stellen. Der Gesetzgeber wollte, dass Kunden von keinen Kosten überrascht werden und informiert Finanzentscheidungen treffen können. Darum, sowie zum Schutz vor Missbrauch, sieht das Gesetz auch nicht vor, dass Kunden auf die Kosteninformationen verzichten können.

Definition:Kunde

Der Begriff „Kunde“ im Sinne der zweiten europäischen Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II) umfasst nicht nur Verbraucher, sondern auch professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien. Geeignete Gegenparteien sind institutionelle Kunden sowie sonstige zulassungs- oder aufsichtspflichtige Unternehmen, die bestimmte Kriterien erfüllen.

Dauerhafter Datenträger

Die Kosteninformationen sind Kunden auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen, das heißt entweder in Papierform, per E-Mail, per Telefax, durch Einstellen in das elektronische Postfach des Kunden beim Institut oder in einem geschlossenen Bereich auf der Webseite des Dienstleisters – je nachdem, welche Übermittlungsform das jeweilige Institut anbietet.

Im Telefonbanking kann es daher zu zeitlichen Verzögerungen kommen, wenn der Kunde weder über einen Internetzugang noch über ein Faxgerät oder ein elektronisches Postfach beim Institut verfügt. In diesem Fall kann das Institut die Kosteninformationen nur entweder postalisch oder im Rahmen eines persönlichen Gesprächs zur Verfügung stellen. Die aktuellen gesetzlichen Vorgaben lassen hier keinen weiteren Spielraum zu. Das Verlesen der Kosteninformationen während des Telefonats, auch wenn es aufgezeichnet wird, genügt den regulatorischen Vorgaben hingegen nicht, denn diese Aufzeichnung kann dem Kunden nicht rechtzeitig ausgehändigt werden, also beispielsweise vor Erfassung der Order. Dies ist aber zwingend notwendig. Ein telefonisches Verlesen der Kosteninformationen ist gesetzlich somit nicht vorgeschrieben.

Individueller oder angenommener Anlagebetrag

Es gibt zwei Möglichkeiten, die Kosten gegenüber Kunden auszuweisen. Die Marktuntersuchung hat gezeigt, dass die meisten Institute die Kosteninformationen bezogen auf den konkreten Anlagebetrag des Kunden zur Verfügung stellen.

Rechtlich zulässig – jedoch weniger kundenfreundlich – ist auch, dem Kunden die Kosteninformationen bezogen auf einen angenommenen Anlagebetrag auszuweisen, zum Beispiel 10.000 Euro. In diesem Fall müsste der Kunde dann mittels Dreisatz selbst die Kosten ermitteln, die seinem Anlagebetrag entsprechen.

Bezug auf konkretes Finanzinstrument

Die Kosteninformationen müssen sich hingegen – auch, wenn sie auf einen angenommenen Anlagebetrag ausgewiesen werden – zwingend auf das konkrete Finanzinstrument beziehen. Es ist nicht ausreichend, wenn sie sich etwa auf Durchschnittswerte von Anlageklassen beziehen, beispielsweise allgemein auf Immobilienfonds, Aktien, Anleihen und Zertifikate.

Kosteninformationen mit einer solchen allgemeinen Darstellungsweise können zwar für Kunden interessant sein, erfüllen aber nicht die gesetzlichen Anforderungen. Die Institute müssen ihren Kunden dann stets zusätzlich die auf das konkrete Finanzinstrument bezogenen Kosteninformationen rechtzeitig aushändigen.

Aufbau der Kosteninformationen

Die Institute haben im Rahmen der Kosteninformationen die Gesamtkosten in aggregierter Form – also zusammengefasst – als Geld- und als Prozentbetrag auszuweisen, und zwar bezogen auf den Anlagebetrag. Diese Gesamtkosten sind sodann weiter aggregiert nach „Dienstleistungskosten“, Produktkosten“ und – soweit angefallen – nach „Fremdwährungskosten“ aufzuschlüsseln. Zuwendungen sind als Teil der Dienstleistungskosten stets gesondert auszuweisen. Fallen bestimmte Kosten nicht an, ist dies durch eine Null kenntlich zu machen.

Da das Institut zum Zeitpunkt der Ex-ante-Kosteninformationen noch nicht alle Kosten kennt, darf es, wo dies erforderlich ist, mit hinreichend präzisen Schätzungen arbeiten. Es hat dies allerdings in den Kosteninformationen entsprechend zu erläutern.

Auf Wunsch muss das Institut dem Kunden zudem eine Einzelaufstellung der Kosten zur Verfügung stellen. Diese Informationen sind gegenüber den aggregierten Kosteninformationen detaillierter. Sie enthalten zumindest eine Aufschlüsselung in einmalige und laufende Kosten und informieren auch über Kosten im Zusammenhang mit Transaktionen und Nebendienstleistungen. Als Beispiele sind hier Gebühren für die Umschichtung von Fonds sowie Verwahrgebühren zu nennen.

Eine Sonderstellung haben die sogenannten übergreifenden Kosten. Hierbei handelt es sich um Kosten, die nicht auf ein konkretes Finanzinstrument bezogen anfallen. Dazu zählen beispielsweise die Depotgebühren für das Gesamtdepot. Diese Kosten können zum Beispiel am Ende der Kostendarstellung mit anschließender Erläuterung aufgeführt werden.

Auswirkungen auf die Rendite

Neben den Kosten ist es für Kunden mindestens genauso wichtig zu erfahren, wie sich diese auf die Rendite auswirken. Daher müssen die Kosteninformationen auch die Kosteneffekte in Bezug auf die Rendite des jeweiligen Finanzinstruments veranschaulichen sowie die damit verbundenen voraussichtlichen Kostenspitzen und -schwankungen. In den Kosteninformationen ist also auszuweisen, ob in bestimmten Anlagezeiträumen höhere Kosten anfallen als in anderen.

Dies ist bei bestimmten Finanzinstrumenten beispielsweise im ersten Jahr zu beobachten, wenn Kosten durch Ausgabeaufschläge (Agios) anfallen. Diese Darstellungen sind dem Kunden nachvollziehbar zu erläutern, damit dieser den Kosteneffekt besser verstehen und die Anlage in ihrer Gesamtheit besser beurteilen kann.

Großer Schritt für den Verbraucherschutz

Aus Sicht des Verbraucher- und Anlegerschutzes sind die neuen Vorgaben zur Kostentransparenz in dieser Detailtiefe eine große Neuerung. Der Kunde erhält zum ersten Mal bereits im Vorfeld einen kompakten Überblick zu Kosten und Nebenkosten, die mit seiner beabsichtigten Finanzanlage verbunden sind, und erkennt auf einen Blick, ob und insbesondere in welcher Höhe das Institut für seine Dienstleistung von dritter Seite Zuwendungen erhält.

Da die neuen Vorgaben für alle Finanzinstrumente gelten, lassen sich Produkte in Bezug auf Kosten und deren Auswirkungen auf die Rendite zum einen innerhalb einer Anlageklasse vergleichen – also beispielsweise Fonds mit Fonds –, zum anderen aber auch Produkte aus verschiedenen Anlageklassen, also Kosten bei Fonds X mit Kosten bei Aktie Y. Daneben besteht nun auch die Möglichkeit, die Dienstleistungskosten verschiedener Institute für ein und dasselbe Finanzinstrument zu vergleichen. Insofern sind die Kosteninformationen ein wichtiger Beitrag auf dem Weg zum informierten Anleger.

Ausblick: Ex-post-Kosteninformationen

Spätestens ab dem nächsten Jahr müssen die Institute ihren Kunden außerdem Ex-post-, also nachträgliche Kosteninformationen zur Verfügung stellen.

Welchen Mehrwert bieten diese dem Kunden? Das ist einfach zu beantworten: Während der Kunde den Ex-ante-Kosteninformationen entnehmen kann, mit welchen Kosten beim Erwerb oder Verkauf eines Finanzinstruments zu rechnen ist, sollen die Ex-post-Kosteninformationen dagegen offenlegen, welche Kosten durch seine Finanzanlage tatsächlich entstanden sind.

Verbrauchertipp:Worauf sollten Sie als Kunde achten?

Ob Sie sich zu Finanzinstrumenten beraten lassen oder ohne Beratung ein Finanzgeschäft tätigen wollen: Nutzen Sie die Vorteile, die Ihnen die neuen Ex-ante-Kosteninformationen bieten.

  • Schauen Sie sich genau an, welche Kosten mit dem Kauf oder Verkauf eines Finanzinstruments verbunden sind. Dazu zählen zum Beispiel Abschlussprovisionen, Ausgabeaufschläge (Agios) sowie jährliche Managementgebühren und Verwaltungskosten. Diese können, müssen aber nicht, bei jedem Finanzinstrument anfallen und können unterschiedlich hoch sein. Je besser Sie informiert sind, desto weniger können Sie von bestimmten Kosten überrascht werden.
  • Sollten Sie die Kosteninformationen nicht verstehen, lassen Sie sich diese unbedingt erklären. Zögern Sie nicht, auch scheinbar banale oder unangenehme Fragen zu stellen. Es ist Ihr Geld. Sie haben das Recht, umfassend über alle Kosten aufgeklärt zu werden. Steht bei Ihnen im Kostenausweis beispielsweise, dass Dienstleistungskosten in einer bestimmten Höhe anfallen werden, haben Sie das Recht, Ihren Berater um Erläuterung zu bitten, aus welchen einzelnen Positionen sich diese zusammensetzen und welche Kosten darauf jeweils entfallen. Machen Sie von diesem Recht Gebrauch.
  • Prüfen Sie unbedingt das in den Kosteninformationen dargestellte Verhältnis von Kosten und Rendite. Dieses Verhältnis sollte stimmen, denn eine Anlage macht keinen Sinn, wenn Kosten und Nebenkosten derart hoch sind, dass Sie unter dem Strich kaum oder gar keine Rendite erzielen können.
  • Vergleichen Sie Angebote auch unter Kostengesichtspunkten. Bevor Sie sich für oder gegen eine bestimmte Anlage entscheiden, werden Sie verschiedene Aspekte betrachten und abwägen. Beziehen Sie in Ihre Überlegungen auch den Vergleich der Kosten mit ein. Ein Finanzinstrument kann bei einem Institut weniger kosten als bei einem anderen, etwa weil dieses geringere Dienstleistungskosten hat oder besondere Konditionen mit dem Emittenten vereinbart hat.

Autoren

Felicitas Boehm, LL.M.
BaFin-Referat für operative Verhaltensaufsicht und Anlegerschutz bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken

Dr. Angela Loff, LL.M.
BaFin-Referat für Grundsatzfragen im Verbraucherschutz

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

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