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Geeignetheitserklärung © istockphoto.com/ImageGap

Erscheinung:18.09.2018 | Thema Verbraucherschutz Geeignetheitserklärung: Wichtiges Dokument für Verbraucher

Seit Anfang des Jahres erhalten Privatkunden im Anschluss an eine Anlageberatung eine sogenannte Geeignetheitserklärung. Dazu sind Banken und Finanzdienstleistungsinstitute aufgrund der zweiten europäischen Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II) sowie des deutschen Umsetzungsgesetzes (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – 2. FiMaNoG, siehe BaFinJournal Juni 2017) verpflichtet.

In der Erklärung müssen Banken schriftlich darstellen, weshalb die ausgesprochene Empfehlung – beispielsweise ein Finanzinstrument zu kaufen oder zu verkaufen – zu dem jeweiligen Kunden passt, also für diesen geeignet ist.

Definition:Finanzinstrumente

Mit Finanzinstrumenten sind solche Anlageprodukte gemeint, die durch das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) reguliert sind. Hierzu zählen beispielsweise Fonds, Aktien, Zertifikate und Anleihen.

Doch ist diese Regelung wirklich neu? Viele Kunden erinnert die Geeignetheitserklärung an das Beratungsprotokoll, das Privatkunden bislang nach einer Anlageberatung erhalten haben. Das Beratungsprotokoll ist mit der Einführung der Geeignetheitserklärung weggefallen. Dies führt zu der Frage, worin der Unterschied zwischen diesen beiden Dokumenten besteht. Der vorliegende Beitrag erläutert, welchen Inhalt die Geeignetheitserklärung haben muss und warum sie für den Verbraucher ein bedeutsames Dokument ist.

Geeignetheitserklärung: Was ist neu?

Bereits in der Vergangenheit gab es gesetzliche Vorschriften zur Dokumentation der Anlageberatung. Diese wichtige Funktion der Dokumentation und Information des Kunden übernimmt nun die Geeignetheitserklärung. Welche Änderungen haben sich ergeben?

Mit der Geeignetheitserklärung sind zunächst einige formale Anforderungen entfallen. So wird nicht mehr der wesentliche Gesprächsverlauf der Anlageberatung wiedergegeben. Zudem müssen Anlass und Dauer des Gesprächs nicht mehr dokumentiert und die Geeignetheitserklärung muss auch nicht vom Berater unterschrieben werden. Lediglich Datum und Uhrzeit der Anlageberatung sind zu nennen. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist, dass die Geeignetheitserklärung dem Kunden nicht mehr unverzüglich nach Abschluss der Anlageberatung übergeben werden muss. Nun muss der Berater dem Kunden die Geeignetheitserklärung vor Vertragsschluss zur Verfügung stellen, also vor dem Kauf oder Verkauf des empfohlenen Finanzinstruments. Dies ist vor allem für die Kunden relevant, die zu Hause beraten werden. Erhält der Kunde die Geeignetheitserklärung nicht direkt im Anschluss an das Beratungsgespräch, so ist der genaue Zeitpunkt der Übergabe auf der Erklärung zu vermerken.

Trotz dieser formalen Erleichterungen handelt es sich bei der Geeignetheitserklärung nicht um ein Beratungsprotokoll „light“. Im Gegenteil: Das Beratungsprotokoll und die Geeignetheitserklärung verfolgen inhaltlich unterschiedliche Ansätze. Während früher der wesentliche Inhalt und der Verlauf des Gesprächs für den Kunden nachvollziehbar dokumentiert werden sollte, ist in der Geeignetheitserklärung zu erläutern, warum die Anlageempfehlung zu dem Kunden passt, und ihm damit das Beratungsergebnis nachvollziehbar zu machen. Durch weniger formale Anforderungen und mehr Flexibilität bei der Erstellung liegt der Fokus auf der gezielten Information des Kunden darüber, weshalb ihm ein bestimmtes Finanzinstrument empfohlen wurde. Damit erhält er nur die Informationen, die für ihn am wichtigsten sind – nämlich zur Prüfung der Geeignetheit der Empfehlung.

Inhalt und qualitativer Abgleich

Anlageberater dürfen Kunden nur solche Finanzinstrumente und Wertpapierdienstleistungen empfehlen, die für diese geeignet sind. Das bedeutet zum einen, dass das Finanzinstrument beziehungsweise die Dienstleistung zum Kunden passen muss. Zum anderen muss der Kunde die Funktionsweise und die Risiken der Empfehlung verstehen können. Dafür muss der Berater die Kenntnisse und Erfahrung des Kunden, dessen finanzielle Verhältnisse und Anlageziele erfragen und seine Anlageempfehlung anhand der Angaben prüfen.

In der Geeignetheitserklärung wird diese Prüfung für den Kunden schriftlich dargestellt. Die Erklärung ist damit die Verschriftlichung der Anlageempfehlung. Sie benennt die Art der Beratung und erläutert, wie diese auf die Kundenangaben abgestimmt wurde. Dazu sind alle Informationen, die für die Geeignetheitsprüfung erforderlich sind, in die Geeignetheitserklärung aufzunehmen.

Auf einen Blick:Angaben des Kunden

Damit Ihr Anlageberater Ihnen ein passendes Finanzinstrument empfehlen kann, wird er Sie um einige Angaben bitten:

  • Sind Ihre Kenntnisse und Erfahrungen ausreichend für das konkrete Finanzinstrument?
  • Sind Sie wirtschaftlich dazu in der Lage, die möglichen finanziellen Verluste zu tragen? Diese Verlusttragfähigkeit gibt auch Auskunft darüber, welche Anlagerisiken Sie tragen können.
  • Passt das empfohlene Finanzinstrument zu Ihren Anlagezielen? Der Berater wird hier insbesondere folgende Fragen klären:

    • Deckt sich das Risiko der Anlage mit Ihrer Risikobereitschaft?
    • Entspricht die Anlagedauer dem Zeitraum, in welchem Sie in ein Finanzinstrument investieren möchten?
    • Erfüllt die Empfehlung den von Ihnen gewünschten Zweck? Möchten Sie zum Beispiel für den Ruhestand vorsorgen oder Ihr Vermögen weiter aufbauen?
    • Passt die Empfehlung zu Ihren sonstigen Angaben? Hierzu zählen zum Beispiel Ihre Wünsche zur Nachhaltigkeit des Finanzinstruments, zur Branche oder zur Währung.

Die Geeignetheitserklärung enthält aber nicht nur die bloße Feststellung, dass ein Finanzinstrument geeignet ist. Das Gesetz fordert ausdrücklich, dass sie auch die Begründung mit einschließen muss, warum das Finanzinstrument geeignet ist – also inwiefern der Berater die Auswahl der Finanzinstrumente auf die Kundenwünsche abgestimmt hat. Dazu muss er die Eigenschaften des Finanzinstruments qualitativ mit den Kundenangaben abgleichen.

Eine Begründung ohne individuellen Bezug zu den Kundenangaben, beispielsweise „Die Anlageempfehlung ist geeignet, weil sie für Sie geeignet ist“, ist nicht ausreichend. Warum entspricht ein Finanzinstrument der Risikobereitschaft des Kunden? Warum ist das Finanzinstrument speziell für ihn zur Vermögensbildung geeignet? Die individuelle Beantwortung dieser Fragen ist für den Kunden entscheidend, um die Empfehlung nachvollziehen und eine passende Anlageentscheidung treffen zu können.

Mehrwert für den Verbraucher

Mit der Geeignetheitserklärung und der darin enthaltenen individuellen Empfehlungsbegründung nimmt der Kunde die Empfehlungskompetenz seines Anlageberaters also quasi mit nach Hause. Das ermöglicht es ihm nicht nur zu überprüfen, wie der Berater die Anlageempfehlung auf ihn abgestimmt hat, sondern hat noch einen weiteren Vorteil: Der Kunde kann auch zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal nachlesen, wie die Empfehlung zustande gekommen ist. Die Geeignetheitserklärung bietet dem Verbraucher somit einen deutlichen Mehrwert.

Auf einen Blick:Gut zu wissen

1. Wann muss die Bank Ihnen die Geeignetheitserklärung zur Verfügung stellen?

Die Geeignetheitserklärung soll es Ihnen als Privatkunden ermöglichen, vor Vertragsschluss die Gründe der Anlageempfehlung zu verstehen, damit Sie eine fundierte Anlageentscheidung treffen können. Dafür ist es erforderlich, dass Sie die Geeignetheitserklärung rechtzeitig erhalten. Einzelheiten dazu enthält das Rundschreiben der BaFin zu den Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (MaComp). Konkret bedeutet dies:

  • Die Geeignetheitserklärung muss Ihnen ausgehändigt werden, bevor Sie das Finanzinstrument kaufen oder verkaufen.
  • Wurde die Anlageberatung mittels eines Fernkommunikationsmittels – zum Beispiel per Telefon – durchgeführt, ist es ausnahmsweise ausreichend, wenn Sie die Geeignetheitserklärung unmittelbar nach Vertragsschluss erhalten. Voraussetzung ist, dass Sie diesem Vorgehen zugestimmt haben und die Bank Ihnen angeboten hat, die Ausführung des Geschäfts zu verschieben. Bisher hatte der Kunde unter gewissen Voraussetzungen das Recht, von einem Geschäft zurückzutreten, wenn die Anlageberatung mittels Fernkommunikation erfolgt war. Dieses Rücktrittsrecht gibt es nun nicht mehr.

2. Wie muss die Bank die Geeignetheitserklärung übermitteln?

Die Bank kann Ihnen die Geeignetheitserklärung in Papierform oder elektronisch übermitteln, zum Beispiel in Ihr E-Postfach. Letzteres setzt voraus, dass Sie dieser Art der Kommunikation zugestimmt haben.

3. Kann der Kunde auf die Geeignetheitserklärung verzichten?

Das Erstellen einer Geeignetheitserklärung kostet Zeit – sowohl für den Anlageberater als auch für Sie als Kunde. Dennoch können Sie nicht darauf verzichten. Ihr Anlageberater ist gesetzlich dazu verpflichtet, Ihnen eine Geeignetheitserklärung zur Verfügung zu stellen, Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Bedenken Sie: Die Geeignetheitserklärung kommt Ihnen letztlich zugute. Sie ermöglicht es Ihnen, Unstimmigkeiten zu Ihren Angaben aufzudecken und anzusprechen und die Gründe für die Anlageempfehlung nachzuvollziehen. Auch nach einiger Zeit und bei Folgeberatungen können Sie auf die Dokumentation und die darin genannten Empfehlungsgründe zurückgreifen. Ihre Zeit ist also – in Ihrem eigenen Interesse – gut investiert.

Autorinnen

Andrea Löhr
BaFin-Referat für operative Verhaltensaufsicht und Anlegerschutz bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken

Dr. Daniela Rothe
BaFin-Referat für operative Verhaltensaufsicht und Anlegerschutz bei Privat- und Auslandsbanken

Hinweis

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