BaFin - Navigation & Service

Abbildung von Börsenkursen auf einem Computerbildschirm. © istockphoto.com/da-kuk

Erscheinung:16.01.2019 | Thema Verbraucherschutz Market Making

„Klarer Betrug! Ich bitte um Prüfung!“ – Wenn sich Anleger bei der BaFin über die Feststellung von Preisen beschweren

Bei der Preisfeststellung und dem Handel mit Anlagezertifikaten und Hebelprodukten wittern Anleger mitunter Betrug oder Manipulation auf Seiten des Emittenten. Das zeigt sich bei Beschwerden, die bei der BaFin eingehen, und im direkten Austausch mit Anlegern auf Börsentagen und Messen. Meist geht es dabei um die Höhe der gestellten Kurse oder um temporäre Kursaussetzungen. In der Regel hat aber gar kein Betrug stattgefunden. Grund sind die Besonderheiten des Market Makings.

Zum Hintergrund: Beim Kauf oder Verkauf von Anlagezertifikaten und Hebelprodukten handeln Anleger entweder direkt mit dem Emittenten – also OTC (over the counter – über die Theke) – oder mit einem Market Maker an einem Handelsplatz. In beiden Fällen wird der Preis nicht als Ableitung von Angebot und Nachfrage festgestellt. Bei Anlagezertifikaten und Hebelprodukten agiert in der Regel der Emittent auch als Market Maker.

Typische Produktgruppen

Anlagezertifikate und Hebelprodukte sind Wertpapiere, deren Preis von einer Referenzgröße abhängt, dem Basiswert. Typische Basiswerte sind Indizes, Aktien, Anleihen, Devisen oder auch Rohstoff-Futures. Anleger investieren also nicht direkt in einen Basiswert, sondern in ein Finanzinstrument, dessen Wertentwicklung auf der des Basiswertes beruht. Dadurch erlangen sie keinerlei Rechte an dem Basiswert. Privatanleger können auf diese Weise in Märkte investieren, die ansonsten für sie nur schwer zugänglich wären. Einige dieser Produkte haben eine unbestimmte Laufzeit, können jedoch zu festgelegten Terminen gekündigt oder verkauft werden. Darüber hinaus besteht für die Anleger die Möglichkeit, solche Produkte nicht nur innerhalb des Zeichnungszeitraumes, sondern auch nach der Emission im Sekundärmarkthandel zu erwerben.

In den Beschwerden zur Kursstellung geht es vor allem um Hebelprodukte wie Faktor-Zertifikate, Optionsscheine und Turbo-Optionsscheine bzw. Knock-Out-Zertifikate. Diese Derivate bilden den Kursverlauf eines Basiswertes gehebelt ab. Der Anleger hat somit die Möglichkeit, überproportional an den Kursbewegungen des Basiswertes zu partizipieren. Hebelprodukte gelten als hochrisikoreich, da für den Anleger die Gefahr eines Totalverlustes besteht. Diese Finanzinstrumente werden grundsätzlich im beratungsfreien Geschäft erworben, somit kaufen vor allem Selbstentscheider sie. Dass Anleger sich über Hebelprodukte beschweren, ist insbesondere damit zu erklären, dass sie diese oft nicht bis zur Endfälligkeit halten. Anders als bei Anlageprodukten steht bei Hebelprodukten der Spekulationszweck im Vordergrund. Daher sind die Anleger besonders auf die Handelbarkeit der Produkte angewiesen.

Definitionen

Faktor-Zertifikate

Als Faktor-Zertifikate werden Derivate bezeichnet, die sich auf einen grundsätzlich vom Emittenten berechneten Strategie-Index beziehen. Dieser Index repliziert die tägliche Kursveränderung eines Basiswertes mit einem festgelegten Hebel (Faktor). Anleger können auf fallende Kurse (Short) und auf steigende Kurse (Long) spekulieren. Faktor-Zertifikate haben in der Regel eine unbegrenzte Laufzeit. Aufgrund des Hebels, der sowohl negativ als auch positiv wirkt, besteht schon bei geringen Veränderungen des Basiswertes das Risiko eines nahezu vollständigen Verlusts.

Optionsscheine

Bei Optionsscheinen wird der Hebel – anders als bei Faktor-Zertifikaten – nicht vertraglich bestimmt. Die Hebelwirkung entsteht dadurch, dass weniger Kapital eingesetzt werden muss als für eine direkte Anlage in den jeweiligen Basiswert (etwa in den Kauf der Aktie). Auch bei Optionsscheinen besteht für die Anleger die Möglichkeit, an steigenden (Call) und an fallenden Kursen (Put) zu partizipieren. Innerhalb der Laufzeit des Optionsscheins kann der Anleger sein Optionsrecht ausüben. Dabei oder am Ende der Laufzeit erhält er einen Auszahlungsbetrag, der sich ergibt, indem die Differenz zwischen dem Referenzpreis und dem Basispreis mit dem Bezugsverhältnis multipliziert wird. Der Referenzpreis entspricht dem Preis des Basiswertes. Sollte jedoch der Referenzpreis zum Bewertungstag eines Call-Optionsscheins unterhalb des Basispreises liegen, verfällt dieser wertlos, und der Anleger erleidet einen Totalverlust. In der Regel werden Optionsscheine nicht bis zur Endfälligkeit gehalten, sondern vorher an den Emittenten bzw. Market Maker zurückverkauft.

Turbo-Optionsscheine

Turbo-Optionsscheine zählen zu der Produktkategorie der Knock-Out-Zertifikate. Ihre Funktionsweise ist mit dem eines herkömmlichen Optionsscheins zu vergleichen: Turbo-Optionsscheine bilden die Entwicklung eines Basiswertes nahezu 1:1 ab. Der Auszahlungsbetrag entspricht der Differenz zwischen dem Basispreis und dem Kurs des Basiswertes. Diese Differenz wird mit dem Bezugsverhältnis multipliziert. Im Gegensatz zu Optionsscheinen ist der Turbo-Optionsschein jedoch mit einem sogenannten Knock-Out ausgestattet und verfällt, wenn der Kurs des Basiswerts während der Laufzeit unter die festgelegte Knock-Out-Barriere (zum Beispiel den Basispreis) fällt. Anleger erleiden in diesen Fällen einen Totalverlust. Bei Turbo-Optionsscheinen ist zwischen solchen mit Laufzeit und solchen ohne festgelegte Endfälligkeit (von Emittenten Endlos-Turbo-Optionsscheinen genannt) zu unterscheiden. Bei Turbo-Optionsscheinen mit Laufzeit preist der Emittent seine Marge als Aufschlag auf den inneren Wert ein. Bei Endlos-Turbo-Optionsscheinen verdient der Emittent über die tägliche Anpassung des Basispreises, wenn der Kunde das Produkt über Nacht hält.

Preisbildung über das Orderbuch

Grundsätzlich ist im Wertpapierhandel zwischen der Preisermittlung über das Orderbuch und der Preisfeststellung durch einen Market Maker zu unterscheiden. Die Preise für Aktien oder Anleihen werden typischerweise aus Angebot und Nachfrage abgeleitet. Über den Preis eines Wertpapiers gleichen sich das Angebot und die Nachfrage aus. Ermittelt wird der Preis über das Orderbuch, in dem Kauf- und Verkaufsaufträge gesammelt werden. Der Preis eines Wertpapiers ist der Preis, zu dem der höchstmögliche Umsatz generiert wird bzw. zu dem die meisten Marktteilnehmer bereit sind, das Wertpapier zu kaufen oder zu verkaufen (Meistausführungsprinzip). Somit bestimmt sich der Preis direkt aus Angebot und Nachfrage nach dem Wertpapier. Die einzelnen Börsenaufträge werden gegeneinander ausgeführt. Die Marktteilnehmer treffen direkt aufeinander, und die Liquidität des Wertpapiers ergibt sich aus der Zahl der Kauf- und Verkaufsaufträge.

Warum Market Maker erforderlich sind

Der Preis für ein Wertpapier kann sich nur über Angebot und Nachfrage bilden, wenn eine ausreichende Liquidität bzw. Marktbreite vorliegt. Wenn keine ausreichende Zahl an Kauf- und Verkaufsaufträgen vorliegt, was bei Anlagezertifikaten und Hebelprodukten in der Regel der Fall ist, kann über Angebot und Nachfrage kein verlässlicher Preis ermittelt werden. In solchen Fällen wird auf Market Maker zurückgegriffen, welche die Liquidität im Markt bzw. in Bezug auf ein bestimmtes Finanzinstrument steigern und somit einen Handel sicherstellen. Wenn die Preisbildung über Angebot und Nachfrage nicht verlässlich möglich ist, kann mit Hilfe des Market Makers auch für wenig liquide Wertpapiere wie Anlagezertifikate und Hebelprodukte ein Preis am Sekundärmarkt gestellt werden.

Die Notwendigkeit eines Market Makers ergibt sich bereits mit Blick auf die Produktzahl: An der Frankfurter Wertpapierbörse werden zum Beispiel insgesamt etwa 11.200 Aktien und im Freiverkehr etwa 1.700.000 Zertifikate gehandelt. Nicht für alle diese Zertifikate besteht eine ausreichende Liquidität, die eine dauerhafte Handelbarkeit sicherstellen würde. Aus diesem Grund agieren bei den betreffenden Produkten meist die Emittenten selbst als Market Maker und stellen Preise. Dadurch wird den Anlegern ermöglicht, ein Zertifikat während der Laufzeit über einen Handelsplatz zu veräußern oder eines nach der Zeichnungsphase zu erwerben. Darüber hinaus kann der gestellte Preis auch als Wertindikator für die Anleger dienen.

Verfügbarkeit von Preisen

Auf einen Blick:Market Making: Zitate aus aktuellen Basisprospekten deutscher Emittenten von Faktor-Zertifikaten und Optionsscheinen

„Aber selbst für die Fälle der gewöhnlichen Marktbedingungen übernimmt er [der Emittent] gegenüber den Wertpapierinhabern keinerlei rechtliche Verpflichtung, solche Preise zu stellen und/oder dafür, dass die von ihm gestellten Preise angemessen sind.“

„Die vom Market Maker gestellten Kurse […] entsprechen normalerweise nicht den Kursen, die sich ohne ein solches Market Making und in einem liquiden Markt bilden würden.“

„Durch ein Market Making wird die Emittentin den Preis der Wertpapiere und ggf. des Basiswerts maßgeblich selbst bestimmen und damit den Wert der Wertpapiere beeinflussen.“

„Auch besteht keine Verpflichtung, […] ein Market Making über die gesamte Laufzeit der Wertpapiere aufrecht zu erhalten.“

Grundsätzlich verpflichten sich die Emittenten von Zertifikaten und Optionsscheinen nicht zu einer fortlaufenden indikativen, also unverbindlichen Bereitstellung von An- und Verkaufskursen. Dies wird in den Basisprospekten auch beschrieben. So besteht selbst unter gewöhnlichen Marktbedingungen keine rechtliche Verpflichtung, Preise zu stellen. Darüber hinaus verpflichten sich Emittenten auch nicht, über die gesamte Laufzeit des Wertpapiers das Market Making aufrecht zu halten. Da aber auch die Emittenten selbst nur verdienen, wenn ein Handel stattfindet, haben sie ein großes Interesse daran, dass möglichst alle Produkte handelbar sind.

Zwar werden die Market Maker zum Beispiel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Börsen mitunter verpflichtet, fortlaufend unverbindliche Kauf- und Verkaufskurse bereitzustellen. Diese Pflicht besteht jedoch nur gegenüber der jeweiligen Börse und nicht gegenüber den Haltern der Wertpapiere. Auch müssten die Anleger zunächst prüfen, wo das Wertpapier gehandelt wird und welche rechtlichen Bestimmungen für diesen Handelsplatz gelten, wenn sie sich auf eine fortlaufende Preisfeststellung durch den Market Maker verlassen wollen.

Hinzu kommt: Auch in den entsprechende AGB-Regelungen sind Ausnahmen von dieser Pflicht formuliert: So müssen bei Marktstörungen oder außergewöhnlichen Umständen keine Kurse gestellt werden. Bei volatilen Märkten, außerordentlichen Bewegungen des Basiswertes, technischen Störungen und besonderen Vorkommnissen in der Preisermittlung kann der Market Maker die Preisfeststellung aussetzen (siehe „Beispiel für eine Aussetzung der Preisfeststellung“). In der Regel wird der Handel nach Behebung der Marktstörung wieder fortgesetzt. Dabei können jedoch auch Kurssprünge entstehen.

Auf einen Blick:Beispiel für eine Aussetzung der Preisfeststellung

Bei diesem Open-End-Turbo-Optionsschein wurden zwischen 14:01 Uhr und 14:55 Uhr keine Kurse vom Market Maker gestellt. Dadurch waren in diesem Zeitraum keine Käufe und Verkäufe möglich. Als Grund wurde angegeben, dass aufgrund der Veröffentlichung von Quartalszahlen durch den Emittenten des Basiswertes ein hohes Risiko von Kursschwankungen bestand.

Open-End Turbo Optionsschein

Open-End Turbo Optionsschein Grafik: Open-End Turbo Optionsschein; © BaFin Open-End Turbo Optionsschein

Preiskomponenten

Da die Preise für Anlagezertifikate und Hebelprodukte nicht auf Basis von Angebot und Nachfrage über das Orderbuch zustande kommen, ermitteln die Emittenten sie mit internen Preisbildungsmodellen. Die Bestimmung des Preises liegt alleine im Ermessen des Emittenten bzw. des Market Makers. Eine Aufsicht oder Kontrolle über die Preisermittlung durch die betreffenden Wertpapierbörsen oder die BaFin hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Neben der Entwicklung des Basiswertes können noch weitere Faktoren den vom Market Maker gestellten Preis beeinflussen. Der Market Maker bzw. Emittent kann unter anderem die Kosten für die Risikoabsicherung (Hedging-Kosten), die Marge sowie die Kosten für die Strukturierung und den Vertrieb der Wertpapiere einpreisen. In der täglichen Berechnung des Strategie-Indexes, der dem Faktor-Zertifikat zugrunde liegt, wird beispielsweise eine Indexgebühr für die Berechnung dieses Indexes eingerechnet. Diese Gebühr mindert den Preis des Faktor-Zertifikats.

Aus diesen Gründen kann der vom Emittenten errechnete Preis auch vom finanzmathematischen Wert des Wertpapiers abweichen. Der finanzmathematische Wert beschreibt den wirtschaftlich zu erwartenden Wert als Zusammenwirken des inneren Wertes eines Wertpapiers, der die Entwicklung des Basiswertes abbildet, und dem Zeitwert, der von Faktoren wie Volatilität, Zinssatz, Bonität des Emittenten und – bei Aktien als Basiswert – der Dividendenerwartung beeinflusst wird.

Teilweise gehen die Anleger von einer linearen Abbildung des Basiswertes durch den Optionsschein bzw. das Zertifikat aus. So nehmen Beschwerdeführer an, dass zum Beispiel eine Kurssteigerung des Basiswertes bei einem Call-Optionsschein automatisch eine Kurssteigerung des Derivats in gleicher Höhe zur Folge hat.

Insbesondere bei Optionsscheinen kann es jedoch bei der Preisstellung speziell bei kurzlaufenden Optionsscheinen neben der Einpreisung der genannten Faktoren zu einem Zeitwertverlust kommen. Der finanzmathematische Wert eines Optionsscheins setzt sich zusammen aus dem inneren Wert, der sich wiederum aus der Differenz zwischen Basispreis und dem aktuellen Kurs des Basiswertes ergibt, und dem Zeitwert. Als weitere Preiskomponenten reflektiert der Zeitwert die Ungewissheit der Entwicklung des Basiswerts in der Restlaufzeit sowie die Volatilität des Basiswertes. Zum Ende der Laufzeit eines Optionsscheines läuft auch der Zeitwert gegen null, da die Wahrscheinlichkeit etwa bei einem Call-Optionsschein, dass der Kurs des Basiswertes zum Laufzeitende über dem Basispreis notiert, mit jedem Tag kleiner wird. Unabhängig von der Entwicklung des Basiswertes verliert der Optionsschein somit zum Ende der Laufzeit durch den Zeitwertverlust an Wert.

Zusammengefasst kann somit der finanzmathematische Wert eines Zertifikats bzw. Optionsscheins von der Entwicklung des Basiswertes abweichen. Darüber hinaus kann sich der Preis des Wertpapiers auch von diesem finanzmathematischen Wert unterscheiden, weil der Emittent bzw. Market Maker verschiedene Faktoren wie Margen, Kosten und Volatilität eingepreist hat.

Verdient der Emittent an den Verlusten der Anleger?

In den Beschwerden zur Kursstellung bei Zertifikaten und Optionsscheinen äußern Anleger häufig den Verdacht, dass der Emittent von den Verlusten der Anleger profitiere oder die Verluste der Anleger zugleich der Gewinn des Emittenten seien. Nach Angaben des Deutschen Derivate Verbands auf dessen Homepage versuchen Emittenten bei jedem Geschäft, eine risikoneutrale Position gegenüber den Anlegern einzunehmen. Sie führten zu diesem Zweck Absicherungsgeschäfte (Hedge-Geschäfte) durch. Eine Möglichkeit sei es, die Basiswerte zu erwerben. So könnte ein Emittent zum Beispiel als Absicherung einer offenen Position aus einem Optionsschein die zugrunde liegende Aktie, den Basiswert, kaufen. Verlöre der Optionsschein an Wert, verlöre auch der vom Emittenten gehaltene Basiswert an Wert. Der Emittent stünde dann sowohl Kursgewinnen als auch Kursverlusten der Anleger risikoneutral gegenüber.

Jedoch ist zu beachten, dass Emittenten nicht gesetzlich dazu verpflichtet sind, sich gegenüber jeder offenen Position abzusichern. Darüber hinaus verpflichten sich die Emittenten auch nicht selbst zu solchen Absicherungsgeschäften. Sie sind nicht auf Erträge aus offenen Positionen gegenüber den Anlegern angewiesen, da sie andere Ertragsquellen haben, wie etwa die eingepreisten Gebühren, die Emittenten-Marge und den Spread beim Market Making. Darüber hinaus ist die Emission von Wertpapieren für den Emittenten auch aufgrund des Funding-Effekts vorteilhaft.

Auf einen Blick:Funding-Effekt bei der Emission von Zertifikaten

Durch die Emission von Wertpapieren fließt dem Emittenten Liquidität zu. Werden Zertifikate und Optionsscheine emittiert, muss der Emittent als solcher bei der Verwendung der zugeflossenen Mittel keine konkreten Vorgaben einhalten. Er kann die Mittel beispielsweise zur Finanzierung seiner Geschäftstätigkeit nutzen. Die Anleger tragen das Ausfallrisiko des Emittenten. Der Anlagebetrag unterliegt auch keinem Sicherungsinstrument wie etwa der Einlagensicherung. Rückzahlungsansprüche haben Anleger erst bei Kündigung oder zum Laufzeitende. Dem Emittenten wird auf diese Weise eine günstige Refinanzierungsmöglichkeit gegeben.

Funding-Effekt bei der Emission von Zertifikaten

Funding-Effekt bei der Emission von Zertifikaten Grafik: Funding-Effekt bei der Emission von Zertifikaten; © BaFin Funding-Effekt bei der Emission von Zertifikaten

Zusammenfassung: Anleger sollten sich der Risiken bewusst sein!

Anleger sollten sich bewusst machen, dass die Preise von Zertifikaten und Optionsscheinen in der Regel nicht über das Orderbuch festgelegt werden, dass sie also nicht auf Angebot und Nachfrage basieren. Diese Finanzinstrumente können entweder außerbörslich direkt mit dem Emittenten oder über einen Handelsplatz mit einem Market Maker gehandelt werden. In beiden Fällen legen die Emittenten selbst den Preis des Finanzinstruments im eigenen Ermessen fest. In diesen Preis können auch Margen oder Kosten für den Vertrieb bzw. Kosten der Risikoabsicherung eingepreist werden. Die Emittenten sind auch nicht zur fortlaufenden Kursstellung verpflichtet. Sie können – etwa bei außergewöhnlichen Marktereignissen und hoher Volatilität – die Preisfeststellung aussetzen oder beenden.

Des Weiteren sollten die Anleger bedenken, dass der Preis für diese Wertpapiere nicht ausschließlich von der Kursentwicklung des zugrundeliegenden Basiswerts abhängt. Zwar basieren diese Instrumente auf der Entwicklung des Basiswertes. Aufgrund der inhärenten Produktstruktur kann es aber zu Abweichungen in der Preisentwicklung kommen. Neben der Basiswertentwicklung können weitere Faktoren den Preis beeinflussen. Die Anleger sollten daher wissen, dass der Preis des Wertpapiers erheblich von seinem finanzmathematischen Wert abweichen kann.

Darüber hinaus ist empfehlenswert, bei einer Anlage in solche Produkte die Risikowarnungen der Emittenten in den Basisprospekten zu beachten. In diesen wird unter anderem darauf hingewiesen, dass die vom Market Maker gestellten Preise vom finanzmathematischen Wert der Wertpapiere abweichen können und keine Verpflichtung zur Kursstellung besteht. Daher ist es ratsam, sich intensiv mit den jeweiligen Emissionsbedingungen auseinanderzusetzen. Anleger sollten selbst einschätzen, ob sie die Funktionsweise der Produkte verstanden haben und bereit sind, die Risiken zu tragen.

Autor

Marc-Oliver Michel
BaFin-Referat für operative Missstandsaufsicht und Produktintervention

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Zusatzinformationen

BaFinJournal 01/2019 (Download)

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular. Hinweise auf tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften richten Sie bitte an unsere Hinweisgeberstelle.

Wir freuen uns über Ihr Feedback