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Die Abbildung zeigt eine stilisierte Person, die ein rotes Euro-Zeichen trägt, während eine von oben kommend Hand auf das Euro-Zeichen zeigt. © istockphoto.com/erhui1979

Erscheinung:15.10.2019 Ahndung in der aufsichtlichen Praxis

In der Wertpapieraufsicht verhängt die BaFin höhere Bußgelder als in den Vorjahren. Bei einer Veranstaltung in Frankfurt zeigte die Aufsicht aber auch, wie sich Betroffene mit ihr einigen können. Am besten kommt es erst gar nicht zu einem Rechtsverstoß.

Höher, schneller, weiter: Unter diesem Motto hätte die BaFin-Veranstaltung zur Ahndungspraxis der Wertpapieraufsicht stehen können, zu der sich Ende September 150 Teilnehmer in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main einfanden.

Höher fallen nämlich aller Voraussicht nach die Bußgelder des laufenden Kalenderjahres aus, wenn man sie mit den Vorjahren vergleicht. Die Höhe der festgesetzten Geldbußen belief sich Ende August 2019 bereits auf 6,7 Millionen Euro, nachdem die BaFin 2017 und 2018 zusammengenommen 11,9 Millionen Euro festgesetzt hatte. Davon entfielen damals alleine 2,4 Millionen Euro auf ein Unternehmen, das Stimmrechtsmitteilungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) verletzt hatte.

Die Trendwende zu höheren Bußgeldern erklärte BaFin-Referentin Stephanie Kirchmeier-Hein in Frankfurt damit, dass der europäische Gesetzgeber im November 2015 bzw. Juli 2016 die Obergrenze für Bußgelder erhöht hat und die BaFin seither auch den Konzernumsatz heranziehen kann, wenn sie eine Geldbuße festsetzt. „Die Höhe wird weiter steigen“, prognostizierte Kirchmeier-Hein.

Ein Drittel der Verfahren endet mit Bußgeld

Schneller ist indessen das Verfahren an sich geworden. In den Jahren 2017 und 2018 überstieg die Zahl der abgeschlossenen Bußgeldverfahren die der neu eröffneten fast um das Doppelte. Dadurch konnte die BaFin die Zahl der am Jahresende 2018 noch offenen Verfahren deutlich reduzieren, nämlich auf 682 (siehe Grafik „Bußgeldverfahren der BaFin im Jahresverlauf“). Ende 2015 lag dieser Wert noch bei rund 1100 (siehe BaFinJournal November 2017).

Grafik: Bußgeldverfahren der BaFin im Jahresverlauf

Grafische Darstellung der Bußgeldverfahren der BaFin im Verlauf des Jahres in Form eines Säulendiagramms Bußgeldverfahren der BaFin im Jahresverlauf: Der Bestand zu Jahresbeginn wächst durch angenommene Verfahren, abgeschlossene Verfahren reduzieren ihn. BaFin Grafik: Bußgeldverfahren der BaFin im Jahresverlauf

Von allen Verfahren endeten 36 Prozent mit einem Bußgeld. Damit lag die Ahndungsquote im guten Durchschnitt der vergangenen Jahre. 64 Prozent der geahndeten Sachverhalte endeten, weil sich die BaFin mit den betroffenen Unternehmen verständigte (siehe Infokasten „Settlement“). „Das Settlement ist aus unserer Praxis nicht mehr wegzudenken“, betonte BaFin-Referentin Sabine Canzler. Das schlägt sich in einer weiteren Kennziffer positiv nieder – der Einspruchsquote. Lediglich in 12 Prozent der Verfahren legten die Betroffenen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid der BaFin ein. Würde man die einvernehmlich beendeten Verfahren herausrechnen, läge die Einspruchsquote bei 28 Prozent und damit deutlich höher.

Auf einen Blick:Settlement

Bußgeldverfahren der Wertpapieraufsicht der BaFin werden zunehmend einvernehmlich im Rahmen einer Verständigung (Settlement) abgeschlossen. Dabei profitieren Betroffene davon, dass das Bußgeld um bis zu 30 Prozent geringer ausfallen kann. Außerdem beschleunigen Settlements den Abschluss von Verfahren. Beim Settlement gelten rechtsstaatliche Grundsätze. Das Unternehmen muss die Ordnungswidrigkeit tatsächlich begangen haben. Sie muss vorwerfbar und nachweisbar sein. Der Betroffene muss zudem den ihm zur Last gelegten Sachverhalt anerkennen und die Geldbuße akzeptieren – das heißt: ohne Geständnis kein Settlement. Ein anderer Grundsatz lautet, dass die BaFin beim Settlement nicht mit den Betroffenen handelt. Die wesentlichen Voraussetzungen hat die BaFin in einem Merkblatt zusammengefasst.

Kapitalmarktrecht entwickelt sich weiter

„Das Kapitalmarktrecht bleibt ein dynamisches Rechtsgebiet und diese Dynamik betrifft insbesondere auch den Bereich der Sanktionen“, sagte Elisabeth Roegele, BaFin-Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht. In der Praxis stellen sich regelmäßig neue Fragen.

Um sie fundiert zu beantworten, ist Hintergrundwissen nötig. Das lieferte bei der Veranstaltung unter anderem BaFin-Referent Thilo Stucke. Er erklärte die Zurechnungsnormen des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG), denen im Kapitalmarktrecht besondere Bedeutung zukommt. Eine Vielzahl der kapitalmarktrechtlichen Vorschriften ist als Sonderdelikt ausgestaltet. Sonderdelikte richten sich an einen bestimmten, besonders qualifizierten Personenkreis. Im Kapitalmarktrecht ist dies häufig der Emittent eines Wertpapiers, also eine juristische Person.

Menschen bleiben verantwortlich

Eine juristische Person kann aber nicht selbst handeln. Es ist eine natürliche Person, die sie gesetzlich vertritt. Deren Pflichtverstöße werden der juristischen Person jedoch ordnungswidrigkeitenrechtlich zugerechnet, was es der BaFin ermöglicht, diese Verstöße mit einer Unternehmensgeldbuße zu ahnden. Von dieser Möglichkeit macht die Wertpapieraufsicht auch in großem Umfang Gebrauch: Laut Stucke verhängt sie in der Praxis „die ganz überwiegende Mehrheit der Geldbußen im selbstständigen Verfahren gegenüber der juristischen Person selbst“.

Wenn aber geltendes Recht die Pflichtverletzung eines leitenden Mitarbeiters voraussetzt, müsste diese Leitungsperson dann nicht gleich auch Adressat einer Sanktion sein? Prof. Dr. Andreas Ransiek, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht, insbesondere Wirtschaftsstrafrecht, an der Universität Bielefeld, verneint: „Der Unternehmensträger ist der richtige Adressat, weil direkt sein Verhalten, nicht aber die Handlungen oder Unterlassungen natürlicher Personen geregelt werden.“ Beim Unternehmensträger handelt es sich um das Unternehmen. Es hat laut Ransiek Rechte und Pflichten und muss damit auch selbst für Pflichtverletzungen verantwortlich sein.

Das wäre wiederum anders, wenn Sanktionen strafrechtlicher Natur wären. Ransiek lehnt diese Überlegungen ab: „Die Überführung der Unternehmenssanktionen in das Kriminalstrafrecht bringt keinerlei Vorteile.“ Aus seiner Sicht kann aber die Sanktionshöhe eine abschreckende Wirkung entfalten. Voraussetzung dafür sei, dass Sanktionen nicht hinter den möglichen finanziellen Vorteilen durch die Tat zurückblieben. Außerdem müsse eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehen, dass Taten überhaupt aufgedeckt und geahndet werden.

Durch das Aufkommen künstlicher Intelligenz (KI) auf dem Kapitalmarkt entsteht keine Haftungslücke. Rechtlich bleibt der Mensch verantwortlich, der über den Einsatz künstlicher Intelligenz beispielsweise bei der Vergabe von Krediten entscheidet. „Der Mensch ist sich bewusst, dass er mit der KI ein unvorhersehbares – da stets dazulernendes – Programm nutzt, und er muss sich das Eingehen dieses Risikos zurechnen lassen“, sagte Prof. Dr. Dr. Frauke Rostalski, Inhaberin des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung an der Universität zu Köln.

Compliance darf kein Feigenblatt sein

Risiken, die durch den Einsatz von KI entstehen, können die Verantwortlichen mithilfe von Compliance-Maßnahmen begegnen. Dazu zählt ein betriebseigener Verhaltenskodex (Code of Conduct), dessen Wirkung natürlich davon abhängt, ob die Unternehmensführung die Einhaltung überwacht und kontrolliert. „Compliance kann sich auszahlen“, sagte BaFin-Referentin Julia von Buttlar. Ein dem Grunde nach effizientes System könne zwar nicht jeden Einzelfall verhindern, unter dem Strich aber die Zahl der Sanktionen und die Höhe der Bußgelder senken. Voraussetzung sei jedoch, dass die Compliance kein Feigenblatt sei.

Hinweis

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Zusatzinformationen

BaFinJournal 10/2019 (Download)

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