BaFin - Navigation & Service

Das Symbolfoto zeigt eine Häuserschlucht zwischen zwei Hochhäusern mit Blick in den Himmel auf eine sonnenartige Corona-Virus-Darstellung. © istockphoto.com/franckreporter

Erscheinung:16.04.2020 Corona-Pandemie

„Es kommt jetzt auf die Banken an“

Banken spielen während der Corona-Pandemie eine entscheidende Rolle. Werden sie der gerecht? Ein Appell von Raimund Röseler, Exekutivdirektor der BaFin.

Straßen und Büros sind leergefegt. Volkswirtschaften fahren runter. Regierungen mobilisieren binnen weniger Tage Milliarden, um die Realwirtschaft vor dem Kollaps zu bewahren. Wir erleben gerade eine schwere Wirtschaftskrise – ausgelöst von der weltweiten Corona-Pandemie.

Diese Krise rückt einen Sektor ins Scheinwerferlicht, der gerade jetzt in der Verantwortung steht, seiner klassischen Rolle nachzukommen: Vermittler zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern zu sein. Es kommt jetzt auf die Banken an: Wenn es ihnen in der Corona-Krise nicht gelingt, die bereitgestellten staatlichen Hilfsmittel an den Mann zu bringen, könnte die deutsche Volkswirtschaft schwer ins Trudeln geraten. Ist der hiesige Bankensektor dieser Verantwortung gewachsen?

Wirtschaftlich ja. Insgesamt ist der Sektor gut aufgestellt. Die meisten Institute haben nach der Finanzkrise 2007/2008 ihre Bilanzen gestärkt. Sogar deutlich. Das haben wir auch den harten regulatorischen Reformen nach dem Lehman-Zusammenbruch zu verdanken. Wir haben mehr Kapital im System, mehr Liquidität und mehr Stabilität. Aber seien wir ehrlich: Hätte der Staat nicht in Windeseile Milliardenpakete für die Realwirtschaft geschnürt und hätten wir Aufseher in Europa nicht ebenso schnell die regulatorischen und aufsichtlichen Maßnahmen angepasst, würde die Krise bereits jetzt größere Schäden in den Bankbilanzen anrichten.

Dabei kommen wir Aufseher den Banken gerade so weit entgegen, wie es Regulierung und Finanzstabilität zulassen. Wir lassen überall dort Nachsicht walten, wo die Anstrengungen der Institute, der Realwirtschaft über diese schweren Zeiten hinwegzuhelfen, erschwert werden könnten. Außerdem entlasten wir die Banken administrativ. So haben wir bereits alle aufsichtlichen Prüfungen gestoppt, beschränken Informationsanfragen auf ein Minimum und haben auch die geplanten Stresstests verschoben. Ich kann also konstatieren, dass sowohl Politik als auch Aufsicht ihren Teil der Verantwortung tragen.

Nun ist es am deutschen Bankensektor, seiner Verantwortung gerecht zu werden. Etwa, indem er seine Kapitalausstattung stärkt und Gewinne thesauriert, statt sie auszuschütten. Die staatlichen Milliarden, die Freiräume, die wir den Banken derzeit geben, dürfen nicht dadurch zunichtegemacht werden, dass zugleich an anderer Stelle Kapital aus dem System abfließt.

Wir haben schon früh unsere Erwartung geäußert, dass die so genannten weniger bedeutenden Institute, die unter unserer direkten Aufsicht stehen, vorerst darauf verzichten, Dividenden oder Gewinne auszuschütten. Wenig später bliesen die Europäische Zentralbank und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA ins gleiche Horn. Wir europäischen Aufseher sind uns einig: Dividenden für das Geschäftsjahr 2019 sollen erst einmal bleiben, wo sie gerade am meisten gebraucht werden: im Bankensektor.

Die überwiegende Mehrheit der großen Banken in Europa hat mittlerweile freiwillig erklärt, erst einmal auf Ausschüttungen zu verzichten, zumindest bis zum 1. Oktober 2020. Die Institute stärken damit ihre Kapitalbasis. Genau das war Ziel aller aufsichtlichen Appelle. Ich gehe nun davon aus, dass auch die kleineren und mittleren deutschen Institute ihren Teil der Verantwortung übernehmen und vorübergehend keine Dividenden ausschütten.

Corona-Virus:LKA bittet Kreditwirtschaft um Prüfung verdächtiger Zahlung

Im Zusammenhang mit Betrugsfällen um gefälschte Internetseiten für Anträge von Corona-Soforthilfen hat das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (LKA NRW) die Kreditwirtschaft des Bundeslandes informiert.

Kreditinstitute sollen bei Vorliegen bestimmter, nicht abschließender, Verdachtskriterien die Zahlungen eingehend prüfen. Dazu gehören die Auftraggeber Bezirksregierung Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln oder Münster, der Verwendungszweck „Corona-Soforthilfe (gefolgt von einer Bearbeitungsnummer)“ sowie Beträge in Höhe von 9.000, 15.000 oder 25.000 Euro. Sollten solche Gutschriften auf Konten eingehen, die keine Geschäftskonten sind, die erst kurz zuvor eröffnet wurden, deren korrespondierendes Gewerbe zuvor abgemeldet wurde, die zuvor nicht gewerblich genutzt wurden, die für Minderjährige eröffnet wurden oder bei denen der Empfängername vom Begünstigten laut Verwendungszweck abweicht, weist das möglicherweise auf betrügerisch erwirkte Auszahlungen von Geldern durch die Bezirksregierungen NRW hin.

Im Zweifelsfall kann laut LKA NRW mit der örtlich zuständigen Kreispolizeibehörde Kontakt aufgenommen werden. Zuständig für die Entgegennahmen von Verdachtsmeldungen ist nach dem Geldwäschegesetz die Financial Intelligence Unit (FIU).

Natürlich habe ich Verständnis für den Wunsch, die Erwartungen von Eigentümern zu erfüllen. Ich bin mir auch bewusst, dass kaum ein Institut die Empfehlungen der Aufsicht leichtfertig in den Wind schlägt. Das Gros der Institute wird Für und Wider von Ausschüttungen sorgfältig abwägen. Ergebnis dieser Abwägung sollte aber sein, erst einmal keine Dividenden auszuschütten.

Wer noch Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines solchen Verzichts hegt, sollte sich vor Augen halten, dass die milliardenschweren Hilfsprogramme, die die Bundesregierung und die Landesregierungen aufgesetzt haben, auch den Banken selbst zugutekommen. Ohne diese Programme, ohne die Anpassungen der Aufsicht fänden derzeit in den meisten Instituten gar keine Diskussionen über Dividendenauszahlungen statt. Davon abgesehen lässt sich noch nicht sicher vorhersagen, wie brutal sich die Krise in den Bankbilanzen bemerkbar machen wird.

Daher noch einmal der eindringliche Appell an die Geschäftsleiter: Übernehmen Sie Ihren Teil der Verantwortung und lassen Sie nicht zu, dass die Kapitalbasis Ihres Instituts geschwächt wird. Dann besteht die Chance, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzumildern. Erste Signale aus dem deutschen Bankensektor lassen zumindest hoffen.

Wer aber entgegen allen Empfehlungen erlaubt, dass sein Institut in diesen schweren Zeiten Dividenden ausschüttet, der sollte sich fragen, ob er noch das volle Vertrauen der Bankenaufsicht verdient. Es kommt jetzt auf die Banken an!

Zusatzinformationen

BaFinJournal 04/2020 (Download)

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular. Hinweise auf tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften richten Sie bitte an unsere Hinweisgeberstelle.

Wir freuen uns über Ihr Feedback