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Non-fungible Token ArtemisDiana

Erscheinung:08.03.2023 | Thema Fintech, Geldwäschebekämpfung Non-Fungible-Token: Auf den Inhalt kommt es an

(BaFinJournal) Non-Fungible-Token lassen sich auf vielfältige Weise einsetzen, auch im Finanzsektor. Das BaFinJournal erläutert, wie die BaFin solche Token derzeit aufsichtsrechtlich einordnet.

Non-Fungible-Token (NFT) sind in den vergangenen Jahren auf großes Interesse gestoßen. Nach einem immensen Wachstum des NFT-Marktes brachen jedoch Mitte 2022 die Nachfrage und die Preise stark ein. Dieser Einbruch sollte aber nicht über die weiterhin hohe Relevanz von NFT hinwegtäuschen. Aufgrund ihrer technischen Eigenschaften kommen sie für vielfältige Anwendungsformen in Betracht.

NFT sollen die besonderen Eigenschaften, die der Markt Kryptotoken zuschreibt, wie eine gute Übertragbarkeit und eine geringe Fälschungsanfälligkeit, mit der Möglichkeit einer individuellen Zuordnung verbinden. Da NFT auch im Finanzsektor eingesetzt werden, beschäftigt sich die BaFin mit dem Potenzial und vor allem auch mit den Risiken dieses Phänomens. Aus der Perspektive der Aufsicht ist zu klären, welche Relevanz NFT für den Finanzmarkt haben und welche Folgen sich daraus für Anbieter, Dienstleister sowie Kundinnen und Kunden ergeben.

NFT: Einzigartige kryptografische Token?

NFT sind kryptografische Token, die auf der Distributed-Ledger-Technology (DLT) basieren, hauptsächlich auf Blockchains, die eine besondere Form der DLT darstellen. NFT sind, wie der Name impliziert, durch ihre technischen Eigenschaften untereinander nicht fungibel, also nicht austauschbar.

Hintergrund:Technische Standards

Die Bezeichnung NFT wird im Markt meist gewählt, wenn für die zugrundeliegenden Smart Contracts ein Branchenstandard verwendet wird, der jedem Token eine einzigartige Kennung zuweist. Bei solchen Standards handelt es sich um eine Art technische Anleitung für Implementierung und Schaffung eines Token. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass bestimmte Grundmerkmale eingehalten werden, etwa in Bezug auf die Verifizierung, Nachverfolgbarkeit, Manipulationssicherheit und die Übertragbarkeit. Die prominentesten Standards für die Erstellung von NFT sind derzeit ERC-721 und ERC-1155, die - wie sämtliche mit ERC (ERC steht für Ethereum Request for Comments) betitelten Standards - auf der Ethereum-Blockchain beruhen.

Die Ausgestaltung ermöglicht es, einzeln identifizierbare Token eindeutig einer bestimmten Adresse auf der Blockchain zuzuordnen. Im Gegensatz dazu wird bei fungiblen Token zu jeder Adresse kein individueller Token, sondern nur der Anteil des Gesamtbestands verbucht. Der bekannteste Standard für fungible Token ist der ERC-20 Standard auf der Ethereum Blockchain. Sowohl NFT als auch fungible Token werden auch auf Grundlage anderer Blockchains – wie etwa Solana, EOS oder Tezos - und anderer Standards geschaffen.

Das Kriterium der Einzigartigkeit bei NFT trifft lediglich eine Aussage über die technischen Eigenschaften, also etwa die individuelle Kennung eines Tokens, auch Token-ID genannt, jedoch nicht zwingend über den Inhalt, auf den sich der Token bezieht oder die damit verbundenen Rechte. So können über einen Smart Contract viele NFT erzeugt werden, die zwar alle eine individuelle Kennung aufweisen, denen aber allen die gleichen Rechte oder Inhalte zugewiesen werden.

Zahlreiche Anwendungsfelder

Die Anwendungsfelder für NFT sind vielfältig. Die wohl prominentesten Klassen von NFT sind so genannte „Collectibles“ und digitale Kunst. Collectibles sind digitale Sammlerstücke, die teilweise auch Zusatzfunktionen zur Interaktion der Inhaber mit den Token bieten können. Für Künstlerinnen und Künstler bieten NFT zum Beispiel die Möglichkeit, an künftigen Erlösen zu partizipieren, die beim Weiterverkauf der Sammlerstücke erzielt werden. Aber auch beim Gaming und im Metaverse kommen NFT zum Einsatz, etwa als tokenisierte Spielgegenstände und in Form von Grundstücken in digitalen Welten.

Aufsichtspraxis wie bei fungiblen Token

Bei der aufsichtsrechtlichen Prüfung von NFT geht die BaFin vor wie bei der Prüfung fungibler Token. Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmer können sich an den hierzu veröffentlichten Auslegungsschreiben (siehe hier, hier und hier) orientieren.

Der in diesem Artikel verwendete Begriff NFT bezieht sich alleine auf die technischen Eigenschaften der Token, nicht auf die ihnen zugewiesenen Rechte und Inhalte.

Bisher keine Einstufung als Wertpapier im aufsichtsrechtlichen Sinne

Soweit NFT als Wertpapiere nach der EU-Prospektverordnung oder als Vermögensanlagen nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) einzuordnen sind, ist grundsätzlich ein Prospekt zu erstellen. NFT sind als Wertpapiere einzuordnen, wenn sie wertpapierähnliche Rechte verkörpern, übertragbar und auf dem Finanzmarkt handelbar sind. Unter wertpapierähnliche Rechte fallen mitgliedschaftliche Rechte oder schuldrechtliche Ansprüche vermögenswerten Inhalts, ähnlich wie bei Aktien und Schuldtiteln.

Die Übertragbarkeit kann bei den gängigen Standards als gegeben unterstellt werden. Handelbarkeit setzt ein Mindestmaß an Standardisierung voraus. Diese ist bei NFT gegeben, wenn die Token keine unterschiedlichen Rechte vermitteln. Eine unterschiedliche Token-ID stellt dabei für sich genommen kein maßgebliches Unterscheidungskriterium dar.

Bisher sind der BaFin keine NFT bekannt, die als Wertpapier im aufsichtsrechtlichen Sinne einzuordnen sind. Zum einen fehlte es den Token bislang an verkörperten wertpapierähnlichen Rechten. Und zum anderen sind NFT in der Regel mit individuellen Rechten und Inhalten versehen, sodass eine Standardisierung und damit Handelbarkeit im Sinne des aufsichtsrechtlichen Wertpapierbegriffs ausscheidet. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch NFT in Zukunft als Wertpapier eingeordnet werden. Dies könnte der Fall sein, wenn zum Beispiel 1.000 NFT die gleichen Rückzahlungs- und Zinsansprüche verkörpern.

Einordnung als Vermögensanlage möglich

NFT können subsidiär zur Einordnung als Wertpapier auch als Vermögensanlage nach dem VermAnlG qualifiziert werden (§ 1 Absatz 2 VermAnlG). Es ist zum Beispiel durchaus möglich, dass ein NFT, der als Eigentumsnachweis für einen Kunstgegenstand dient, als sonstige Anlage nach § 1 Absatz 2 Nummer 7 Alternative 1 VermAnlG einzuordnen ist, wenn er die Verpflichtung des Emittenten verkörpert, den Kunstgegenstand gewinnbringend zu veräußern und dem Tokeninhaber einen Rückzahlungs- und Zinsanspruch einräumt. Allerdings besteht dann keine Pflicht zur Erstellung eines Prospekts beziehungsweise eines Vermögensanlageinformationsblatts, wenn weniger als 20 Anteile, in diesem Fall also NFT, im Rahmen einer Emission ausgegeben werden (§ 2 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a VermAnlG).

Erlaubnispflichten: Der Einzelfall entscheidet

Wie auch bei anderen Token wird die Frage, ob NFT als Finanzinstrumente im Sinne von § 1 Absatz 11 Satz 1 Nummer 10 Kreditwesengesetz (KWG) bzw. § 2 Absatz 5 Wertpapierinstitutsgesetz einzustufen sind, regelmäßig unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden sein. Von Bedeutung ist dabei, welche Rechte ein Emittent mit den Token verknüpft und wie diese nach der Emission genutzt werden können.

Bei der aktuell zu beobachtenden Nutzung von NFT, insbesondere zur Tokenisierung digitaler Kunstwerke, drängt sich die Qualifikation als Finanzinstrument in Form einer Vermögensanlage oder eines Schuldtitels allerdings nicht unbedingt auf. Derartigen NFT fehlt es meist an weitergehenden vermögensmäßigen Rechten und bei Token mit jeweils individuellem Inhalt an der erforderlichen Standardisierung. Ohne diese Austauschbarkeit kommt auch eine Einstufung als Rechnungseinheit nicht in Frage. Bei fragmentierten NFT, bei denen fungible Token jeweils einen gleichwertigen Anteil an einem NFT repräsentieren, wäre diese Austauschbarkeit allerdings regelmäßig gegeben.

Soweit ein NFT neben der Dokumentation der Verwertungsrechte oder des Eigentums weitergehende vermögensmäßige Rechte beinhaltet, wie zum Beispiel Ausschüttungsversprechen, kommt eine Einstufung als Vermögensanlage in Betracht (siehe dazu auch die Ausführungen weiter oben).

Ob es sich bei den NFT um Kryptowerte handelt, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden. Kryptowerte sind digitale Darstellungen eines Wertes, die von Dritten als Zahlungsmittel akzeptiert werden oder Anlagezwecken dienen. Eine Nutzung als Tausch- oder Zahlungsmittel erscheint bei nicht fragmentierten NFT mit individuellem Inhalt schon wegen der fehlenden inhaltlichen Austauschbarkeit kaum realistisch. Anders dagegen bei der zweiten Alternative, der Nutzung zu Anlagezwecken, die bei NFT nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

Wobei der bloße Umstand, dass Nutzer mit einem NFT spekulieren, also über den An- und späteren Verkauf einen Gewinn realisieren können, nicht ausreicht, um bei der betroffenen NFT-Kategorie objektiv von einem Anlagezweck ausgehen zu können. Im Rahmen der Prüfung wird es daher sowohl auf die mit den Token verbundenen Rechte ankommen, als auch auf die Werbeaussagen der Emittentin oder mit dem Vertrieb beauftragten Dritten. Sollte dabei zum Beispiel eine besondere Eignung der angebotenen NFT zur Geldanlage herausgestellt werden, könnte ein Kryptowert vorliegen.

Wird ein NFT im Einzelfall als Finanzinstrument qualifiziert, wäre vor allem der der Emission nachgelagerte Handel am Sekundärmarkt für mögliche Erlaubnispflichten relevant. Je nach Ausgestaltung kämen hier zum einen Bankgeschäfte beziehungsweise Wertpapierdienstleistungen, zum Beispiel das Finanzkommissionsgeschäft oder die Anlage-/Abschlussvermittlung, die Anlageberatung bzw. der Betrieb eines multilateralen oder organisierten Handelssystems in Betracht. Tätigkeiten in Bezug auf NFT, die als Finanzinstrumente einzustufen sind, unterliegen genauso einer Erlaubnispflicht wie Tätigkeiten, die sich auf klassische Finanzinstrumente beziehen.

Für die bisher bekannten NFT scheiden Erlaubnispflichten nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) im Regelfall aus. Bei fehlender Standardisierung können mit solchen NFT keine Zahlungsvorgänge durchgeführt werden, sodass die Token kein E-Geld im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 ZAG darstellen.

Mögliche Erlaubnispflichten nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sind ebenfalls denkbar. Kommt es im Zusammenhang mit dem Erwerb eines NFT allerdings nicht zu einer Kapitaleinsammlung von Anlegern, weil nur der Erwerb oder Kauf eines Kunstwerkes, Sammlerstücks oder virtuellen Gegenstandes durch einen einzelnen Interessenten oder die Übertragung anderer Rechte an einem solchen Gegenstand beabsichtigt ist, fehlt es schon an der für Investmentvermögen erforderlichen Bündelung von Anlegergeldern. Damit läge kein Investmentvermögen im Sinne des KAGB vor.

NFT bergen unterschiedliche Geldwäscherisiken

NFT können für Geldwäsche missbraucht werden. Da sie technisch auf denselben Systemen wie andere Kryptowerte aufbauen, sind die allgemein für den Krypto-Markt identifizierten Risiken auch hier einschlägig. Dazu zählen unter anderem anonyme oder pseudonyme Transaktionen, das Fehlen von unter Aufsicht stehenden Vermittlern bzw. Instituten als Intermediäre, die Nutzung ausländischer unbeaufsichtigter Handelsplattformen sowie nicht beaufsichtigter Zahlungsmittel und Zahlungskanäle, zum Beispiel Mixer/Tumbler und dezentrale Tausch-Protokolle.

Insgesamt sind die Geldwäscherisiken im Zusammenhang mit NFT schwerlich pauschal einzuschätzen. Aufgrund ihrer vielseitigen Konstruktionsformen und Einsatzmöglichkeiten können sich unterschiedliche NFT in ihren Charakteristika stark voneinander unterscheiden. In der Praxis werden NFT derzeit aber vor allem in Form von Kunst und Sammlerstücken gehandelt. Dabei werden mitunter hohe Preise erzielt, wodurch auch solche NFT für Geldwäsche interessant werden. Diese Preise können zudem durch Wash Trades, also Scheinverkäufe zur künstlichen Preissteigerung, weiter in die Höhe getrieben werden.

NFT können unter Geldwäscheaufsicht der BaFin fallen

NFT sind jedoch für die Geldwäscheaufsicht der BaFin nur dann von Relevanz, wenn sie Gegenstand von Finanzdienstleistungen nach dem KWG sind. Das ist der Fall, soweit es sich – wie oben ausgeführt - bei ihnen um Finanzinstrumente im Sinne des KWG handelt. Die Erbringer dieser Finanzdienstleistungen sind dann als Finanzdienstleistungsinstitut zu qualifizieren. Nur in solchen Fällen schließt sich die Verpflichtung nach dem Geldwäschegesetz (GwG) an (§ 2 Absatz 1 Nummer 2 GwG) und der BaFin erwächst die Aufsichtszuständigkeit (§ 50 Nummer 1 Buchstabe b GwG). Die aktuell besonders relevanten Kunst-NFT und Sammlerstücke unterliegen nach derzeitiger Rechtslage somit in aller Regel nicht der Geldwäscheaufsicht der BaFin.

Soweit bei NFT eine Verpflichtung nach dem GwG besteht, findet bei ihnen auch der gesamte Pflichtenkanon des Geldwäschegesetzes Anwendung. Hervorzuheben ist an dieser Stelle die Verpflichtung, die allgemeinen Sorgfaltspflichten nicht nur bei der Begründung einer Geschäftsbeziehung zu erfüllen, sondern auch anlässlich außerhalb bestehender Geschäftsbeziehungen durchgeführter Transaktionen, wenn die betroffenen NFT als Kryptowerte einzuordnen sind und einen Gegenwert von 1.000 Euro übersteigen (§ 10 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c GwG).

Darüber hinaus gelten für Verpflichtete, die Transfers von Kryptowerten durchführen, bestimmte verstärkte Sorgfaltspflichten nach der Kryptowertetransferverordnung. Verpflichtete, die Transfers von Kryptowerten zu oder von anderen Verpflichteten ausführen, müssen die Artikel 4 und 6 bzw. 7, 8 und 9 der Geldtransferverordnung (EU VO 2015/847) entsprechend anwenden. Verpflichtete, die Transfers zu oder von Unhosted-Wallets ausführen, müssen andere angemessene Maßnahmen zur Risikosteuerung umsetzen und beispielsweise Blockchain-Analyse-Tools einsetzen.

Alles in allem sind NFT aufsichtsrechtlich derzeit sehr differenziert einzuordnen. Die Technik bietet vielfältige Anwendungsformen. Ihr Potenzial in vielen Bereichen des Finanzsektors ist groß. Gleichzeitig bestehen potenzielle Risiken, etwa im Bereich der Geldwäsche. Aus Perspektive der BaFin ist es daher auch künftig entscheidend, die Chancen, die NFT für das Finanzsystem bieten, mit den Risiken für die Stabilität und Integrität des Finanzsystems abzuwägen.

Verfasst von

Jasper Heinrich
BaFin-Referat WA 31

Farid Bouy
BaFin-Referat WA 31

Patrick Mümken
BaFin-Referat SRI 3

Thomas Trossen
Leiter BaFin-Referat IF 2

Dr. Yannick Scholz
BaFin-Referat GW 11

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

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