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Erscheinung:21.05.2025 | Thema Wertpapiere BaFin-Studie: Vertrieb von Turbo-Zertifikaten an deutsche Kleinanlegerinnen und Kleinanleger
Inhalt
Die Finanzaufsicht BaFin untersuchte in einer Studie den Markt für Turbo-Zertifikate. Dabei stellte sie fest, dass zwischen 2019 und 2023 rund drei von vier Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern Verluste mit Turbo-Zertifikaten erlitten, im Durchschnitt jeweils 6.358 Euro. Insgesamt summierten sich die Verluste über den Beobachtungszeitraum auf über 3,4 Milliarden Euro.
Executive Summary
Turbo-Zertifikate sind derivative Finanzinstrumente, die es Anlegerinnen und Anlegern ermöglichen, überproportional an den Kursbewegungen eines zugrundeliegenden Basiswerts wie einer Aktie, eines Indizes oder einer Währung zu partizipieren. Die Produkte sind mit einer Knock-Out-Schwelle und einem Hebel ausgestattet, der Kursschwankungen verstärkt.
In der Marktuntersuchung der BaFin wurden insbesondere der Anlageerfolg von deutschen Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern sowie die Marktgröße untersucht. Die Auswertung erfolgte auf Basis der Transaktionsdaten, die gemäß Artikel 26 der europäischen Finanzmarktverordnung MiFIR (Markets in Financial Instruments Regulation) gemeldet werden müssen. Betrachtet wurde der Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2023 („Beobachtungszeitraum“). Der der Marktuntersuchung zugrundeliegende Datensatz umfasste rund 113 Millionen Transaktionen in Turbo-Zertifikaten, die von etwa 543.000 deutschen Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern getätigt wurden.
Hauptergebnisse:
- Etwa drei von vier Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern (74,2 Prozent) erlitten Verluste mit Turbo-Zertifikaten.
- Pro Kleinanlegerin bzw. Kleinanleger entstand ein durchschnittlicher Verlust von 6.358 Euro.
- Beim Handel mit Turbo-Zertifikaten entstand Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern über den gesamten Beobachtungszeitraum insgesamt ein Verlust von über 3,4 Milliarden Euro.
- Über den Beobachtungszeitraum hat sich die Zahl der Transaktionen von deutschen Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern, die Turbo-Zertifikate zum Gegenstand hatten, mehr als verdoppelt. Das Gleiche gilt für die Zahl der deutschen Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern, die Turbo-Zertifikate handelten.
- Kleinanlegerinnen und Kleinanleger, die häufiger handelten, erlitten mit höherer Wahrscheinlichkeit einen Verlust mit Turbo-Zertifikaten.
- Etwa 70 Prozent der Turbo-Zertifikate wurden weniger als 24 Stunden gehalten.
Was sind Turbo-Zertifikate?
Turbo-Zertifikate ermöglichen es Anlegerinnen und Anlegern, überproportional an den Kursbewegungen eines zugrundeliegenden Basiswerts wie beispielsweise einer Aktie oder eines Index zu partizipieren. Durch ihre spezifische Konstruktion weisen sie ein hohes Maß an Risiko und Komplexität auf. Turbo-Zertifikate zählen zu den Hebelprodukten, da bei ihnen mit einem geringen Kapitaleinsatz eine verhältnismäßig große Marktposition abgebildet werden kann.
Ein grundlegendes Merkmal von Turbo-Zertifikaten ist die Knock-Out-Schwelle, auch Knock-Out-Barriere genannt. Diese stellt eine festgelegte Kursmarke dar, bei deren Erreichen das Zertifikat sofort verfällt und in der Regel wertlos wird1 . Das Erreichen der Knock-Out-Schwelle führt zu einem sofortigen Totalverlust des eingesetzten Kapitals, unabhängig davon, ob sich der Basiswert danach wieder in die von Anlegerinnen und Anlegern erwartete Richtung entwickelt. Anlegerinnen und Anleger müssen somit nicht nur die Entwicklung des Basiswerts richtig einschätzen, sondern auch kurzfristige Schwankungen einkalkulieren, die zum Knock-Out führen können. Selbst bei einer korrekten langfristigen Einschätzung der Wertentwicklung des Basiswerts kann ein kurzfristiges Überschreiten der Knock-Out-Schwelle also zum Totalverlust führen.
Ein vereinfachtes Beispiel zeigt die grundsätzliche Funktionsweise von Turbo-Zertifikaten:
Annahme: Ein Basiswert (Index) steht bei 20.000 Punkten und ein Anleger kauft ein Turbo-Long-Zertifikat mit folgenden Merkmalen:
- Finanzierungsschwelle: 19.800 Punkte (gleich Knock-Out-Schwelle)
- Bezugsverhältnis: 0,01
- Der Preis des Turbo-Zertifikats beträgt somit:
(20.000 – 19.800) × 0,01 = 2 Euro - Steigt der Basiswert auf 20.200 Punkte, beträgt der neue Preis:
(20.200 – 19.800) × 0,01 = 4 Euro
Der Anleger erzielt einen Gewinn von 100 Prozent, obwohl der Basiswert nur um 1 Prozent gestiegen ist (Hebelwirkung).
Fällt der Basiswert jedoch auf 19.800 Punkte bzw. unterschreitet diese Schwelle, wird die Knock-Out-Schwelle erreicht und das Turbo-Zertifikat verfällt sofort wertlos. Der Anleger erleidet einen Totalverlust.
Turbo-Zertifikate werden mit unterschiedlichen Marketingbezeichnungen vertrieben. Zum Beispiel werden sie als „Knock-Out-Optionsscheine“, „Turbo-Optionsscheine“, „Turbo-Knock-Out“, „Mini-Futures“, „Wave XXL Zertifikate“ oder „X-Turbo“ bezeichnet.
Methodik und verwendete Daten
Gemäß Artikel 26 MiFIR müssen Wertpapierfirmen, die Geschäfte in Finanzinstrumenten2 tätigen, diese den zuständigen Behörden melden. Gemeldet werden müssen alle Geschäfte in Finanzinstrumenten, unabhängig davon, ob die Geschäfte an einem Handelsplatz ausgeführt werden oder nicht. Es müssen umfangreiche Informationen zu jeder Transaktion erfasst und an die zuständige Aufsichtsbehörde übermittelt werden. Die für jede Transaktion zu meldenden Daten sind detailliert festgelegt und umfassen unter anderem Informationen zur Identität des Käufers bzw. der Käuferin und des Verkäufers bzw. der Verkäuferin sowie zu Merkmalen des gehandelten Finanzinstruments wie die ISIN (International Securities Identification Number).
Bei den in dieser Auswertung analysierten Transaktionen handelt es sich um Geschäfte von Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern mit deutscher Staatsbürgerschaft3 .
Zur Einordnung: Insgesamt erhielt die BaFin allein im vierten Quartal 2023 über 1,3 Milliarden Transaktionsmeldungen, also durchschnittlich rund 14,7 Millionen Transaktionsmeldungen pro Kalendertag bzw. über 20 Millionen Transaktionsmeldungen je Börsenhandelstag. Dabei machten Transaktionsmeldungen zu Kleinanlegerinnen und Kleinanleger mit etwa 1 Million Transaktionsmeldungen pro Kalendertag nur einen kleineren Teil der Gesamtmeldungen aus (7 Prozent).
Folgende Einschränkungen und getroffene Annahmen der Untersuchung sind zu beachten:
1. Bei den in der Marktstudie analysierten Transaktionen handelte es sich um die Geschäfte von Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern4 mit deutscher Staatsbürgerschaft. In Deutschland lebende Kleinanlegerinnen und Kleinanleger ohne deutsche Staatsbürgerschaft waren nicht Bestandteil der Untersuchung. Auch wurden Geschäfte von deutschen Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern, die über Intermediäre außerhalb der Europäischen Union ausgeführt werden, nicht einbezogen.
2. Grundlage der Marktuntersuchung waren die Meldedaten nach Artikel 26 MiFIR. Potenzielle Datenfehler und Unstimmigkeiten dieser Meldedaten könnten die Qualität und Aussagekraft der Datenanalyse eingeschränkt haben. Beispiele hierfür sind fehlerhaft oder nicht gemeldete Transaktionen, mehrfache Meldungen derselben Transaktion, fehlerhafte Handelsvolumina oder ungenaue Zeitstempel, welche die Zuordnung von Transaktionen unabhängig von der vorliegenden Auswertung grundsätzlich erschweren.
3. Die Renditeberechnung erfolgte auf der Annahme des FIFO-Prinzips (First In, First Out), da es die zeitliche Reihenfolge von Käufen und Verkäufen nachvollziehbar widerspiegelt. Bei der Renditeberechnung wurde also die Annahme getroffen, dass bei einer Verkaufstransaktion die zuerst gekauften Stücke eines Turbo-Zertifikats verkauft wurden. Das bedeutet, dass beim Verkauf eines Teils der Position der Kaufpreis der ältesten, noch vorhandenen Turbo-Zertifikate zur Ermittlung des Gewinns oder Verlusts herangezogen wurde. Dadurch beeinflussten die Kaufzeitpunkte und -preise die Höhe der Renditeberechnung.
Zum Hintergrund: Die Wahl zwischen FIFO und LIFO (Last In, First Out) hat signifikanten Einfluss auf die Renditeberechnung und somit auf die Interpretation der Marktdaten. Im Kontext von Turbo-Zertifikaten liefert das FIFO-Prinzip tendenziell höhere Renditen in Märkten mit steigenden Preisen, während das LIFO-Prinzip niedrigere Renditen zeigt.
Größe des Marktes für Turbo-Zertifikate
Über den Beobachtungszeitraum haben sich sowohl die Zahl der Transaktionen deutscher Kleinanlegerinnen und Kleinanleger in Turbo-Zertifikaten als auch die Zahl derer, die Turbo-Zertifikate handelten, mehr als verdoppelt.
Im Jahr 2023 handelten rund 237.000 Kleinanlegerinnen und Kleinanleger in Deutschland Turbo-Zertifikate. Zwar ist ein leichter Rückgang im Vergleich zum stärksten Jahr 2021 zu beobachten. Im Vergleich zu 2019 bedeutet dies aber ein Wachstum von rund 110 Prozent (siehe Infografik 1).
Infografik 1: Anzahl Kleinanlegerinnen und Kleinanleger, die Turbo-Zertifikate handelten
Die Zahl der Transaktionen hat sich im Betrachtungszeitraum ebenfalls mehr als verdoppelt (siehe Infografik 2). Die meisten Transaktionen in Turbo-Zertifikaten wurden im Jahr 2022 durchgeführt (rund 31,5 Millionen).
Infografik 2: Zahl Transaktionen von Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern in Turbo-Zertifikaten
Bei Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern lag der Anteil von Transaktionen in Turbo-Zertifikaten im Verhältnis zur Gesamtzahl an Transaktionen in allen an Börsen gehandelten Finanzinstrumenten bei rund 7 Prozent (siehe Infografik 3). Damit stellten Investitionen in Turbo-Zertifikate einen wesentlichen Anteil an Börsentransaktionen dar. Sonstige Finanzinstrumente umfassen insbesondere Aktien und ETF.
Infografik 3: Anteil Turbo-Zertifikate aller Geschäfte deutscher Kleinanlegerinnen und Kleinanleger
Im arithmetischen Durchschnitt investierte eine Kleinanlegerin bzw. ein Kleinanleger 3.103 Euro pro Kauftransaktion in Turbo-Zertifikate. In Verbindung mit der Zahl der Kauf-Transaktionen (62,9 Millionen) ergibt sich im Beobachtungszeitraum ein Gesamtkaufvolumen von deutschen Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern in Turbo-Zertifikaten von 195 Milliarden Euro.
Insgesamt wurden im Beobachtungszeitraum Turbo-Zertifikate von 20 verschiedenen Emittenten ausgegeben. Auffällig ist eine hohe Marktkonzentration: Auf die von den Top 5 der Emittenten ausgegebenen Turbo-Zertifikate gingen über 75 Prozent der gemeldeten Transaktionen zurück (siehe Infografik 4).
Infografik 4: Marktanteil Emittenten Turbo-Zertifikate
Die Emittenten boten eine Vielzahl von Turbo-Zertifikaten an, die sich insbesondere nach dem jeweiligen Basiswert, dem Hebel und dem Abstand zur Knock-Out-Schwelle unterscheiden. Zum Stichtag 18. November 2024 boten die in die Marktuntersuchung einbezogenen Emittenten mit Sitz in Deutschland über 800.000 unterschiedliche Turbo-Zertifikate an.
Die Auswertung der Meldedaten nach Artikel 26 MiFIR zeigt, dass Turbo-Zertifikate von deutschen Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern im gesamten Beobachtungszeitraum bei 1.294 in der EU ansässigen Intermediären gehandelt wurden. Davon hatten 1.147 – und damit die große Mehrheit der Intermediäre – ihren Sitz in Deutschland. Im Hinblick auf die Marktkonzentration ergibt sich ein ähnliches Bild wie bei den Emittenten (siehe Infografik 5). Die Top 5 der Intermediäre waren für über 75 Prozent der getätigten Transaktionen verantwortlich.
Infografik 5: Marktanteile Intermediäre Turbo-Zertifikate
Anlageergebnis von Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern
Der Verlustprozentsatz von Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern beim Handel mit Turbo-Zertifikaten liegt bei 74,2 Prozent. Das bedeutet: Drei von vier Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern erlitten durch den Handel mit Turbo-Zertifikaten Verluste (siehe Infografik 6). Es gab somit rund dreimal so viele Kleinanlegerinnen und Kleinanleger, die Verluste mit dem Handel von Turbo-Zertifikaten erlitten, als solche, die Gewinne mit Turbo-Zertifikaten erzielten.
Infografik 6: Verlustprozentsatz bei Turbo-Zertifikaten
Um eine hohe Aussagekraft und Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, erfolgte die Berechnung des Verlustprozentsatzes – wie alle in dieser Studie veröffentlichten Kennzahlen – unter Einbeziehung aller im Beobachtungszeitraum durchgeführten rund 113 Millionen Transaktionen in Turbo-Zertifikaten der etwa 543.000 Kleinanlegerinnen und Kleinanleger. Ein Kleinanleger wurde dabei als „Anleger mit Verlusten“ gezählt, wenn seine realisierten Verluste über den fünfjährigen Beobachtungszeitraum insgesamt größer waren als die realisierten Gewinne. Dabei wurden jeweils alle getätigten Transaktionen in Turbo-Zertifikaten im gesamten Beobachtungszeitraum einbezogen.
Die Marktuntersuchung der BaFin zeigt zudem, dass deutsche Kleinanlegerinnen und Kleinanleger beim Handel von Turbo-Zertifikaten im Durchschnitt über den gesamten Beobachtungszeitraum 6.358 Euro verloren. Daraus folgt, dass ihre erzielten Verluste in Bezug auf den Handel mit Turbo-Zertifikaten größer waren als die erzielten Gewinne.
Infografik 7 zeigt, dass es rund sechsmal mehr Kleinanlegerinnen und Kleinanleger gab, die Verluste von mehr als 10.000 Euro erwirtschaftet haben (ca. 12 Prozent), als solche, die Gewinne von über 10.000 Euro erzielten (ca. 2 Prozent). Nur ca. 5 Prozent erzielten einen Gewinn von mindestens 2.500 Euro. Zudem gibt es mehr Kleinanlegerinnen und Kleinanleger, die Verluste von mehr als 10.000 Euro erlitten, als solche, bei denen die Verluste zwischen 10.000 Euro und 5.000 Euro (ca. 6 Prozent) oder zwischen 5.000 Euro und 2.500 Euro (ca. 7 Prozent) lagen.
Infografik 7: Verteilung Handelserfolg pro Kleinanlegerin bzw. Kleinanleger
Die Marktuntersuchung der BaFin zeigt auch, dass Verluste insbesondere bei Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern entstanden, die überdurchschnittlich viele Transaktionen durchgeführt haben. So lag der Verlustprozentsatz bei denen, die zwischen einer und zehn Transaktionen tätigten, bei rund 70 Prozent. Allerdings lag er für Kleinanlegerinnen und Kleinanleger, die zwischen zehn und 100 Transaktionen tätigten, bereits bei 76 Prozent und für solche, die zwischen 100 und 500 Transaktionen tätigten, bei rund 83 Prozent. Für Kleinanlegerinnen und Kleinanleger, die zwischen 500 und 1.000 Transaktionen tätigten, lag der Verlustprozentsatz bei 88 Prozent und bei solchen, die über 1.000 Transaktionen tätigten, bei 91 Prozent. Hieraus lässt sich ableiten, dass Kleinanlegerinnen und Kleinanleger nicht häufiger Gewinne erzielen, umso mehr Erfahrungen sie beim Handel mit Turbo-Zertifikaten sammeln – und somit scheinbar kein Lernprozess stattfindet (siehe Infografik 8).
Infografik 8: Verlustprozentsatz in Abhängigkeit der Zahl von Transaktion in Turbo-Zertifikaten
Für die Gesamtheit aller Kleinanlegerinnen und Kleinanleger ergab sich im Beobachtungszeitraum ein absoluter aggregierter Verlust von über 3,4 Milliarden Euro (siehe Infografik 9). Dabei handelt es sich um eine Netto-Größe, die unter Einbezug der Anzahl an Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern (543.329) und dem durchschnittlichen Verlust pro Kleinanlegerin bzw. pro Kleinanleger (6.358 Euro) errechnet wurde. Die erzielten Verluste der Kleinanlegerinnen und Kleinanleger werden also mit den erzielten Gewinnen über den gesamten Beobachtungszeitraum gegengerechnet.
Infografik 9: Aggregierter Verlust von deutschen Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern mit Turbo-Zertifikaten
Neben der Betrachtung aller Transaktionen einer Kleinanlegerin oder eines Kleinanlegers (siehe Verlustprozentsatz bzw. durchschnittlicher Verlust) lässt sich auch die Verteilung der Rendite pro Transaktion5 anhand der Meldedaten nach Artikel 26 MiFIR analysieren. Die durchschnittliche Rendite (arithmetisches Mittel) pro Transaktion ist negativ und liegt bei minus 2 Prozent. Es liegt eine Verteilung der Rendite vor, bei der hohe Verluste von minus 90 bis minus 100 Prozent häufiger auftreten als Verluste von minus 50 bis minus 80 Prozent (siehe Infografik 10). Diese Verteilung lässt sich damit erklären, dass Turbo-Zertifikate bei Eintritt eines Knock-Out-Ergebnisses einen Totalverlust erleiden.
Infografik 10: Verteilung der Rendite pro Transaktion
Wenn Kleinanlegerinnen und Kleinanleger Verluste bei einer Transaktion mit Turbo-Zertifikaten erlitten, dann waren diese durchschnittlich deutlich höher als die Gewinne, die durchschnittlich erzielt wurden (siehe Infografik 11).
Infografik 11: Durchschnittliche Rendite Transaktionen mit Verlust bzw. Gewinn
Weitere Ergebnisse der Marktuntersuchung
Eine Auswertung der Haltedauer von Turbo-Zertifikaten zeigt, dass ein Großteil der Turbo-Zertifikate von Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern weniger als 24 Stunden gehalten wurde (siehe Infografik 12). Die durchschnittliche Haltedauer von Turbo-Zertifikaten lag bei acht Tagen.
Infografik 12: Verteilung der Haltedauer bei Turbo-Zertifikaten
Der überwiegende Anteil der Transaktionen fand in Turbo-Zertifikaten statt, die als „long“ (Call) klassifiziert werden können (siehe Infografik 13). Das heißt: Kleinanlegerinnen und Kleinanleger spekulierten überwiegend auf steigende Kurse. Dieser Anteil blieb im Zeitablauf relativ stabil.
Infografik 13: Anteil von Call- und Put-Transaktionen bei Turbo-Zertifikaten
Im Hinblick auf die Basiswerte der gehandelten Turbo-Zertifikate lässt sich feststellen, dass der überwiegende Anteil von Turbo-Zertifikaten auf Indizes bzw. Aktien-Einzeltitel referenzierte. Rohstoffe, Währungen oder sonstige Basiswerte wie beispielsweise Bitcoin spielten nur eine untergeordnete Rolle und machen rund 11 Prozent der Basiswerte aus (siehe Infografik 14).
Infografik 14: Verteilung Transaktionen nach Art des Basiswerts bei Turbo-Zertifikaten
1 Ausgeknockte Turbo-Zertifikate werden in der Regel mit einem Minimalbetrag ausgebucht, da bei einem Ausbuchen zu 0 Euro aus steuerlicher Sicht keine Verrechnung mit Gewinnen aus anderen Kapitalerträgen erfolgen kann.
2 Die Meldepflicht gilt gemäß Artikel 26 Absatz 2 MiFIR für
- Finanzinstrumente, die zum Handel an einem Handelsplatz in der EU zugelassen sind oder die gehandelt werden oder für die ein Antrag auf Zulassung zum Handel gestellt wurde,
- Finanzinstrumente, deren Basiswert ein an einem Handelsplatz gehandeltes Finanzinstrument ist, und
- Finanzinstrumente, deren Basiswert ein aus an einem Handelsplatz gehandelten Finanzinstrumenten zusammengesetzter Index oder Korb von Finanzinstrumenten ist.
3 Es handelt sich also um natürliche Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft. Institutionelle Kunden sind nicht Teil der Untersuchung.
4 Juristische Personen können in bestimmten Kontexten als Kleinanleger angesehen werden, wenn sie Geschäfte tätigen, die nicht unmittelbar mit ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verbunden sind.
5 Im Zusammenhang mit der Berechnung der Rendite bzw. des Verlustprozentsatzes bezieht sich „Transaktion" auf ein Kauf-Verkauf-Paar (Transaktionspaar).