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Erscheinung:02.01.2025 Wenn die BaFin Sonderbeauftragte schickt
Sonderbeauftragte gehören zu den schärfsten Instrumenten der Finanzaufsicht BaFin. In welchen Fällen entsendet sie die Aufsicht? Und über welche Rechte verfügen Sonderbeauftragte in den Unternehmen?
Von Silke Bachelier-Vista, BaFin-Geldwäscheaufsicht, und Sebastian Weggenmann, BaFin-Bankenaufsicht
Die BaFin kann Sonderbeauftragte aus verschiedenen Gründen in beaufsichtigten Unternehmen einsetzen. Zentrale Rechtsnormen sind § 45c Kreditwesengesetz und § 307 Versicherungsaufsichtsgesetz, an denen sich die nachstehenden Ausführungen orientieren. Auch das für Kapitalverwaltungsgesellschaften relevante Kapitalanlagegesetzbuch kennt das Instrument des Sonderbeauftragten.
Grundsätzlich sind zwei Fälle zu unterscheiden. Sonderbeauftragte können – und das ist sicherlich der gravierendere Fall – die Rolle eines Organs oder eines Organmitglieds übernehmen. Sie ersetzen dann beispielsweise Teile des Vorstands oder des Aufsichtsrats und übernehmen die entsprechende Entscheidungsgewalt. Dazu kann es kommen, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die betroffenen Organmitglieder fachlich nicht geeignet oder unzuverlässig sind.
Davon zu unterscheiden sind „beobachtende Sonderbeauftragte“, die die BaFin beispielsweise zur Überwachung von Anordnungen bestellt. Diese Sonderbeauftragten überprüfen dann etwa, wie Institute aufgetretene Mängel abarbeiten. Sie helfen also sicherzustellen, dass die betroffenen Unternehmen schnellstmöglich wieder eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation vorweisen können. In der Praxis bestellt die BaFin solche Sonderbeauftragten vor allem bei schweren oder wiederholt aufgetretenen Mängeln in der Geschäftsorganisation, etwa in der Geldwäscheprävention oder dem Risikomanagement.
Der Gesetzgeber hat klare Anforderungen an Sonderbeauftragte formuliert. Sie müssen unabhängig, zuverlässig und zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben geeignet sein. Falls ein von der BaFin bestellter Sonderbeauftragter Aufgaben eines Geschäftsleiters oder eines Organs übernimmt, muss er über die erforderliche fachliche Eignung verfügen. Grundsätzlich hat er genau die gleichen Anforderungen zu erfüllen wie jeder andere Geschäftsleiter dieses Unternehmens. Zudem kann es angebracht sein, dass die jeweilige Person mit wirtschaftlich schwierigen Lagen und den Konflikten, die in solchen Situationen auftreten können, umgehen kann. Infrage kommen daher vor allem Führungskräfte mit langjähriger Erfahrung in hochrangigen Rollen.
In Fällen, in denen die BaFin einem Sonderbeauftragten nicht die Wahrnehmung der Befugnisse eines Geschäftsleiters oder eines Organs überträgt, kann sie auch eine juristische Person bestellen, etwa eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Im Unternehmen verfügen Sonderbeauftragte über umfangreiche Rechte. Sie können beispielsweise von den Mitgliedern der Organe und von den Beschäftigten Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen verlangen. Zudem sind sie berechtigt, an allen Sitzungen und Versammlungen der Organe und der sonstigen Gremien in beratender Funktion teilzunehmen. Organe und Organmitglieder müssen Sonderbeauftragte bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützen. Sonderbeauftragte wiederum sind verpflichtet, der Finanzaufsicht über alle Erkenntnisse zu berichten, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit gewinnen. Die Kosten, die durch die Bestellung des Sonderbeauftragten entstehen, trägt das jeweilige Unternehmen. Wichtig ist: Die BaFin bestellt einen Sonderbeauftragten für ein Institut, hat diesem gegenüber jedoch keine unmittelbaren Weisungsrechte. Sonderbeauftragte mit Organfunktionen richten ihr Handeln am Interesse einer nachhaltigen Geschäftspolitik des Unternehmens aus, für das sie bestellt sind.
Insgesamt betrachtet ist der Sonderbeauftragte ein sehr flexibles Instrument, das die Finanzaufsicht in unterschiedlich gelagerten Fällen einsetzt.
Wenn die BaFin einen Sonderbeauftragten einsetzt, greift sie, je nach Ausgestaltung des jeweiligen Mandats, massiv in die Organisation des betroffenen Unternehmens ein. Die Finanzaufsicht ist daher auch an klare rechtliche Vorgaben gebunden. Konkret muss sie neben den jeweiligen gesetzlichen Vorgaben den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die Vorgaben einer pflichtgemäßen Ermessensausübung beachten. Das heißt z.B., dass die BaFin die Vorteile des Einsatzes eines Sonderbeauftragten immer abwägen muss mit den Interessen und Rechtsgütern des betroffenen Unternehmens bzw. der betroffenen Person. Ein Sonderbeauftragter ist nicht das erste Mittel, das die Finanzaufsicht einsetzt. Häufig steht die Maßnahme am Ende einer ganzen Kette von aufsichtlichen Maßnahmen. Manchmal ist der Einsatz von Sonderbeauftragten jedoch geboten.
Eine erste Version dieses Artikels erschien im Oktober 2024 in der Zeitschrift „Der Aufsichtsrat“.