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Vorsitzende des Sustainable Finance-Beirates der Bundesregierung © Privat/Jana Mai

Erscheinung:09.05.2025 Transition der Finanzindustrie: Faktenbasiert und mit kühlem Kopf!

Kurzkommentar von Silke Stremlau, Vorsitzende des Sustainable Finance-Beirates der Bundesregierung in der 20. Legislaturperiode (2021 – 2025)

Die Finanzbranche befindet sich in einer Phase der Transition. Mit Transition wird ein zu bewältigender Übergang beschrieben, bei dem in relativ kurzer Zeit wichtige Veränderungen stattfinden.

Die Finanzinstitute sind seit einigen Jahren herausgefordert, einen stärkeren Fokus auf physische und transitorische ESG1-Risiken zu legen. Sie integrieren sie mehr und mehr in Risikomodelle, in das Kredit-Pricing, in die Angebotsentwicklung, in die Portfoliosteuerung, aber auch in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden. Das ist ein enormer Kraftakt.

Hervorgerufen ist diese Transition nicht in erster Linie durch neue Ideen des Regulators in Berlin oder Brüssel, sondern durch die eklatanten Veränderungen in unserer Umwelt. Der Klimawandel ist kein abstrakter Begriff der kommenden Jahrzehnte mehr, sondern seine Auswirkungen in Form von Extremwetterereignissen wie Starkregen, Dürre, Überschwemmungen sind auf der ganzen Welt spürbar. Die drastischen Folgen der Erderhitzung vernichten Vermögenswerte auf einen Schlag und eben nicht mit einer langsamen Ankündigung wie man es beispielsweise von einem ökonomischen Niedergang kennt.

Der Finanzindustrie kommt in diesem volatilen Umfeld eine zweifache Funktion zu: Zum einen muss sie die neuartigen Klima-, Biodiversitäts- und damit auch zusammenhängenden sozialen Risiken besser einschätzen und auch quantitativ einpreisen, um die Vermögenswerte in den Büchern und für die Zukunft zu sichern. Zum anderen ist sie durch Investitions- und Kreditvergabe gefordert, die Realwirtschaft bei ihrer Transformation in Richtung einer dekarbonisierten Kreislaufwirtschaft im Rahmen der planetaren Grenzen zu unterstützen. Die Rolle des reinen Geldgebers und Risikoadjustierers wird hier geweitet, denn die Unternehmen erwarten sowohl inhaltliche Beratungsunterstützung in ihren Modernisierungsprozessen als auch finanzielle Anreize, z.B. durch vergünstigte Kreditzinsen bei sehr nachhaltigen Geschäftsmodellen. (Vgl. Sustainable Transformation Monitor 2025).

Neben ihrer Rolle im Markt bei Privat- und Firmenkunden sind Finanzinstitute mehr und mehr selber gefragt, ihre Nachhaltigkeitsleistungen messbar zu machen und transparent zu berichten. Die EU-Regulierung braucht an dieser Stelle sicherlich noch einen bedeutsamen Review und eine Kosten-Nutzen-Analyse, damit gleiche Regeln für alle ein Level Playing Field schaffen. Die Regulierung muss in einem vertretbaren Aufwand zu leisten sein und große Effekte bei Risikomessung und Transformationsfinanzierung vollbringen.

Wir erleben gerade extrem turbulente geopolitische Zeiten, die auch vor dem Thema Nachhaltigkeit nicht Halt machen: Aus den USA schwappt ein ESG-Backlash nach Europa hinüber.

Damit sind es vielleicht die Finanzinstitute in diesen Zeiten, die die originäre Aufgabe haben, mit kühlem Kopf und faktenbasiert auf die physischen und transitorischen Risiken einer Welt, die wärmer als 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ist, deutlich und lautstark hinzuweisen.

Denn klar ist zugleich: Wenn wir diese Transformation nicht schnell angehen und sie nicht jetzt gemeinsam mit Finanz- und Realwirtschaft gestalten, werden die Folgen zu wesentlichen höheren gesellschaftlichen Verwerfungen und wirtschaftlichen Kosten führen, als wir dies aktuell ohnehin schon beobachten können.

1 Der Begriff ESG steht für Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance).

Hinweis

Dieser Beitrag erscheint im Kontext der Sustainable Finance Konferenz der BaFin am 9. Mai 2025.


Zusatzinformationen

„Es gibt noch klares Verbesserungspotenzial“

Rede von Mark Branson

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