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Die Illustration zeigt zwei Personen, die vor einem Flipchart stehen und über die Diagramme sprechen, die darauf abgebildet sind. Bildnachweis © nanoagency/stock.adobe.com

Erscheinung:17.06.2025 BaFin prüft Versicherungsberatung

Bei einer Mystery Shopping-Aktion fand die BaFin bei einigen deutschen Versicherern Auffälligkeiten bei der Beratung und dem Verkauf von Versicherungsanlageprodukten.

Bei einer Mystery-Shopping-Aktion bei sechs Versicherern hat die BaFin festgestellt: Nicht alle Versicherer befragten die Testpersonen nach ihren Anlagewünschen und Bedürfnissen. Nur etwa die Hälfte der Versicherer dokumentierte, ob ein empfohlenes Produkt für die Testperson überhaupt geeignet war. Zudem waren die Beratungsdokumente häufig unübersichtlich. Die Aufklärung zum Risikoniveau und zur empfohlenen Haltedauer wurde von den Testpersonen hingegen positiv bewertet. 

Die Mystery-Shopping-Aktion der BaFin war Teil einer länderübergreifenden Aktion, die die EIOPA koordinierte, die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung. Im Fokus: Die Dienstleistungen beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten. 

Beratung im Fokus 

Im Auftrag der BaFin traten Testpersonen als Käuferinnen und Käufer von Versicherungsanlageprodukten auf (siehe Infokasten). Ziel war zu prüfen, ob die Beraterinnen und Berater umfassend beraten und Produkte passend zu den Vorsorge- und Anlagezielen der Testpersonen empfehlen. 

Konkret ging es darum zu schauen, ob die Beraterinnen und Berater die Beratungs-, Informations-, und Dokumentationspflichten einhalten, die verschiedene Gesetze vorschreiben: das Versicherungsvertragsgesetz (VVG), die Durchführungsverordnung für Versicherungsanlageprodukte (DVO VersAnIP) und die Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV). Es wurde auch getestet, ob die Pflichten der Offenlegungsverordnung (OffenlegungsV) eingehalten werden.

Auf einen Blick:Mystery-Shopping-Aktion zu Versicherungsanlageprodukten

Zwischen März und Juni 2024 führten Testpersonen im Auftrag der BaFin 72 Beratungsgespräche bei sechs Versicherungsunternehmen und deren Vertriebspartnern durch und schlossen Verträge über Versicherungsanlageprodukte ab. Die Verträge wurden nach der Beratung widerrufen. 

Folgende Vertriebskanäle wurden getestet:

  • Die Beraterinnen und Berater waren ausschließlich für ein Versicherungsunternehmen tätig (Ausschließlichkeitsorganisation).
  • Die Produkte wurden von Banken vertrieben (Bankenvertrieb Bancassurance).
  • Die Beraterinnen und Berater waren direkt bei einem Versicherungsunternehmen angestellt (angestellter Außendienst). 

Zwei Testkundenprofile repräsentierten unterschiedliche Bedürfnisse: Beide Profile umfassten Personen im Alter von 30 bis 50 Jahren und suchten ein sicheres Investment mit einem Anlagehorizont von 10 bis 15 Jahren. Zudem wiesen beide Profile wenig Erfahrung mit Finanzprodukten auf. Einziger Unterschied: Profil 1 hatte einen niedrigen Liquiditätsbedarf und bevorzugte nachhaltige Anlagen. Profil 2 hatte dagegen einen hohen Liquiditätsbedarf und keine Präferenz für nachhaltige Anlagen. 

Mit sechs Testobjekten war die Stichprobe vergleichsweise klein und stellt zudem nur eine Momentaufnahme dar. Wie bei jeder Mystery-Shopping-Aktion können die Resultate nicht ohne Weiteres auf den gesamten deutschen Finanzsektor übertragen werden.

Mystery Shopping-Aktionen bieten der BaFin einen direkten Blick auf die Marktrealität – anders als bei Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern oder der Auswertung von Prüfberichten, wo die BaFin zunächst nur einen mittelbaren Eindruck erhält.

Nicht alle relevanten Informationen erhoben

Die Beraterinnen und Berater müssen die Kundinnen und Kunden nach ihren Wünschen und Bedürfnissen befragen (Kundenexploration) und entsprechend beraten. Die Kundenexploration ist ein zentraler Bestandteil der Beratung. Sie wies bei den Testkäufen oft erhebliche Defizite auf: Beraterinnen und Berater fragten wichtige Informationen vielfach nicht oder nur oberflächlich ab. Dazu zählen die bisherigen Erfahrungen mit Anlageprodukten, die finanzielle Situation, der Anlagezweck, die Anlagedauer, die Risikobereitschaft, der Liquiditätsbedarf und die individuellen Nachhaltigkeitspräferenzen. 

Ein weiteres Problem sind die Diskrepanzen zwischen der subjektiven Wahrnehmung der Testkundinnen und -kunden und der Dokumentation in den Beratungsprotokollen. So klafften die Angaben der Testpersonen und die Dokumentation in den Beratungsprotokollen oft auseinander. In einigen Fällen widersprachen sich die Angaben sogar, etwa zur Risikoneigung. Zudem wurden die Testpersonen häufig nicht ausreichend über das Thema Nachhaltigkeit aufgeklärt, obwohl dies bei Versicherungsanlageprodukten vorgeschrieben ist. 

Multioptionsprodukte und Nachhaltigkeit im Fokus

Die Mehrheit der abgeschlossenen Verträge (68 von 72) waren Multioptionsprodukte. Solche Produkte bieten die Möglichkeit, einen Teil oder die gesamten Beiträge beispielsweise in verschiedene Investmentfonds zu investieren. Nur vier Verträge entfielen auf klassische Versicherungsanlageprodukte. Diese Produkte sehen keine spezifischen Anlagen für die Verträge vor. Stattdessen investiert der Versicherer die Beiträge in seine allgemeine Kapitalanlage. Insgesamt wurden tendenziell längere Laufzeiten vereinbart als ursprünglich angefragt. 

53 der 72 abgeschlossenen Verträge enthielten Anlagekomponenten mit Nachhaltigkeitsmerkmalen. Die Hälfte der Testkäuferinnen und Testkäufer äußerten von sich aus Nachhaltigkeitspräferenzen. 

Verbesserungsbedarf bei Kosten

In den meisten Beratungsgesprächen wurden die Testkundinnen und -kunden über die zu erwartende Rendite (in 94 Prozent der Fälle), und das Risikoniveau (in 81 Prozent der Fälle) informiert. 

Die Renditeerwartungen nach Kosten blieben oft unter der von den Testkundinnen und -kunden gewünschten Zielmarke von zwei Prozent, während die Kosten zwischen 0,71 und 3,29 Prozent pro Jahr lagen. Diese Kosten wurden in den Beratungen nur in rund zwei Drittel der Gespräche thematisiert. 

Unübersichtliche Dokumentation

Die Beratungs- und Vertragsunterlagen umfassten oft über 200 Seiten, in Einzelfällen sogar über 400. Sie waren häufig unübersichtlich, teilweise irreführend. So war beispielsweise nicht immer klar, auf welches Angebot sich ein Basisinformationsblatt bezieht. 

Pflichtinformationen wie das Basisinformationsblatt und die Offenlegung zu Nachhaltigkeitsrisiken sowie die Beratungsdokumentation wurden oft nicht und in einigen Fällen erst nach Vertragserklärung bereitgestellt (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Welche Dokumente am häufigsten bereitgestellt wurden

Die Abbildung zeigt, welche Dokumente in der Beratung am häufigsten bereitgestellt wurden. Dies waren: Informationen zu Nachhaltigkeitsrisiken, Dokumente zur Beratungsdokumentation und das Basisinformationsblatt. © BaFin Abbildung 1: Welche Dokumente am häufigsten bereitgestellt wurden

Produkte oft nicht eindeutig geeignet

Versicherer dürfen Kundinnen und Kunden nur Versicherungsanlageprodukte empfehlen, die für diese geeignet sind. Maßgeblich für die Beurteilung der Eignung von Versicherungsanlageprodukten sind die bei der Kundenexploration erhaltenen Informationen. 

Nur in etwa der Hälfte der Fälle dokumentierten Beraterinnen und Berater die Prüfung der Geeignetheit der Produkte. Lediglich 19 von 72 Verträgen erfüllten die EIOPA-Kriterien zu Rendite, Risiko und Nachhaltigkeit. In einer Vielzahl von Fällen konnte die Geeignetheit des Produkts im Hinblick auf die Kriterien der Renditeerwartung oder Risikoklasse nicht eindeutig festgestellt werden. 

Was die BaFin mit den Ergebnissen macht

Die BaFin hat bei der Auswertung der Mystery-Shopping-Aktion geprüft, ob die getesteten Beraterinnen und Berater beim Vertrieb der Versicherungsanlageprodukte die einschlägigen Rechtsvorgaben beachtet haben. Mit den Unternehmen, bei denen Auffälligkeiten festgestellt wurden, tritt die BaFin in Kontakt. Ziel ist es, systematische Mängel zu identifizieren und zu beheben.

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