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Exekutivdirektor Bankenaufsicht, Nikolas Speer BaFin

Erscheinung:17.07.2025 | Thema BaFin, Banken „Bankenaufsicht ist Risikomanagement. Nur eben nicht für ein Institut, sondern für das ganze System.“

Nikolas Speer, Exekutivdirektor Bankenaufsicht, berichtet im Interview über seine ersten 100 Tage bei der BaFin, seine Schwerpunkte und warum ihn Risikomanagement bis heute fasziniert.

Nach 100 Tagen in der Bankenaufsicht zieht Nikolas Speer eine erste Bilanz. Der BaFin-Exekutivdirektor Bankenaufsicht setzt seine Schwerpunkte bei Kreditrisiken, IT-Sicherheit, Governance und Komplexitätsreduktion. Intern steht er für eine offene und effiziente Zusammenarbeit über Hierarchien und Geschäftsbereiche hinweg.

Vom Banker zum Bankenaufseher – wie haben Sie die ersten 100 Tage erlebt?

Der Wechsel vom beaufsichtigten Banker zum Aufseher war schon ein großer Schritt für mich, den ich aber bewusst und sehr gern gegangen bin. Die neue Aufgabe erlebe ich als extrem spannend und abwechslungsreich. Was mich wirklich beeindruckt hat: Viele Kolleginnen und Kollegen sind nicht nur fachlich ausgezeichnet, sondern zeigen auch eine außergewöhnliche Einsatzbereitschaft. Es macht mir große Freude, mit so einem starken Team zu arbeiten.

Sie waren jahrelang im Risikomanagement tätig. Was fasziniert Sie bis heute an diesem Thema?

Zunächst mal geht es um Unsicherheit, aus der sich einerseits Risiken und andererseits Chancen ergeben. Beim Risikomanagement geht es im Kern um den bewussten Umgang mit dieser Unsicherheit, also damit, dass Dinge möglicherweise nicht so laufen, wie sie sollten. Jeder von uns ist in seinem eigenen Leben permanent Risikomanager, und am Ende schätzen auch wir in der Aufsicht Risiken und versuchen, sie einzugrenzen. Das finde ich extrem spannend.

… und was heißt das mit Blick auf die Banken?

Das Kerngeschäft von Banken ist es, Risiken kalkuliert einzugehen, um daraus Erträge zu generieren. Das Bankgeschäft hat mich immer schon sehr interessiert, weil man dort einen umfassenden Überblick über das gesamte wirtschaftliche Geschehen bekommt und Risiken überall eine Rolle spielen. Nahezu jede Entscheidung in einer Bank ist mit Risiken verbunden – sei es im Kreditgeschäft, in der Steuerung der Liquidität oder in der Art und Weise, wie Firewalls aufgebaut werden. Letztlich ist auch die Bankenaufsicht Risikomanagement. Nur eben nicht für ein einzelnes Institut, sondern für alle – und damit für das ganze Finanzsystem.

Ich bin überzeugt: Mit einem guten Risikomanagement kann man einen entscheidenden Unterschied machen: für die Institute, für die Stabilität des Systems und für das Vertrauen der Menschen in die Finanzmärkte.

Welche Schwerpunkte wollen Sie in der Aufsichtsarbeit setzen?

Ein Schwerpunkt – wenig überraschend – ist ganz klar: das Kreditrisiko. Denn es ist in der typischen Bankbilanz in Deutschland schon immer wesentlich und wird es wohl erst einmal noch bleiben.

Was wir seit einigen Jahren zunehmend im Blick haben, sind die Nicht-finanziellen Risiken – allen voran die Cyberrisiken. Gerade beim Thema Cyber haben wir eine sehr dynamische Situation. Schon die Messbarkeit ist eine Herausforderung. Kapitalregeln allein bringen uns da nicht ans Ziel. Wir müssen Banken dazu bringen, zu antizipieren, wie und wo Gefahren entstehen können. Eine Materialisierung dieser Gefahren kann dem Finanzsystem erheblichen Schaden zufügen.

Gibt es weitere Schwerpunkte, die Sie in der Aufsichtsarbeit setzen wollen?

Besonders wichtig ist mir das strategische Ziel der BaFin, dass wir uns für Komplexitätsreduktion und Proportionalität einsetzen und risikoorientiert agieren wollen. Wir wollen intensiv daran mitwirken, national wie international die Regulierung zu vereinfachen. Ich glaube, dass eine möglichst einfache, klare Regulierung letztlich wirksamer ist. Gleichzeitig ist konsequente Proportionalität gerade für uns in Deutschland mit rund 1.300 Instituten extrem wichtig. Für kleinere Institute mit überschaubarem Risiko brauchen wir nicht überall die hohen und sehr detaillierten Anforderungen, die wir an große Banken stellen. Letztlich sind diese beiden Pfeiler – Einfachheit und Proportionalität – für mich Ausdruck einer risikoorientierten Regulierung und Aufsicht.

Wie wollen Sie Einfachheit und Proportionalität konkret vorantreiben?

Wir haben einige Maßnahmen in einem Paket zusammengefasst, das genau darauf abzielt und an dem wir bereits arbeiten. Nur zwei Beispiele: Wir überarbeiten aktuell die MaRisk, die Mindestanforderungen an das Risikomanagement. Wir haben das klare Ziel, sie deutlich kürzer und prinzipienorientierter zu gestalten. Und wir wollen den Stresstest bei kleinen und mittelgroßen Banken vereinfachen.

Kreditrisiken, Cyberrisiken, mehr Einfachheit und Proportionalität haben Sie genannt. Wie sieht es mit der Governance aus?

Die ist ein Dauerbrenner. Wir sehen ganz klar: Schlechte Governance verursacht oft massive Probleme. Bei vielen Instituten, bei denen Schwierigkeiten auftreten, ob im Kreditbuch oder an anderen Stellen, liegt die Ursache vor allem in der Art und Weise, wie das Institut geführt und wie es durch den Aufsichts- oder Verwaltungsrat kontrolliert wird. Wir sind überzeugt, dass eine gute Governance wesentlich dazu beiträgt, Risiken gut zu managen.

Die Bankenaufsicht lebt vom Dialog mit den beaufsichtigten Instituten. Worauf kommt es dabei für Sie an?

Zahlen, Berichte und Organigramme sind wichtig, aber sie zeigen nie das ganze Bild. Entscheidend ist der persönliche Austausch. Wenn ich mich eine Stunde lang mit dem Vorstand eines Instituts austausche, merke ich sehr schnell, wie gut das Institut wirklich aufgestellt ist und wo wir als Aufsicht ansetzen müssen. Dafür braucht es mehr als Checklisten. Es braucht unter anderem das Gespräch auf Augenhöhe. Genau deshalb ist der offene, kritische, aber auch konstruktive Dialog mit den Instituten für mich so wichtig.

Blicken wir auf die nächsten Monate: Welche Themen haben Sie sich mittelfristig vorgenommen, um die Aufsichtsarbeit noch wirkungsvoller zu gestalten?

Wir verfügen über einen riesigen Datenschatz zu allen beaufsichtigten Instituten und dem Finanzsystem insgesamt. Dieses Wissen wollen wir noch gezielter in unserer Arbeit nutzen, Stichwort „datenbasierte Aufsicht“. Dazu gehört auch, dass wir uns der sinnvollen und verantwortlichen Nutzung von KI nicht verschließen.

Und natürlich wollen wir unsere Organisation weiterentwickeln. Fachliche Kompetenz allein reicht nicht – wir müssen auch in sehr gute Führung und Talentförderung investieren.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Speer

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