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Erscheinung:02.08.2021, Stand:geändert am 02.11.2021 | Thema Investmentfonds Konsultation 13/2021 - Entwurf einer BaFin-Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen

Konsultation 13/2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei stelle ich den Entwurf einer Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen zur Konsultation.

Anleger haben ein zunehmendes Interesse an nachhaltig ausgerichteten Fondsprodukten. Die Anzahl der Investmentvermögen, die sich im Namen als nachhaltig bezeichnen oder als explizit nachhaltig vertrieben werden, nimmt daher kontinuierlich zu. Da es weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene aktuell Regelungen dazu gibt, wann sich ein Investmentvermögen im Namen als nachhaltig bezeichnen oder als explizit nachhaltig vertrieben werden darf, besteht die erhöhte Gefahr eines sogenannten Greenwashing. Hierbei werden dem Anleger vermeintlich nachhaltige Investmentvermögen angeboten, deren Zusammensetzung Nachhaltigkeitsgesichtspunkten jedoch gar nicht oder nur in einem rudimentären Umfang Rechnung trägt.

Gemäß § 5 Abs. 6 Satz 1 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) hat die BaFin die Einhaltung der im KAGB enthaltenen Verbote und Gebote zu überwachen und ist berechtigt, hierzu entsprechende Anordnungen zu treffen. Anlagebedingungen von inländischen Investmentvermögen unterliegen gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 KAGB einer Genehmigungspflicht durch die BaFin. Die Bezeichnung eines Investmentvermögens darf nach § 4 Abs. 1 KAGB nicht irreführen. Durch § 4 Abs. 2 KAGB wird die BaFin schließlich ermächtigt, über Richtlinien für den Regelfall festzulegen, welcher Fondskategorie das Investmentvermögen nach den Anlagebedingungen entspricht. Von dieser Befugnis macht die BaFin im Hinblick auf nachhaltige Investmentvermögen nunmehr hiermit Gebrauch. Artikel 4 Abs. 1 Verordnung (EU) 2019/1156 sieht zudem unter anderem vor, dass die in Marketing-Anzeigen des Fonds enthaltenen Informationen nicht irreführend sein dürfen.

1. Anwendungsbereich

Der Richtlinien-Entwurf enthält Vorgaben an die Ausgestaltung von Anlagebedingungen inländischer Publikumsinvestmentvermögen, die im Namen einen Nachhaltigkeitsbezug (z.B. „ESG“; „nachhaltig/sustainable“ oder „grün/green“) aufweisen oder als explizit nachhaltig vertrieben werden:

a) Nachhaltiges Investmentvermögen aufgrund der Investition in nachhaltige Vermögensgegenstände
Die Bezeichnung als nachhaltiges Investmentvermögen bzw. ein entsprechender Vertrieb als solches kann nach dem Richtlinien-Entwurf über eine Investition in nachhaltige Vermögensgegenstände gerechtfertigt werden. Der Richtlinien-Entwurf verlangt hier eine in die Anlagebedingungen aufzunehmende Mindestinvestitionsquote von 75 Prozent. Zusätzlich muss durch bestimmte Mindestausschlüsse gewährleistet werden, dass ein wesentlicher Beitrag zur Verwirklichung einzelner oder mehrerer Umwelt- oder Sozialziele geleistet wird, es gleichzeitig nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Umwelt- oder Sozialzielen kommt und dass bestimmte Governance-Aspekte Berücksichtigung finden.
b) Nachhaltiges Investmentvermögen aufgrund einer nachhaltigen Anlagestrategie
Neben einer Investition in nachhaltige Vermögensgegenstände kann eine Nachhaltigkeit des Investmentvermögens im Sinne des Richtlinien-Entwurfs auch durch die Verfolgung einer nachhaltigen Anlagestrategie (z.B. „Best-in-Class-Strategie“) erreicht werden. Die Ausgestaltung der nachhaltigen Anlagestrategie ist in den Anlagebedingungen näher darzustellen. Zudem ist über Höchstgrenzen sicherzustellen, dass bestimmte Umwelt- und Sozialziele nicht erheblich beeinträchtigt sowie bestimmte Governance-Aspekte berücksichtigt werden.
c) Nachbildung eines nachhaltigen Index
Sofern laut den Anlagebedingungen ein nachhaltiger Index im Rahmen einer passiven Anlagestrategie nachgebildet wird, sind nähere Ausführungen zum Nachhaltigkeitscharakter dieses Index erforderlich. Weiterhin ist über Höchstgrenzen sicherzustellen, dass bestimmte Umwelt- und Sozialziele nicht erheblich beeinträchtigt sowie bestimmte Governance-Aspekte berücksichtigt werden.
Grandfathering-Regelung: Der Richtlinien-Entwurf sieht vor, dass die Vorgaben nicht für solche inländischen Publikumsinvestmentvermögen gelten, deren Anlagebedingungen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Konsultationsfassung bereits genehmigt wurden.

2. Verhältnis des Richtlinien-Entwurfs zu Regelungen und Arbeiten auf internationaler und nationaler Ebene

a) Die Vorgaben des Richtlinien-Entwurfs gelten unabhängig von den nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten, die sich aus der Verordnung (EU) 2019/2088 („SFDR“) sowie aus der Verordnung (EU) 2020/852 („Taxonomie-VO“) ergeben. Die SFDR sowie die Taxonomie-VO regeln, welche Offenlegungspflichten eine Kapitalverwaltungsgesellschaft auf Produktebene zu berücksichtigen hat, wenn mit einem Investmentvermögen unter anderem ökologische oder soziale Merkmale beworben werden oder nachhaltige Investitionen angestrebt werden. Sie treffen jedoch keine Aussage darüber, wie die Anlagebedingungen eines Investmentvermögens ausgestaltet sein müssen, wenn dieses im Namen oder im Vertrieb als explizit nachhaltig bezeichnet wird. Hier setzt die BaFin-Richtlinie auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 KAGB an, um eine Irreführung der Anleger durch ein Greenwashing zu verhindern.
b) Zusätzlich zu den Offenlegungspflichten hat die Europäische Kommission am 21.04.2021 Änderungen der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 veröffentlicht. Nach deren Inkrafttreten sollen im Rahmen des Beratungsprozesses auch sogenannte Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden erfragt und damit festgestellt werden, ob bzw. in welchem Umfang eines oder mehrere der zukünftig in Art. 2 Abs. 7 a) – c) der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Finanzinstrumente in der Anlage des Kunden integriert werden sollen. Der Kunde hat hierbei unter anderem die Möglichkeit, einen Mindestanteil nachhaltiger Anlagen festzulegen.
Der Richtlinien-Entwurf enthält zur Abfrage der beim Anleger bestehenden Nachhaltigkeitspräferenzen keine Vorgaben. Vielmehr werden durch ihn lediglich Mindestanforderungen an explizit nachhaltige Investmentvermögen als einen Teilbereich von Finanzinstrumenten aufgestellt, die dem Kunden entsprechend der von ihm im Einzelfall geäußerten Nachhaltigkeitspräferenz ggfs. angeboten werden können.
Soweit sich im Rahmen der Konsultation Abgrenzungsbedarf zum Anwendungsbereich der „Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz des Kunden“ nach der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 zeigt, bittet die BaFin unter Nennung konkreter Fallgestaltungen um entsprechenden Hinweis.
c) Die EU-Kommission beabsichtigt, das geplante EU-Ecolabel für Finanzprodukte dahingehend auszuweiten (Seite 4 und 7 der Communication „Strategy for Financing the Transition to a Sustainable Economy“ der EU-Kommission vom 06.07.2021 (hier)), dass sowohl ein Label für ESG-Benchmarks geschaffen als auch Mindest-Nachhaltigkeitskriterien für Finanzprodukte festgelegt werden, die ökologische oder soziale Merkmale bewerben.
d) Dem Thema Greenwashing wird auch auf internationaler Ebene große Bedeutung zugemessen. So hat die IOSCO am 30.06.2021 einen Entwurf der Recommendation on Sustainability-Related Practices, Policies, Procedures and Disclosure in Asset Management veröffentlicht. Darüber hinaus stellen auch andere Aufsichtsbehörden u.a. vor dem Hintergrund der Fondsbezeichnung Mindestanforderungen an die Zusammensetzung des Fonds.
e) Auf nationaler Ebene ist der Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung mit dem Thema Nachhaltigkeit befasst. Dessen Arbeiten schließen etwa das Ampelsystem der deutschen Sustainable Finance-Strategie ein.
Die BaFin wird ihre Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen bei Bedarf an die nationalen, europäischen und internationalen Entwicklungen anpassen. Sie wird sich mit den Ergebnissen der Konsultation bzw. der finalen Fassung der Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen bei der weiteren Arbeit der europäischen und internationalen Gremien einbringen.

3. Vorgaben zur Abgabe einer Stellungnahme

Stellungnahmen zum Entwurf können unter der Angabe des Geschäftszeichens (Konsultation 13/2021; WA 41-Wp 2100-2019/0002) und des Betreffs (Stellungnahme im Rahmen der Konsultation 13/2021) bis zum 06.09.2021 auf folgenden Wegen abgegeben werden:

• schriftlich an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Referat WA 41

oder

per E-Mail an  Konsultation-13-21@bafin.de

Die Konsultation erfolgt ausschließlich im schriftlichen Verfahren. Eine anschließende Anhörung ist nicht geplant.

Es ist beabsichtigt, die eingereichten Stellungnahmen im Internet zu veröffentlichen. Sollten Sie mit einer Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme oder deren Weitergabe an Dritte nicht einverstanden sein, teilen Sie dies bitte mit. 

Zusatzinformationen

Anlagen

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