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Erscheinung:26.09.2022 | Geschäftszeichen BA 54-FR 2210-2022/0001 | Thema Risikomanagement Konsultation 06/2022 - Mindestanforderung an das Risikomanagement

Entwurf der Neufassung des Rundschreibens 10/2021 (BA) - Mindestanforderung an das Risikomanagement - MaRisk

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich lege Ihnen hiermit den angekündigten Entwurf der Neufassung des Rundschreibens 10/2021 (BA) für die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (im folgenden MaRisk) zur Konsultation vor. Mit dieser Novelle werden die Anforderungen der EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung in ein deutsches Rundschreiben überführt. Überdies greift die Überarbeitung Erkenntnisse aus der Aufsichts- und Prüfungspraxis auf. Solche Ergänzungen und Anpassungen betreffen insbesondere Regelungen zur Handhabung des Immobiliengeschäftes, Anforderungen an die im Risikomanagement verwendeten Modelle, die Durchführung von Handelsgeschäften im Homeoffice und einzelne überproportionale Regelungen für sehr große Förderbanken. Schließlich werden in Rückgriff auf das Merkblatt der BaFin zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken, aber auch im Hinblick auf europäische Initiativen in diesem Bereich, konkrete Anforderungen an das Risikomanagement von ESG-Risiken in die MaRisk aufgenommen. Die Eckpunkte der hier unter 1. bis 5. vorgestellten Anpassungen der MaRisk sind bereits in den Sitzungen des Fachgremiums MaRisk am 28. Oktober 2021 sowie 19. Januar, 2. und 22. März und 24. Juni 2022 erörtert worden. Die Erkenntnisse, die bei diesem Austausch gewonnen wurden, sind bei der Bearbeitung dieser Konsultationsfassung berücksichtigt worden.

Im Einzelnen:

  1. Übernahme der EBA-Leitlinien für die

    Kreditvergabe und Überwachung

    Bei den EBA-Leitlinien 2020/06 handelt es sich um das letzte Arbeitspaket der EBA aus dem ECOFIN Action Plan zu Non-Performing Loans. Durch Beachtung der in den Leitlinien gesetzten Anforderungen im gemeinsamen Bankenmarkt soll künftigen Krisen mit flächendeckender Verschlechterung der Kreditqualität von Portfolios durch Anforderungen an eine risikobewusstere Kreditvergabe entgegengetreten werden.

    Die Leitlinien regeln Anforderungen an die Kreditvergabe und -überwachung, die sich zum Teil auch heute schon in den MaRisk finden. Daneben gibt es aber Abschnitte der Leitlinien, die detaillierte Regelungen aufstellen, die bisher weder im Wortlaut der MaRisk berücksichtigt sind noch ohne weiteres durch Auslegung der bisherigen allgemeinen Vorgaben hergeleitet werden können. BaFin und Deutsche Bundesbank haben sich daher bei der Umsetzung der EBA-Leitlinien für ein differenziertes Vorgehen entschieden. Soweit der bisherige Regelungstext die Anforderungen aus den Leitlinien auch heute schon überwiegend abbildet, wird die konkrete Anforderung oder – bei Klarstellungen – die jeweilige Erläuterung zu dieser Anforderung so ergänzt, dass die Vorgabe der Leitlinie (hiernach) vollumfänglich umgesetzt ist. Enthält der jeweilige Abschnitt aber neben Klarstellungen auch detailliert ausformulierte neue Anforderungen, erfolgt ein Verweis auf die EBA-Leitlinien. Die Anwendung dieser Regelungen hat gemäß Abschnitt 2 Tz. 16 der Leitlinien proportional zu erfolgen. Auf Bitten der DK wird in AT 1 Tz. 3 MaRisk, mit dem die proportionale Anwendung dieses Rundschreibens festgeschrieben ist, auch ausdrücklich auf diese Proportionalitätsklausel der EBA-Leitlinien verwiesen. Dort wird hinsichtlich der in den Abschnitten 5 und 7 der Leitlinien adressierten Anforderungen klargestellt, dass nicht Größe, Art und Komplexität des Instituts, sondern Umfang, Art und Komplexität der Kreditfazilität das entscheidende Kriterium für die proportionale Anwendung dieser spezifischen Regelungen bilden muss.

    Folgende wesentliche Inhalte der Leitlinien zur Kreditvergabe und Überwachung werden mit der Novelle umgesetzt:

    Governance requirements for credit granting and monitoring (Abschnitt 4 der Leitlinien)

    Dieser Abschnitt befasst sich mit Themen wie dem Management der Kreditrisiken, der Strategie, dem Risikoappetit, der Risikokultur und der Limitierung, jeweils bezogen auf das Kreditrisiko und die Kreditentscheidungsprozesse. In diesem Bereich enthalten die MaRisk auch bisher eher ausführliche Regelungen, so dass die Übernahme dieses Abschnittes überwiegend durch Ergänzung einzelner Sätze oder Halbsätze erfolgen kann und nur wenige Verweise eingesetzt werden.

    Loan origination procedures (Abschnitt 5 der Leitlinien)

    Der Abschnitt regelt die Prozesse der Kreditvergabe einschließlich der Auskünfte, Unterlagen und Daten, welche für die Kreditwürdigkeitsprüfung der Kreditnehmer relevant sind. Schon die Gliederung dieses Abschnittes weicht mit ihrer Differenzierung nach Kreditnehmern einerseits sowie Kreditprodukten und Finanzierungsgegenstand andererseits deutlich von der prozessorientierten Gliederung der MaRisk ab. Bei verschiedenen Kreditarten soll die Kreditvergabeentscheidung auch Szenarioanalysen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung einbeziehen. Der Abschnitt befasst sich zudem mit Verbraucherschutzaspekten, die bisher in den MaRisk nicht ausdrücklich berücksichtigt waren. Auch richtet sich das Proportionalitätsprinzip nach der Finanzierungsart und nur noch eingeschränkt nach der Größe des kreditgebenden Instituts. Entsprechend der beschriebenen Verfahrensweise wird daher auf die betreffenden Abschnitte der EBA-Leitlinien verwiesen. Alternativ hätte nur der bisherige Regelungstext durch Übernahme des gesamten Abschnittes 5.2 der Leitlinien ersetzt werden können. Durch das gewählte Verfahren bleiben bisherige Öffnungsklauseln (z. B. im Hinblick auf Anwendung vereinfachter Verfahren) bestehen.

    Durch die Untergliederung der EBA-Leitlinien sind die Anforderungen für das mit dem jeweiligen Kredit einhergehende Risiko angemessen und proportional ausgestaltet. Zusätzlich wird durch Begriffe wie „gegebenenfalls“, „sofern relevant“ oder „wo anwendbar“ verdeutlicht, dass bei Anwendung dieser Regelungen auf eine angemessene Proportionalität zu achten ist.

    Pricing (Abschnitt 6 der Leitlinien)

    Dieser Abschnitt enthält die aufsichtlichen Erwartungen an die risikobasierte Preisgestaltung von Krediten. Diese Anforderung wird überwiegend schon heute in den MaRisk erhoben. Deshalb wird die bisherige Regelung in BTO 1.2 Tz. 9 nur ergänzt.

    Valuation of immovable and movable property (Abschnitt 7 der Leitlinien)

    Der Abschnitt befasst sich mit den Anforderungen für die Bewertung von Sicherheiten zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme sowie die Anforderungen an Überwachung und Neubewertung. Dargelegt werden auch aufsichtliche Erwartungen an unabhängige Gutachter. Soweit die Anforderungen bereits auch in den NPE-Leitlinien der EBA enthalten waren, ist die Umsetzung bereits mit der 6. MaRisk-Novelle erfolgt. Umzusetzen sind nur die darüber hinaus gehenden Anforderungen; diesbezüglich verweist die MaRisk-Novelle auf die entsprechenden Abschnitte der Leitlinien (insbesondere im Bereich der Kreditvergabe).

    Monitoring framework (Abschnitt 8 der Leitlinien)

    Das Kapitel fokussiert sich auf die Anforderungen an die laufende Überwachung des Kreditrisikos. Auch hier sind Neuerungen nur in einzelnen Abschnitten enthalten, auf die dann verwiesen wird.

    Neuer Abschnitt zu Anforderungen an Modelle (Abschnitte 4.3.3 und 4.3.4 der Leitlinien; AT 4.3.5 MaRisk-Entwurf)

    Des Weiteren wird ein neues Modul (AT 4.3.5) in den Allgemeinen Teil der MaRisk aufgenommen, das die Anwendung, Datenqualität, Validierung und Erklärbarkeit von Modellen im Rahmen der Säule II regeln soll. Auslöser für die Einführung des Moduls ist die erforderliche Umsetzung der Abschnitte 4.3.3 und 4.3.4 der vorerwähnten EBA-Leitlinien, dort mit Bezug zur Kreditvergabe und Kreditwürdigkeitsprüfung. Allerdings hält die deutsche Aufsicht solche Anforderungen, die größtenteils bereits der schon bestehenden Modell-Governance entsprechen dürften, nicht nur für die Modelle des Kreditrisikomanagements für erforderlich, sondern für alle Modelle, die im Risikomanagement verwendet werden.

    Die Anforderungen an Modelle in Säule II sind technologieneutral und regeln sowohl den Einsatz einfacher Modelle als auch den von fortgeschrittenen Modellen im Bereich künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernens und schließen damit eine weitere Regelungslücke. Da sich der neue Abschnitt AT 4.3.5 auf grundlegende Anforderungen beschränkt, können spezifische Anforderungen, die bereits heute an Verfahren z. B. zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit gestellt sind, darauf aufbauen.

    Besonderheit von Immobiliarförderkrediten

    Im Vorfeld der Sitzung des Fachgremiums vom 24.06.2022 ist die Frage aufgekommen, ob Immobiliarförderkredite in den Anwendungsbereich der EBA-Leitlinien fallen, obwohl sie von der Anwendung der Wohnimmobilienrichtlinie weitgehend ausgenommen sind. Bei Umsetzung dieser Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber den nationalen Spielraum nach Art. 3 Abs. 3 lit. c der Richtlinie genutzt und für Immobiliar-Verbraucherkredite, die als Förderkredite vergeben werden, den Umfang der (verbraucherschutzrechtlichen) Kreditwürdigkeitsprüfung bzw. der vorvertraglichen Informationspflicht stark eingeschränkt. Gemäß 491 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 BGB ist nur die Vorschrift des § 491 a Abs. 4 BGB anwendbar, die den Darlehensgeber verpflichtet, den Darlehensnehmer rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung auf einem dauerhaften Datenträger über die Merkmale der einschlägigen Vorschriften des EGBGB zu informieren. Dagegen dürfen weitergehende Anforderungen aus der Wohnimmobilienrichtlinie, die auch in den Abschnitte 5.2.1 und 5.2.2 der EBA-Leitlinien adressiert werden, nicht auf solche Immobiliarförderkredite angewendet werden. Dies ergibt sich unmittelbar aus diesen Abschnitten der EBA-Leitlinien. Da der vorliegende Entwurf der MaRisk hierauf verweist, ist keine zusätzliche Erläuterung im Regelungstext erforderlich.

    Die allgemeinen auch bisher schon in den MaRisk enthaltenen Anforderungen, die nach BTO 1.2 MaRisk bei der Vergabe und Überwachung von einzelnen Krediten zu beachten sind (und die auch Voraussetzung für die Adressenausfallsteuerung nach BTR 1 MaRisk bilden), stellen für die Bearbeitung des jeweiligen Kredites weiterhin bindende Anforderungen dar.

  2. Anforderungen an das Immobiliengeschäft

    Das jahrelange Niedrigzinsumfeld hat bei vielen Kreditinstituten zu einer Erosion der Gewinne im klassischen Zinsgeschäft geführt, weshalb viele Institute bei der Suche nach weiteren Ertragsquellen auch ihr Immobilieneigengeschäft ausgebaut haben.

    Hinsichtlich des Geschäftsgegenstands ergeben sich gewisse Parallelen zum Kreditgeschäft. So ist die Handhabung von Immobiliensicherheiten ein selbstverständlicher Aspekt vieler Kreditbeziehungen. Während aber für das Kreditgeschäft seit Jahren aufbau- und ablauforganisatorische Mindestanforderungen etabliert sind, ist das Immobiliengeschäft weitgehend ungeregelt, was zu Unsicherheiten in der Aufsichts- und Prüfungspraxis geführt hat.

    Mit der 7. MaRisk-Novelle sollen daher Mindestanforderungen an das Immobiliengeschäft der Institute eingeführt werden. Hierzu wird ein neues Modul (BTO 3) in den Besonderen Teil der MaRisk aufgenommen. Vorgesehen sind schlanke, Prinzipien basierte Regelungen für die Aufbauorganisation und die Prozesse. Soweit zweckmäßig, werden dabei Regelungen, die schon bisher für das Kreditgeschäft gelten, auf das Immobiliengeschäft übertragen. Damit wird insbesondere sichergestellt, dass Immobilieninvestments von den Instituten nur nach fundierter Wertermittlung und Risikoanalyse getätigt und Bestandsimmobilien angemessen überwacht werden.

    Um Institute mit lediglich marginalem Immobiliengeschäft nicht mit den neuen Anforderungen zu belasten, ist ein Schwellenwert vorgesehen, unterhalb dessen auf die Einhaltung der Anforderungen verzichtet werden kann. Analysen der BaFin und der Bundesbank machen deutlich, dass es kleine Institute mit einem Immobilienbestand von wenigen Millionen € gibt, bei denen dieses Geschäftsfeld bereits einen hohen Anteil ihres Geschäftsvolumens ausmacht. Vor diesem Hintergrund scheint ein relativer Schwellenwert von 2 % der Bilanzsumme angemessen. Daneben wird ein absoluter Schwellenwert von 10 Mio. € vorgeschlagen, welcher dazu führt, dass auch mittelgroße und große Institute frühzeitig, aber nicht zwangsläufig ab der ersten Immobilie prozessuale Anforderungen erfüllen müssen.


  3. Geschäftsmodellanalyse

    Anpassungen der MaRisk sind auch im Hinblick auf die Geschäftsmodellanalyse erforderlich. Da es sich weitgehend um Klarstellungen der Begriffe sowie bestehender Anforderungen handelt, beschränkt sich die Novelle auf die Ergänzung einzelner Abschnitte der MaRisk (ohne ein eigenes Modul zu Geschäftsmodellanalyse zu konzipieren).

    So wird in den Erläuterungen zu AT 4.2 MaRisk klargestellt, dass die Institute beurteilen sollen, ob sich das eigene Geschäftsmodell über einen angemessen langen, mehrjährigen Zeitraum aufrechterhalten lässt oder ob Anpassungsbedarf am Geschäftsmodell besteht und strategische Steuerungsmaßnahmen ergriffen werden müssen.

    Im Regelungstext des AT 4.1 MaRisk wird hervorgehoben, dass die Kapitalplanung eines Instituts sowohl zu seiner operativen Geschäftsplanung und deren strategischen Grundlagen als auch mit dem Geschäftsmodell in Einklang stehen muss. Geschäfts- und Kapitalplanung sollen im Sinne einer integrierten Gesamtbanksteuerung miteinander einhergehen und keine nebeneinanderstehenden „Rechenwerke für die Aufsicht“ sein. Überdies sind in AT 4.3.2 und BT 3.1 MaRisk noch Änderungen dergestalt vorgesehen, dass neben der Berichterstattung zur Risikosituation eines Instituts auch eine entsprechende Berichterstattung über die Geschäftslage vorzunehmen ist. Die Beurteilung eines Geschäftsmodells kann nicht nur anhand der Risiko-, sondern muss auch anhand der Ertragslage vorgenommen werden. Ein kombinierter Bericht zur Geschäftslage und Risikosituation wird nicht verlangt. Die Erstellung der Berichtsteile kann weiterhin in unterschiedlichen Einheiten erfolgen.

  4. Handel im Homeoffice


    Mit Mitteilung vom 18.05.2022 wurde auf der Homepage der BaFin über die weitere Behandlung der Corona-FAQ berichtet. Dabei wurde angekündigt, die Möglichkeit einer dauerhaften Regelung für den Handel im Homeoffice im Rahmen der anstehenden MaRisk-Novellierung zu überprüfen. Angesichts der zunehmenden Digitalisierung erscheint für die Sicherstellung störungsfreier Handelsaktivitäten nicht mehr die Anwesenheit in den Geschäftsräumen, sondern der IT-Zugang zu den Handelsplattformen entscheidend. Daher sollen Handelsaktivitäten im Homeoffice dauerhaft zugelassen werden. Dabei werden die aufsichtlichen Anforderungen an das Risikomanagement von Handelsgeschäften sowie an die Transaktionssicherheit, IT-Sicherheit, Datenschutz und Vertraulichkeit (auch im Hinblick auf Insiderinformationen) in vergleichbarer Weise aufrechterhalten wie vor der Pandemie, also wie innerhalb der Geschäftsräume.

    Wie bisher soll BTO 2.2.1 Tz. 3 MaRisk daher einleitend regeln, dass Geschäftsabschlüsse außerhalb der Geschäftsräume nur im Rahmen interner Vorgaben zulässig sind. Dabei sind insbesondere die Berechtigten, der Zweck, der Umfang und die Erfassung festzulegen. Bei Handelsaktivitäten im Homeoffice ist überdies folgendes zu beachten: Auch soweit das Handelsgeschäft teilweise an häuslichen Arbeitsplätzen vorgenommen wird, ist stets eine ausreichende Präsenz anderer Händler in den Geschäftsräumen zu gewährleisten. Eine solche ausreichende Präsenz gilt dann als gegeben, wenn die Handelstätigkeit bei (technischen) Beeinträchtigungen des Handelsgeschäftes an häuslichen Arbeitsplätzen unverzüglich in die Geschäftsräume verlagert werden kann. Kleine Institute mit nur einem oder zwei Händlern müssen hier zumindest für angemessene Vertretungsregelungen sorgen oder Regelungen für den Wechsel vom häuslichen Arbeitsplatz in die Geschäftsräume treffen.


    Des Weiteren müssen die Institute die Vertraulichkeit der den Geschäftsabschlüssen zugrundeliegenden Daten anhand geeigneter Richtlinien sicherstellen. Hinsichtlich der Stabilität der Abwicklungs- bzw. Bestätigungssysteme und der Anforderungen an die IT-Sicherheit muss der Handel an häuslichen Arbeitsplätzen grundsätzlich vergleichbaren Anforderungen wie der Handel in den Geschäftsräumen genügen. Überdies sollen sich häusliche Arbeitsplätze von Händlern an festgelegten und vereinbarten Standorten befinden und während der Arbeitszeit nur so genutzt werden dürfen, dass die Vertraulichkeit der Geschäftsabschlüsse gewahrt ist.

  5. Berücksichtigung von ESG-Risiken

    Bereits mit dem Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken hat die BaFin den von ihr beaufsichtigten Unternehmen eine Orientierungshilfe im Umgang mit dem immer bedeutenderen Thema der Nachhaltigkeitsrisiken gegeben. Dabei wird der Begriff „Nachhaltigkeit“ im Sinne von ESG (Environmental, Social and Governance – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) definiert.

    Mit dem Merkblatt empfiehlt die BaFin eine strategische Befassung mit Nachhaltigkeitsrisiken und eine Anpassung des Risikomanagements: Da diese Risiken auf die bekannten Risikoarten einwirken, hat die BaFin ihrer Erwartung Ausdruck verliehen, dass sich die beaufsichtigten Unternehmen mit der Auswirkung dieser Risiken auseinandersetzen und dies dokumentieren. Während das Merkblatt allerdings noch ein Kompendium unverbindlicher Verfahrensweisen (Good-Practice-Ansätze) bildete, übernimmt die MaRisk-Novelle die Leitplanken aus dem Merkblatt nunmehr in den Regelungstext und stellt damit prüfungsrelevante Anforderungen auf. Zugleich setzt die Novelle auf diese Weise die auf ESG-Risiken bezogenen Abschnitte der EBA-Leitlinien zur Kreditvergabe und Überwachung um.

    Im Ergebnis sollen die beaufsichtigten Unternehmen auch im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken einen ihrem Geschäftsmodell und Risikoprofil angemessenen Ansatz entwickeln. Die deutsche Aufsicht ist sich bewusst, dass Nachhaltigkeitsrisiken aufgrund der häufig fehlenden historischen Datengrundlage, der vielen über einen längeren Zeitraum zu berücksichtigenden Faktoren und diverser Unsicherheiten über zukünftige Klima- und Politikszenarien teilweise schwierig zu messen und zu steuern sind. Gleichwohl wird den Instituten auch vor dem Hintergrund der vielfältigen europäischen Initiativen in diesem Bereich aufgegeben, bisherige Prozesse anzupassen und neue Mess-, Steuerungs- und Risikominderungsinstrumente zu entwickeln, zumal sich sowohl physische Risiken als auch Transitionsrisiken auch sehr kurzfristig realisieren können. Bei einem schwächer ausgeprägten Risikoprofil in diesem Bereich werden voraussichtlich einfachere Strukturen, Prozesse und Methoden im Sinne des Proportionalitätsgrundsatzes ausreichen. Je erheblicher aber die Nachhaltigkeitsrisiken für ein beaufsichtigtes Unternehmen sind, desto aufwändiger sollten Strukturen, Prozesse und Methoden sein. Auch sollten die Institute darauf hinarbeiten, die Auswirkungen von ESG-Risiken in den Risikoklassifizierungsverfahren zu berücksichtigen. Solange sich dies als noch nicht praktikabel erweist, können auch separate ESG-Scores bei der Bewertung der Bonität und der Kreditwürdigkeitsprüfung herangezogen werden.

  6. Regelungen für bedeutende Förderbanken

    Mit der 6. MaRisk-Novelle wurde der Anwendungsbereich einzelner überproportionaler Regelungen von systemrelevanten Instituten auf bedeutende Institute ausgeweitet, da die EZB in ihrer Aufsichtspraxis bei diesen Regelungen nicht (mehr) nach Systemrelevanz differenziert. Zur Definition der bedeutenden Institute wird in AT 1 Tz. 6 MaRisk auf die SSM-Verordnung verwiesen.

    In Vorbereitung der 7. MaRisk-Novelle hat die BaFin nunmehr überprüft, welche der überproportionalen Regelungen aus prudenzieller Sicht auch auf große Förderbanken angewendet werden sollten und hierbei die Regelungen des AT 4.4.1 Tz 5 zur Exklusivität der Risikocontrollingfunktion und des AT 4.4.2 Tz. 4 zur eigenständigen Compliance-Einheit identifiziert. Beide Regelungen leiten sich aus den EBA-Leitlinien GL/2017/11 zur internen Governance ab. Bei der Bewertung, welche Förderbanken als von erheblicher Bedeutung gemäß Tz. 184 der Leitlinien gelten müssen, sind die allgemeinen Kriterien zur Proportionalität in Titel I dieser Leitlinien zu beachten. Unter der Vielzahl der dort aufgeführten Kriterien kommt es bei Förderbanken angesichts ihres (innerhalb der Institutsgruppe) homogenen Geschäftsmodells insbesondere auf die Größe an. Aus vergleichbaren Erwägungen hat der Gesetzgeber in der in Verbindung mit dem RIG novellierten Institutsvergütungsverordnung bereits eine Abgrenzung (Binnendifferenzierung) im Bereich der bedeutenden Institute vorgenommen und hierfür den Schwellenwert von 70 Mrd. € eingeführt. Die Vergütungsregelungen sind ein integraler Bestandteil des Risikomanagements. Im Hinblick auf die Einheitlichkeit des Regelwerkes liegt es nahe, auch für die Anwendung der überproportionalen Regelungen des AT 4.4.1 Tz. 5 und AT 4.4.2 Tz. 4 auf diesen Schwellenwert abzustellen. Entsprechend weitet die Novelle die Anwendung dieser Anforderungen über den Kreis der bedeutenden Institute hinaus auf jene Förderbanken aus, die gemäß § 2 Abs. 9i 2 KWG eine Bilanzsumme von über 70 Mrd. € ausweisen. Die Berücksichtigung weiterer Kriterien der Proportionalität (z. B. Mitarbeiterzahl) bleibt im Einzelfall möglich, da diese Vorschriften grundsätzlich zu beachten sind. Insofern hält die Novelle an der bisherigen Formulierung fest.

Ich bitte Sie hiermit, der BaFin und der Deutschen Bundesbank schriftliche Stellungnahmen zum Entwurf postalisch (unter Verwendung des Zusatzes B 32 für die Bundesbank und BA 54 für die BaFin) oder per E-Mail (Konsultation-06-22@bafin.de; B32_MaRisk@bundesbank.de) bis zum 28.10.2022 zukommen zu lassen.

Es ist vorgesehen, Stellungnahmen zum Entwurf auf den Internetseiten von BaFin und Bundesbank zu veröffentlichen, soweit die Verfasser der Stellungnahmen dagegen keine Einwände erheben.

Ich freue mich auf Ihre fachliche Unterstützung und bin zuversichtlich, dass für kritische Einzelfragen Lösungen gefunden werden können.

Mit freundlichen Grüßen

Raimund Röseler

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