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Erscheinung:23.05.2014 | Thema Zulassung Merkblatt der BaFin und der Deutschen Bundesbank zur Abgrenzung von Finanzkonglomeraten

Abgrenzung von Finanzkonglomeraten

I. Einleitung

Bei den verschiedenen aufsichtlichen Anforderungen an Finanzkonglomerate sind unterschiedliche Abgrenzungen der jeweils zu berücksichtigenden Finanzkonglomeratsunternehmen vorgegeben. Da es in der Vergangenheit immer wieder zu Falschabgrenzungen kam, werden im Folgenden zunächst die zu einem möglichen Finanzkonglomerat gehörenden Unternehmen (II.1.) und die bei der Identifikation eines Finanzkonglomerats von der Aufsicht betrachteten Unternehmen (II.2.) voneinander abgegrenzt. Daran anschließend werden die Abgrenzungen für die aufsichtlich relevanten Sachverhalte (III) – Organisationspflichten, konglomeratsinterne Transaktionen, Risikokonzentrationen und Eigenmittelausstattung – dargestellt.

II. Finanzkonglomeratsangehörige Unternehmen und Identifikation eines Finanzkonglomerats

1. Finanzkonglomeratsangehörige Unternehmen

Ein Finanzkonglomerat ist eine Gruppe von Unternehmen (vgl. § 2 Abs. 7 FKAG i.V.m. § 1 Abs. 2 S. 1 FKAG), das die unter 2. genannten Voraussetzungen erfüllt. Die Gruppe besteht aus einem Mutterunternehmen (vgl. § 2 Abs. 4 FKAG), seinen Tochterunternehmen (vgl. § 2 Abs. 5 FKAG) und den Unternehmen, an denen das Mutterunternehmen oder ein Tochterunternehmen eine Beteiligung im Sinne des § 2 Abs. 6 FKAG halten. Danach sind Beteiligungen Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen (vgl. § 271 Abs. 1 Satz 1 HGB), zumindest aber das unmittelbare oder mittelbare Halten von mindestens 20 % der Stimmrechte oder des Kapitals. Insofern sind sämtliche Anteile an anderen Unternehmen, d. h. alle Anteile an Unternehmen, die in der Bilanz als Beteiligung ausgewiesen werden, sind auch als Beteiligungen nach § 2 Abs. 7 Nr. 1 FKAG anzusehen. Weiterhin gehören Unternehmen, die zu einer horizontalen Unternehmensgruppe (vgl. § 2 Abs. 7 Nr. 2 FKAG) zusammengefasst sind, zum Finanzkonglomerat.

Ob ein Unternehmen Teil eines Finanzkonglomerats ist, wird nur durch die dargestellten Bedingungen bestimmt. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob es unbeaufsichtigt oder beaufsichtigt, in- oder ausländisch oder der Finanzbranche (vgl. § 2 Abs. 3 FKAG) zugehörig ist.

2. Identifikation eines Finanzkonglomerats

Ob es sich bei der unter II.1. abgegrenzten Unternehmensgruppe um ein Finanzkonglomerat handelt, wird anhand der in § 1 Abs. 2 FKAG i.V.M. § 6 bis § 10 FKAG genannten Kriterien im Rahmen der Identifikation eines Finanzkonglomerats von der Aufsichtsbehörde überprüft. Hierbei werden zunächst alle Unternehmen, die der Abgrenzung unter II.1. genügen, berücksichtigt. Für die Feststellung, ob eine Gruppe vorwiegend in der Finanzbranche tätig (§ 7 FKAG i.V.m. § 9 FKAG) oder ob die konsolidierte und/oder aggregierte Tätigkeit erheblich (§ 8 FKAG i.V.m. § 9 FKAG) ist, sind Kapitalanlagegesellschaften und Investmentaktiengesellschaften (im Sinne des § 17 bzw. § 1 Abs. 13 des Kapitalanlagebuchs) nicht als der Banken- und Wertpapierdienstleistungsbranche angehörig einzustufen (§ 2 Abs. 3 FKAG). Weiterhin kann die Aufsichtsbehörde Unternehmen, bei der Überprüfung, ob eine Gruppe vorwiegend in der Finanzbranche tätig oder ob die konsolidierte und/oder aggregierte Tätigkeit erheblich ist, unberücksichtigt lassen (vgl. § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 FKAG) wenn sie eine der folgenden Bedingungen erfüllen:

  1. das Unternehmen befindet sich in einem Drittstaat, in dem Hindernisse für die Übermittlung der für die Berechnung notwendigen Informationen bestehen,
  2. die Einbeziehung des Unternehmens ist für die Ziele der zusätzlichen Aufsicht auf Finanzkonglomeratsebene von untergeordneter Bedeutung oder
  3. die Einbeziehung des Unternehmens wäre im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung ungeeignet oder irreführend.

Erfüllen mehrere konglomeratsangehörige Unternehmen für sich genommen die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FKAG, sind diese zu berücksichtigen, wenn sie insgesamt im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Ein konglomeratsangehöriges Unternehmen wird hingegen berücksichtigt, wenn das Unternehmen von einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums in einen Drittstaat umgezogen ist und dieser Umzug nachweislich erfolgt ist, um sich der Beaufsichtigung zu entziehen (§ 9 Abs. 1 S. 3 FKAG).

III. Aufsichtlich relevante Sachverhalte

1. Organisationspflichten, Risikokonzentrationen und konglomeratsinterne Transaktionen von Finanzkonglomeraten

a) Organisationspflichten

Für die Organisationspflichten nach § 25 FKAG ist die Abgrenzung unter II.1. maßgeblich, d. h. es sind alle finanzkonglomeratsangehörigen Unternehmen zu erfassen. Bei der Beurteilung der Anforderungen wird jedoch berücksichtigt, inwieweit Eingriffe in die Geschäftsorganisation gesellschaftsrechtlich möglich sind.


b) Risikokonzentrationen (§ 2 Abs. 16 FKAG)

Für die Meldung der Risikokonzentrationen nach § 23 Abs. 1 und 3 FKAG i.V.m. § 33 FKAG ist die Abgrenzung unter II.1. maßgeblich, d. h. es sind alle finanzkonglomeratsangehörigen Unternehmen zu erfassen. Bei der Beurteilung der eingehenden Meldung wird berücksichtigt, inwieweit Auskunfts- und Informationsrechte gesellschaftsrechtlich möglich sind.

c) Konglomeratsinterne Transaktionen (§ 2 Abs. 15 FKAG)

Für die Meldung der konglomeratsinternen Transaktionen nach § 23 Abs. 2 und 3 FKAG i.V.m. § 33 FKAG ist die Abgrenzung unter II.1. maßgeblich. Allerdings wird der Kreis noch erweitert um natürliche oder juristische Personen, die mit den Unternehmen der Gruppe (vgl. § 2 Abs. 15 FKAG) eine enge Verbindung haben. Eine enge Verbindung i.S.d. § 2 Abs. 8 FKAG ist:

  1. ein Kontrollverhältnis oder eine Situation, in der zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen durch ein Kontrollverhältnis dauerhaft mit derselben Person verbunden sind, oder
  2. eine Verbindung eines oder mehrerer Unternehmen oder einer oder mehrerer natürlicher Personen durch das unmittelbare oder mittelbare Halten durch ein oder mehrere Tochterunternehmen oder Treuhänder von mindestens 20 Prozent der Stimmrechte oder des Kapitals.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass es sich bei einem der Transaktionspartner um ein beaufsichtigtes Finanzkonglomeratsunternehmen, d. h. Einlagenkreditinstitut, Erst- und Rückversicherungsunternehmen (mit Ausnahme der Sterbekassen), Versicherungszweckgesellschaften, Wertpapierhandelsunternehmen, oder Verwaltungsgesellschaft (vgl. § 2 Abs. 1 FKAG), handeln muss.

Bei der Beurteilung der eingehenden Meldung wird berücksichtigt, inwieweit Auskunfts- und Informationsrechte gesellschaftsrechtlich möglich sind.

2. Eigenmittelausstattung von Finanzkonglomeraten

Bei der Berechnung der Finanzkonglomerate-Solvabilität sind nach § 18 Abs. 1 FKAG das übergeordnete Finanzkonglomeratsunternehmen (vgl. § 12 FKAG mit Sitz im Inland und die ihm nachgeordneten Finanzkonglomeratsunternehmen einzubeziehen. Dabei ist es möglich, dass ein Unternehmen, das Anteile am übergeordneten Unternehmen des Finanzkonglomerates hält, bei der Ermittlung der Finanzkonglomerate-Solvabilität als nachgeordnetes Unternehmen berücksichtigt wird. Nachgeordnete Finanzkonglomeratsunternehmen sind in § 18 Abs. 1 S. 1 FKAG definiert.

Auf Antrag des übergeordneten Finanzkonglomeratsunternehmens oder von Amts wegen kann ein übergeordnetes Unternehmen eines Finanzkonglomerats hinsichtlich einzelner nachgeordneter Finanzkonglomeratsunternehmen in Bezug auf die Verpflichtungen zur Einbeziehung bei der Ermittlung der Finanzkonglomerate-Solvabilität widerruflich freigestellt werden (vgl. § 19 FKAG). Dies ist möglich, wenn

  1. sich das Unternehmen in einem Drittstaat befindet, in dem der Übermittlung der notwendigen Informationen Hindernisse entgegenstehen,
  2. das Unternehmen im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Aufsicht auf Konglomeratsebene von untergeordneter Bedeutung ist,
  3. die Einbeziehung des Unternehmens im Hinblick auf die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung ungeeignet oder irreführend wäre.

Erfüllen mehrere nachgeordnete Unternehmen für sich genommen die Voraussetzungen nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 FKAG, sind aber in ihrer Gesamtheit nicht von untergeordneter Bedeutung für die Ziele der zusätzlichen Beaufsichtigung, scheidet eine Freistellung aus.

Können die zur Berechnung der Eigenmittelausstattung erforderlichen Angaben für einzelne nachgeordnete Finanzkonglomeratsunternehmen nicht beschafft werden, sind die auf diese Unternehmen entfallenden Buchwerte von den Eigenmitteln abzuziehen (vgl. § 18 Abs. 4 S.3 FKAG).

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