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Erscheinung:15.12.2016 | Thema Zulassung Merkblatt zur Zulassung von Versicherungs-Aktiengesellschaften zum Betrieb der Schaden- und Unfallversicherung

Hinweise für die Zulassung von Versicherungs-Aktiengesellschaften zum Betrieb der Schaden- und Unfallversicherung als Erstversicherungsunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland

I. Gründung nach Aktiengesetz

1. Vorlage der notariellen Niederschrift über die Gründung (§§ 23 ff. AktG)

  • Satzung (§§ 23 - 27 AktG; vgl. auch unten bei II.3.)
  • Erster Aufsichtsrat (§§ 30 Abs. 1 - 3; 31 AktG; vgl. auch unten III.1.a)aa))
  • Erster Abschlussprüfer (§ 30 Abs. 1 AktG)

2. Vorlage des Protokolls über die erste Aufsichtsratssitzung mit Bestellung des Vorstands (§ 30 Abs. 4 AktG; vgl. auch unten III.1.a)aa)

3. Vorlage des Gründungsberichts (§ 32 AktG)

4. Vorlage des Gründungsprüfungsberichts von Vorstand und Aufsichtsrat (§ 33 Abs.1 , § 34 AktG)

5. Ggf. Vorlage des Berichts eines gerichtlich bestellten Gründungsprüfers (§ 33 Abs. 2-5, §§ 34, 35 AktG)

6. Vorlage eines beglaubigten Handelsregisterauszuges

Die Unterlagen sind als Ausfertigung oder in notariell beglaubigter Form der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einzureichen.

II. Geschäftsplan (§ 9 Abs. 1, 2, 3 VAG)

1. Einrichtung des Unternehmens (§ 9 Abs. 1 2. Halbsatz VAG)

Angaben über die Organisationsstruktur des Unternehmens (z.B. in Form eines Organigramms)

2. Gebiet des beabsichtigten Geschäftsbetriebs (§ 9 Abs. 1 2. Halbsatz VAG)

Angaben über den Sitz und die Niederlassungen des Unternehmens sowie Angaben über die Belegenheit der versicherten Risiken (vgl. insofern § 57 Abs. 3 Satz 2 VAG) und damit über das Gebiet des beabsichtigten Geschäftsbetriebs.

Sofern auch beabsichtigt ist, im Ausland belegene Risiken zu versichern, sollte an dieser Stelle bereits erläutert werden, ob und, wenn ja, in welchen Staaten geplant ist, Niederlassungen (zum Begriff der Niederlassung vgl. § 57 Abs. 2 VAG) zu errichten und in welchen Staaten dies nicht vorgesehen ist (zum Begriff des Dienstleistungsverkehrs vgl. § 57 Abs. 3 Satz 1 VAG).

Für den beabsichtigten Geschäftsbetrieb in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (Mitglied- oder Vertragsstaat im Sinne des § 7 Nr. 22 VAG) wird auf die in § 58 VAG (für die Errichtung eines Niederlassung) und die in § 59 VAG (für die Aufnahme des Dienstleistungsverkehrs) genannten Angaben/Unterlagen verwiesen, die bereits im Rahmen des Zulassungsverfahrens übersandt werden sollten. Für den beabsichtigten Geschäftsbetrieb in so genannten Drittstaaten, also solchen, die nicht Mitglied- oder Vertragsstaaten im Sinne des § 7 Nr. 22 VAG sind, sollten ebenfalls bereits im Rahmen des Zulassungsverfahrens die in § 12 Abs. 3 VAG genannten Angaben/Unterlagen eingereicht werden.

3. Satzung (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 VAG)

Genehmigungsantrag für die Satzung, soweit sie sich nicht auf allgemeine Versicherungsbedingungen bezieht (beachten Sie in diesem Zusammenhang insbesondere auch die §§ 15 Abs. 1, 33 Abs. 1 VAG; §§ 23 Abs. 3 - 5, 25 - 27, 95, 108 Abs. 2 und 4, 109 Abs. 3, 110 Abs. 3, 179 Abs. 1 Satz 2 AktG; vgl. hierzu auch GB BAV 1978 S. 26 Abschn. 130, dessen Inhalt mit der Maßgabe der Anwendung des § 188 VAG n.F. (als Entsprechungsnorm zu § 34 VAG a.F.) fortgilt).

Dem Antrag ist das notariell beurkundete Protokoll der Hautversammlung, auf der die zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts erforderlichen Satzungsänderungen beschlossen wurden, als Ausfertigung oder in notariell beglaubigter Form beizufügen

Zur Firma ist eine Unbedenklichkeits-Bescheinigung der IHK und ggf. des Handelsregisterrichters vorzulegen.

Die Erlaubnis gilt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 7 Nr. 22 VAG für das Gebiet aller EU-Mitgliedstaaten bzw. EWR-Vertragsstaaten. Eine Ausdehnung des Geschäftsgebiets auf diese Staaten im Rahmen der Niederlassung- und Dienstleistungsfreiheit ist jedoch nur nach Maßgabe der §§ 57 - 59 VAG zulässig (gesonderte Hinweise auf Wunsch erhältlich).

4. Versicherungssparten (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 VAG)

Angaben darüber, welche Versicherungssparten betrieben und welche Risiken einer Versicherungssparte gedeckt werden sollen (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 1. Halbsatz VAG, auch als Teil des Zwecks des Unternehmens im Sinnes des § 9 Abs. 1 2. Halbsatz VAG; zur Einteilung der Risiken nach Versicherungssparten siehe Anlage 1 zum VAG; zur Einteilung der Risiken nach Versicherungszweigen im Rahmen der Rechnungslegung: s. Anl. 1 Abschnitt C der Verordnung über die Berichterstattung von Versicherungsunternehmen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Versicherungsberichterstattungs-Verordnung – BerVersV) und Prölss, VAG-Kommentar zu § 9 a.F.), unter Mitteilung der Bezeichnung und des Gegenstandes des Versicherungsschutzes (d.h. was soll wogegen versichert werden, z.B. Hausrat gegen Feuer und Elementar). Außerdem ist in diesem Zusammenhang als weiterem Teil der Angabe des Zwecks des Unternehmens im Sinne des § 9 Abs. 1 2. Halbsatz VAG ggf. mitzuteilen, wenn sich der Versicherungsbetrieb auf bestimmte Personenkreise beschränken soll, sofern dies nach dem AGG zulässig ist.

5. Rückversicherung (§ 9 Abs. 2 Nr. 3 VAG)

Vorlage der Grundzüge der Rückversicherung und der Retrozession unter Einbeziehung jeder einzelnen Versicherungsart (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 1. Halbsatz VAG), sowie eines Vertragsspiegels für jeden vorgesehenen Rückversicherungsvertrag.

6. Eigenmittel (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit (i.V.m.) § 9 Abs. 3 VAG)

a) Das zuzulassende Erstversicherungsunternehmen hat bereits bei der Zulassung über anrechnungsfähige Eigenmittel mindestens in Höhe der Solvabilitätskapitalanforderung zu verfügen, die sich aus den gesamten erwarteten Geschäftsumfang ergibt (§ 9 Abs. 3 Nr. 4 VAG). Die Basiseigenmittel gem. § 89 Abs. 3 VAG i.V.m. § 95 VAG müssen wenigstens so bemessen sein, dass anrechnungsfähige Basiseigenmittel in Höhe der absoluten Untergrenze der Mindestkapitalanforderung zur Verfügung stehen (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 VAG).

b) Die Höhe der Mindestkapitalanforderung ergibt sich aus § 122 VAG.

Die absolute Untergrenze der Mindestkapitalanforderung beträgt 2,5 Mio. Euro bzw. 3,7 Mio. Euro, sofern eine der Sparten Nr. 10 bis 15 der Anlage 1 zum VAG betrieben werden soll.

Die geforderte Solvabilitätskapitalanforderung ist anhand der vorzulegenden Schätzungen der Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen für die ersten drei Geschäftsjahre (vgl. unten II.9.) nach den Bestimmungen des VAG (§ 96 ff. VAG) zu berechnen. Der höhere Wert aus Mindestkapitalanforderung und Solvabilitätskapitalanforderung ist für die Ermittlung der Höhe der mindestens vorzuhaltenden anrechnungsfähigen Eigenmittel maßgeblich.
Im Interesse einer soliden anfänglichen Kapitalausstattung des zuzulassenden Versicherungsunternehmens legt die BaFin darauf Wert, dass die Eigenmittel nicht nur die gesetzliche Mindesthöhe erreichen.
Bei beabsichtigter Bestandsübernahme sind die zu übernehmenden Versicherungsbestände in den oben genannten Berechnungen zu berücksichtigen.

c) Zur Deckung der Aufwendungen für den Aufbau der Verwaltung und des Vertreternetzes ist ein Organisationsfonds zu bilden (§ 9 Abs. 2 Nr. 5 VAG, vgl. unten II.7).

d) Die Einzahlung der Mittel, die zur Sicherstellung der Ausstattung des Erstversicherungsunternehmens mit ausreichenden anrechnungsfähigen Eigenmitteln erforderlich sind, und die Einzahlung des Organisationsfonds auf ein Konto der Gesellschaft ist durch die Bestätigung des kontoführenden Instituts nachzuweisen, wonach der eingezahlte Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht (vgl. § 37 Abs.1 S. 2 AktG).

e) Unterliegt das Unternehmen aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer Versicherungsgruppe (§ 245 ff. VAG) oder einem Finanzkonglomerat (gemäß FKAG) der zusätzlichen Beaufsichtigung, so ist die Angemessenheit der Eigenmittelausstattung auch auf Gruppenebene (§ 250 VAG) oder auf Finanzkonglomerateebene (§§ 17, 18 FKAG) nachzuweisen.

7. Organisationsfonds (§ 9 Abs. 2 Nr. 5 1. Halbsatz VAG)

Das Unternehmen hat nachzuweisen, dass die für den Aufbau der Verwaltung und des Vertreternetzes erforderlichen Mittel (Organisationsfonds) zur Verfügung stehen (§ 9 Abs. 2 Nr. 5 1. Halbsatz VAG).

Die Aufwendungen für den Aufbau der Verwaltung und des Vertreternetzes sind zu schätzen. Dabei sind die der Schätzung zugrundeliegende Annahmen darzulegen, wie z.B. die geplante Verwaltungsstruktur, der Vertriebsweg, besondere Gruppen von Versicherungsnehmern, zu übernehmende Bestände und andere wesentliche Merkmale.

Die Angaben in der Schätzung müssen hinsichtlich der einzelnen Aufwendungen dem Umfang und der Höhe nach ausreichend dargestellt und glaubhaft gemacht werden.

Die erforderlichen Aufwendungen umfassen i.d.R. die Aufwendungen für die Zulassung und den Aufbau des Unternehmens (ohne Provisionsaufwendungen und sonstige laufende Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb, da diese in der Schätzung der Gewinn- und Verlustrechnungen für die ersten drei Geschäftsjahre nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 VAG (vgl. unten II.9.) zu erfassen sind).

Zu den Aufwendungen für die Zulassung gehören z.B. Beratungs- und Notargebühren. Eintragungs- und Veröffentlichungskosten sowie damit zusammenhängende Notargebühren gehören dagegen zu den Gründungskosten, für deren Festsetzung § 26 AktG zu beachten ist.

Zu den Aufwendungen für den Aufbau des Unternehmens gehören z.B. Aufwendungen für die Betriebs- und Geschäftsausstattung, Einrichtungsaufwendungen der Organisation für die Erfassung und Bearbeitung der Geschäftsvorfälle bis hin zur Rechnungslegung (hierzu zählen auch Aufwendungen zur Beschaffung der notwendigen Fachliteratur und Gesetzestexte, sowie Beratungskosten), Aufwendungen für das Personal im Innen- und Außendienst (hierzu zählen auch Ausbildungs- bzw. Umschulungskosten vorhandener Arbeitskräfte), sowie Aufwendungen für die Betriebs- und Geschäftsausstattung der (geplanten) Geschäftsstellen.

Die Schätzung der vorgenannten Aufwendungen soll nicht nur die Aufwendungen des Zulassungsjahres, sondern auch solche der Aufbaujahre enthalten, die über die sonstigen laufenden Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb - wie sie in der Schätzung nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 VAG (vgl. unten II.9.) erfasst sind - hinausgehen.

Sofern nicht nachweisbar außergewöhnliche Umstände vorliegen, ist erfahrungsgemäß je nach dem Umfang des vorgesehenen Geschäftsbetriebes von Mindestbeträgen zwischen
500.000 und 1,5 Mio. Euro
auszugehen.

Der Organisationsfonds ist in voller Höhe "unter ausdrücklichem Verzicht auf Tilgung, Gewinnbeteiligung und Verzinsung" zur Verfügung zu stellen. Hierüber muss der BaFin eine Erklärung der Zeichner des Organisationsfonds eingereicht werden. Es ist zweckmäßig, diese Erklärung in die Gründungsurkunde (vgl. oben I.1) aufzunehmen.

Die Einzahlung des Organisationsfonds wird der BaFin ebenso nachgewiesen wie die Einzahlung der zur Erfüllung der Eigenmittelanforderung erforderlichen Mittel (vgl. oben II.6.).

8. Beistandsleistungsversicherung (§ 9 Abs. 2 Nr. 5 2. Halbsatz VAG)

Beistandsleistungsversicherung (Nr. 18 der Anlage 1 zum VAG): Angaben über die Mittel, über die das Unternehmen verfügt, um die zugesagte Beistandsleistung zu erfüllen (§ 9 Abs. 2 Nr. 5 2. Halbsatz VAG). Die Angaben sollen die finanziellen und organisatorischen Ressourcen beinhalten, die dazu dienen, die Beistandsleistungen zu erbringen.

9. Schätzungen für die ersten drei Geschäftsjahre (§ 9 Abs. 3 VAG)

Für die ersten drei Geschäftsjahre sind Schätzungen der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung und hierauf aufbauend Schätzungen der künftigen Solvabilitätskapital- sowie Mindestkapitalanforderung vorzulegen. In den Schätzungen für die Gewinn- und Verlustrechnung müssen die Provisionsaufwendungen und die sonstigen laufenden Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb, die voraussichtlichen Beiträge, die voraussichtlichen Aufwendungen für Versicherungsfälle und die voraussichtliche Liquiditätslage dargestellt sein (§ 9 Abs. 3 VAG). Hierbei sind von den zunächst brutto berechneten Aufwendungen und Erträgen die Anteile der Rückversicherer abzusetzen. Für die Schätzungen der Solvabilitätskapital- und der Mindestkapitalanforderung ist jeweils die Berechnungsmethode anzugeben, aus der sich die Schätzungen ergeben.
Die Schätzungen sollten sinnvollerweise in Form einer (verkürzten) Gewinn- und Verlustrechnung pro Versicherungszweig erfolgen. Die den Schätzungen zugrundeliegenden Annahmen sind darzulegen.
Ergibt sich aus den Schätzungen, dass nicht durch den Organisationsfonds zu deckende Aufwendungen zu Jahresfehlbeträgen führen, so sind dem Unternehmen bereits vor der Zulassung weitere finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, die zumindest ein Abschmelzen der anrechnungsfähigen Eigenmittel unter die (zu schätzende) Solvabilitätskapitalanforderung verhindern.

III. Sonstige Zulassungsvoraussetzungen

Des Weiteren sind einzureichen:

1. Angaben über Art und Umfang der Geschäftsorganisation nach Teil 2, Kapitel 1, Abschnitt 3 des VAG.

Die beinhaltet folgende Aspekte:

a) Personal (§ 9 Abs. 4 Nr. 1 lit. a) VAG)

aa) Vorstand (Geschäftsleiter), andere Personen, die das Unternehmen tatsächlich leiten, Aufsichtsratsmitglieder, Verantwortlicher Aktuar und weitere Personen, die für andere Schlüsselaufgaben verantwortlich sind

Der Vorstand muss aus mindestens zwei Mitgliedern bestehen (§§ 33 Abs. 1, 188 Abs. 1 Satz 1 VAG), die jeweils gemäß den Vorgaben des § 24 Abs. 1 VAG qualifiziert (zuverlässig und fachlich geeignet) sein müssen. Neben dem Vorstand müssen auch andere Personen, die das Unternehmen tatsächlich leiten (siehe hierzu § 24 Abs. 2 Satz 1 VAG), die Mitglieder des Aufsichtsrats, der Verantwortliche Aktuar (in der Unfallversicherung mit Rückgewähr der Prämie; für die Berechnung der Deckungsrückstellung von Renten in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung, der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, der Kraftfahrt-Unfallversicherung sowie der Allgemeinen Unfallversicherung ohne Rückgewähr der Prämie; in der nicht-substitutiven nach Art der Lebensversicherung betriebenen Krankenversicherung) sowie die weiteren Personen, die andere Schlüsselaufgaben wahrnehmen, zuverlässig und fachlich geeignet sein (§ 24 Abs. 1 bzw. § 141 Abs. 1 Satz 2 bis 4 VAG in Verbindung mit § 161 Abs. 1, § 162, § 156 Abs. 1 und § 147 VAG)).

Zu allen genannten Personen müssen gemäß § 9 Abs. 4 Nr. 1 lit. a) VAG die Angaben, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung wesentlich sind, eingereicht werden. Bei den Personen, die andere Schlüsselaufgaben – hierzu gehören die vier gesetzlich vorgeschriebenen Schlüsselfunktionen (die unabhängige Risikocontrollingfunktion gemäß § 26 VAG, die Compliance-Funktion gemäß § 29 VAG, die interne Revision gemäß § 30 VAG und die versicherungsmathematische Funktion gemäß § 31 VAG) – wahrnehmen, gilt dies aber nur hinsichtlich der insofern verantwortlichen Personen. Zudem können die Unternehmen selbst entscheiden, ob es bei ihnen weitere Schlüsselaufgaben gibt. Dies können von den Unternehmen zu identifizierende Bereiche sein, die für den Geschäftsbetrieb des Unternehmens von erheblicher Bedeutung sind. Sofern dies der Fall ist, sind die o.g. Angaben für die jeweils verantwortliche Person einzureichen. Zu den einzelnen in diesem Zusammenhang zu machenden Angaben und vorlagepflichtigen Unterlagen siehe die entsprechenden Merkblätter zur fachlichen Eignung und Zuverlässigkeit der einzelnen genannten Personen auf der BaFin-Website.

Hinsichtlich der Zulässigkeit von so genannten Geschäftsleitermehrfachmandaten siehe § 24 Abs. 3 VAG: Auf Antrag kann die BaFin demnach mehr als zwei Geschäftsleitermandate einer Person bei Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds, Versicherungs-Holdinggesellschaften oder Versicherungs-Zweckgesellschaften zulassen, wenn es sich hierbei um Unternehmen derselben Versicherungs- oder Unternehmensgruppe handelt (zu den Einzelheiten siehe das Merkblatt zur fachlichen Eignung und Zuverlässigkeit von Geschäftsleitern gemäß VAG auf der BaFin-Website).
Hinsichtlich der Zulässigkeit von so genannten Aufsichtsratsmehrfachmandaten und den Mandatsbegrenzungen siehe insbesondere § 24 Abs. 4 VAG und § 100 Abs. 2 AktG (zu den Einzelheiten siehe das Merkblatt zur fachlichen Eignung und Zuverlässigkeit von Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen auf der BaFin-Website).

bb) Sonstiges fachkundiges Personal

Sonstiges fachkundiges Personal (Innen- und Außendienst) muss vorhanden sein. Darüber sind der BaFin Angaben zu machen (Anzahl und Qualifikation). Diese Anforderung ergibt sich letztendlich aus der Pflicht zur Schätzung der für den Aufbau der Verwaltung und des Vertreternetzes erforderlichen Aufwendungen gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 5 1., 2. Halbsatz VAG, wozu auch die Aufwendungen für das Personal im Innen- und Außendienst (inklusive der Ausbildungs- und Umschulungskosten vorhandener Arbeitskräfte) gehören (siehe insofern auch oben unter Punkt II.7).

b) Unternehmensverträge (§ 9 Abs. 4 Nr. 1 lit. b) VAG)

Genehmigungsantrag für die in §§ 291, 292 AktG bezeichneten Unternehmensverträge i.S.d. § 9 Abs. 4 Nr. 1 lit. b) VAG (vgl. hierzu auch § 12 Abs. 1 Satz 1 3. Variante VAG; s.a. VerBAV 2001, 118: gewisser eigener Entscheidungsbereich des Versicherungsunternehmens muss bestehen bleiben).

c) Verträge über die Ausgliederung wichtiger Funktionen oder Tätigkeiten (§ 9 Abs. 4 Nr. 1 lit. c) VAG)

Vorlage von Verträgen über die Ausgliederung wichtiger Funktionen oder Tätigkeiten gemäß § 9 Abs. 4 Nr. 1 lit. c) VAG. Zur Analyse der Frage, wann eine Ausgliederung wichtiger Funktionen oder Tätigkeiten vorliegt, siehe die Auslegungsentscheidung der BaFin zum Outsourcing bei Versicherungsunternehmen vom 21.12.2015.
Hinsichtlich der Grundzüge des Inhalts der Verträge wird auf die Vorschriften des § 32 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 VAG und Art. 274 Ziffer 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission vom 10.10.2014 (DV) verwiesen. Weitere Einzelheiten der inhaltlichen Ausgestaltung der Verträge sollten mit dem zuständigen Aufseher der BaFin abgestimmt werden.

d) Geschäftsorganisation im weiteren Sinne

Angaben zu den allgemeinen Anforderungen an die Geschäftsorganisation (§ 23 VAG), zur Vergütung (§ 25 VAG), zum Risikomanagement (§ 26 VAG), zur unternehmenseigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (§ 27 VAG), zu externen Ratings (§ 28 VAG), zum Internen Kontrollsystem (§ 29 VAG) und zur Internen Revision (§ 30 VAG).

2. Angaben zu bedeutenden Beteiligungen (§ 9 Abs. 4 Nr. 2 VAG)

Sofern am Versicherungsunternehmen bedeutende Beteiligungen (§ 7 Nr. 3 VAG) gehalten werden, sind die Angaben gemäß § 9 Abs. 4 Nr. 2 VAG zu machen. Bei den Angaben und Unterlagen, die für die Beurteilung der in § 9 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) in Verbindung mit § 16 VAG genannten Anforderungen erforderlich sind, ist eine Orientierung an den Vorgaben des § 9 InhKontrollV angezeigt. Auf Verlagen der BaFin sind darüber hinaus die in R 4/98 Abschn. I. Ziff. 2 und 3 (VerBAV 1998, 203 f.) genannten Unterlagen vorzulegen.

3. Enge Verbindung (§ 9 Abs. 4 Nr. 3 VAG)

Eventuell bestehende enge Verbindungen im Sinne des § 7 Nr. 7 VAG mit anderen natürlichen Personen oder Unternehmen sind anzugeben (§ 9 Abs. 4 Nr. 3 VAG).

4. Pflichtversicherungsbedingungen (§ 9 Abs. 4 Nr. 4 VAG)

Vorlage der Pflichtversicherungsbedingungen, insbesondere zur Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Eine Übersicht über bestehende Pflichtversicherungen ist auf der BaFin-website zu finden.

5. Schadenregulierungsbeauftragte (§ 9 Abs. 4 Nr. 6 VAG)

Sofern die Kraftfahrthaftpflichtversicherung (Nr. 10 lit. a) der Anlage 1 zum VAG) betrieben werden soll, sind die Namen und Anschriften der Schadenregulierungsbeauftragten gem. § 163 VAG mitzuteilen (§ 9 Abs. 4 Nr. 6 VAG).

6. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung

Soweit die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung betrieben werden soll, sind neben den Pflichtversicherungsbedingungen auch die Beitrittsanträge zum Deutsches Büro Grüne Karte e.V. und zum Verkehrsopferhilfe e.V. vorzulegen bzw. der Nachweis der jeweiligen (Beitrags-)leistung zu erbringen (vgl. § 8 Abs. 1 PflVG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 5 PflVG).

IV. Besonderheiten bei kleinen Versicherungsunternehmen im Sinne des § 211 VAG

Sofern es sich bei dem neu zuzulassenden Versicherungsunternehmen um ein so genanntes kleines Versicherungsunternehmen im Sinne des § 211 VAG handeln wird, gelten folgende Besonderheiten:

1. Besonderheiten nach § 212 Abs. 3 Nrn. 1 und 3 VAG

a) Bei den einzureichenden Unterlagen zum Geschäftsplan im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 4 VAG sind gemäß § 212 Abs. 3 Nr. 1 VAG Angaben über die Eigenmittelbestandteile gemäß § 214 VAG einzureichen, die die absolute Grenze der Mindestkapitalanforderung darstellen. Solvabilitäts- und Mindestkapitalanforderungen bestimmen sich bei kleinen Versicherungsunternehmen im Sinne des § 211 VAG nach den Regelungen des § 213 VAG und der nach § 217 Abs. 1 Nr. 1 VAG erlassenen Rechtsverordnung.

b) Die Angaben über Art und Umfang der Geschäftsorganisation nach Teil 2 Kapitel 1 Abschnitt 3 des VAG (vgl. oben unter Punkt III.1. a) und d)) sind nur in Bezug auf die Geschäftsleiter, die Mitglieder des Aufsichtsrats und, falls vorhanden, den Verantwortlichen Aktuar zu machen (§ 212 Abs. 3 Nr. 3 VAG).

2. Vorzulegende Unterlagen für die Prüfung des Status eines kleines Versicherungsunternehmens

Um die unter Punkt 1. genannten Erleichterungen in Anspruch nehmen zu können, sind gemäß § 211 Abs. 1 Satz 3 VAG für die aufsichtliche Prüfung, ob es sich bei dem neu zuzulassenden Versicherungsunternehmen um ein kleines Versicherungsunternehmen im Sinne des § 211 VAG handelt, die in der Verlautbarung der BaFin zum „Verfahren zur Feststellung von kleinen Versicherungsunternehmen im Sinne von § 211 VAG in der ab dem 01.01.2016 geltenden Fassung (VAG 2016)“ genannten Erklärungen bzw. Unterlagen mit der Maßgabe einzureichen, dass sich die Angaben der Bruttoprämieneinnahmen und der versicherungstechnischen Bruttorückstellungen jeweils auf die nächsten fünf Jahre beziehen müssen.
Gemäß § 211 Abs. 4 VAG kann jedoch auf Antrag ein Versicherungsunternehmen, das nach den vorbezeichneten Erklärungen und Unterlagen als kleines Versicherungsunternehmen anzusehen wäre, nicht als ein solches behandelt werden.

Weitere technische Hinweise

1. Vor der aktienrechtlichen Gründung empfiehlt sich eine Abstimmung mit der BaFin insbesondere über die Punkte II.3 (Satzung), II.4 (Versicherungssparten), II.6 (Eigenmittel), II.7 (Organisationsfonds), II.9 (Schätzungen für die ersten drei Geschäftsjahre), III.1. a) und d) (Personal und Geschäftsorganisation), III.2. (Inhaber einer bedeutenden Beteiligung) und IV. (Aspekte im Zusammenhang mit dem Status eines kleinen Versicherungsunternehmens).

2. Über die Eintragungsfähigkeit der Satzung, insbesondere des Firmennamens, sollte vorab der zuständige Registerrichter befragt und sein Einverständnis der BaFin mitgeteilt werden.

3. Zu den Punkten III.1. b) (Unternehmensverträge) und III.1. c) (Verträge über die Ausgliederung wichtiger Funktionen oder Tätigkeiten) empfiehlt sich die rechtzeitige Vorlage von Entwürfen zur Prüfung.

4. Zur Beschleunigung des Verfahrens ist es vorteilhaft, wenn alle Unterlagen, die für eine Vorprüfung in Betracht kommen, zweifach vorgelegt werden.
Die Unterlagen können je nach Fertigstellung eingereicht werden.

5. Kosten des Zulassungsverfahrens

Nach der Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAGKostV) erhebt die BaFin gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. dem Gebührenverzeichnis zu § 2 FinDAGKostV eine Gebühr. Deren Höhe ergibt sich aus § 2 Abs. 1 i.V.m. der Ziffer. 6.2 FinDAGKostV und beträgt demnach 10.000,- EUR.

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