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Erscheinung:18.03.2010, Stand:geändert am 04.05.2017 | Thema Erlaubnispflicht Merkblatt Finanzkommissionsgeschäft

Merkblatt - Hinweise zum Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts

(Stand: Mai 2017)

1. Der Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts

§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) definiert das Finanzkommissionsgeschäft als die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung. Der Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts ist demnach erfüllt, wenn:

  • Finanzinstrumente
  • im eigenen Namen
  • für fremde Rechnung
  • angeschafft und/oder veräußert werden.

a) Finanzinstrumente

Der Begriff der Finanzinstrumente umfasst nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 11 KWG Aktien, Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Vermögensanlagengesetzes, Schuldtitel, sonstige Rechte, Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs, Geldmarktinstrumente, Devisen und Rechnungseinheiten[1] sowie Derivate[2].

b) Anschaffung und Veräußerung

Sowohl unter Anschaffung als auch unter Veräußerung ist jedes auf einen abgeleiteten entgeltlichen Erwerb zu Eigentum (bei Rechten: Inhaberschaft) gerichtete Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verstehen. Der Tatbestand erfasst auch Tauschgeschäfte oder den Bezug von Wertpapieren aus Emissionen.

Als Anschaffung von Finanzinstrumenten ist insbesondere deren Kauf (mitsamt Erfüllungsgeschäft) oder der Abschluss kaufähnlicher Verträge anzusehen. Um eine Veräußerung von Finanzinstrumenten handelt es sich, wenn das Eigentum (bei Rechten: Inhaberschaft) an ihnen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden auf einen anderen übertragen wird.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist es nicht erforderlich, dass Finanzinstrumente sowohl angeschafft als auch veräußert werden. Wie die zweifache Verwendung des bestimmten Artikels „die“ zeigt, genügt es, wenn die Finanzinstrumente entweder angeschafft oder veräußert werden.

c) Im eigenen Namen

Die Anschaffung oder Veräußerung muss im eigenen Namen erfolgen. Dies ist nicht der Fall, wenn der Anschaffende oder Veräußernde in offener Stellvertretung für einen anderen, also im fremden Namen, handelt.

d) Für fremde Rechnung

Die Anschaffung oder Veräußerung der Finanzinstrumente erfolgt für fremde Rechnung, wenn die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile aus diesem Geschäft den Auftraggeber treffen.

Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung, die mit dem Wechsel der zuständigen Kammer beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main[3] in 2005 eingeleitet und zuletzt durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27.02.2008, BVerwG 6 C 11.07 [6 C 12.07], BVerwGE 130, S. 262 ff.; Urteil vom 08.07.2009, BVerwG 8 C 4.09[4], ZIP 2009, S. 1899 ff.; vgl. auch, Beschluss vom 18.01.2017, BVerwG 8 B 16.16, juris Rn. 13 ff.) bestätigt wurde, ist der gesetzliche Tatbestand entgegen der früheren Praxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) und der älteren Rechtsprechung der Instanzgerichte grundsätzlich auf die handelsrechtliche Kommission im Sinne der §§ 383 ff. HGB einzuschränken. Dafür müssen allerdings nicht alle Merkmale des Kommissionsgeschäfts nach den §§ 383 ff. HGB gegeben sein. Es ist grundsätzlich ohne Belang, ob die nach dem Gesetz bestehenden Rechte und Pflichten des Kommissionärs und des Kommittenten – soweit sie nicht nach § 402 HGB unabdingbar sind – im Einzelfall abgeändert oder aufgehoben werden. Erforderlich ist insoweit nur, dass das zwischen dem „Finanzkommissionär“ und seinem Kunden abgeschlossene Rechtsgeschäft hinreichende Ähnlichkeit mit dem in den §§ 383 ff. HGB geregelten Typus des Kommissionsgeschäfts aufweise, um noch diesem Typus zugeordnet werden zu können. Soweit das Rechtsgeschäft jedoch überhaupt keine typischen Eigenschaften des Kommissionsgeschäfts nach den §§ 383 ff. HGB mehr aufweise, könne es auch nicht als Finanzkommissionsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG angesehen werden auch wenn nach den vertraglichen Regelungen allein der Kunde wirtschaftlich Risiko und Chance der Geschäfte tragen soll. Als typische Eigenschaften des Kommissionsgeschäfts nach den §§ 383 ff. HGB nennt das Bundesverwaltungsgericht die Weisungsbefugnis des Kommittenten (§ 384 Abs. 1 HGB), die Benachrichtigungs- und Rechenschaftspflicht des Kommissionärs sowie die Pflicht, das Eigentum an den angeschafften Finanzinstrumenten zu übertragen (§ 384 Abs. 2 HGB).

Aus den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts ergeben sich für die Praxis folgende Fallgruppen:

aa) Der Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts ist jedenfalls immer dann erfüllt, wenn jemand einen anderen, dem gegenüber er auch weisungsbefugt ist, damit beauftragt, bestimmte Finanzinstrumente im eigenen Namen anzuschaffen bzw. zu veräußern, wobei die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile dieses Geschäfts den Auftraggeber treffen und der Beauftragte verpflichtet ist, den Auftraggeber über die Ausführung des Geschäfts zu benachrichtigen, ihm über das Geschäft Rechenschaft abzulegen und das Eigentum an den angeschafften Finanzinstrumenten zu übertragen.

bb) Soweit nicht alle der vier genannten Merkmale der handelsrechtlichen Kommission vorliegen, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, ob eine hinreichende Ähnlichkeit mit dem in den §§ 383 ff. HGB geregelten Typus des Kommissionsgeschäfts gegeben ist. Es müssen zumindest Geschäftsbesorgungsverträge mit einzelnen Kunden vorliegen, die den Handel mit Finanzinstrumenten in verdeckter Stellvertretung für Rechnung der Kunden zum Gegenstand haben und die - mindestens auch - kundenindividuelle Elemente aufweisen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.01.2017, BVerwG 8 B 16.16, juris Rn. 24).

Kollektive Anlagemodelle fallen danach grundsätzlich aus dem Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts, auch wenn sie rein schuldrechtlich aufgelegt werden. Derartige Konstruktionen unterfallen heute grundsätzlich dem Anwendungsbereich des Kapitalanlagengesetzbuches (KAGB) oder subsidiär dazu dem Tatbestand der Anlageverwaltung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 11 KWG).

2. Erlaubnispflicht des Finanzkommissionsgeschäfts

Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt, wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will[5]. Die Erfüllung einer Alternative genügt, um die Erlaubnispflicht des Geschäfts zu begründen. Auf die Rechtsform des Unternehmens (natürliche Person, Personengesellschaft, juristische Person) kommt es dabei nicht an.

Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäfte werden, auch wenn der Umfang dieser Geschäfte objektiv keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, gewerbsmäßig betrieben, wenn der Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Betreiber ihn mit der Absicht der Gewinnerzielung verfolgt.

Alternativ gilt das Kriterium des Erfordernisses eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs. Hierbei ist es unerheblich, ob tatsächlich ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb geführt wird. Maßgebend ist allein, ob für den Betrieb der Geschäfte nach der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung die Einrichtung eines solchen Betriebs objektiv erforderlich ist. Dies ist im Einzelfall zu bestimmen und kann sich beim gleichzeitigen Betreiben mehrerer Bank-/Finanzdienstleistungsgeschäfte auch bei einem vergleichsweise geringen Umfang ergeben.

3. Ausnahmen von der Erlaubnispflicht

Das Betreiben des Finanzkommissionsgeschäfts ist grundsätzlich nicht erlaubnispflichtig in den in § 2 Abs. 1 KWG genannten Fällen.

Insbesondere kommt die Ausnahme des § 2 Abs. 1 Nr. 8 KWG in Betracht. Danach gelten Unternehmen nicht als Kreditinstitut, die das Finanzkommissionsgeschäft ausschließlich an einer Börse, an der ausschließlich Derivate gehandelt werden, für andere Mitglieder dieser Börse betreiben und deren Verbindlichkeiten durch ein System zur Sicherung der Erfüllung der Geschäfte an dieser Börse abgedeckt sind.

Eine weitere Ausnahme besteht nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 KWG für Unternehmen, die das Finanzkommissionsgeschäft nur als Hilfs- und Nebengeschäft betreiben und sich dabei auf Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Emissionsberechtigungen, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Basiswerte im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 4 Nr. 2 und 5 KWG beschränken.

§ 2 Abs. 1 Nr. 10 KWG regelt eine Ausnahme für Unternehmen, die das Finanzkommissionsgeschäft ausschließlich als Dienstleistung für Anbieter oder Emittenten von Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Vermögensanlagengesetzes oder von geschlossenen AIF im Sinne des § 1 Abs. 5 des Kapitalanlagegesetzbuchs[6] betreiben.

4. Hinweise und Anschriften

Dieses Merkblatt enthält eine erste Information zum Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts. Es erhebt keinen Anspruch auf eine erschöpfende Darstellung aller den Tatbestand betreffenden Fragen und ersetzt insbesondere nicht die einzelfallbezogene Erlaubnisanfrage an die Bundesanstalt.

Für eine abschließende Beurteilung möglicher Erlaubnispflichten im Einzelfall wird eine vollständige Dokumentation der vertraglichen Vereinbarungen, die dem Betreiben des Finanzkommissionsgeschäfts zugrunde liegen, benötigt.

Die Bediensteten der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank sind zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 9 KWG).

Ob ein Unternehmen der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG unterliegt, entscheidet in Zweifelsfällen die

Kontakt:Bun­des­an­stalt für Fi­nanz­dienst­leis­tungs­auf­sicht
Ab­tei­lung In­te­gri­tät des Fi­nanz­sys­tems (IF)

Graurheindorfer Straße 108
53117 Bonn
Telefon: +49 (0) 228 / 4108 - 0
Fax: + 49 (0) 228 / 4108 - 1550
E-Mail: poststelle@bafin.de
Homepage: https://www.bafin.de

Falls Sie zu diesem Merkblatt weitere Fragen haben, können Sie vorab auch Kontakt mit der regional zuständigen Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank aufnehmen; diese wird Ihre Fragen mit einer Stellungnahme gegebenenfalls an die Bundesanstalt weiterleiten:

Für Berlin und Brandenburg:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Ber­lin und Bran­den­burg

Leib­niz­str. 10
10625 Ber­lin

Telefon: (030) 34 75 - 0
Fax: (030) 34 75 - 12 90

Für Nordrhein-Westfalen:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Nord­rhein-West­fa­len

Ber­li­ner Al­lee 14
40212 Düs­sel­dorf

Telefon: (0211) 8 74 - 0
Fax: (0211) 8 74 - 36 35

Für Hessen:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Hes­sen

Tau­nus­an­la­ge 5
60047 Frank­furt am Main

Telefon: (069) 23 88 - 0
Fax: (069) 23 88 - 11 11

Für die Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Ham­burg, Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Schles­wig-Hol­stein

Wil­ly-Brandt-Stra­ße 73
20459 Ham­burg

Telefon: (040) 37 07 - 0
Fax: (040) 37 07 - 41 72

Für die Freie Hansestadt Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Bre­men, Nie­der­sach­sen und Sach­sen-An­halt

Ge­orgs­platz 5
30159 Han­no­ver

Telefon: (0511) 30 33 - 0
Fax: (0511) 30 33 - 27 96

Für die Freistaaten Sachsen und Thüringen:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Sach­sen und Thü­rin­gen

Stra­ße des 18. Ok­to­ber 48
04103 Leip­zig

Telefon: (0341) 8 60 - 0
Fax: (0341) 8 60 - 25 99

Für Rheinland-Pfalz und das Saarland:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Rhein­land-Pfalz und dem Saar­land

He­gel­str. 65
55122 Mainz

Telefon: (06131) 3 77 - 0
Fax: (06131) 3 77 - 33 33

Für Baden-Württemberg:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Ba­den-Würt­tem­berg

Mar­stall­str. 3
70173 Stutt­gart

Telefon: (0711) 9 44 - 0
Fax: (0711) 9 44 - 19 21

Für den Freistaat Bayern:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Bay­ern

Lud­wigstr. 13
80539 Mün­chen

Telefon: (089) 28 89 - 5
Fax: (089) 28 89 - 38 54

Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank bietet Ihnen den Vorteil, dass Sie einen Ansprechpartner in Ihrer Region haben.

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