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Erscheinung:28.10.2010, Stand:geändert am 05.09.2014 | Thema Erlaubnispflicht Stand: September 2014

Merkblatt Ausnahme für Angehörige freier Berufe

Merkblatt - Hinweise zur Bereichsausnahme für Angehörige freier Berufe

(Stand: September 2014)

1. Einführung

Nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG) gelten Angehörige freier Berufe, die Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nrn. 1 bis 4 KWG nur gelegentlich im Rahmen eines Mandatsverhältnisses als Freiberufler erbringen und einer Berufskammer in der Form der Körperschaft des öffentlichen Rechts angehören, deren Berufsrecht die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht ausschließt, nicht als Finanzdienstleistungsinstitute.

Die von dem Gesetzgeber festgeschriebene Fiktion beruht auf der Umsetzung des Art. 2 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10.05.1993 über Wertpapierdienstleistungen (Wertpapierdienstleistungsrichtlinie - WDRL) zum 01.01.1998. Sie wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – FRUG[1]) an die Vorgaben in Art. 2 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.04.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (Markets in Financial Instruments Directive - MiFID), die die WDRL abgelöst hatte, angepasst.
Nach dem 7. Erwägungsgrund der MiFID war es „Ziel dieser Richtlinie (…), Wertpapierfirmen zu erfassen, die im Rahmen ihrer üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Wertpapierdienstleistungen erbringen und/oder Anlagetätigkeiten ausüben. Ihr Anwendungsbereich sollte deshalb keine Personen erfassen, die eine andere berufliche Tätigkeit ausüben.“ Nach dem 12. Erwägungsgrund der MiFID sollten „Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Wertpapierdienstleistungen nur gelegentlich erbringen, (…) vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden, sofern diese Tätigkeit geregelt ist und die betreffende Regelung die gelegentliche Erbringung von Wertpapierdienstleistungen nicht ausschließt“.

In dem 12. und dem 30. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.05.2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (Neufassung - MiFID 2) finden sich wortgleiche Formulierungen.

Der Ausnahmetatbestand dient mithin dazu, Personen nach dem KWG erlaubnisfrei zu stellen, die zwar bestimmte Finanzdienstleistungen erlaubnispflichtig erbringen, bei denen diese Tätigkeit jedoch nicht zu den üblichen beruflichen Tätigkeiten gehört.

2. Tatbestand der Ausnahmeregelung

Die bestehende Bereichsausnahme umfasst die folgenden Merkmale:

a) Erbringen von Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nrn. 1 bis 4 KWG

Die Ausnahmeregelung gilt nur für das Erbringen von Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nrn. 1 bis 4 KWG, also das Erbringen der Anlagevermittlung, der Anlageberatung, des Betriebs eines multilateralen Handelssystems, des Platzierungsgeschäfts, der Abschlussvermittlung, der Finanzportfolioverwaltung und des Eigenhandels.

Indes dürfte der Betrieb eines multilateralen Handelssystems angesichts der weiteren Erfordernisse der Ausnahmeregelung – hierzu siehe sogleich unter lit. c – nicht in Betracht kommen.

b) Angehörige freier Berufe, die einer Berufskammer in der Form der Körperschaft des öffentlichen Rechts angehören, deren Berufsrecht die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht ausschließt

Hier kommen insbesondere Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Betracht, da diese Pflichtmitglieder der örtlich für sie zuständigen Rechtsanwalts-, Notar-, Steuerberater- bzw. Wirtschaftsprüferkammern sind und das jeweilige Berufsrecht die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht ausschließt.

c) Erbringen nur gelegentlich im Rahmen eines Mandatsverhältnisses

Im Rahmen eines freiberuflichen Mandatsverhältnisses wird die Finanzdienstleistung erbracht, wenn eine sachliche Verbindung zu der konkreten Berufstätigkeit besteht[2].

Die Finanzdienstleistung wird grundsätzlich – entscheidend ist jeweils eine Einzelfallbeurteilung – gelegentlich erbracht, wenn zwischen dem Erbringen der Finanzdienstleistung und der jeweiligen berufstypischen Tätigkeit ein so enger Zusammenhang besteht, dass die Finanzdienstleistung als Teil davon anzusehen ist. Die Finanzdienstleistungstätigkeit muss zum Kernbereich der berufsständischen Aufgaben gehören, und sie darf im Verhältnis zur sonstigen freiberuflichen Tätigkeit nur einen relativ geringen Umfang einnehmen.

Mithin ist nicht auf zeitliche Kriterien abzustellen. Dies ergibt sich auch aus der Formulierung, nach der lediglich das Erbringen „im Rahmen“ eines Mandatsverhältnisses erlaubnisfrei ist, also zwischen dem Erbringen der Finanzdienstleistung und der beruflichen Tätigkeit ein enger Zusammenhang bestehen muss. Dass die Tätigkeit im freien Beruf nur den äußeren Anlass für das Erbringen der Finanzdienstleistungen gibt, reicht nicht aus. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein aus der freiberuflichen Tätigkeit resultierendes Mandatsverhältnis und das hieraus begründete Vertrauensverhältnis zwischen Freiberufler und Mandanten zu dem Erbringen der Finanzdienstleistungen durch den Angehörigen des freien Berufs führen.

Die vorstehende Auslegung wird auch anhand der englischen Fassung der MiFID 2 deutlich, wo es im 30. Erwägungsgrund heißt: „Persons who provide investment services only on an incidental basis in the course of professional activity should also be excluded from the scope of this Directive, provided that activity is regulated and the relevant rules do not prohibit the provision, on an incidental basis, of investment services.” (Kursivdruck nur hier, incidental: anfallend, beiläufig, folgend, gelegentlich, nebensächlich, zufällig, zugehörig). Der 12. Erwägungsgrund der MiFID war identisch formuliert.

Die genannte Auslegung ergibt sich auch aus den Wertungen des Steuerrechts. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, beispielsweise Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied, auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Bestimmung erfasst namentlich alle Arten verwaltender Tätigkeiten, sofern kein Gewerbebetrieb anzunehmen ist. Diese Tätigkeiten sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wenn sie durch Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater durchgeführt werden, den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzuordnen, soweit sie nur gelegentlich oder in geringfügigem Umfang wahrgenommen werden.

3. Einzelfälle

a) Anlageberatung durch Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte im Rahmen eines Steuerberatungsmandats

Nach § 3 Steuerberatungsgesetz (StBerG) sind namentlich Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte sowie entsprechende Gesellschaften zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.

Der Tatbestand der Anlageberatung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG ist erfüllt, wenn im Rahmen der Hilfeleistung in Steuersachen persönliche Empfehlungen an Mandanten abgegeben werden, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen und die auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Mandanten gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt werden. Der Angehörige freier Berufe kann seinem Mandanten beliebig persönliche Empfehlungen zu bestehenden, aufzulösenden oder einzugehenden Anlagen in Finanzinstrumenten geben, wenn die Beratung zumindest auch den Zweck erfüllt, die steuerliche Aufstellung des Mandanten zu optimieren und so zwar den Tatbestand der Anlageberatung erfüllen. Es liegt aber keine Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG vor, da die Tätigkeit unter die Regelung des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 KWG fällt. Auf die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 15 KWG[3] kommt es dann nicht mehr an.

b) Anlageberatung durch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei wirtschaftsberatender Tätigkeit

Nach § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG ist eine wirtschaftsberatende Tätigkeit mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung - WiPrO) ist der Wirtschaftsprüfer befugt, in wirtschaftlichen Angelegenheiten zu beraten.

Steuerberater und Wirtschaftsprüfer können damit ihre Mandanten bei Unternehmenstransaktionen im Rahmen von sogenannten Mergers & Acquisitions-Geschäften beraten, ohne eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG zu benötigen. Zwar kann dies den Tatbestand der Anlageberatung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG erfüllen, wenn die Unternehmen beispielsweise als Aktiengesellschaften – Aktien sind Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1 KWG – organisiert sind. Jedoch greift insoweit die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 KWG ein. Auf die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 15 KWG kommt es dann auch insoweit nicht mehr an.

c) Insbesondere Vermögensverwaltung bei gesetzlichen Treuhandverhältnissen

Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen, die Angehörige der freien Berufe im Rahmen eines gesetzlichen Treuhandverhältnisses – also nicht auf rechtsgeschäftlicher Grundlage – betreiben bzw. erbringen (z. B. Testamentsvollstreckung, Nachlassverwaltung, Vormundschaft, Pflegschaft, Betreuung, Zwangsverwaltung, Insolvenzverwaltung usw.), fallen nicht in den Anwendungsbereich des KWG. Hier käme ansonsten bei der Verwaltung von in Finanzinstrumenten angelegten Vermögen namentlich das Erbringen der Finanzportfolioverwaltung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG in Betracht. Solange die Dienstleistung jedoch einzig und allein Ausfluss des gesetzlichen Mandats ist, tritt der Bankgeschäfts- bzw. Finanzdienstleistungstatbestand dahinter zurück. Auf § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 KWG kommt es, soweit Finanzdienstleistungen in Rede stehen, nicht mehr an.

d) Vermögensverwaltung auf rechtsgeschäftlicher Grundlage

Angehörige freier Berufe können sich bei dem Erbringen der Finanzportfolioverwaltung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG auf rechtsgeschäftlicher Grundlage regelmäßig nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 KWG berufen.

Wenn auch Wirtschaftsprüfer nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 WiPrO zur treuhänderischen Verwaltung und Steuerberater gemäß § 57 Abs. 3 StBerG zur Wahrnehmung fremder Interessen befugt sind, so ist jedoch bei der Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum im Normalfall keine unabhängige und unparteiliche, sondern eine gewerbliche Tätigkeit gegeben.

e) Tätigkeit als Treuhänder

Wirtschaftsprüfer sind nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 WiPrO zur treuhänderischen Verwaltung befugt, mit dem Beruf des Steuerberaters ist gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG eine treuhänderische Tätigkeit vereinbar, und nach § 43a Abs. 5 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) hat der Rechtsanwalt ihm anvertraute Vermögenswerte mit der erforderlichen Sorgfalt zu behandeln. Bei den mit diesen Tätigkeiten möglicherweise verwirklichten Tatbeständen des Finanzkommissions- und Depotgeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 4 und 5 KWG handelt es sich um Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG, für die die Privilegierung des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 10 KWG nicht gilt.

4. Gerichtsentscheidungen

a) Erbringen der Finanzportfolioverwaltung durch einen Rechtsanwalt

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 28.01.2003, 9 E 4091/02 (V), ausgeführt, dass die von dem Kläger, einem Rechtsanwalt, „wahrgenommene Tätigkeit als Finanzportfolioverwalter (…) nicht im Rahmen seiner anwaltlichen Berufstätigkeit akzessorisch zu einzelnen Mandaten oder Rechtsberatungsaufträgen wahrgenommen (worden sei), sondern (…) sich nach Lage der Dinge als allgemeine Finanzportfolioverwaltung (darstelle), bei der der Finanzportfolioverwalter nur zufällig gleichsam daneben Anwalt (sei), so dass beide Berufe nebeneinander ausgeübt (würden), nicht aber die Finanzportfolioverwaltung der anwaltlichen Tätigkeit (folge) und damit im Verhältnis zu ihr ein akzessorisches Geschäftsfeld“ darstelle.

b) Betreiben des Depotgeschäfts durch einen Rechtsanwalt

Das Verwaltungsgericht Köln hat in dem Beschluss vom 14.11.2002, 14 L 442/02, ausgeführt, dass der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, der für Anleger Aktien treuhänderisch verwahrte und damit das Depotgeschäft betrieben hatte, erlaubnispflichtig nach dem KWG tätig gewesen sei: „Die danach grundsätzlich erforderliche Erlaubnis nach § 32 KWG war für das von dem Antragsteller betriebene Depotgeschäft nicht deshalb entbehrlich, weil dieser zugleich als Rechtsanwalt tätig ist. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass Angehörige freier Berufe im Rahmen ihrer Tätigkeit gelegentlich Aufgaben wahrnehmen, die in § 1 Abs. 1 und Abs. 1a KWG als Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen definiert sind. Er hat hieraus jedoch nicht die Konsequenz gezogen, die Angehörigen freier Berufe generell von den Vorschriften des KWG oder der Erlaubnispflicht nach § 32 KWG freizustellen. Vielmehr enthält § 2 Abs. 6 (Satz 1) Nr. 10 KWG eine eng begrenzte Ausnahme zugunsten der Angehörigen freier Berufe. Nach dieser Vorschrift gelten Angehörige freier Berufe, die Finanzdienstleistungen nur gelegentlich im Rahmen ihrer Berufstätigkeit erbringen und einer Berufskammer in der Form der Körperschaft des öffentlichen Rechts angehören, deren Berufsrecht die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht ausschließt, nicht als Finanzdienstleistungsinstitute. Auf diese Ausnahmevorschrift kann sich der Antragsteller nicht berufen, weil er mit dem Betrieb des Depotgeschäftes keine Finanzdienstleistungen erbringt, sondern das Bankgeschäft betreibt. Hinzu kommt, dass der Antragsteller das Bankgeschäft nicht nur gelegentlich im Rahmen seiner Berufstätigkeit erbringt. Die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes ist durch die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten gekennzeichnet, § 3 Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Die Einschaltung des Antragstellers im Rahmen des Verkaufs bzw. Umtausches der (…)-Aktien erfolgte – soweit bisher erkennbar – nicht im Rahmen seiner Tätigkeit als Rechtsberater oder Vertreter.“

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 14.11.2002 mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2008, 1 E 2245/07 (V), bestätigt.

c) Betreiben des Finanzkommissions- und des Depotgeschäfts durch einen Rechtsanwalt

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat in dem Beschluss vom 22.09.2005, 1 G 2424/05 (3), ausgeführt, dass sich der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, der auf Grund von mit Anlegern abgeschlossenen Treuhandverträgen Aktien gekauft und verwahrt hatte und damit das Finanzkommissionsgeschäfts- und Depotgeschäft betrieben hatte, „nicht auf die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 6 (Satz 1) Nr. 10 KWG berufen (könne), denn hierbei geht es nur um Finanzdienstleistungsinstitute bzw. um Finanzdienstleistungen. Dem Antragsteller wird aber nicht das Betreiben von Finanzdienstleistungen (§ 1 Abs. 1a KWG), sondern von Bankgeschäften (§ 1 Abs. 1 KWG) vorgeworfen. Eine Befreiung von der Erlaubnispflicht kann sich insbesondere auch nicht aus Art. 2 Abs. 2c (WDRL) ergeben. Hierfür käme es im wesentlichen darauf an, dass Wertpapierdienstleistungen im Rahmen einer (…) anderweitigen (…) Berufstätigkeit gelegentlich ausgeübt werden. Dies ist hier nicht der Fall. Die Wertpapiertätigkeiten des Antragstellers stehen ersichtlich nicht im Zusammenhang mit eventuellen rechtsanwaltlichen Tätigkeiten. Soweit der Antragsteller Bankgeschäfte erbringt, leistet er dies nicht im Zusammenhang mit seinen Anwaltstätigkeiten und es dürfte sich auch um einen unterschiedlichen Interessenkreis handeln. Jedenfalls ist das Betreiben von Bankgeschäften weder eine typische Tätigkeit noch eine typisch begleitende Tätigkeit eines Rechtsanwalts. Insofern kann sich der Antragsteller, soweit er Bankgeschäfte ausübt, auch nicht auf anwaltliche Verschwiegenheitspflichten berufen, denn zwischen seinem Aufgabenfeld als Rechtsanwalt und seiner Betätigung im Bereich von Bankgeschäften ist eine strikte Unterscheidung zu treffen.“

d) Auskunfts- und Vorlegungspflicht von Rechtsanwälten

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat bereits in mehreren Entscheidungen darauf erkannt, dass Rechtsanwälte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht grundsätzlich auskunfts- und vorlegungspflichtig sind, wenn der Verdacht besteht, dass sie unerlaubt Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte betreiben oder in das unerlaubte Betreiben von Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäften im Sinne des § 37 Abs. 1 Satz 4 KWG einbezogen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Rechtsprechung mit Urteil vom 13.12.2011, BVerwG 8 C 24.10, bestätigt.

aa) Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat in dem Beschluss vom 04.12.2002 - 9 G 2718/02 (1) - ausgeführt:

„Schließlich ergibt sich auch kein Vollstreckungshindernis aus dem Einwand des Antragstellers, in der zwangsweisen Durchsetzung des Auskunfts- und Vorlegungsersuchens vom 11.01.2000 liege zugleich eine Verletzung seiner anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht. Zwar ist ein Rechtsanwalt zur Verschwiegenheit bzgl. aller Umstände verpflichtet, die ihm in Ausübung seines Berufes bekannt geworden sind (§ 43a Abs. 2 BRAO, § 2 Abs. 1 bis 3 BORA), jedoch besteht aus dem Bescheid vom 11.01.2000 bereits eine bestandskräftige rechtliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung im streitigen Umfang, der der Antragsteller nunmehr zu genügen hat. Ferner bezieht sich die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts ausdrücklich nur auf solche Umstände, die ihm in Ausübung des Rechtsanwaltsberufes bekannt geworden sind, während die hier betroffenen Auskünfte nach Aktenlage lediglich solche Tätigkeiten des Antragstellers betreffen, die nicht zwangsläufig von einem Rechtsanwalt hätten ausgeübt werden müssen, mithin gerade keine spezifisch anwaltlichen Tätigkeiten in der Rechtsberatung oder Vertretung in Rechtsangelegenheiten betreffen. Denn das Auskunftsersuchen betrifft nur Tätigkeiten des Antragstellers im Rahmen der kaufmännischen Abwicklung der geschäftlichen Aktivitäten der X, insbesondere bei der Verwaltung vereinnahmter Geschäftsgelder.

Nicht anderes ergibt sich schließlich aus dem Einwand des Antragstellers, eine Erfüllung des Auskunfts- und Vorlegungsersuchens vom 11.01.2000 berge die Gefahr einer Strafbarkeit nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, da sich hiernach u. a. derjenige strafbar mache, der als Rechtsanwalt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm in dieser Funktion anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist. Denn eine Befugnis zur Offenbarung ist u. a. immer dann gegeben, wenn der sonst Schweigepflichtige zur Offenbarung rechtlich verpflichtet oder berechtigt ist. Der Antragsteller wurde auf der Grundlage von § 44c Abs. 1 KWG durch die bestandskräftige Verfügung vom 11.01.2000 rechtlich zur Auskunft verpflichtet, so dass allein schon deshalb nicht von einer unbefugten Geheimnisoffenbarung ausgegangen werden könnte. Im übrigen lässt – worauf bereits hingewiesen wurde – die Art der von den streitigen Auskunfts- und Vorlegungsersuchen betroffenen Geschäftstätigkeit, die hauptsächlich in der Vereinnahmung und Weiterleitung von Geldern im Zusammenhang mit der Abwicklung des Geschäftsbetriebes der X im Bundesgebiet bestand, bereits keinen eindeutigen inneren Zusammenhang mit der Ausübung des Berufes des Rechtsanwalts erkennen, so dass nach Aktenlage nichts dafür spricht, dass die dem Antragsteller im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die X bekannt gewordenen Umstände ihm gerade im Rahmen seiner geschützten, typischerweise auf Vertrauen angelegten anwaltlichen Sonderbeziehung anvertraut worden bzw. sonst bekannt geworden sind.“

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 04.12.2002 mit Beschluss vom 03.03.2003, 6 TG 32/03, bestätigt:

„Soweit der Antragsteller schließlich die Zwangsvollstreckung mit dem Argument angreift, die Durchsetzung des Auskunfts- und Vorlegungsersuchens widerspräche seiner Funktion als Rechtsanwalt, hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass im vorliegenden Fall nicht die Tätigkeit als Rechtsanwalt, d. h. keine spezifisch anwaltliche Tätigkeit in der Rechtsberatung oder Vertretung in Rechtsangelegenheiten, betroffen sei. Gegenstand des Auskunftsersuchens sei vielmehr die Tätigkeit im Rahmen der kaufmännischen Abwicklung der geschäftlichen Aktivitäten der X, insbesondere bei der Verwaltung vereinnahmter Geschäftsgelder.“

bb) Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat in dem Urteil vom 14.05.2009 - 1 K 3874/08.F - abrufbar unter „http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de“, dargetan:

„Nach § 44c Abs. 1 KWG hat ein Unternehmen, bei dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass es Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen ohne die erforderliche Erlaubnis betreibt, sowie in die Abwicklung der Geschäfte einbezogene oder einbezogen gewesene andere Unternehmen auf Verlangen der Beklagten Auskünfte über die Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift ist jeder Akteur, dem gestützt auf entsprechende Tatsachen eine der in § 44c Abs. 1 KWG genannten Geschäftstätigkeiten zugerechnet werden kann. (…) Unternehmen im Sinne des § 44c Abs. 1 KWG kann deshalb auch ein Rechtsanwalt sein, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er dauerhaft Bankgeschäfte tätigt oder Finanzdienstleistungen erbringt. Er unterliegt in diesem Falle auch dann der Auskunfts- und Vorlagepflicht, wenn sich später herausstellt, dass er entgegen dem auf Tatsachen gründenden Anschein derartige Geschäfte nicht tätigt und somit kein Unternehmen ist. (…)

Der Kläger kann die Auskunft und die Vorlage der Unterlagen nicht unter Hinweis auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verweigern. Zwar ist der Rechtsanwalt nach § 43a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ebenso wie nach § 2 Abs. 2 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) im Hinblick auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufs bekannt geworden ist, zur Verschwiegenheit berechtigt und verpflichtet. Die Verschwiegenheit ist jedoch nicht den Interessen des Rechtsanwalts zu dienen bestimmt, sondern denen des Mandanten. Sie soll nämlich sicherstellen, dass derjenige, der Rechtsberatung für sich in Anspruch nimmt, nicht schlechter gestellt sein soll als derjenige, der selbst über die erforderlichen Rechtskenntnisse verfügt, deshalb keiner Rechtsberatung bedarf und also auch keinen Dritten am Wissen über die seine Rechtsangelegenheiten betreffenden Umstände teilhaben lassen muss. Das Recht des Mandanten, in seien eigenen Angelegenheiten zu schweigen, soll auch nicht dadurch unterlaufen werden können, dass er aus verfahrensrechtlichen Gründen genötigt ist, sich eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu bedienen. Der Rechtsanwalt ist deshalb in dem Maße zur Verschwiegenheit verpflichtet wie auch sein Mandant selbst keine Auskunft geben muss. Umgekehrt folgt daraus, dass ein Rechtsanwalt nicht zur Verschwiegenheit über Angelegenheiten berechtigt ist, in denen der Mandant selbst einer Auskunftspflicht unterliegt. Nach dem Vortrag des Klägers wird dieser für die X Ltd. tätig, die letztlich die Gelder erhalten soll, die als Beiträge der Gesellschafter der Y Portfolio GbR zunächst auf dem Anderkonto des Klägers eingehen. Die X Ltd. ist die bevollmächtigte Verwalterin der GbR. Die Gesellschafter beteiligen sich dort als stille Gesellschafter. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die X Ltd. damit selbst der Auskunfts- und Vorlagepflicht nach § 44c KWG unterliegt. Denn die vom Kläger vorgetragenen Umstände sind Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass die X Ltd. entweder selbst Finanzdienstleistungen erbringt oder jedenfalls in die Finanzdienstleistungen der GbR einbezogen sein könnte. Ist somit die Mandantin des Klägers zur Auskunft verpflichtet, kann nach den vorstehenden Überlegungen nichts anderes auch für den Kläger gelten. Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht dient nämlich weder dem Zweck, den Anwalt selbst vor finanzdienstleistungsrechtlicher Verantwortung zu schützen, noch dazu, den etwaigen Betreibern unerlaubter Bankgeschäfte durch die Einschaltung eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Rechtsanwalts die Möglichkeit zu verschaffen, sich vollständig der aufsichtsrechtlichen Kontrolle zu entziehen, indem sie das Wissen um wesentliche Teile ihres Geschäftsmodells bei dem Anwalt monopolisieren, so dass sie selbst mangels Kenntnis und der Anwalt wegen der Verschwiegenheitspflicht keine Auskunft erteilen können.

Im Übrigen beziehen sich das Recht und die Pflicht zur Verschwiegenheit auf alles, aber auch nur auf das, was dem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufs bekannt geworden ist. Der Beruf des Rechtsanwalt besteht nur in der Beratung und Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO). Zwar zeigen die Regelungen in § 43a Abs. 5 BRAO und § 4 BORA, dass er im Rahmen seiner Berufstätigkeit auch fremde Gelder in Empfang nehmen und verwalten kann. Dabei kann es sich jedoch stets nur um eine der eigentlichen Rechtsberatung oder Rechtsvertretung untergeordnete Nebentätigkeit handeln, die nur im Zusammenhang mit ersterer zulässig ist. Reine Vermögensverwaltung, Anlageberatung oder ähnliche Tätigkeiten fallen nicht unter die anwaltliche Berufsausübung (BGHZ 46, 268; BGH NJW 80, 1855; Gerold/Schmidt/v. Eicken/ Madert/Müller-Rabe: Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 17. Aufl. 2006 § 1 Rn 30). Das schließt zwar nicht aus, dass auch Wirtschaftsmandate Gegenstand anwaltlicher Berufsausübung sein können. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn die anwaltliche Rechtsberatung im Vordergrund steht und es dem Mandanten darauf ankommt, seine wirtschaftlichen Geschäfte, die er in einem Gebiet betreiben will, das einer starken und schwer zu durchschauenden rechtlichen Regulierung unterliegt, rechtlich korrekt durchzuführen (Gerold/Schmidt u.a. a.a.O § 1 Rn 29).

Auch eine treuhänderische Tätigkeit als solche ist keine anwaltliche Berufstätigkeit. Die Treuhand besteht darin, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensgegenstände überträgt und ihn dazu ermächtigt, über diese Vermögensgegenstände in bestimmter mehr oder weniger weit oder eng beschriebener Weise zu verfügen. Genuin ist damit keine Rechtsberatung oder Rechtsvertretung verbunden. Allerdings kann die Tätigkeit eines Treuhänders auch im Zusammenhang mit der spezifisch anwaltlichen Funktion des Rechtsbeistands stehen. In diesem Fall fällt das Treuhandverhältnis auch unter die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Rechtsberatung im Verhältnis zu Wahrung rein wirtschaftlicher Interessen nicht völlig in den Hintergrund tritt (so auch HessVGH, B. v. 14.08.2008 - 6 B 815/08 - unter Berufung auf Feuerich/Weyland, Bundesrechtsanwaltsordnung, 7. Aufl., 2008, § 3 BRAO 1 Rdnr. 4). Die Kammer hält insofern an ihrer im vorausgegangenen Eilverfahren vertretenen Auffassung nicht mehr fest, wonach man aus dem Umstand, dass nach § 1 Abs. 2 RVG die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Treuhänder vom Geltungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ausgenommen ist, schließen könne, dass die Tätigkeit des Treuhänders nicht zu den möglichen anwaltlichen Tätigkeiten gehört. Festzuhalten bleibt jedoch, dass von einer von der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht umfassten Tätigkeit nur die Rede sein kann, wenn der Gegenstand der treuhänderischen Beauftragung eine Rechtsberatung ist. Es darf sich deshalb nicht um eine Treuhandtätigkeit handeln, die ausschließlich wirtschaftlich geprägt ist oder bei der die Rechtsberatung weitgehend hinter die wirtschaftliche Geschäftsabwicklung zurücktritt (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1992 - II ZR 141/91 -, BGHZ 120, 157 [159, 160]; Feuerich/Weyland, a.a.O., Einl. BRAO 1 Rdnr. 18).

Der Kläger hat im Beschwerdeverfahren vor dem HessVGH (…) dargelegt, dass zwischen ihm und den Auftraggebern ein Wirtschaftsmandat bestanden habe, das ausschließlich auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt bezogene Tätigkeiten zum Inhalt gehabt habe, nicht aber eine Anlageberatung oder eine Vermögensverwaltung. Die Auftraggeber hätten ihm - dem Kläger - die Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz übertragen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass er einer eigenen gesetzlichen Meldepflicht unterlegen habe. Er sei in diesem Rahmen bevollmächtigt worden, die Gesellschafterbeiträge über ein von ihm eingerichtetes Rechtsanwaltsanderkonto zu überprüfen und Verdachtsfälle zu melden. Eine solche Überprüfung sei ihm über seine Rechtsanwaltssoftware möglich, über die er sofortigen Zugriff auf die Daten von Einwohnermeldeämtern in ganz Deutschland habe. Dieser direkte Zugriff auf die elektronischen Auskunftsdateien ermögliche es ihm, die Person des Überweisenden zu identifizierten und die Adresse der betreffenden Person zu ermitteln, wobei über die angewendete Software überprüft werden könne, ob eine angegebene Adresse postalisch korrekt sei. Um eine Überprüfung auf Verdachtsfälle vorzunehmen, habe er von der Gesellschaft die Anschrift, das Geburtsdatum, die Höhe der Beteiligungen und die Bankverbindung des betreffenden Gesellschafters erhalten und auf der Grundlage dieser Daten mit der Anwaltssoftware die Identifizierung des Gesellschafters vorgenommen. Er sei jeweils ausdrücklich ermächtigt und beauftragt worden, Verdachtsfälle bei zweifelhafter Identifizierung zu melden und entsprechende Zahlungseingänge, die dem Gesellschafter wirtschaftlich nicht hätten zugeordnet werden können, zu melden.

Im Unterschied zum HessVGH (a.a.O.) kann die Kammer aus dieser Tätigkeitsbeschreibung nicht erkennen, dass es sich dabei um eine spezifisch anwaltliche Tätigkeit handelt, die dem Verschwiegenheitsgebot des § 43a Abs. 2 BRAO unterliegt. Sie hält vielmehr an ihrer im Eilbeschluss vom 07.03.2008 (1 L 198/08.F) dargelegten Auffassung fest, dass diese Tätigkeit nicht über die eines Geldwäschebeauftragten im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 1 (Geldwäschegesetz - GwG) v. 25.10.1993 (BGBl 1993 I 1770) hinausgeht. Die Tätigkeit eines Geldwäschebeauftragten unterliegt jedoch nicht der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht.

Mit dem neuen Geldwäschegesetz vom 13.08.2008 (BGBl 2008 I 1690) ist die erforderliche Bestellung eines der Geschäftsleitung nachgeordneten Geldwäschebeauftragten zwar entfallen. Es bleibt der internen Organisationsstruktur der Verpflichteten überlassen, wie sie den ihnen auferlegten Sorgfaltspflichten bei der Entgegennahme von Geld entsprechen. Sie können diese Aufgabe aber nach wie vor auf einen „Dritten“ übertragen, wenn dieser bestimmte Qualifikationen erfüllt (§ 7 Abs. 1 GwG 2008). Dritter in diesem Sinne kann insbesondere auch ein Rechtsanwalt sein (§ 7 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 7 GwG 2008). Als solcher unterliegt der Rechtsanwalt - und das ist im vorliegenden Zusammenhang bemerkenswert - auch der behördlichen Aufsicht nach § 16 GwG. Die Aufsichtsbehörden sind ermächtigt, alle geeigneten und erforderlichen Maßnahmen und Anordnungen zu treffen, um die Einhaltung der im Geldwäschegesetz festgelegten Anforderungen sicherzustellen. Sie können hierzu auch die ihnen für sonstige Aufsichtsaufgaben eingeräumten Befugnisse ausüben. Der Aufsicht unterliegt insbesondere auch die Frage, ob der Verpflichtete, wenn er Tatsachen festgestellt hat, die den Verdacht einer Straftat nach § 261 StGB oder einer Terrorismusfinanzierung (§ 129a StGB) nahelegen, der Anzeigepflicht nach § 11 GwG nachgekommen ist. Obwohl von dem Verpflichteten oder dem von ihm beauftragten Dritten dabei gewisse rechtliche Subsumtionen erwartet werden, die ein Rechtsanwalt mit größerer Treffsicherheit vornehmen mag als ein juristischer Laie, unterliegen auch Rechtsanwälte als originär Verpflichtete oder in der Funktion eines Geldwäschebeauftragten bzw. „Dritten“ (§ 7 Abs. 1 GwG) der Aufsicht und können sich nicht auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht berufen.

Dass damit keine spezielle Rückausnahme von der generellen Verschwiegenheitspflicht nach § 43a Abs. 2 BRAO geschaffen worden ist, die man nicht auf das Aufsichtsregime nach dem KWG übertragen könnte, sondern vielmehr nur ein Beispiel dafür, dass die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht sich nicht auf Sachverhalte bezieht, über die der Mandant selbst auskunftspflichtig ist, zeigt sich insbesondere daran, dass auch das GwG die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht respektiert. So unterliegt der Anwalt nicht der Aufsicht nach § 16 GwG, muss also keine Auskunft geben, wenn sein eigener Mandant im Verdacht steht, Geldwäsche begangen zu haben (§ 11 Abs. 3 GwG). Die Verschwiegenheitspflicht erfasst also auch hier genau den Fall, dass der Mandant selbst das Recht hat zu schweigen und sich nicht einer Straftat zu bezichtigen, geht aber nicht darüber hinaus. Deutlicher als das alte Gesetz lässt das neue GwG damit erkennen, dass die Funktion des Geldwäschebeauftragten - unbeschadet der Tatsache, dass es diesen Begriff im Gesetz nicht mehr gibt - keine anwaltliche Tätigkeit ist, also nicht im Zusammenhang mit der anwaltlichen Funktion der Rechtsberatung und der Rechtsvertretung steht.

Selbst wenn man aber annehmen wollte, dass die Tätigkeit des Geldwäschebeauftragten, wenn sie von einem Rechtsanwalt ausgeübt wird, der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt, vermag die Kammer im Unterschied zum HessVGH (vgl. B v. 14.08.2008 6 B 815/08) nicht zu erkennen, dass die Vereinnahmung von Geldern auf einem anwaltlichen Anderkonto in irgendeinem funktionalen Zusammenhang zur Tätigkeit als Geldwäschebeauftragter steht. Der Kläger hat vor dem HessVGH selbst vorgetragen, dass er die im Rahmen des GwG zu überprüfenden Daten von der Mandantin selbst erhalten hat. Da nur solche personenbezogenen Daten Dritter überprüft werden müssen, die mit Geldflüssen in Zusammenhang stehen, wäre es noch erforderlich gewesen, dass die Mandantin dem Kläger die Kontoauszüge überlässt, aus denen sich die Einzahlungen auf eines ihrer Konten ergeben. Demgegenüber bringen die Einzahlung auf einem Anwaltsanderkonto und die Weiterleitung der Beträge nach abgeschlossener Prüfung keinen funktionalen Vorteil. Ein Zusammenhang der Entgegennahme von Geldern der Gesellschafter mit der Überprüfung der Einzahler nach dem GwG ist deshalb nicht nachvollziehbar.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung denn auch selbst erklärt, dass die Mandantin die Einzahlung der verschiedenen Gesellschafterbeiträge auf einem anwaltlichen Anderkonto deshalb gewünscht habe, weil sie ein Interesse daran gehabt habe, nicht mit den einzelnen Einzahlungen befasst zu werden. Ihr lag daran, nur den Gesamtbetrag der Einzahlungen zu erhalten. Dieses Interesse hat augenscheinlich mit den Verpflichtungen aus dem Geldwäschegesetz nichts zu tun.“

Nachdem der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 10.11.2010 - 6 A 1896/09 - abrufbar unter „http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de“, der Berufung des Klägers stattgegeben hatte, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 13.12.2011 - BVerwG 8 C 24.10 - abrufbar unter „http://www.bundesverwaltungsgericht.de“, das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10.11.2010 geändert und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 14.05.2009 zurückgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt:

„2. Mit den Vorinstanzen ist davon auszugehen, dass Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Bescheids § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG (in der Fassung von Art. 3 des Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung - Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz - GwBekErgG - vom 13. August 2008 - BGBl I S. 1690, 1700) ist. Danach haben ein Unternehmen, bei dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen oder feststeht, dass es Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Erlaubnis oder nach § 3 verbotene Geschäfte betreibt, sowie in die Abwicklung der Geschäfte einbezogene oder einbezogen gewesene andere Unternehmen der beklagten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Das Vorgehen der Bundesanstalt setzt den Verdacht voraus, dass unerlaubt Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht oder verbotene Geschäfte nach § 3 KWG betrieben werden (vgl. Lindemann, in: Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl. 2008, § 44c Rn. 13 f.; Samm, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, Stand: August 2011, § 44c Rn. 80; Schmitz, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, 2009, § 44c Rn. 6). Auskunfts- und vorlagepflichtig sind die in die Abwicklung der Geschäfte einbezogenen oder einbezogen gewesene andere Unternehmen; das sind alle, die einen Beitrag zur Durchführung verdächtiger Geschäfte leisten (Lindemann, in: a.a.O., § 44c Rn. 27 f.; Schmitz, in: a.a.O., § 44c Rn. 28). § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf bank-typische Unternehmen. Vielmehr wurde die Auskunfts- und Vorlagepflicht durch Art. 6 des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl I S. 2010, 2058) auf Drittunternehmen erweitert. Dadurch sollte den Aufsichtsbehörden das rechtliche Instrumentarium zur Verfügung gestellt werden, unerlaubte Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen erfolgreich und noch effizienter bekämpfen zu können (BTDrucks 13/7142, S. 93; 14/8017, S. 128, 184). Unternehmen im Sinne des § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG ist daher jeder Akteur, dem eine von § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG erfasste Geschäftstätigkeit zugerechnet werden kann. Das umfasst auch selbstständig tätige Rechtsanwälte (Göpfert, BRAK-Mitteilungen 2009, 252; Schwennicke, in: Schwennicke/Adelt/Anders u.a., KWG, 2009, § 44c Rn. 6).

§ 2 Abs. 6 Nr. 10 KWG zwingt zu keiner anderen Auslegung. Danach gelten als Finanzdienstleistungsinstitute nicht Angehörige Freier Berufe, die Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis 4 (KWG) nur gelegentlich im Rahmen eines Mandatsverhältnisses als Freiberufler erbringen und einer Berufskammer in der Form der Körperschaft des Öffentlichen Rechts angehören, deren Berufsrecht die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht ausschließt. Das lässt keine Rückschlüsse darauf zu, wie der Begriff „Unternehmen“ in § 44c Abs. 1 KWG zu definieren ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass der Kläger als Unternehmen im Sinne des § 44c Abs. 1 KWG in die Abwicklung möglicher Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen der auftraggebenden Gesellschaften einbezogen ist oder war. Er ist damit nach dieser Vorschrift grundsätzlich auskunfts- und vorlagepflichtig.

3. Zu Unrecht meint das angegriffene Urteil, die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gehe der Auskunftspflicht nach § 44c Abs. 1 Satz 1 KWG vor. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die Verschwiegenheitspflicht könne nur aufgrund einer ausdrücklichen Regelung eingeschränkt werden, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

Die Auskunfts- und Vorlagepflicht des § 44c Abs. 1 KWG gilt für die dort umschriebenen Unternehmen ausnahmslos. Dass der Gesetzgeber dabei auch an Rechtsanwälte gedacht hat, zeigt § 2 Abs. 6 Nr. 10 KWG (vgl. Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Auflage, § 2 Rn. 62 ff.; Weber, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/ Weber, KWG, 2009, § 2 Rn. 26); er hat für sie keine Ausnahme zugelassen. Aus der anwaltlichen Pflicht zur Verschwiegenheit ergibt sich nichts anderes.

a) Die Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte ist seit der Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung durch das Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte vom 2. September 1994 (BGBl I S. 2278) in § 43a Abs. 2 BRAO niedergelegt. Sie bezieht sich auf alles, was dem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dabei genügt es nicht, dass der Informationsträger nur als Rechtsanwalt zugelassen ist. Auch ein Rechtsanwalt kann anderen als gerade anwaltlichen Tätigkeiten zu Erwerbszwecken nachgehen. Geschützt sind vielmehr nur diejenigen Tatsachen, die einem Rechtsanwalt gerade in Ausübung seines Berufs als Anwalt bekannt geworden sind. Auch dann gilt die Verschwiegenheitspflicht nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass das ihm von der Firma „S. Ltd.“ erteilte Mandat auf eine Tätigkeit zielte, die zumindest auch anwaltlicher Art war. Allerdings bestehen an den diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs erhebliche Zweifel. Der Verwaltungsgerichtshof geht zwar in rechtlicher Hinsicht im Ansatz zutreffend davon aus, dass eine anwaltliche Tätigkeit nur angenommen werden könne, wenn bei einer vorrangig wirtschaftlichen Tätigkeit die Rechtsberatung oder -verfolgung nicht zurücktritt und unwesentlich ist (vgl. BGH, Urteile vom 22. Dezember 1966 - VII ZR 195/64 - BGHZ 46, 268 <270 f.>, vom 7. April 1980 - III ZR 73/79 - NJW 1980, 1855), und dass jedenfalls die anwaltliche Schweigepflicht voraussetzt, dass das spezifisch anwaltliche Element der Tätigkeit nicht völlig in den Hintergrund tritt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1999 - IX ZR 338/97 - NJW 1999, 3040 <3042>). Er hat jedoch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die den Schluss auf irgendein spezifisch anwaltliches Element der Tätigkeit des Klägers tragen könnten. Die Vollmachtserteilung allein belegt das nicht, auch nicht wenn sie auf einem Formular erfolgt, wie es üblicherweise für die anwaltliche Mandatierung Verwendung findet. Die vom Kläger beschriebene Tätigkeit der Überprüfung der eingegangenen Zahlungen von Kunden seiner Mandantin nach dem Geldwäschegesetz lässt in ihrer konkreten Ausgestaltung kein rechtsberatendes oder rechtsprüfendes Element erkennen.

Sofern der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht sein sollte, zugunsten des Vorliegens einer zumindest auch anwaltlichen Tätigkeit spreche eine Vermutung, welche die Behörde entkräften müsse, könnte ihm nicht gefolgt werden. Die Auskunftspflicht nach § 44c Abs. 1 KWG ist der gesetzliche Regelfall. Wer sich demgegenüber auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft, hat dessen Voraussetzungen darzutun. Das gilt auch für den Rechtsanwalt, der sich auf seine Pflicht zur Verschwiegenheit beruft. Er ist deshalb jedenfalls dafür darlegungspflichtig, dass Informationen in Rede stehen, die ihm in Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit anvertraut oder sonst bekannt geworden sind. Das bedarf hier keiner weiteren Erörterung, insbesondere muss nicht entschieden werden, wie weit diese Darlegungspflicht im Einzelnen reicht.

b) Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Verschwiegenheit gilt freilich nicht ausnahmslos. Gemäß § 59b Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c BRAO wird diese allgemeine Berufspflicht durch die Berufsordnung näher geregelt. Nach § 2 Abs. 3 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) gilt die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht, wenn andere Rechtsvorschriften Ausnahmen zulassen. Damit wurde der Rechtszustand positiviert, der auch vor dem erwähnten Gesetz vom 2. September 1994 bereits galt.

Andere Rechtsvorschriften, die im Sinne von § 2 Abs. 3 BORA Ausnahmen zulassen, sind nicht nur solche, die die Schweigepflicht des Rechtsanwalts ausdrücklich einschränken. Zugelassen sind Ausnahmen vielmehr auch dann, wenn sie ihre Grundlage in einer allgemeinen, nicht berufsspezifischen Regelung finden. Auskunftspflichten, die das Gesetz jedermann oder einer nicht nach dem Beruf abgegrenzten Gruppe auferlegt, treffen grundsätzlich auch Rechtsanwälte (vgl. zur Auskunftspflicht von Abgeordneten, die anwaltlich tätig sind, Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 6 A 1.08 BVerwGE 135, 77 <88 ff.>; allgemein: Kleine-Cosack, RAO, 6. Aufl. 2009, § 43a Rn. 24; Zuck, in: Gaier/ Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2010, § 43a BRAOg/§ 2 BORA Rn. 29). Auch die spezielle Regelung von Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechten (vgl. § 53 Abs. 1 Nr. 3, § 53a StPO; § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO; § 98 VwGO) lässt darauf schließen, dass die Erfüllung allgemeiner gesetzlicher Pflichten nicht schon unter Berufung auf die anwaltliche Verschwiegenheit verweigert werden kann. Die berufsspezifische Beschränkung der Pflicht zur Anzeige schwerer Straftaten (§§ 138, 139 Abs. 3 Satz 2 StGB) lässt ebenfalls erkennen, dass die Anzeigepflicht für jedermann und damit grundsätzlich auch für Rechtsanwälte gilt.

Aus der Freiheit der anwaltlichen Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG folgt ebenfalls nicht, dass die Ausnahmen von der anwaltlichen Verschwiegenheit im Gesetz speziell geregelt sein müssten. Wie noch zu zeigen sein wird, kann dem Grundrecht des Rechtsanwalts aus Art. 12 Abs. 1 GG bei der Anwendung des § 44c KWG im Rahmen des behördlichen Ermessens Rechnung getragen werden. Damit ist dem gebotenen Grundrechtsschutz Genüge getan (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 - 2 BvR 1520, 1521/01 - BVerfGE 110, 226 <248 f., 254 f.>).

4. Dass die Beklagte im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung der Verschwiegenheitspflicht des Klägers keinen Vorrang eingeräumt hat, ist rechtsfehlerfrei. Das Auskunfts- und Vorlageverlangen der Beklagten ist verfassungskonform; insbesondere stellt es keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers dar.

a) Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Verschwiegenheit und dementsprechend sein Recht, dieser Pflicht durch Schweigen nachzukommen, bestehen nicht nur aufgrund des einfachgesetzlichen Berufsrechts, sondern sind zugleich grundrechtlich geschützt. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage der persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Sie zielt auch für den Rechtsanwalt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Tätigkeit ab (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 251 f. m.w.N.). Bestandteil dieses grundrechtlichen Schutzes ist die anwaltliche Verschwiegenheit. Dem Rechtsanwalt als berufenem unabhängigem Berater obliegt es, seinem Mandanten umfassend beizustehen. Voraussetzung für die Erfüllung dieser Aufgabe ist, dass zwischen Anwalt und Mandant ein Vertrauensverhältnis besteht. Integrität, Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit des Anwalts sind die Grundbedingungen dafür, dass dieses Vertrauen entstehen kann. Die Verschwiegenheit rechnet daher von jeher zu den anwaltlichen Grundpflichten (BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 252 m.w.N.).

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt die anwaltliche Verschwiegenheit nicht allein im Interesse des Mandanten. Dass sie gewahrt werden kann, liegt vielmehr auch im eigenen beruflichen Interesse des Rechtsanwalts; denn er würde von Mandanten nicht gleichermaßen konsultiert und informiert, könnten diese auf seine Verschwiegenheit nicht vertrauen. Das Gewicht des Schweigerechts wird dadurch noch verstärkt, dass die Verschwiegenheit des Anwalts wie die ganze anwaltliche Berufsausübung nicht allein im individuellen Interesse des einzelnen Rechtsanwalts oder des einzelnen Rechtsuchenden liegt. Der Rechtsanwalt ist „Organ der Rechtspflege“ (§§ 1 und 3 BRAO); sein berufliches Tätigwerden liegt zugleich im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und rechtsstaatlich geordneten Rechtspflege. Unter der Geltung des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes müssen dem Bürger aus Gründen der Chancen- und Waffengleichheit Rechtskundige zur Seite stehen, denen er vertrauen und von denen er erwarten kann, dass sie seine Interessen unabhängig, frei und uneigennützig wahrnehmen (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 a.a.O. S. 252 m.w.N.).

b) Durch ihr Auskunfts- und Vorlageverlangen hat die Beklagte dieses Grundrecht des Klägers nicht unverhältnismäßig eingeschränkt.

Die Ziele, die das Gesetz mit der Auskunfts- und Vorlagepflicht nach § 44c Abs. 1 KWG verfolgt, sind legitime Gründe des gemeinen Wohls, welche grundsätzlich geeignet sind, das Grundrecht des Rechtsanwalts auf freie Ausübung seines Berufs einzuschränken. Die Vorschriften über die Beaufsichtigung der Finanzdienstleistungsinstitute und der Erlaubnispflicht für Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen sollen die Integrität des Kredit- und Finanzmarktes schützen und damit die Stabilität des Finanzsystems wahren. Daneben bezwecken die Vorschriften den Ein- und Anlegerschutz (Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 8 C 37.09 - GWR 2011, 138 m.w.N.). Dabei dient die Auskunfts- und Vorlagepflicht gemäß § 44c KWG dazu, der Aufsichtsbehörde Erkenntnisquellen zu verschaffen, damit sie gegen Unternehmen einschreiten kann, die unerlaubt Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen; sie dient damit dem Schutz der Allgemeinheit und des einzelnen Anlegers vor unseriösen Angeboten auf dem Finanzmarkt (vgl. Lindemann, a.a.O., § 44c Rn. 1 f.; Samm, a.a.O., § 44c Rn. 1 f., 13).

Dass das Auskunftsverlangen der Beklagten geeignet ist aufzuklären, ob die „S. Ltd.“ oder die „S. GbR“ unerlaubt Finanzdienstleistungen erbringt oder erbracht hat und ob diese Geschäftstätigkeit zu unterbinden ist, liegt auf der Hand. Es war auch erforderlich, die gesetzlichen Ziele zu erreichen. Ein Einschreiten gegen die Auftraggeberin des Klägers ist zwar als milderes und die Verschwiegenheitspflicht des Klägers nicht beeinträchtigendes Mittel theoretisch denkbar gewesen, tatsächlich hat es jedoch keinen Erfolg versprochen. Den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist zu entnehmen, dass die Auftraggeberin des Klägers der Beklagten nicht bekannt war, sodass ein Vorgehen diesem gegenüber schon gar nicht möglich war. Auch im Verwaltungsverfahren hat der Kläger weder verantwortliche Personen noch eine zustellungsfähige Postanschrift genannt. Seine Inanspruchnahme war somit für die Beklagte die einzige Möglichkeit, ihre Aufsichtsbefugnisse effektiv wahrzunehmen. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, schrittweise vorzugehen und ihr Begehren zunächst auf die Benennung von Namen, Anschrift und verantwortliche Personen des Auftraggebers des Klägers zu beschränken. Noch bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung waren die vom Kläger gegebenen Auskünfte über die Vermögens- und Verwaltungsgesellschaft, die offenbar in London ansässig sein soll, und die dahinter stehenden Personen so unvollständig und irreführend, dass ein derart beschränktes Auskunftsverlangen es nicht ermöglicht hätte, die Verantwortlichen zeitnah zur Auskunft und Vorlage von Geschäftsunterlagen zu verpflichten.

Das Auskunfts- und Vorlageersuchen der Beklagten ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die damit verbundene Belastung ist mit Blick auf den mit ihm verfolgten Zweck weder unangemessen noch unzumutbar. Angesichts von Art und Umfang der konkreten Tätigkeit, wie sie der Kläger behauptet, wurde seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht durch die Preisgabe von Kontaktdaten und die Vorlage von Geschäftsunterlagen nur am Rande berührt.“

cc) Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat in dem Urteil vom 14.05.2014 – 7 K 2783/13.F –, abrufbar unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de, ausgeführt, wobei es auch auf das vorhergegangene vorläufigen Rechtsschutzverfahren verweist:

„Darüber hinaus sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 44 c Abs. 1 Satz 1 KWG für den Erlass der unter Nr. 1 getroffenen Verfügungen im Bescheid vom 6. März 2012 erfüllt. Dies ist sowohl im Bescheid selbst wie auch im Widerspruchsbescheid von der Beklagten zutreffend dargelegt worden; darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen hier Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Dies entspricht im Übrigen auch der den Beteiligten bekannten Auffassung des HessVGH im vorausgegangenen Eilverfahren (Beschluss v. 23. August 2012 – 6 B 1374/12 – Umdruck, Seite 6 f., unter 1.). Einen Anlass zu weitergehenden Rechtsausführungen sieht der Einzelrichter auch angesichts des Vorbringens des Klägers in diesem Verfahren im Hinblick darauf insoweit nicht.
Auch soweit sich der Kläger darauf beruft, die anwaltliche Schweigepflicht stehe einer Erfüllung des Vorlegungsersuchens entgegen, kann dies seinem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen. Auch dies hat die Kammer im schon erwähnten Beschluss vom 15. Juni 2012 näher ausgeführt, ebenso der HessVGH im Beschluss vom 23. August 2012. Diese Ausführungen sind den Beteiligten bekannt; der Einzelrichter sieht auch in diesem Verfahren keinen Anlass, insoweit eine andere rechtliche Einschätzung zu vertreten. Insbesondere hat die Beklagte sowohl im Verwaltungsverfahren wie auch im Widerspruchsverfahren geprüft, ob es sachgerecht sein könnte, als milderes Mittel anstelle eines Auskunfts- und Vorlegungsersuchens gegenüber dem Kläger eine direkte Anfrage bei der D- GmbH in Betracht zu ziehen und diese zu fragen, ob sie mit der Herausgabe der Unterlagen und der Erteilung von Auskünften durch den Kläger an die Aufsichtsbehörde einverstanden sei. Zum einen hat der Kläger jedoch insoweit seinen Mitwirkungspflichten im Verfahren nicht hinreichend Genüge getan, da er seine Auftraggeber nicht selbst um eine entsprechende Erklärung gebeten hat (vgl. HessVGH v. 23.08.2012 – a.a.O., Seite 12; diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Einzelrichter an). Zum anderen hat die Beklagte insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Vorgehen gegen die D- GmbH hier bereits deshalb nicht in Betracht habe kommen können, weil der Kläger Auszüge seiner Konten vorlegen sollte, um nachzuweisen, dass er die angenommenen Gelder zurückgezahlt hat (Hervorhebung nur hier). Insofern kam die Beklagte zu der vertretbaren Einschätzung, dass ein Herantreten an die D- GmbH nicht zielführend gewesen wäre, was im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung ausreicht.“

dd) Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 06.11.2008 - 2 Qs 217/08:

Des Weiteren hat das Landgericht Dessau-Roßlau mit dem Beschluss vom 06.11.2008 die Beschwerde eines Rechtsanwaltes gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bitterfeld-Wolfen vom 08.07.2008 - 6 Gs 50/08 - zurückgewiesen. Auf der Grundlage des nach § 44c Abs. 3 und 6 KWG ergangenen Beschlusses hatten Mitarbeiter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht insbesondere das Büro des Rechtsanwalts – nicht alle Räume der Kanzlei – durchsucht, Unterlagen sichergestellt und Schriftstücke kopiert.

5. Hinweise und Anschriften

Dieses Merkblatt enthält grundlegende Informationen zur Bereichsausnahme für Angehörige freier Berufe. Es erhebt keinen Anspruch auf eine erschöpfende Darstellung aller den Tatbestand betreffenden Fragen und ersetzt insbesondere nicht die einzelfallbezogene Erlaubnisanfrage an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder zuständige Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank.

Für eine abschließende Beurteilung möglicher Erlaubnispflichten im Einzelfall wird eine vollständige Dokumentation der vertraglichen Vereinbarungen, die dem möglichen Betreiben von Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäften zugrunde liegen, benötigt.

Hinsichtlich aller Angaben sind die Bediensteten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Deutschen Bundesbank zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 9 KWG).

Ob ein Unternehmen der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG unterliegt, entscheidet in Zweifelsfällen die

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Falls Sie zu diesem Merkblatt weitere Fragen haben, können Sie vorab auch Kontakt mit der regional zuständigen Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank aufnehmen; diese wird Ihre Fragen mit einer Stellungnahme gegebenenfalls an die Bundesanstalt weiterleiten:

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_____________________________________

[1] BGBl. 2007 I S. 1330

[2] vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Duchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz), BT-Drs. 16/4028, S. 57f. zur Parallelnorm des § 2a Abs. 1 Nr. 6 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG)

[3] Danach gelten als Finanzdienstleistungsinstitute nicht Unternehmen, die als Finanzdienstleistung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 ausschließlich die Anlageberatung erbringen, ohne sich die Anlageberatung besonders vergüten zu lassen.

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