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Erscheinung:15.11.2010, Stand:geändert am 25.01.2016 | Thema Erlaubnispflicht Merkblatt Ausnahme für Versicherungsunternehmen

Merkblatt - Hinweise zur Bereichsausnahme für Versicherungsunternehmen

(Stand: November 2010)

1. Einführung

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) gelten private und öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen weder als Kredit- noch als Finanzdienstleistungsinstitute. Da die Versicherungsunternehmen bereits der Aufsicht nach dem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG) unterliegen sind sie von der Aufsicht durch das KWG grundsätzlich freigestellt. Das VAG ist als Bundesrecht auch dann die Grundlage für die Aufsicht, wenn sie nicht durch die Bundesanstalt, sondern durch die Länderaufsichtsbehörden ausgeübt wird.

Nach § 1 Abs. 1 VAG unterliegen der Aufsicht nach diesem Gesetz

  1. Versicherungsunternehmen im Sinne des § 7 Nummer 33 und 34,
  2. Versicherungs-Holdinggesellschaften im Sinne des § 7 Nummer 31 sowie Unternehmen im Sinne des § 293 Abs. 4,
  3. Versicherungs-Zweckgesellschaften im Sinne des § 168,
  4. Sicherungsfonds im Sinne des § 223 und
  5. Pensionsfonds im Sinne des § 236 Abs. 1.

Versicherungsunternehmen sind Erst- und Rückversicherungsunternehmen, die den Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstand haben und nicht Träger der Sozialversicherung sind, wobei der Gegenstand eines Rückversicherungsunternehmens ausschließlich die Rückversicherung ist (§ 7 Nr. 33 VAG).Versicherungsunternehmen eines Drittstaats sind Erst- oder Rückversicherungsunternehmen, die ihren Sitz in einem Drittstaat haben und eine behördliche Zulassung gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG benötigen würden, wenn sie ihren Sitz in einem Staat inner-halb des Europäischen Wirtschaftsraums hätten (§ 7 Nr. 34 VAG). Zu den Versicherungsunternehmen zählen auch Pensionskassen als rechtlich selbständige Lebensversicherungsunternehmen (§ 232 VAG). Pensionsfonds im Sinne des § 236 Abs. 1 VAG (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 VAG) und Versicherungs-Zweckgesellschaften im Sinne des § 168 VAG (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 VAG) sind zwar keine Versicherungsunternehmen, unterliegen aber gleichfalls der Aufsicht nach dem VAG und werden somit auch von der Bereichsausnahme erfasst.

Die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau verwalteten Sicherungsfonds für die Lebensversicherer und für die Krankenversicherer sind nicht rechtsfähige Sondervermögen des Bundes. Ihre Aufgabe besteht im Schutz der Ansprüche der Versicherungsnehmer, der versicherten Personen, der Bezugsberechtigten und der sonstigen aus dem Versicherungs-vertrag begünstigten Personen (§ 223 VAG).

Private Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds dürfen nur in den Rechtsformen der Aktiengesellschaft einschließlich der Europäischen Gesellschaft (SE) und des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit betrieben werden; öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen sind Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 8 Abs. 2 VAG). Versicherungs-Zweckgesellschaften im Sinne des § 168 VAG müssen Kapital- oder Personengesellschaft sein (§ 168 Abs. 1 VAG).

Versorgungswerke unterstehen der Versicherungsaufsicht der Länder. Versorgungswerke sind Einrichtungen, denen die Durchführung des jeweils auf Landesrecht beruhenden öffentlich-rechtlichen Pflicht-Alterssicherungssystems für die Angehörigen der kammerfähigen Freien Berufe (Ärzte, Apotheker, Architekten, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Ingenieure usw.) obliegt. Einige dieser Versorgungswerke sind als selbständige rechtsfähige Anstalten bzw. Körperschaften des öffentlichen Rechts gegründet, andere wiederum sind von den jeweiligen Berufskammern als ein rechtlich unselbständiges oder teilrechtsfähiges Sondervermögen der jeweiligen berufsständischen Kammer errichtet worden. Letztere sind wiederum Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Die Versicherungsunternehmen übernehmen mit dem Versicherungsgeschäft vertraglich Risiken des Versicherungsnehmers. Die Übernahme des Risikos der Erfüllung fremder Verbindlichkeiten ist in der Regel Garantiegeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG. Die Risikoübernahme erfolgt gegen Zahlung einzelner oder fortlaufender Prämien. Soweit diese nicht unmittelbar zur Abwicklung der Versicherungsgeschäfte notwendig sind, legt das Versicherungsunternehmen sie an. Die Kapitalanlage ist Kreditgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG, soweit es sich dabei um eine Darlehensvergabe handelt.

2. Umfang der Bereichsausnahme

Die bestehende Bereichsausnahme nimmt die Tätigkeit privater und öffentlich-rechtlicher Versicherungsunternehmen[1] grundsätzlich von der Anwendung des KWG aus. Allerdings sind dabei einige Einschränkungen zu beachten.

Die Bereichsausnahme gilt nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmung nur für Versicherungsunternehmen, die nach dem VAG zum Geschäftsbetrieb im Inland befugt sind.

a) Teilnahme am Millionenkreditmeldewesen

Versicherungsunternehmen haben nach § 2 Abs. 2 KWG grundsätzlich am Millionenkreditmeldewesen (§ 14 KWG) teilzunehmen.

b) Den Versicherungsunternehmen eigentümliche Geschäfte

§ 2 Abs. 3 KWG und Abs. 6 Satz 2 KWG schränken die Bereichsausnahme insoweit funktionell wieder ein, dass die Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen jeweils zu den Versicherungsunternehmen eigentümlichen Geschäften gehören müssen. Anderenfalls sind nach dem Grundsatz „gleiches Geschäft – gleiche Risiken – gleiche Regeln“ die einschlägigen Aufsichtsbestimmungen des KWG zu beachten.

aa) Materiell als Betreiben des Kreditgeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG, aber den Versicherungsunternehmen eigentümliche Bankgeschäfte sind beispielsweise anzusehen:

  • Vergabe von Darlehen im Rahmen der Anlage des Sicherungsvermögens (§§ 125 Abs. 1 Nr. 1 VAG),
  • Policendarlehen von Lebensversicherungsunternehmen[2],
  • Tilgungsaussetzungsdarlehen[3], die zusammen mit Kapital bildenden Lebensversicherungen angeboten werden,
  • die Anschubfinanzierung des Vertriebs eigener Versicherungen durch Versicherungsvermittler und
  • die Stellung von Darlehen von Schutzbrief-/Assistance-Versicherern und Rechtsschutzversicherern zur Abfederung einer Notlage auf Reisen oder für die Stellung einer Strafkaution.

bb) Materiell als Betreiben des Einlagengeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, aber den Versicherungsunternehmen eigentümliche Bankgeschäfte sind beispielsweise zu erwähnen:

  • Beitragsdepots, d.h. Vorauszahlung von Versicherungsprämien, insbesondere in der Lebensversicherung) und
  • Kapitalisierungsgeschäfte gemäß § 1 Abs. 2 VAG[4]

cc) Materiell als Betreiben des Garantiegeschäfts nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG, aber ein den Versicherungsunternehmen eigentümliches Bankgeschäft stellt beispielsweise die Kautionsversicherung (Nr. 15 der Anlage 1 zum VAG) dar.

dd) Nicht zu den Versicherungsunternehmen eigentümlichen Geschäften gehört z.B. der Betrieb eines Pfandleihgewerbes (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 KWG).

Die Bereichsausnahme für Versicherungsunternehmen ist indessen nicht mit anderen Bereichsausnahmen für Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute kombinierbar. Denn soweit die Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen nicht zu den ihnen eigentümlichen Geschäften gehören, wird das betreffende Versicherungsunternehmen durch seine Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen zum Kreditinstitut bzw. Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des KWG. Zugleich verstößt es auch gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 VAG, der Versicherungsunternehmen solche Nebengeschäfte verbietet, die nicht mit den Versicherungsgeschäften in unmittelbarem Zusammenhang stehen.

c) Nur zugelassene Versicherungsunternehmen

Nach Sinn und Zweck greift die Bereichsausnahme daher auch nur, wenn das Versicherungsunternehmen in Deutschland über eine entsprechende Erlaubnis der BaFin oder der zuständigen Landesbehörde, sowie bei Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen EG/EWR-Staat über eine Erlaubnis der jeweils zuständigen Sitzlandsaufsichtsbehörde verfügt. Die Aufsichtsbehörde kann gegen unerlaubt betriebene Versicherungsgeschäfte einschreiten (§ 308 VAG) und gem. § 37 KWG gegen unerlaubt tätige Versicherungsunternehmen vorgehen, auch wenn diese den Versicherungsunternehmen eigentümliche Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen tätigen bzw. erbringen. Mit Sinn und Zweck der Bereichsausnahme wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Aufsichtsbehörde im Einzelfall nur gegen das Versicherungsgeschäft eines unerlaubt tätigen Versicherungsunternehmens einschreiten dürfte, eventuelle unerlaubte, Versicherungsunternehmen jedoch eigentümliche Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen dagegen bis zur Abwicklung des unerlaubten Versicherungsgeschäfts weiterlaufen lassen müsste.

3. Hinweise und Anschriften

Dieses Merkblatt enthält grundlegende Informationen zur Bereichsausnahme für Versicherungsunternehmen. Es erhebt keinen Anspruch auf eine erschöpfende Darstellung aller den Tatbestand betreffenden Fragen und ersetzt insbesondere nicht die einzelfallbezogene Erlaubnisanfrage an die BaFin oder zuständige Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank.

Für eine abschließende Beurteilung möglicher Erlaubnispflichten im Einzelfall wird eine vollständige Dokumentation der vertraglichen Vereinbarungen benötigt, die dem möglichen Betreiben von Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäften zugrunde liegen.

Hinsichtlich aller Angaben sind die Bediensteten der BaFin und der Deutschen Bundesbank zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 9 KWG).

Ob ein Unternehmen der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG unterliegt, entscheidet in Zweifelsfällen die

Kontakt:Bun­des­an­stalt für Fi­nanz­dienst­leis­tungs­auf­sicht
Ab­tei­lung In­te­gri­tät des Fi­nanz­sys­tems (IF)

Graurheindorfer Straße 108
53117 Bonn
Telefon: +49 (0) 228 / 4108 - 0
Fax: + 49 (0) 228 / 4108 - 1550
E-Mail: poststelle@bafin.de
Homepage: https://www.bafin.de

Falls Sie zu diesem Merkblatt weitere Fragen haben, können Sie vorab auch Kontakt mit der regional zuständigen Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank aufnehmen; diese wird Ihre Fragen mit einer Stellungnahme gegebenenfalls an die Bundesanstalt weiterleiten:

Für Berlin und Brandenburg:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Ber­lin und Bran­den­burg

Leib­niz­str. 10
10625 Ber­lin

Telefon: (030) 34 75 - 0
Fax: (030) 34 75 - 12 90

Für Nordrhein-Westfalen:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Nord­rhein-West­fa­len

Ber­li­ner Al­lee 14
40212 Düs­sel­dorf

Telefon: (0211) 8 74 - 0
Fax: (0211) 8 74 - 36 35

Für Hessen:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Hes­sen

Tau­nus­an­la­ge 5
60047 Frank­furt am Main

Telefon: (069) 23 88 - 0
Fax: (069) 23 88 - 11 11

Für die Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Ham­burg, Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Schles­wig-Hol­stein

Wil­ly-Brandt-Stra­ße 73
20459 Ham­burg

Telefon: (040) 37 07 - 0
Fax: (040) 37 07 - 41 72

Für die Freie Hansestadt Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Bre­men, Nie­der­sach­sen und Sach­sen-An­halt

Ge­orgs­platz 5
30159 Han­no­ver

Telefon: (0511) 30 33 - 0
Fax: (0511) 30 33 - 27 96

Für die Freistaaten Sachsen und Thüringen:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Sach­sen und Thü­rin­gen

Stra­ße des 18. Ok­to­ber 48
04103 Leip­zig

Telefon: (0341) 8 60 - 0
Fax: (0341) 8 60 - 25 99

Für Rheinland-Pfalz und das Saarland:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Rhein­land-Pfalz und dem Saar­land

He­gel­str. 65
55122 Mainz

Telefon: (06131) 3 77 - 0
Fax: (06131) 3 77 - 33 33

Für Baden-Württemberg:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Ba­den-Würt­tem­berg

Mar­stall­str. 3
70173 Stutt­gart

Telefon: (0711) 9 44 - 0
Fax: (0711) 9 44 - 19 21

Für den Freistaat Bayern:

Kontakt:DEUT­SCHE BUN­DES­BANK
Haupt­ver­wal­tung in Bay­ern

Lud­wigstr. 13
80539 Mün­chen

Telefon: (089) 28 89 - 5
Fax: (089) 28 89 - 38 54

Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank bietet Ihnen den Vorteil, dass Sie einen Ansprechpartner in Ihrer Region haben.

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[1] Der Einfachheit halber wird im Folgenden von einer expliziten Erwähnung der unter eingangs aufgeführten Unternehmen abgesehen.

[2] Darlehen des Versicherungsunternehmens an den Versicherungsnehmer bis zur Höhe des Rückkaufswerts der Versicherung, die zur Sicherheit verpfändet wird.

[3] endfällige Darlehen, die mit der Ablaufleistung der Lebensversicherung getilgt werden (falls die Rechnung am Ende aufgeht)

[4] in der Regel Termineinlagen, aber auch Sichteinlagen

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