Erscheinung:07.05.2025 Pressemitteilung | 07.05.2025
BaFin-Pressekonferenz: Resilienz, Rechtssicherheit und weniger Komplexität eröffnen Chancen für Europa
Inmitten einer Zäsur in der Weltpolitik und Unruhe an den Märkten plädiert BaFin-Präsident Mark Branson für Selbstbewusstsein und Zuversicht in Europa. Branson: „Wir können in Europa punkten, indem wir keine Abstriche an der Resilienz des Finanzsystems machen, Rechtssicherheit bieten und unabhängige Institutionen schätzen und schützen. Gleichzeitig müssen wir gezielt unnötige Komplexität in der Regulierung abbauen.“
Die Unsicherheit in Weltpolitik und Wirtschaft hat die Börsenkurse jüngst Achterbahn fahren lassen. Trotz der Unruhe haben die Märkte bislang jedoch gut funktioniert: Eine Preisfindung war immer möglich, es gab keine Liquiditätsengpässe und kein Finanzinstitut ist in Schwierigkeiten geraten. Die Unternehmen des deutschen Finanzsektors sind grundsätzlich gut aufgestellt. Das ist die Bilanz der ersten Monate des Jahres 2025, die Mark Branson, Präsident der Finanzaufsicht BaFin, heute vor Journalistinnen und Journalisten in Frankfurt am Main zog.
Ob Europa aus der jetzigen Phase der Unsicherheit als Gewinner hervorgehe, dafür sind laut Branson im internationalen Wettbewerb der Finanzmärkte zwei Faktoren entscheidend: Erstens sollten die Widerstandskraft und Verlässlichkeit des Finanzsystems erhalten und unabhängige Institutionen geschätzt und geschützt werden. Und zweitens könne Europa seine Attraktivität als Finanzstandort steigern: Dafür müsse die Europäische Union unnötige Komplexität in der Regulierung abbauen und die Finanzaufsicht insgesamt klarer und schneller arbeiten. Hürden für einen liquiden Finanzbinnenmarkt sollten verringert werden.
Funktionierende Regulierung muss Bestand haben
Regulierung und Aufsicht in Europa sind nach Meinung des BaFin-Präsidenten in den vergangenen Jahren eine Erfolgsgeschichte: „Die Kalibrierung unserer Regulierung ist richtig. Sie hat uns Stabilität in turbulenten Zeiten gewährt“, sagte Branson. Kapital- und Liquiditätsanforderungen wie Basel III und Solvency II hätten Banken, Wertpapierhäuser und Versicherer krisenfest gemacht. Wer hier die Axt anlege, bereite der nächsten Finanzkrise den Weg.
Mehr Effizienz bei gleichbleibendem Sicherheitsniveau
Nach Meinung des BaFin-Präsidenten sollte die Europäische Union jetzt handeln: Regulierung und Aufsicht müssten weiter auf Effizienz getrimmt werden. Die Regulierung sollte gleich streng bleiben und zugleich weniger komplex sein. Branson plädiert dort für vernünftige Prinzipien statt starrer Regeln, wo immer das möglich ist. Das schaffe Bewegungsspielraum für Unternehmen und die Aufsicht.
Ein weiteres Leitmotiv für mehr Effizienz ist es nach Ansicht von Branson, die Regeln und Aufsicht so angemessen und praxisnah auszugestalten, dass sie für Unternehmen jeder Größe gut zu handhaben seien, Stichwort Proportionalität.
Erleichterung für fast 1.000 Banken und Sparkassen
Die BaFin will weiter Gestaltungsmöglichkeiten für ihre eigene Verwaltungspraxis nutzen. In den vergangenen zwölf Monaten hat sie dabei gute Fortschritte erzielt: etwa bei der Anpassung von Stresstests und Berichtswesen sowie durch erweiterte Spielräume im Risikomanagement für kleinere und mittlere Institute – und zwar ohne die Wirksamkeit der Risikosteuerung zu beeinträchtigen. Davon profitieren mittlerweile fast 1.000 Bankinstitute in Deutschland, also drei Viertel aller Banken und Sparkassen. Branson: „Das war ein wichtiger erster Schritt, weitere werden folgen. Wir werden unsere eigenen Regelwerke weiter kritisch ansehen.“
Im laufenden Jahr wird die Finanzaufsicht zudem die MaRisk überprüfen, die Mindestanforderungen an das Risikomanagement. Sie will die Stellen identifizieren, die sich einfacher und für die jeweiligen Institute passender gestalten lassen. Darüber hinaus setzt sie sich auch bei den Regierungen für die Reduktion von Komplexität und mehr Proportionalität ein. „Wir werden dem nationalen und europäischen Gesetzgeber immer wieder Vorschläge machen, an welchen Stellen Regeln angepasst oder zurückgenommen werden könnten“, sagte Branson.
Nur partielle Anwendung einiger europäischer Leitlinien
Bei der Anwendung europäischer Leitlinien für den deutschen Markt wird die BaFin, wenn notwendig Abstriche machen. Sie wird in Erwägung ziehen, Leitlinien nicht vollständig zu übernehmen. Einige der Leitlinien sind aus Sicht der BaFin zu granular. Das trifft etwa auf die neuen ESG-Leitlinien der europäischen Bankenaufsicht EBA zu. Die BaFin wird die Leitlinien für die weniger bedeutenden Institute nicht vollständig anwenden. Für größere Institute seien sie aber durchaus angemessen. Die allgemeinen Anforderungen der EBA habe die BaFin mit ihren MaRisk bereits weitgehend und prinzipienbasiert vorweggenommen. Branson: „Den Kampf gegen den Klimawandel werden wir nicht mit Berichten von Kleinbanken gewinnen.“
Ebenfalls nur teilweise will die Finanzaufsicht die Leitlinien der EBA zu Prozessen und Kontrollen übernehmen, mit denen Finanzsanktionen überwacht werden. Hier gibt es nach Ansicht der BaFin schon das bewährte System aus Außenwirtschaftsrecht und Kontrolle des Zahlungsverkehrs durch die Deutsche Bundesbank. Teile der Regelungen der EBA könnten in Deutschland zu Dopplungen führen.
Anspruch der BaFin bleibt es, in Deutschland eine Vorreiterin beim Abbau unnötiger Bürokratie und einer Verwaltungspraxis mit Augenmaß zu sein. Sie sieht dies als ihre Verpflichtung und Daueraufgabe an.
Hinweis
Zur Jahrespressekonferenz hat die BaFin den Jahresbericht 2024 auf ihrer Website veröffentlicht. Die Rede von BaFin-Präsident Mark Branson finden Sie hier.
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