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Porträtaufnahme von Mark Branson, Präsident der BaFin. © BaFin/Matthias Sandmann

Erscheinung:01.08.2022 BaFin-Chef Branson: Finanzaufsicht ist mutiger geworden

Interview mit Mark Branson, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

DPA: Sie haben kurz nach Ihrem Amtsantritt zehn Mittelfristziele für die Arbeit der BaFin definiert. Was davon haben Sie erreicht und wo gibt es noch Nachbesserungsbedarf?

Mark Branson: Ich habe immer betont, dass weitreichende Änderungen Zeit brauchen. Wir haben unsere Mittelfristziele im November vergangenen Jahres verabschiedet und gesagt, dass wir uns für die folgenden vier Jahre daran orientieren wollen. Also fragen Sie mich im November 2025 noch einmal!
Natürlich gibt es Etappenziele: Wir haben zum Beispiel unsere Geldwäscheprävention gestärkt. Wir haben die Bilanzkontrolle komplett bei der BaFin integriert und effizienter gemacht. Wir haben einen völlig neu organisierten und effektiven Prozess für den Umgang mit Hinweisgebern. Außerdem verändert sich unsere Aufsichtskultur: Wir agieren schneller, vorausschauender, mutiger, vernetzter und transparenter. Also die Richtung stimmt, aber wir haben überall Ambitionen, uns noch weiterzuentwickeln.

Ist die BaFin heute so aufgestellt, dass Sie einen zweiten Fall Wirecard ausschließen können?

Ausschließen ist ein großes Wort. Die Politik hat uns in der Bilanzprüfung gestärkt, und die BaFin hat ihre Lehren aus dem Fall Wirecard gezogen. Wir sind heute rechtlich und organisatorisch viel besser gerüstet und in der Bilanzkontrolle auch gezielter und transparenter geworden. Über die Zeit soll das präventiv wirken und Bilanzbetrüger abschrecken. Aber Bilanzkontrolle ist nicht wie unsere laufende Aufsicht über Finanzunternehmen - wir kommen erst nach der Berichterstattung eines börsennotierten Unternehmens zum Zug. Und kriminelle Energie in Unternehmen werden auch wir, die BaFin, nicht verhindern können.

Die BaFin galt in der Vergangenheit oft als „zahnloser Tiger“. Beißt sie jetzt?

Wenn Sie mich fragen, ob wir schon mutiger geworden sind, lautet meine Antwort: Ja, das sind wir. Wir scheuen uns nicht, frühzeitig einzugreifen, wenn wir Sorgen um die Stabilität oder Integrität von Instituten oder das Finanzsystem als Ganzes haben. Natürlich wirken die meisten präventiven Maßnahmen abseits der Öffentlichkeit. Erfolge der Aufsicht bleiben dabei meist unerkannt. Uns geht es wie den Schiedsrichtern im Fußball. Dass wir handeln, nimmt man oft erst wahr, wenn wir uns verpfiffen haben.

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Risiken für die Finanzbranche und was will die BaFin tun, um diese zu mindern? Was sollten Banken und Versicherer tun, um sich gegen diese Risiken zu wappnen?

Neben den offensichtlichen ökonomischen Risiken aus der Kriegssituation und den Energieversorgungsproblemen, welche auf die Finanzbranche überschwappen könnten, fokussieren wir uns nach wie vor auf das Zinsumfeld. Seit Jahren hatten wir Sorgen wegen der Nebenwirkungen der Negativzinsen; jetzt schauen wir, wo Zinsschocks gefährlich werden könnten. Hier laufen Stresstests.

Obwohl die jüngsten Marktkorrekturen bis jetzt unproblematisch für die Finanzunternehmen waren, kann es in den Kapitalmärkten noch turbulent werden, auch mit Konsequenzen für die Liquidität.

Die Wohn- und Gewerbeimmobilienmärkte haben eine enorme Entwicklung hinter sich. Die entsprechenden Kreditportfolien sind so groß, dass wir wachsam sein müssen. Hier haben wir Systemrisikopuffer aktiviert, um die Widerstandskraft der Bankenbranche zu erhöhen.

Dann gibt es die Dauerbrenner: Cyber- und Geldwäscherisiken, welche schnell existentielle Probleme mit sich bringen können.

Sie fragen, was die Unternehmen tun können. Gegen Finanzrisiken in unsicheren Zeiten helfen am besten gut gefüllte Kapital- und Liquiditätspuffer.

Gegen Compliance- und operationelle Risiken wirkt das kontinuierliche Hinterfragen der eigenen Kontrollsysteme. Selbstgefälligkeit ist definitiv fehl am Platz.

Das Interview mit der DPA wurde schriftlich geführt.

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