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Erscheinung:19.01.2005 | Geschäftszeichen BA 13 - GS 3304 - 2/2004 Groß- und Millionenkreditvorschriften; Grundsatz I gemäß §§ 10, 10a KWG; Bürgschaftserklärungen für Reiseveranstalter gemäß § 651k BGB

Rundschreiben 1/2005 (BA) - Groß- und Millionenkreditvorschriften; Grundsatz I gemäß §§ 10, 10a KWG; Bürgschaftserklärungen für Reiseveranstalter gemäß § 651k BGB

I.
Gemäß § 651k Abs. 1 BGB hat der Reiseveranstalter sicherzustellen, dass dem Reisenden erstattet werden

  1. der gezahlte Reisepreis, soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reisveranstalters ausfallen, und

  2. notwendige Aufwendungen, die dem Reisenden infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters für die Rückreise entstehen.

Diese Verpflichtung kann der Reiseveranstalter gemäß § 651k Abs. 1 Satz 2 BGB nur erfüllen

  1. durch eine Versicherung bei einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen oder
  2. durch ein Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts, die bzw. das, so § 651k Abs. 3 BGB, dem Reisenden einen unmittelbaren Anspruch gegen den Versicherer oder das Kreditinstitut (Kundengeldabsicherer) verschafft; der Anspruch ist durch Übergabe einer von dem Kundengeldabsicherer oder auf dessen Veranlassung ausgestellten Bestätigung (Sicherungsschein) nachzuweisen.

Gemäß § 651k Abs. 2 BGB kann der Kundengeldabsicherer den Erstattungsbetrag auf pro Reiseveranstalter und insgesamt (d. h. für alle Reiseveranstalter, für das er die Versicherung ausgestellt bzw. das Zahlungsversprechen gegeben hat) auf 110 Mio. Euro beschränken.

II.
Ich gebe die folgende Neuregelung bekannt:

  1. Die Haftungserklärung nach § 651k Abs. 2 BGB ist als Kredit im Sinne der §§ 13 bis 14 KWG einzustufen. Es handelt sich i. w. S. um Erfüllungsgarantien und andere Garantien und Gewährleistungen nach § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i. V. m. Satz 1 (Gruppe "andere außerbilanzielle Geschäfte") KWG.

  2. Kreditnehmer/Adresse ist der Reiseveranstalter.

  3. Die Kreditinstitute dürfen die ausgestellten Sicherungsscheine abweichend von der Regelung für andere Haftungserklärungen, insbesondere Garantierahmenverträgen, statt des vertraglich übernommenen Maximaleinstandsrisikos[1] mit dem individuell geschätzten Einstandsrisiko plus einem Sicherheitszuschlag von 100 % anrechnen und der Deutschen Bundesbank anzeigen.


    Für diese Zwecke hat das Institut das Einstandsrisiko zu schätzen. Es hat dabei für den Zeitraum, für den es das Zahlungsversprechen abgibt, den Umsatz des Reiseveranstalters anhand dessen Umsatzentwicklung der Vorjahre und aktueller Zahlen zu prognostizieren und innerhalb dieser Prognosegröße den versicherungsrelevanten Betrag einzugrenzen. Im Sinne einer worst-case-Betrachtung ist der Totalausfall des Reiseveranstalters zu dem für den Garantiegeber voraussichtlich ungünstigsten Zeitpunkt anzusetzen[2].


    Die Einschätzung muss für sachverständige Dritte nachvollziehbar dokumentiert werden.


    Die Anwendung dieser Regelung setzt eine sorgfältige Schätzung des individuellen Einstandsrisikos voraus. Kreditinstitute, die die erforderliche Sorgfalt vermissen lassen, müssen damit rechnen, dass ich ihnen höhere Sicherheitszuschläge bis hin zur Annahme des übernommenen Maximaleinstandsrisikos als Bemessungsgrundlage vorgebe.

  4. Für die Zwecke des Grundsatzes I ist der Kreditbetrag als außerbilanzielles Geschäft im Sinne von § 4 Satz 2 Nr. 2 GS I nach § 8 Nr. 2 b) GS I mit 50 % seiner Bemessungsgrundlage als Risikoaktivum zu berücksichtigen.

  5. Das Kreditinstitut hat sich von dem Reiseveranstalter die wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 18 KWG offen legen zu lassen. Die Organkreditvorschriften sind ggf. anzuwenden. Die Haftungserklärung unterfällt § 21 Abs. 1 Nr. 4 KWG. Der Kreditbetrag entspricht dem vertraglich übernommenen Maximaleinstandsrisiko, wahlweise dem individuell geschätzten Einstandsrisiko plus einem Sicherheitszuschlag von 100 %.

  6. Im Rahmen der Meldungen nach § 14 KWG kommen die Regeln 1. bis 3. auch auf Versicherungsunternehmen entsprechend zur Anwendung.

Neu ist die Regelung zu 3. Seit Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle besteht für den Verordnungsgeber nach § 22 KWG die Möglichkeit, auch bei außerbilanziellen Geschäften die Bemessungsgrundlage zu differenzieren.


[1]

D.h. mit 110 Mio. Euro, sofern das Kreditinstitut oder Versicherungsunternehmen seine Verpflichtung in dem gemäß § 651k Abs. 2 Satz 1 BGB gesetzlich vorgegebenen Mindestrahmen hält.

[2]

Dieser Zeitpunkt kann, muss aber nicht in den erfahrungsgemäß umsatzreichsten Monat des Reiseveranstalters fallen.

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