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Erscheinung:23.03.2006 | Geschäftszeichen Q 24 - O 1416 - 2006/1 | Thema Verbraucherschutz Rundschreiben 1/2006 (VA) - Hinweise zur Bearbeitung von Beschwerden

Rundschreiben 1/2006 (VA) - Hinweise zur Bearbeitung von Beschwerden

I Vorbemerkung

Ich erhalte pro Jahr etwa 20.000 bis 25.000 Beschwerden von Versicherungsnehmern und Geschädigten über Versicherungsunternehmen. Meist handelt es sich um Petitionen (Art. 17 GG), die ich zum Anlass für eine Prüfung nach § 83 Abs. 1 Nr. 1 VAG nehme. Für die Versicherer kann die Bearbeitung dieser Beschwerden

  • Teil des Qualitätsmanagements,
  • Arbeit an dem Unternehmensziel "Kundenzufriedenheit" und
  • Teil der Öffentlichkeitsarbeit

sein.

Die folgenden Hinweise sollen Ihnen die Bearbeitung der Beschwerden erleichtern.

II Das übliche Verfahren

In den meisten Fällen sende ich dem Versicherer eine Kopie der Eingabe mit der Bitte um Stellungnahme. Erscheint mir nach deren Eingang der Sachverhalt genügend geklärt, bilde ich mir auf der Grundlage der Äußerungen beider Seiten eine Meinung und teile diese dem Beschwerdeführer mit. Ein Exemplar der Antwort des Versicherers füge ich bei. Zeigt sich ein Missstand bei dem Versicherer, so wird dieser abgestellt. Ergibt sich ein lediglich als Einzelfall zu beurteilendes Fehlverhalten des Versicherers, so ist das Unternehmen normalerweise von sich aus zur Korrektur bereit.

III Ihr Bericht

  1. Bitte stellen Sie den Sachverhalt so vollständig dar, dass mir die Beurteilung des Wunsches des Beschwerdeführers und des zu Grunde liegenden Problems ohne weitere Nachfragen möglich ist. Bitte äußern Sie sich zu allen Punkten, die der Beschwerdeführer vorbringt.

    1. Prüfen Sie bitte immer von sich aus, ob zu meiner Bearbeitung, zu meinem Verständnis oder zum Verständnis des Beschwerdeführers z. B.

      • die dem Vertrag zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen und ggf. Tarifbestimmungen,
      • eine Kopie des Antrags und des Versicherungsscheins oder
      • die Verbraucherinformationen nach Anlage Teil D zum VAG

      erforderlich sind und fügen Sie diese Unterlagen bei.

    2. Bei Beschwerden im Zusammenhang mit versicherungstechnischen Berechnungen in der Lebensversicherung (einschließlich Pensions- und Sterbekassen) und in der Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr benötige ich - als gesondertes Schreiben, das ich nicht an den Beschwerdeführer weitergebe eine Darstellung dieser Berechnungen in nachprüfbarer Form.

      Sie sollte folgende Punkte umfassen:

      • technische Vertragsdaten,
      • Berechnungsformeln mit Zahlenwerten,
      • jeweilige Überschussdeklaration und Ansammlungszinssätze,
      • ggf. Genehmigungsdaten des entsprechenden Geschäftsplans und
      • Grundsätze für die Berechnung der Prämien und Deckungsrückstellungen, soweit sie mir nicht bereits vorgelegt worden sind (ist letzteres der Fall, dann ist ein Hinweis hilfreich, wann die Vorlage erfolgte).

      Bitte fügen Sie Ihrem Bericht ggf. auch die dem Versicherungsschein beigefügte Garantiewerttabelle bei sowie die letzte Unterrichtung des Versicherungsnehmers über die Höhe des Überschussguthabens.

    3. In der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung benötige ich bei Beschwerden über

      • die Prämienhöhe im Zusammenhang mit § 5 Abs. 3 PflVG oder über
      • die Erhebung bzw. Gewährung von vom allgemeinen Unternehmenstarif abweichenden Zuschlägen bzw. Rabatten

      einen Auszug aus dem Beitragsteil des Tarifs.

    4. Bei der Übermittlung von Informationen über den Gesundheitszustand von Personen ist unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes besondere Zurückhaltung geboten. Bitte übermitteln Sie diese Daten nur, wenn sie zur Bearbeitung der Beschwerde erforderlich sind.
    5. Naturgemäß kann es in jedem Beschwerdefall vorkommen, dass ich bestimmte Zusatzinformationen für nötig halte und diese von Ihnen erbitte. Benennen Sie mir bitte daher in Ihrem Bericht einen Ansprechpartner bzw. Bearbeiter.
  2. Läuft oder lief in der Sache ein Verfahren vor Ombudsleuten oder Gerichten, so ist es zweckmäßig, auch über dessen Gegenstand, Stand und ggf. Ergebnis zu berichten. Ist ein die Beschwerde berührender Vergleich geschlossen worden, so beziehen Sie bitte auch das in Ihren Bericht ein.
  3. Bitte berichten Sie auch dann ausführlich, wenn Sie die Sache für erledigt halten oder wenn Sie Anlass zu der Annahme haben, dass der Beschwerdeführer sie für erledigt hält.

  4. Wirft der Beschwerdeführer einem Ihrer Mitarbeiter oder einem Vermittler persönliches Fehlverhalten vor, so ist es zweckmäßig, Ihrer Antwort an mich eine Stellungnahme dieses Mitarbeiters bzw. dieses Vermittlers beizufügen.
  5. Bitte fügen Sie dem Bericht ein Doppel zur Weitergabe an den Beschwerdeführer bei. Beachten Sie hierfür bitte folgende Punkte:

    • Schreiben Sie für den Beschwerdeführer verständlich. Vermeiden Sie Abkürzungen, Rechtsbegriffe und Fachausdrücke, die nicht wirklich jeder kennt.
    • Anlagen erwähnen Sie bitte nur, wenn ich auch sie an den Beschwerdeführer weitergeben kann.
    • Alle Äußerungen, die dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gelangen sollen (z. B. allgemeine Fragen der Geschäftsführung, vertrauliche Hinweise, im Einzelfall ausnahmsweise einmal eine Stellungnahme nach Nr. 4), behandeln Sie bitte in einem gesonderten Bericht mit dem unübersehbaren Hinweis "Nur für die BaFin bestimmt".
    • Die bloße Weiterleitung fremder Berichte oder die Vorlage von Schreiben an den Beschwerdeführer genügen nicht.

IV Wichtige Formalien

  1. Bitte antworten Sie

    • wenn es um das deutsche Geschäft geht innerhalb von vier Wochen,
    • wenn es um das Geschäft in anderen Ländern geht innerhalb von sechs Wochen.

    Können Sie die Frist nicht einhalten, dann geben Sie mir bitte einen Zwischenbescheid und nennen Sie darin den Grund der Verzögerung sowie den voraussichtlichen Zeitpunkt Ihrer Stellungnahme zur Sache.

    Wenn ich Rückfragen zu Ihrem Bericht habe, antworten Sie bitte umgehend.

  2. Da meine Bitte um Stellungnahme auf § 83 Abs. 1 Nr. 1 VAG beruht, sollte Ihr Bericht

    • von mindestens einem Vorstandsmitglied und einem weiteren Vertretungsberechtigten bzw.
    • vom Hauptbevollmächtigten

    unterschrieben werden. Diese Übung hat sich unter vielen Gesichtspunkten bewährt.

  3. Ich werde Sie über die Erledigung einer Beschwerde durch mich nur bei besonderem Anlass unterrichten.
  4. Geht es dem Beschwerdeführer um eine Forderung aus einem Versicherungsvertrag mit Ihnen, deren Eintreibung ein Dritter für Sie vornimmt (z. B. ein Inkassobüro), dann ist es üblich und hilfreich, diese Beitreibungsbemühungen für die Dauer meiner Prüfung anzuhalten. Das gilt entsprechend, wenn Sie gerichtlich gegen den Beschwerdeführer vorgehen oder wenn dies ein Dritter für Sie tut.

    Für meine Prüfung brauche ich etwas Zeit. Das sollte dem Beschwerdeführer nicht schaden. Bitte tragen Sie dazu bei, indem Sie z.B. Fristen entsprechend verlängern.

    Sollten Sie von diesen Usancen abweichen wollen, unterrichten Sie mich bitte rechtzeitig vorher.

  5. Erfüllen Sie den Wunsch des Beschwerdeführers ganz oder teilweise, nachdem Sie mir dargelegt haben, dass Sie ihn für unberechtigt halten, dann informieren Sie mich bitte über Umfang und Gründe des Nachgebens.
  6. Wird ein Rechtsstreit in einer Beschwerdesache nach Ihrem Bericht an mich entschieden, so sollten Sie mich darüber unterrichten.
  7. Das Rundschreiben 2/95 (VerBAV 1995 S. 314) wird aufgehoben.
  8. Bitte bestätigen Sie mir den Empfang dieses Rundschreibens innerhalb von zwei Wochen mit dem anliegenden Formular.

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