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Erscheinung:05.05.2011 | Geschäftszeichen BA 53-FR 1903-2010/0003 | Thema Eigenmittel Rundschreiben 5/2011 (BA) - Anforderungen für die Anerkennung von Kernkapitalinstrumenten nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6, 8 und 10 KWG und für deren vorzeitige Rückzahlung

Inhalt

Rundschreiben 5/2011 (BA) - Anforderungen für die Anerkennung von Kernkapitalinstrumenten

I. Vorbemerkung

Mit der Richtlinie 2009/111/EG, die die Bankenrichtlinie und die Kapitaladäquanzrichtlinie änderte, wurden mit Artikel 63a der Bankenrichtlinie erstmals europarechtliche Kriterien für die Anerkennung von hybriden Kernkapitalbestandteilen geschaffen. Darüber hinaus wurden durch eine Änderung des Artikels 57 Buchstabe a in Verbindung mit Erwägungsgrund 4 der Bankenrichtlinie die Anerkennungsvoraussetzungen für unbegrenzt anrechenbare Kernkapitalinstrumente neu gefasst und konkretisiert.

Die nationale Umsetzung dieser Richtlinienänderungen erfolgte durch das Gesetz zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie vom 19.11.2010 (BGBl. I, S. 1592 vom 24.11.2010), das am 31.12.2010 in Kraft getreten ist (CRD II-Umsetzungsgesetz).

Ergänzend erarbeitete der Ausschuss der europäischen Bankaufsichtsbehörden (CEBS) gemäß Artikel 63a Absatz 6 der geänderten Bankenrichtlinie, Leitlinien für die Konvergenz der Aufsichtspraktiken in Bezug auf hybride Kernkapitalbestandteile sowie Kernkapitalinstrumente nach Artikel 57 Buchstabe a, die am 10.12.20091 bzw. am 14.07.20102 veröffentlicht wurden.
Dieses Rundschreiben dient im Einklang mit § 6 Absatz 5 KWG der nationalen Umsetzung der CEBS-Leitlinien. Es enthält nähere Erläuterungen zu den durch das CRD II-Umsetzungsgesetz neu gefassten Anforderungen an die Anerkennung von Kernkapitalinstrumenten des § 10 KWG sowie zum Verfahren zur Einholung der aufsichtlichen Zustimmung zur vorzeitigen Rückzahlung von aufsichtlichem Eigenkapital.
In die Vertragsbedingungen der Kernkapitalinstrumente sind, soweit noch nicht erfolgt, Regelungen aufzunehmen, die sicherstellen, dass die im Rundschreiben ausdrücklich geforderten Ausstattungsmerkmale gegeben sind. Soweit sich diese bereits aus gesetzlichen oder satzungsmäßigen Vorschriften ergeben, sollen die Vertragsbedingungen einen entsprechenden Hinweis enthalten.

Die in diesem Rundschreiben enthaltenen Regelungen, Hinweise und Ausstattungsmerkmale sind spätestens ab dem 05.05.2011 zu beachten. Die Übergangsvorschrift des § 64m KWG bleibt unberührt.

II. Begrifflichkeiten

Die Definition der Begriffe Gesellschafter oder andere Eigentümer erfolgt auf Grundlage des nationalen Rechts unter Berücksichtigung der Rechtsform des Instituts.

Soweit im Folgenden von Anteil und Anteilseignern gesprochen wird, sind diese Begriffe nicht rechtsformspezifisch zu verstehen, sondern um-fassen neben Aktien auch die Kernkapitalbestandteile im Sinne des 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 KWG sowie die Gesellschafter dieser Institute. Sofern nichts anderes geregelt ist, gelten grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen für alle Institute unabhängig von ihrer Rechtsform.

Für die Zwecke dieses Rundschreibens ist der Begriff Rückzahlung als Oberbegriff für die drei Rückzahlungsvarianten Kündigung, Call-Option und Rückkauf zu verstehen.

III. Kernkapitalinstrumente nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 und 8 KWG

Instrumente nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 und 8 KWG können dem Kernkapital in unbegrenzter Höhe zugerechnet werden. Dies setzt voraus, dass sie den Anforderungen des Artikels 57 Buchstabe a der geänderten Bankenrichtlinie in Verbindung mit Erwägungsgrund 4 entsprechen.

1. “Anderes Kapital“ im Sinne von § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 8 KWG

Mit dem CRD II-Umsetzungsgesetz wurde § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 8 KWG neu gefasst. Die bisherige Liste der Kernkapitalbestandteile, die sich an der Rechtsform des Instituts ausrichtete, wird damit durch einen rechtsformunabhängigen, prinzipienorientierten Tatbestand ergänzt, der auf den eingangs zitierten Richtlinienvorgaben basiert. Ein Kapitalinstrument ist danach unbeschränkt dem Kernkapital zurechenbar, wenn es

  • dem Institut unbefristet überlassen wird,
  • als von den Gesellschaftern oder anderen Eigentümern gezeichnetes Eigenkapital gilt,
  • im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts oder der Liquidation des Instituts keinen Vorrang vor dem stimmberechtigten Geschäftskapital vermittelt,
  • ansonsten gleichrangig mit dem stimmberechtigten Geschäftskapital am Verlust teilnimmt,
  • den Anforderungen aus § 10 Absatz 4 Nr. 1 (laufende Verlustteilnahme; nicht kumulativ; Ausfall der Dividendenzahlung, wenn erforderlich) und Nr. 3 KWG (unbefristete Laufzeit; keine Rückzahlung ohne Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt), nicht allein auf Initiative des Kapitalgebers und nicht vor Ablauf von fünf Jahren seit Einzahlung) genügt, und
  • Maßnahmen der Bundesanstalt nach § 10 Absatz 4 Satz 6 KWG (Untersagung der Ausschüttung von Dividenden, wenn Finanz- oder Solvenzlage des Instituts dies erfordern) unterliegt.

Den Vergleichsmaßstab für anderes Kapital bilden die stimmberechtigten Aktien bei einer Aktiengesellschaft. Als Abweichung zu diesem Leitbild dürfen lediglich Vorzüge bei den Dividendenausschüttungen und ein Verzicht auf das Stimmrecht in den Vertragsbedingungen für anderes Kapital vereinbart werden.

2. Ergänzende Anforderungen

a) Direkte Emission durch das Institut

Anderes Kapital muss vom Institut selbst, d. h. direkt emittiert werden.

b) Dauerhaftigkeit

Anderes Kapital muss dem Institut unbefristet überlassen werden. Es muss daher ohne Enddatum emittiert werden und darf außerhalb der Insolvenz oder Liquidation des Instituts nicht rückzahlbar sein.
Der Verweis in § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 8 KWG auf § 10 Absatz 4 Satz 1 Nr. 3 KWG ist einschränkend auszulegen. Die Mindestfrist von 30 Jahren gilt nur für sonstiges Kapital und wird von dem Verweis nicht mit umfasst. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass in § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 8 KWG als erstes Anrechnungskriterium von anderem Kapital die unbefristete Überlassung gefordert wird und dieses Kriterium durch den Verweis auf § 10 Absatz 4 Satz 1 Nr. 3 KWG nicht implizit wieder aufgehoben werden soll. Als weiteres Argument für diese enge Auslegung lässt sich anführen, dass sonstiges Kapital bei befristeter Überlassung nur bis zu maximal 15 % als Kernkapital anrechenbar ist. Anderes Kapital ist demgegenüber unbeschränkt als Kernkapital anrechenbar und stellt einen höherwertigen Kernkapitalbestandteil dar. Wird Kapital befristet überlassen, ist eine Anrechnung als anderes Kapital unzulässig.

Kündigungen und Call-Optionen auf Initiative des Instituts wie auch des Gesellschafters oder anderen Eigentümers sind verboten; Rückkäufe sind grundsätzlich verboten.
Diese Verbote sind in die Vertragsbedingungen wie auch die Vermarktungsbedingungen klarstellend aufzunehmen. Weder in den Vertragsbedingungen noch durch Verlautbarungen des Instituts darf der Anschein erweckt werden, dass Rückzahlungen auf das andere Kapital erfolgen werden.
Ausnahmsweise kann ein Rückkauf mit Zustimmung der Bundesanstalt erfolgen, zum Verfahren vgl. Abschnitt V. Dieses Zustimmungserfordernis gilt auch für Rückkäufe, die das jeweils nach Gesellschaftsrecht zu-ständige Organ abzuschließen beabsichtigt, z. B. nach § 71 Absatz 1 Nr. 8 AktG.

Die Rückkaufsabsicht darf nicht öffentlich bekannt gegeben werden, bevor die Bundesanstalt ihre Zustimmung erteilt hat. Das zum Rückkauf vorgesehene andere Kapital ist ab dem Zeitpunkt, von dem mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einem Rückkauf ausgegangen werden kann, vom Kernkapital des Instituts abzuziehen.
Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ist von einem Rückkauf des anderen Kapitals auszugehen, wenn das Institut seine Rückkaufsabsicht publik gemacht hat. Bei Vorratsbeschlüssen, durch die dem Institut eine generelle Ermächtigung zum Rückkauf von anderem Kapital eingeräumt wird, ist nicht die Veröffentlichung der Hauptversammlungseinladung oder der Hauptversammlungsbeschluss, sondern erst die endgültige Entscheidung des Vorstands des Instituts über die Ausnutzung des Vorratsbeschlusses als Auslösungszeitpunkt des Abzugs von den Eigenmitteln anzusehen. Erst zu diesem Zeitpunkt ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einem (Teil-)Rückkauf des anderen Kapitals auszugehen.

3. Ausschüttungsermessen (Flexibility of Payments)

Die dem Kapitalinstrument zugrunde liegenden gesetzlichen oder vertraglichen Bedingungen müssen dem Institut das Recht einräumen, grundsätzlich nach seinem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe Ausschüttungen an die Inhaber des Kapitalinstruments vorgenommen werden. Verfügt das Institut nicht mehr über eine angemessene Eigenmittelausstattung im Sinne des § 10 Absatz 1 Satz 1 KWG i. V. m. der Rechtsverordnung nach § 10 Absatz 1 Satz 9 KWG (Solvabilitätsverordnung – SolvV3), ist eine Ausschüttung unzulässig.

Abweichend von Kriterium 7, Randnummer 68 der CEBS-Leitlinie zu Instrumenten nach Artikel 57 Buchstabe a, können Vergütungsansprüche der Investoren weiterhin als (Höchst-)Zinssatz bezogen auf den Nominalwert der Kapitaleinzahlung ausgestaltet werden. Im Falle einer dauerhaften Herabschreibung ist auf den Buchwert abzustellen. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, ist dies klarstellend in die Vertragsbedingungen aufzunehmen.
Sofern es die Finanz- oder Solvabilitätslage des Instituts erfordert, kann die Bundesanstalt Ausschüttungen auf das andere Kapital ohne Anspruch auf Nachzahlung untersagen (vgl. § 10 Absatz 4 Satz 6 KWG). Diese Möglichkeit besteht bereits präventiv bei drohender bzw. möglicher Verletzung der Mindesteigenmittelanforderungen. In der Regel wird die Bundesanstalt das Entfallen von Ausschüttungen anordnen, wenn sich durch den Abfluss von Kapital das Risiko einer Verletzung der Mindesteigenmittelanforderungen des Instituts nicht nur unerheblich erhöhen würde.
Ihrer Entscheidung legt die Bundesanstalt eine Folgenabschätzung auf Grundlage der Informationen nach Abschnitt V 1 c) zu Grunde. Falls diese Informationen der Bundesanstalt noch nicht vorliegen sollten, können sie von ihr bei dem Institut angefordert werden.

Das Ausfallen einer Ausschüttung darf nicht als Verzug bzw. Nichterfüllung (event of default) gewertet werden.

Alternative Ausschüttungsmechanismen (alternative coupon satisfaction mechanisms), Dividendenauslösungsmechanismen (dividend pushers) und Dividendenbegrenzungsmechanismen (dividend stoppers) sind unzulässig. Gleichrangabreden hingegen sind zulässig.

Die Abstimmung über eine Ausschüttung auf das andere Kapital hat gleichzeitig mit der Abstimmung über die Ausschüttung einer Dividende auf die übrigen Kernkapitalinstrumente nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 KWG zu erfolgen. Die Höhe der Ausschüttung muss dabei vollständig im Ermessen des Instituts stehen. Die Ausschüttung ist davon abhängig, dass ein Bilanzgewinn4 erzielt worden ist, d. h. ohne Bilanzgewinn darf nicht ausgeschüttet werden. Vor Bekanntmachung des Beschlussvorschlags über die Verwendung des Bilanzgewinns darf es keine als sicher erscheinenden Hinweise über die Höhe einer etwaigen Ausschüttung geben, da dies am Markt als Vorfestlegung auf den so bestimmten bzw. bestimmbaren Betrag verstanden werden könnte. Die Veröffentlichung einer allgemeinen Dividenden- bzw. Ausschüttungspolitik ist zulässig, wenn dadurch das Ausschüttungsermessen des Instituts nicht beeinträchtigt wird. Darunter fällt z. B. die Mitteilung der geplanten Dividendenhöhe im Rahmen einer Bilanzpressekonferenz des Vorstands.

4. Verlustabsorptionsfähigkeit

a) Im laufenden Geschäftsbetrieb (going-concern)

Anderes Kapital muss im laufenden Geschäftsbetrieb bis zur vollen Höhe am Verlust teilnehmen (§ 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 8 i. V. m. § 10 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 KWG). Dabei muss die Verlustteilnahme automatisch bei Auftreten von Verlusten sowie proportional und gleichrangig mit den anderen Anteilseignern erfolgen, ohne dass die Verlustteilnahme im Er-messen des Instituts steht. Ein vorangehender Verlustausgleich durch Verbrauch von Reserven ist zulässig, wenn der Kapitalgeber Anspruch auf die Reserve hat.
Es ist nicht erlaubt, die Teilnahme am Verlust daran anzuknüpfen, dass vorab festgelegte Schwellenwerte, wie z.B. die Mindesteigenmittelanforderungen, unterschritten werden.

b) Im Insolvenz- oder Liquidationsfall (gone-concern)

Anderes Kapital muss mit dem stimmberechtigten Geschäftskapital in der Insolvenz oder Liquidation gleichrangig am Verlust teilnehmen und darf keinen Vorrang vor dem stimmberechtigten Kapital innehaben. Einen fixen Anspruch auf den Nominalbetrag darf es nicht geben. Es besteht lediglich ein gleichrangiger und gleichberechtigter Residualanspruch zusammen mit dem stimmberechtigten Geschäftskapital.
Anderes Kapital ist nicht als Eigenkapital anrechenbar, wenn es vom Institut mit Garantien, Zusicherungen oder andersartigen Kreditverbesserungen auch für den Fall der Insolvenz oder Liquidation ausgestattet ist.

5. Auswirkungen auf Kernkapitalinstrumente nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 KWG

a) Nicht-Aktiengesellschaften

Auch für Institute, die nicht in der Rechtsform der Aktiengesellschaft organisiert sind, bilden stimmberechtigte Aktien den Vergleichsmaßstab für das aufsichtlich anrechenbare Kernkapital. Entspricht die Qualität der jeweiligen Kernkapitalinstrumente nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 KWG bei den Nicht-Aktiengesellschaften, insbesondere im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit, das Ausschüttungsermessen und die Verlustabsorptionsfähigkeit, in rechtsformspezifischer Ausprägung den oben für das andere Kapital dargelegten Prinzipien, sind sie unbeschränkt als Kernkapital anrechenbar.

b) Besonderheiten bei Genossenschaftsbanken

Die Geschäftsguthaben von Genossenschaftsbanken gelten als gleich-wertig zu stimmberechtigten Aktien bei einer Aktiengesellschaft, wenn sie gleiche Anforderungen an Dauerhaftigkeit, Verlustabsorptionsfähigkeit im laufenden Geschäftsbetrieb wie im Liquidationsfall und an das freie Ermessen bei der Dividendenausschüttung erfüllen.

Die Möglichkeit der Kündigung des Geschäftsguthabens bei den Genossenschaftsbanken wird nicht als Put-Option gewertet.

Die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens muss der Einschränkung unterliegen, dass sie nur mit Zustimmung von Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaftsbank erfolgen darf. Die Verweigerung der Zustimmung darf nicht als Verzug oder Nichterfüllung gewertet wer-den. Die Genossenschaftsbank hat die Erfüllung dieser Anforderung in geeigneter Weise, insbesondere durch eine entsprechende Bestimmung in ihrer Satzung, sicherzustellen. Die Bundesanstalt hat darüber hinaus die Möglichkeit, die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ganz oder teilweise zu untersagen.

Zu den Besonderheiten im Antragsverfahren bei Beendigung der Mitgliedschaft in einer Genossenschaftsbank, vgl. unter V 2 f).

IV. "Sonstiges Kapital"

Die Kategorie des sonstigen Kapitals, die neu in § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 10, Absatz 4 KWG eingefügt wurde, betrifft Kernkapitalbestandteile, die nur in den Grenzen des § 10 Absatz 2 Sätze 3 bis 5 KWG dem Kernkapital zugerechnet werden dürfen. Die Regelung basiert auf dem neu in die Bankenrichtlinie eingefügten Artikel 63a, der erstmals europarechtliche Vorgaben für sogenannte hybride Kernkapitalbestandteile aufstellt. Die Anerkennungsvoraussetzungen orientieren sich stark an den Anforderungen für anderes Kapital, räumen den Instituten aber an einigen Stellen größere Gestaltungs- und Ermessensspielräume ein. Je nach Ausgestaltung können diese Instrumente daher dem Kernkapital maximal bis zu einer Höhe von 50 % zugerechnet werden; überschießende Beträge können nach Maßgabe von § 10 Absatz 2b Satz 1 Nr. 7a KWG im Ergänzungskapital zugerechnet werden.

1. Dauerhaftigkeit

Um die Dauerhaftigkeit von sonstigem Kapital sicherzustellen, muss es die Grundprinzipien aus § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 10, Absatz 4 KWG erfüllen. Insbesondere muss das sonstige Kapital dem Institut für mindestens 30 Jahre zur Verfügung gestellt werden.
Zudem darf es grundsätzlich keine vertragliche oder satzungsmäßige Verpflichtung des Emittenten geben, sonstiges Kapital zurückzuerwerben.
Die Rückzahlung von sonstigem Kapital ist bereits vor Ablauf von fünf Jahren zulässig, wenn es durch zumindest gleichwertiges Kapital ersetzt worden ist (zu den Besonderheiten im Antragsverfahren für diesen Fall siehe unten unter V 2 a). Ausnahmsweise können Rückzahlungen mit Zustimmung der Bundesanstalt erfolgen, zum Verfahren vgl. Abschnitt V. Dieses Zustimmungserfordernis gilt auch für Rückkäufe, die das jeweils nach Gesellschaftsrecht zuständige Organ abzuschließen beabsichtigt, z. B. nach § 71 Absatz 1 Nr. 8 AktG.

Tilgungsanreize sind Ausstattungsmerkmale, die die Erwartung wecken, das sonstige Kapital werde zu einem Stichtag gekündigt und zurückgezahlt. Tilgungsanreize sind beispielsweise Zinserhöhungsklauseln (interest rate step-ups). Nicht notwendig ist, dass die Ausübungsstichtage der Kündigungsoption und der Zinserhöhung übereinstimmen. Auch alle sonstigen Ausstattungsmerkmale, die dazu geeignet sind, den Emittenten (aus wirtschaftlichen oder aus Reputationsgründen) zu einer vorzeitigen Kündigung des sonstigen Kapitals zu veranlassen, gelten als Tilgungsanreize. Mit moderaten Tilgungsanreizen ausgestattete sonstige Kapitalinstrumente unterliegen zusammen mit befristet überlassenen Kapitalinstrumenten einer 15%igen Anrechnungsgrenze bezogen auf das Kernkapital.

Zinserhöhungsklauseln in Verbindung mit einem Kündigungsrecht sind zulässig, wenn sie moderat ausgestaltet sind. Moderat sind sie, wenn sie zu einer Erhöhung des Ausgangszinssatzes von nicht mehr als 100 Basispunkten minus dem Swap-Spread zwischen dem Ausgangszinssatz zu Beginn der Laufzeit und dem erhöhten (Basis-)Zinssatz bei Wirksamwer-den der Erhöhung (stepped-up index basis) oder zu einer Erhöhung von nicht mehr als 50 % des Ausgangszinsspreads minus dem Swap-Spread zwischen dem Ausgangsbasisindex zu Beginn der Laufzeit und dem erhöhten Basisindex bei Wirksamwerden der Erhöhung führen. Die Vertragsbedingungen dürfen nur eine Zinserhöhung während der gesamten Laufzeit des sonstigen Kapitals vorsehen. Der Swap-Spread ist am Preis-findungsstichtag (pricing date) festzulegen und muss die Preisdifferenz an diesem Stichtag zwischen dem zugrunde gelegten Basisreferenzwert und dem erhöhten Referenzwert abbilden.
Das Recht des Emittenten, Aktien anstatt des Rückzahlungsbetrages zu liefern, stellt nicht per se einen Tilgungsanreiz dar, wenn dieses Recht des Emittenten nicht mit einer Kündigungsoption verbunden ist. Ausstattungsmerkmale im Zusammenhang mit Kündigungsoptionen werden von der Bundesanstalt einer Einzelfallbeurteilung unterzogen, um festzustellen, ob es sich noch um einen moderaten Tilgungsanreiz handelt.

Das Vorhandensein eines Tilgungsanreizes als Ausstattungsmerkmal des sonstigen Kapitals wird am Ausgabestichtag festgelegt. Diese Festlegung ist endgültig und kann während der Laufzeit des sonstigen Kapitals nicht revidiert werden. Daher verbleiben auch sonstige Kapitalinstrumente mit moderaten Tilgungsanreizen, bei denen die Kündigungsoption während der Laufzeit nicht ausgeübt wird, in dem 15 %-Anrechnungskorb und können nicht in einen der anderen Körbe umgruppiert werden.

2. Ausschüttungsermessen (Flexibility of Payments)

In den Vertragsbedingungen des sonstigen Kapitals muss vereinbart sein, Ausschüttungen, wenn notwendig, ohne Anspruch auf Nachzahlung entfallen lassen zu können, um Eigenkapitalabflüsse zu verhindern (siehe § 10 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 KWG). Zwingend ist der Ausfall der Ausschüttungen, wenn das Institut nicht über angemessene Eigenmittel im Sinne des § 10 Absatz 1 Satz 1 KWG in Verbindung mit der SolvV verfügt.
Der Ausfall der Ausschüttungen darf nicht als Verzug bzw. Nichterfüllung (event of default) gewertet werden und die Insolvenz des Instituts aus-lösen. Jeder ausgefallene Kupon und jede ausgefallene Ausschüttung gelten als endgültig verfallen, nicht länger fällig und sind auch in Zukunft vom Emittenten nicht mehr nachzuzahlen. Der Emittent muss vollen Zugriff auf die so einbehaltenen Zahlungsbeträge haben.

Kupons und anderweitige Ausschüttungen auf sonstiges Kapital dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn ein Bilanzgewinn erzielt wurde5.

a) Ausfall aufgrund aufsichtlicher Anordnung

Die Bundesanstalt kann nach § 10 Absatz 4 Satz 6 KWG verlangen, dass Ausschüttungen auf das sonstige Kapital ohne Anspruch auf Nachzahlung entfallen, wenn dies die Finanz- oder Solvabilitätslage des Instituts erfordert. Diese Möglichkeit besteht bereits präventiv bei drohender bzw. möglicher Verletzung der Mindesteigenmittelanforderungen. In der Regel wird die Bundesanstalt das Entfallen von Ausschüttungen anordnen, wenn sich durch den Abfluss von Kapital das Risiko einer Verletzung der Mindesteigenmittelanforderungen des Instituts nicht nur unerheblich erhöhen würde.
Ihrer Entscheidung wird die Bundesanstalt eine Folgenabschätzung auf Grundlage der Informationen nach Abschnitt V 1 c) zu Grunde legen. Falls diese Informationen der Bundesanstalt noch nicht vorliegen sollten, können sie von ihr bei dem Institut angefordert werden.

Auf die Möglichkeit des Ausschüttungsausfalls aufgrund aufsichtlicher Anordnung ist in den Vertragsbedingungen des sonstigen Kapitals explizit hinzuweisen.

b) Andere Ausstattungsmerkmale, insbesondere Dividendenauslösungsmechanismen (dividend pushers) und Dividendenbegrenzungsmechanismen (dividend stoppers)

Ein Dividendenauslösungsmechanismus (dividend pusher) verpflichtet den Emittenten zu einer Ausschüttung auf sonstiges Kapital, wenn er Ausschüttungen auf nachrangigere Kapitalinstrumente, wie etwa Dividendenausschüttungen auf Aktien, oder Ausschüttungen auf gleichrangige sonstige Kapitalinstrumente gezahlt hat.
Dividendenbegrenzungsmechanismen (dividend stoppers) bewahren den Emittenten von sonstigem Kapital vor der Zahlung von Dividenden bzw. Ausschüttungen für den Fall, dass er Ausschüttungen an andere sonstige Kapitalgeber ausfallen lässt.
Dividendenauslösungsmechanismen wie Dividendenbegrenzungsmechanismen sind zulässig, wenn der Emittent trotz dieser Mechanismen ein Ausschüttungsermessen hat und sie eine notwendige Rekapitalisierung des Instituts nicht behindern.

Dividendenauslösungsmechanismen sind nur zulässig, wenn sie das Rangverhältnis der sonstigen Kapitalgeber untereinander sowie das Rangverhältnis im Verhältnis zu den Anteilseignern des Instituts nicht ändern. Allerdings müssen sie ausfallen, wenn einer der folgenden Sachverhalte zwischen der Aktivierung des Mechanismus und dem Aus-zahlungsstichtag eintritt:

aa) das Institut erfüllt nicht mehr die Mindesteigenmittelvorschriften oder

bb) die Bundesanstalt verlangt aufgrund der Finanz- oder Solvenzlage des Instituts den Ausfall von Ausschüttungen oder

cc) die Aktionäre erhalten eine Sachdividende.

Liegt einer dieser Sachverhalte vor, verfallen die Ausschüttungen, sie sind nicht länger fällig, und der Emittent ist nicht mehr zur Zahlung verpflichtet.

c) Alternative Ausschüttungsmechanismen (alternative coupon satisfaction mechanisms, ACSM)

Alternative Ausschüttungsmechanismen (alternative coupon satisfaction mechanisms, ACSM) sind Ausstattungsmerkmale, die die Zahlung einer Barausschüttung durch eine Sachausschüttung, nämlich durch Ausgabe eines Kernkapitalinstruments im Sinne des § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 oder 8 KWG ersetzen.

Alternative Ausschüttungsmechanismen sind nur dann als Ausstattungsmerkmal von sonstigem Kapital zulässig, wenn sie zu gleichen wirtschaftlichen Ergebnissen wie bei Ausfall der Kuponzahlung führen, insbesondere zu keiner Minderung der Eigenmittelausstattung, und der Emittent zu jeder Zeit das freie Ermessen über den Ausfall von Kuponzahlungen und Dividenden inne hat. Um diese Voraussetzung erfüllen zu können, sollten die aufgeschobenen Kuponzahlungen ohne schuldhafte Verzögerung durch neu emittierte Kernkapitalinstrumente im Sinne des § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 oder 8 KWG ersetzt werden. Der Gegenwert der neu emittierten Instrumente darf höchstens dem Wert der aufgeschobenen Kuponzahlung entsprechen. Der Emittent des sonstigen Kapitals muss zur Bedienung der alternativen Ausschüttungsmechanismen über für diese Zwecke genehmigtes, aber noch nicht emittiertes Kapital verfügen. Die Verpflichtung des Emittenten ist auf die Ausgabe dieser alternativen Kapitalinstrumente beschränkt. Er ist nicht verpflichtet, neue Investoren für diese Instrumente zu suchen. Nach der Ausschüttung an die sonstigen Kapitalgeber können diese die ersatzweise ausgeschütteten Kapitalinstrumente am Markt verkaufen. Ein dabei unter Umständen entstehender Verlust (der Erlös des Verkaufs am Markt ist niedriger als die ursprünglich vereinbarte Kuponzahlung) hat der sonstige Kapitalgeber zu tragen. Es darf keine Verpflichtung des Instituts geben, weitere Kapitalinstrumente zu emittieren, um die aufgetretenen Verluste der sonstigen Kapitalgeber zu kompensieren.
Treten Umstände auf, die dazu führen, dass der alternative Ausschüttungsmechanismus nicht wie ursprünglich vorgesehen funktioniert, müssen der Kupon oder die Dividende ausfallen.

Die Ausgestaltung des alternativen Ausschüttungsmechanismus darf die Rekapitalisierung des Instituts nicht behindern. Daher müssen sowohl das Institut als auch die Bundesanstalt dazu berechtigt sein, falls notwendig, die Nutzung des alternativen Ausschüttungsmechanismus ausfallen lassen zu können, insbesondere dann, wenn das sonstige Kapital zur Verlustabsorption herangezogen werden muss. Dies ist in den Ausgestaltungsmerkmalen des alternativen Ausschüttungsmechanismus vorzusehen.

3. Verlustabsorptionsfähigkeit

Sonstiges Kapital muss Verluste im laufenden Geschäftsbetrieb bis zur vollen Höhe tragen und darf im Insolvenzverfahren oder der Liquidation des Instituts erst nach Befriedigung aller Gläubiger zurückgezahlt werden (§ 10 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 KWG). Es müssen daher aus-reichende Verlustabsorptionsmechanismen (loss absorbency mechanisms) installiert sein und es muss gewährleistet sein, dass eine Rekapitalisierung des Instituts nicht an den Vertragsbedingungen des sonstigen Kapitals scheitert.

Verlustabsorptionsfähigkeit im laufenden Geschäftsbetrieb bedeutet, dass das Institut in der Lage ist, auftretende Verluste auszugleichen und trotz des eingetretenen Verlusts solvent und (über)lebensfähig zu bleiben, selbst wenn die verfügbaren Rücklagen bereits aufgebraucht sind. Versteht man die notwendige Verlustabsorptionsfähigkeit in diesem Sinne, so geht sie über die rein bilanzielle Definition hinaus, die besagt, dass ein Unternehmen fortführungsfähig ist, wenn es seine laufenden Verbindlichkeiten bei Fälligkeit erfüllen kann und die Vermögenswerte die Verbindlichkeiten übersteigen.

a) Verlustabsorptionsmechanismen (loss absorbency mechanisms)

Die Verlustabsorptionsfähigkeit von sonstigem Kapital kann durch unter-schiedliche Ausgestaltungsmerkmale sichergestellt werden. Zu nennen sind unter anderem der Nachrang, das freie Ermessen des Instituts, Kuponzahlungen und Dividendenausschüttungen mit vollständiger Zugriffsmöglichkeit des Instituts auf die erlassenen Ausschüttungen entfallen zu lassen, Kapitalherabschreibungs-Mechanismen (principal write-down features), die Wandlung in höherwertiges Kapital und die Nichtberücksichtigung des sonstigen Kapitals bei der Frage, ob das Institut insolvent ist. Die Bedeutung der genannten Verlustabsorptionsmechanismen hängt davon ab, in welcher Situation sich das Institut aktuell befindet, namentlich, ob es sich um die Deckung von Verlusten im laufenden Geschäft oder im Rahmen der Insolvenz oder Liquidation handelt. Es ist daher sicherzustellen, dass das Instrument taugliche Mechanismen für beide Fälle vorsieht.

aa) Verlustabsorptionsfähigkeit in der Insolvenz oder Liquidation

Auslöser für diesen Verlustabsorptionsmechanismus des sonstigen Kapitals ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Liquidation des Instituts. In diesem Fall hängt die Verlustabsorptionsfähigkeit von dem Grad des Nachrangs ab. Sonstiges Kapital muss immer nachrangig gegenüber den Einlegern, nicht bevorrechtigten Gläubigern (general creditors) und Nachrangverbindlichkeiten (subordinated debt) sein, siehe § 39 Absatz 2 InsO. Dies bedeutet, dass es lediglich Vorrang vor den Kernkapitalbestandteilen nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 und 8 KWG haben darf.

Inhaber von sonstigem Kapital müssen untereinander in der Regel gleichrangig sein. Unterschiedlich vereinbarte Ränge innerhalb dieser Gruppe würden zu einem Verlust an Transparenz und Verlusttragfähigkeit führen, insbesondere dann, wenn die unterschiedlichen Ränge in dieser Kapitalklasse auch zu einer unterschiedlichen Bedienung bei den Kuponzahlungen und Dividenden führen würden. Zudem könnten Rechtsunsicherheit und weitere operationelle Risiken erwachsen. Für den Fall der Vereinbarung einer Ranguntergliederung innerhalb des sonstigen Kapitals muss der Emittent zur Vermeidung der gerade dargestellten Risiken zumindest für umfassende Transparenz in den Vertragsbedingungen sorgen. Zusätzlich ist die Ranguntergliederung auch im Rahmen der Offenlegung nach Teil 5 der SolvV darzustellen.

Sonstiges Kapital darf nicht vom Emittenten oder einem mit ihm verbundenen Dritten gesichert oder mit Garantien ausgestattet werden, welche den Rang oder die Verlustabsorptionsfähigkeit unterlaufen. Auch andere Gestaltungen, die zu Rückzahlungsvorrängen führen, sind unzulässig.

bb) Verlustabsorptionsfähigkeit im laufenden Geschäftsbetrieb

Die Verlustabsorptionsfähigkeit im laufenden Geschäftsbetrieb dient dazu, eine drohende Insolvenz oder Liquidation wenn möglich schon im Vorfeld zu verhindern. Eine erforderliche Rekapitalisierung des Instituts und der Wiederaufbau einer gesunden Finanz- und Vermögenslage sollen durch das sonstige Kapital nicht behindert werden.

cc) Verhinderung der Insolvenz bzw. Liquidation

Sonstiges Kapital trägt zur Verhinderung der Insolvenz oder der Liquidation des Instituts bei, wenn es

  1. dauerhaft ausgestaltet ist (d. h. unbefristet oder für mindestens 30 Jahre überlassen ist, siehe § 10 Absatz 4 Satz 1 Nr. 3 KWG) und insbesondere in Stresssituationen keine Rückzahlung erfolgen darf;
  2. der Emittent das Ermessen hat, Kupon- wie Dividendenzahlungen ausfallen zu lassen;
  3. die Investoren kein Insolvenzantragsrecht haben und
  4. das Kapitalinstrument bei Beantwortung der Frage, ob eine Insolvenz des Instituts eingetreten ist, unberücksichtigt bleibt.
dd) Kein Verzug bzw. keine Nichterfüllung (event of default)

Weder die Vertragsbedingungen des sonstigen Kapitals noch satzungs-mäßige Regelungen dürfen dazu führen, dass die Insolvenz durch eine Nichtzahlung auf das sonstige Kapital ausgelöst wird. Es darf keine Verpflichtung zum Rückkauf des sonstigen Kapitals durch das Institut und keine Verpflichtung zu Kupon- wie Dividendenzahlungen geben.

ee) Kein Insolvenzantragsrecht

In den Vertragsbedingungen ist auf das alleinige Insolvenzantragsrecht der Bundesanstalt nach § 46b Absatz 1 Sätze 4 und 5 KWG hinzuweisen. Bei Begebung des sonstigen Kapitals durch ein Tochterunternehmen mit Sitz im Ausland ist durch die Vertragsbedingungen sicherzustellen, dass den Investoren kein Insolvenzantragsrecht zusteht.

b) Keine Behinderung der Rekapitalisierung (not hindering recapitalisation)

Die Ausgestaltungsmerkmale des sonstigen Kapitals können eine notwendige Rekapitalisierung des Instituts erschweren oder sogar verhindern. Dies folgt aus dem Umstand, dass den Investoren von sonstigem Kapital in den Vertragsbedingungen Vorrechte, wie etwa Vorzüge bei der Kupon- und Dividendenzahlung, gewährt werden könnten. Wegen dieser Vorrechte könnten die Investoren von sonstigem Kapital als erste bei einer Rekapitalisierung von dem Wiederaufleben ihrer bevorzugten Ansprüche profitieren und dadurch neue Investoren abschrecken, die zur Rekapitalisierung benötigt werden. Diesen muss jedoch die Aussicht auf eine ausreichend attraktive Rendite geboten werden, um sie für eine Beteiligung an der Rekapitalisierung des Instituts zu gewinnen. Daher darf das zur Rekapitalisierung zur Verfügung gestellte Kapital weder direkt noch indirekt zu einem Vorteil bei den bereits investierten sonstigen Kapitalgebern führen.

Die Vertragsbedingungen des sonstigen Kapitals oder die Satzungsregelungen des Instituts müssen daher für den Fall der notwendigen Rekapitalisierung Vorkehrungen vorsehen, die die zukünftigen Abflüsse an die sonstigen Kapitalgeber ab einem sicher bestimmten Auslösezeitpunkt (trigger point) beschränken. Mögliche Ausgestaltungen zum Erreichen dieses Zweckes sind zum Beispiel:

aa) das dauerhafte Herunterschreiben des sonstigen Kapitals ab Auslösezeitpunkt. Dadurch wäre eine effektive Verlustabsorptionsfähigkeit sichergestellt. Eine sinnvolle Ausgestaltung der Herabschreibung wäre etwa die gleichrangige Herabschreibung im Verhältnis zu den Aktionären oder anderen Kapitalgebern;

bb) das zeitweise Herunterschreiben des sonstigen Kapitals ab Auslösezeitpunkt. Dann müssten zukünftige Kupons bis zur vollständigen Wiederauffüllung des Nominalbetrages des sonstigen Kapitals ausgesetzt werden. Auch hier bietet sich als sinnvolle Ausgestaltung der zeitweisen Herabschreibung die gleichrangige Herabschreibung im Verhältnis zu den Aktionären oder anderen Kapitalgebern an. Während der Zeit der Herabschreibung müssen alle Kuponzahlungen ausgesetzt werden und Dividendenauslösungs- wie Dividendenbegrenzungsmechanismen müssen in diesem Zeitraum zu einer Gleichbehandlung im Verhältnis zu den Anteilseignern führen;

cc) die Umwandlung des sonstigen Kapitals in anderes Kapital nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 8 KWG oder Kernkapital im Sinne von § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 KWG ab Auslösezeitpunkt. Dies führte zu einer Verlusttragung der sonstigen Kapitalgeber abhängig vom Umtauschverhältnis und den Ausgestaltungsmerkmalen der gewandelten Instrumente.

Auch andere Mechanismen oder eine Kombination der unter aa) bis cc) dargestellten Ausgestaltungsvarianten sind möglich, soweit dabei durch die vom Institut gewählte Ausgestaltungsvariante die Verlustabsorptionsfähigkeit sichergestellt ist.

Der Auslösezeitpunkt ist in ausreichendem zeitlichem Abstand vor Unterschreiten der Mindesteigenmittelanforderungen festzulegen. Er sollte so gewählt werden, dass er nicht erst bei Aufzehrung des Aktienkapitals oder der Rücklagen des Instituts ausgelöst wird, sondern direkt nach dem Eintritt von Verlusten, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Finanz- oder Solvabilitätslage des Instituts führen.
Es muss bei der vom Institut gewählten Ausgestaltungsvariante sicher-gestellt sein, dass die Auslösung durch den Emittenten oder durch die Bundesanstalt erfolgen kann, wenn eine Unterschreitung der Mindesteigenmittelanforderungen hinreichend wahrscheinlich ist.

Die gewählte Ausgestaltungsvariante und der Auslösezeitpunkt müssen im Vertrag klar geregelt und rechtssicher sein sowie offen gelegt werden. Das Offenlegen hat in den Vertragsbedingungen sowie zusätzlich im Rahmen der Offenlegung nach Teil 5 der SolvV zu erfolgen.

4. Anrechnungsgrenzen

Die Anrechnungsgrenzen für den Anteil von sonstigem Kapital am Kern-kapital ergeben sich aus § 10 Absatz 2 Sätze 3 bis 5 KWG.

a) 15 %-Anrechnungsgrenze

Sonstiges Kapital, das für mindestens 30 Jahre befristet überlassen oder mit einem Tilgungsanreiz ausgestattet ist, darf nur in Höhe von bis zu 15 % des Kernkapitals angerechnet werden.

b) 35 %-Anrechnungsgrenze

Unbefristet überlassenes und ohne Tilgungsanreiz ausgestattetes sonstiges Kapital darf in Höhe von maximal 35 % beim Kernkapital angerechnet werden, wenn es nicht mit einem unter c) beschriebenen Wandlungsmechanismus versehen ist.

c) 50 %-Anrechnungsgrenze

Nur sonstiges Kapital, das mit einem Wandlungsmechanismus ausgestattet ist (eine Call-Option oder eine Rückzahlung in bar sind hier unzulässig), der dazu führt, dass es in Kernkapital nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 oder 8 KWG wandelbar ist, darf bis zu maximal 50 % des Kernkapitals angerechnet werden.

Der Wandlungsmechanismus kann in Form einer Pflichtwandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in Form einer jederzeitigen Wandelbarkeit ausgestaltet sein. Die Wandlung muss zwingend erfolgen, wenn eine Notsituation bei dem Emittenten besteht oder die Bundesanstalt die Wandlung aufgrund der Finanz- oder Solvabilitätslage des Instituts anordnet.
Eine abschließende Definition des Begriffs Notsituation ist aus ex ante Sicht nicht möglich. Typisierende Fallbeispiele für das Vorliegen einer Notsituation sind u. a.:

  • das Unterschreiten der Mindesteigenmittelanforderungen nach § 10 Absatz 1 KWG i. V. m. der SolvV;
  • das Unterschreiten der nach § 10 Absatz 1b KWG durch die Bundesanstalt festgesetzten erhöhten Mindesteigenmittelanforderungen;
  • die fehlende Risikoadäquanz trotz Einhalten der Mindesteigenmittelanforderungen.

Es darf keine Vertragsbedingung geben, die die Wandlung durch die Bundesanstalt be- oder verhindern könnte.

Eine dem Emittenten eingeräumte Wandlungsoption zu einem beliebigen Zeitpunkt oder eine Pflichtwandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt sind zulässig. Auch dem Investor darf ein jederzeitiges Wandlungsrecht eingeräumt werden; eine ihm durch die Vertragsbedingungen auferlegte Wandlungspflicht ist nicht erforderlich.

Um sicherzustellen, dass ab der Wandlung das gewandelte Kapital im gleichen Verhältnis zu den Anteilseignern an Kursverlusten teilnimmt, ist das Umwandlungsverhältnis bereits in den Vertragsbedingungen des sonstigen Kapitals festzulegen.
Das Umwandlungsverhältnis hat auf Grundlage des Marktwertes am Ausgabestichtag die Höchstzahl der zu wandelnden Instrumente zu bestimmen, um den Nominalwert des Instruments an den Aktienkurs anzugleichen. Der Wandlungsmechanismus darf zu einer Reduktion der Anzahl der zu wandelnden Instrumente führen, wenn der Aktienkurs steigt. Umgekehrt darf bei fallenden Aktienkursen keine Erhöhung der Anzahl der zu wandelnden Instrumente erfolgen.

Das so festgeschriebene Umwandlungsverhältnis steht einer technischen Anpassung in besonderen Situationen wie der Verschmelzung, dem Verkauf, der Liquidation, Reorganisation oder Kapitalherabsetzung des Instituts nicht entgegen. In diesen Fällen ist eine Anpassung des Umwandlungsverhältnisses zulässig.

5. Krisensituation

In Krisensituationen kann die Bundesanstalt den Instituten nach § 10 Absatz 2 Satz 11 KWG gestatten, die Anrechnungsgrenzen nach § 10 Absatz 2 Sätze 3 bis 7 KWG vorübergehend zu überschreiten. Die Zulässigkeit der Überschreitung ist auf die Dauer der Krisensituation beschränkt. Das Institut hat in diesem Fall einen Kapitalplan über die Rückkehr zu den normalen Eigenmittelanforderungen und die Überwindung der Krisensituation einzureichen.

Das Verschmelzen, der Verkauf oder die Übernahme des Instituts stellen grundsätzlich keine Krisensituation im Sinne von § 10 Absatz 2 Satz 11 KWG dar, es sei denn, sie erfolgen zum Zweck der Reorganisation oder der Rettung des Instituts.

6. Mittelbare Emission von sonstigem Kapital durch ein Special Purpose Vehicle (SPV)

Ein Special Purpose Vehicle (SPV) im Sinne dieses Rundschreibens ist ein Tochterunternehmen des übergeordneten Unternehmens oder Instituts mittels dessen sonstiges Kapital begeben wird, das sich das übergeordnete Unternehmen oder Institut auf Gruppen- oder Einzelebene gemäß § 10a KWG oder § 10 Absatz 11 KWG zurechnen kann. Das SPV kann neben der Emission von sonstigem Kapital für das übergeordnete Unternehmen oder Institut weitere Tätigkeiten ausüben. Ein Tochterunternehmen, das seinerseits ein Institut im Sinne des § 1 Absatz 1b KWG, ein Institut im Sinne des § 1 Absatz 2a ZAG oder eine Kapitalanlagegesellschaft im Sinne des § 2 Absatz 6 InvG ist, gilt nicht als SPV. Für die Bestimmung, ob es sich um ein Tochterunternehmen handelt, gilt die Definition des § 1 Absatz 7 KWG. Die hier angewendete Definition der Zweckgesellschaft ist umfassender als die in § 1 Absatz 26 KWG.

Indirekt emittiertes sonstiges Kapital darf dem Kernkapital des Mutterinstituts zugerechnet werden, wenn entweder die Vereinbarung zwischen Mutterinstitut und Tochterunternehmen (on-lending agreement) vorsieht, dass das von der Tochter emittierte sonstige Kapital an das Mutterinstitut weitergeleitet wird und bei der Mutter die Anforderungen an die Eigenschaften des sonstigen Kapitals erfüllt, oder die Bundesanstalt dem Institut die Einzelkonsolidierung gemäß § 10 Absatz 11 KWG gestattet hat.
Falls das Tochterunternehmen neben der Emission von sonstigem Kapital für die Mutter weitere Tätigkeiten ausübt, muss das sonstige Kapital so ausgestaltet und abgesichert sein, dass die Investoren keine bevorzugten Ansprüche in der Insolvenz des Tochterunternehmens haben.

Auf Gruppenebene angerechnetes mittelbar begebenes sonstiges Kapital muss alle Voraussetzungen für die Anrechenbarkeit als Kernkapital erfüllen.
Mittelbar begebenes sonstiges Kapital sollte entweder in direkt ausgegebene Kapitalinstrumente gleicher oder besserer Qualität wandelbar sein oder einem temporären oder endgültigen Herabschreibungsmechanismus bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen unterliegen. Mögliche Auslösungsmechanismen sollten unter anderem die Verletzung oder hinreichend wahrscheinliche Verletzung der Mindesteigenmittelanforderungen oder ein erheblicher Rückgang der Kapitalausstattung des Instituts sein.

Die der SPV-Struktur zugrunde liegenden Forderungen des Tochterunternehmens an das Mutterinstitut müssen nachrangig sein. Die Forderungen dürfen gegenüber der Mutter mit einem nachzuzahlenden Vorzug ausgestattet sein, wenn es dadurch zu gleichen Ergebnissen wie bei einem Instrument ohne diesen Vorzug kommt. Jeder mit dem Kupon in Zusammenhang stehende Mehrertrag bei dem SPV muss unverzüglich an das Mutterinstitut weitergeleitet werden. Zusätzlich dürfen die zugrunde liegenden Forderungen zeitlich befristet sein. Allerdings müssen die Vertragsbedingungen der zugrunde liegenden Forderungen so ausgestaltet sein, dass die Call-Option, die Kündigung oder der Rückkauf nicht eher ausgeübt werden können, als bei dem von dem SPV emittierten sonstigen Kapital vorgesehen.

Die Investoren des indirekt begebenen sonstigen Kapitals müssen dem gleichen Nachrang im laufenden Geschäftsbetrieb wie auch bei der Insolvenz oder Liquidation unterliegen, wie bei einer direkten Emission durch das Mutterinstitut. Garantien, die zu einer Bevorzugung der sonstigen Kapitalgeber oder zu einer vorzeitigen Rückzahlung des sonstigen Kapitals an diese führen würden, dürfen durch keines der gruppenangehörigen Unternehmen gewährt werden.

Die Institute sind dazu angehalten bei der mittelbaren Emission von sonstigem Kapital unter Einsatz eines SPV übermäßige zusätzliche rechtliche Risiken zu minimieren, die sich aus dem Sitz des SPV in einem anderen Staat ergeben könnten. Um dies sicherzustellen, müssen die Institute der Bundesanstalt vor der Emission darstellen, dass und wie sie diese Risiken begrenzt haben.

Die Investoren dürfen nicht das Recht haben, das Insolvenzverfahren über das SPV zu beantragen.

Dem Verzug bzw. der Nichterfüllung (event of default) soll dadurch begegnet werden, dass das SPV
a) lediglich sonstiges Kapital emittiert, bei dem die Vertragsbedingungen den Investoren kein Insolvenzantragsrecht einräumen (zum Beispiel sollte der Kuponausfall nicht den Verzug bzw. die Nichterfüllung begründen),
b) keine Garantien ausspricht oder erhält, durch die es zu einem Verzug oder einer Nichterfüllung kommen kann,
c) ausreichend mit Kapital ausgestattet ist, das für den laufenden Geschäftsbetrieb benötigt wird,
d) lediglich die Risiken trägt, für die es gegründet wurde,
e) nur die Anzahl von Beschäftigten hat, die es für den laufenden Geschäftsbetrieb benötigt, um operative Risiken zu begrenzen und
f) so ausgestaltet ist, dass es nicht durch die Investoren in die von diesen gewollte Insolvenz geführt werden kann.

Für den Fall des Zusammenbruchs der SPV-Struktur dürfen die Investoren kein vorrangigeres Recht gegen das Institut haben, als bei direkter Emission durch das Institut. Ist als Verlustabsorptionsmechanismus die Wandlung in ein direkt begebenes Kapitalinstrument vorgesehen, soll das indirekt begebene sonstige Kapital annulliert und durch ein gleichwertiges direkt emittiertes Instrument des Instituts ersetzt werden. Es darf bei diesem Austausch keine Hinderungsgründe für das Institut geben.

V. Antragsverfahren bei vorzeitigem Rückkauf bzw. vorzeitiger Rückzahlung

Der Rückkauf von Kernkapitalinstrumenten nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 und 8 KWG sowie die Rückzahlung (=Kündigung, Ausübung einer Call-Option und Rückkauf) von Kernkapitalinstrumenten nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 10 KWG bedürfen der vorherigen Zustimmung der Bundesanstalt. Außer im Falle der Ersetzung (siehe V 2 a) oder der Beendigung der Mitgliedschaft in einer Genossenschaftsbank, insbesondere durch Kündigung des Mitglieds (siehe V 2 f), kann eine Rückzahlung frühestens nach Ablauf von fünf Jahren seit Einzahlung erfolgen. Das Antragsverfahren für jede dieser Rückzahlungsvarianten unterliegt den nachfolgenden allgemeinen Voraussetzungen. Auf etwaige besondere Voraussetzungen, Ausnahmen und Erleichterungen wird explizit eingegangen.

Für die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung zur Rückzahlung von in einem anderen Staat begebenem anderen oder sonstigen Kapital ist die jeweilige Aufsicht des Heimatlandes zuständig.

1. Antragsvoraussetzungen und Informationsgrundlage

a) Antrag

Der Rückkauf von Kernkapitalinstrumenten nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 und 8 KWG sowie die Rückzahlung (=Kündigung, Ausübung einer Call-Option und Rückkauf) von Kernkapitalinstrumenten nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 10 KWG sind grundsätzlich antragspflichtig. Der Emittent oder das übergeordnete Unternehmen muss den Antrag bei der Bundesanstalt stellen. Der Antrag muss mit allen notwendigen Informationen versehen werden, die die Bundesanstalt für die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung benötigt. Es muss durch die eingereichten Unterlagen insbesondere eine ausreichende Informationsgrundlage über die potentiellen Auswirkungen auf die Finanz- und Solvabilitätslage des Instituts geschaffen werden.

b) Zeitpunkt des Antrags

Sobald das Institut die Entscheidung zur Rückzahlung getroffen hat, hat es bei der Bundesanstalt den Antrag auf Erteilung der Zustimmung zu stellen. Zwischen der Antragstellung und dem Datum der Rückzahlung muss ein ausreichend lang bemessener Zeitraum für die Entscheidung der Bundesanstalt über den Antrag gewährleistet sein.

c) Informationsgrundlage

Dem Antrag des Instituts sind folgende Informationen beizufügen, sofern sie der Bundesanstalt nicht schon bereits anderweitig vorliegen:

aa) eine fundierte Begründung, warum das Institut die Rückzahlung beantragt,

bb) eine Darstellung der aktuellen Finanz- und Solvenzsituation des Instituts, insbesondere unter Angabe von Höhe und Zusammensetzung der Eigenmittel vor und nach Durchführung der Rückzahlung sowie die Zusicherung des Instituts, dass es auch nach der Rückzahlung alle aufsichtlichen Anforderungen an die Eigenmittelausstattung erfüllt,

cc) eine Prognose über die zukünftige Entwicklung der Finanz- und Solvenzsituation des Instituts für die folgenden drei Jahre, die auf dem Geschäftsplan inklusive der geplanten Entwicklung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung basiert,

dd) eine Risikoabschätzung über die vorhandenen wie möglichen Risiken, denen das Institut ausgesetzt ist bzw. ausgesetzt sein wird und der Nachweis, dass die Eigenmittelausstattung diese Risiken abdeckt, inklusive Stresstests über die Hauptrisiken mit Darstellung von möglichen Verlusten unter verschiedenen Szenarien. Die nach AT 4.3.3 der MaRisk (RS 11/2010 vom 15.12.2010, GZ.: BA 54-FR 2210-2010/0003) regelmäßig durchzuführenden Stresstests erfüllen die hier geforderten Informationsanforderungen nur, wenn sie neben der Risikoabschätzung auch die Auswirkungen der Risiken auf die Eigenmittel berück-sichtigen und zum Zeitpunkt des Antrags nicht älter als drei Monate sind.

Falls notwendig, kann die Bundesanstalt weitere Informationen über die Liquiditätslage des Instituts sowie die Vorlage der Vertragsbedingungen des anderen wie sonstigen Kapitals verlangen.

Auch kann von dem Institut der Nachweis verlangt werden, dass es weiterhin die Möglichkeit der Aufnahme von Kernkapitalinstrumenten nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6, 8 oder 10 KWG am Kapitalmarkt hat, um das jeweilige Kapitalinstrument durch eine Neuemission ersetzen zu können. In diesem Fall müssen der Bundesanstalt Informationen über die Auswirkungen der Ersetzung auf die Rentabilität des Instituts übermittelt werden.

Selbst bei Vorliegen aller notwendigen Voraussetzungen kann die Bundesanstalt die Zustimmung zur Rückzahlung verweigern oder den rückzahlbaren Anteil verringern, wenn die gegenwärtige wie zukünftige Eigenmittelausstattung des Instituts seinem Risiko nicht angemessen ist.

§ 9 KWG findet Anwendung.

d) Weiteres Verfahren

Die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung richtet sich nach den Voraussetzungen des § 10 Absatz 4 Sätze 2 bis 5 KWG, die sowohl auf anderes (mit Ausnahme von Satz 4) als auch auf sonstiges Kapital Anwendung finden.
Bei Kernkapitalinstrumenten nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 1 bis 6 KWG erfolgt die Entscheidung unter Zugrundelegung der Voraussetzungen des § 10 Absatz 4 Sätze 2 bis 5 KWG in entsprechender Anwendung.

2. Ausnahmen, Besonderheiten und Erleichterungen

a) Ersetzung durch gleich- oder höherwertiges Kernkapital

Wurde das zur Rückzahlung vorgesehene Kernkapitalinstrument bereits durch zumindest gleichwertiges Kernkapital ersetzt, ist zunächst lediglich der Nachweis zu erbringen, dass und wodurch das Kernkapitalinstrument ersetzt worden ist. Im Anschluss daran prüft die Bundesanstalt, ob -und wenn ja welche- weiteren Informationen durch das Institut zur abschließenden Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der Ersetzung zu übermitteln sind.

b) Aktienvergütungsprogramme nach § 71 Absatz 1 Nr. 2 und Nr. 8 AktG

Der Erwerb eigener Aktien im Rahmen eines Aktienvergütungsprogramms ist nicht zustimmungspflichtig. Der Erwerb eigener Aktien gemäß § 71 Absatz 1 Nr. 2 und Nr. 8 AktG ist der Bundesanstalt jedoch anzuzeigen. Dabei gilt die Befreiung von der Zustimmungspflicht im Rahmen des § 71 Absatz 1 Nr. 8 AktG nur für den Erwerb der Aktien, die zur Bedienung des Aktienvergütungsprogramms bestimmt sind. Das Institut hat eine nachvollziehbare Abgrenzung gegenüber den anderen Erwerbszwecken des § 71 Absatz 1 Nr. 8 AktG sicherzustellen. Für die anderen Erwerbszwecke gilt weiterhin das allgemeine Zustimmungserfordernis. Die Grenzen und besonderen Voraussetzungen des § 71 Absatz 2 AktG sowie sämtliche Anforderungen der Institutsvergütungsverordnung6 sind einzuhalten. Insbesondere ist die angemessene Eigenmittelausstattung trotz des Aktienvergütungsprogramms sicherzustellen (siehe § 4 der Institutsvergütungsverordnung). Die vom Institut nach § 71 Absatz 1 Nr. 2 und Nr. 8 AktG erworbenen und gehaltenen Aktien sind bis zur Übereignung an die Mitarbeiter vom Kernkapital abzuziehen.
Für die Nutzung derivativer Instrumente im Rahmen von Aktienvergütungsprogrammen gelten die Ausführungen dieses Absatzes entsprechend.

c) Erwerb eigener Aktien zum Zwecke des Wertpapierhandels nach § 71 Absatz 1 Nr. 7 AktG

Der Erwerb eigener Aktien zum Zwecke des Wertpapierhandels ist zustimmungspflichtig. Der Antrag ist vor erstmaliger Aufnahme des Erwerbs eigener Aktien zum Zwecke des Wertpapierhandels und unmittelbar nach Erteilung des Hauptversammlungsbeschlusses zu stellen. Das Institut muss durch institutsinterne Richtlinien sicherstellen, dass der gesetzliche Rahmen des § 71 Absatz 1 Nr. 7, Absatz 2 AktG, insbesondere die Grenze von 5 % des Grundkapitals, am Ende jeden Tages eingehalten wird. Die institutsinternen Richtlinien sind dem Antrag beizufügen. Der jeweils gehaltene Bestand eigener Aktien ist vom Kernkapital abzuziehen.

d) Marktpflegemaßnahmen bei anderem Kapital

Buchstabe c) gilt entsprechend.

e) Marktpflegemaßnahmen bei sonstigem Kapital

Sonstiges Kapital darf in Höhe von maximal 10 % der jeweiligen Emission und insgesamt in Höhe von maximal 3 % des gesamten ausstehenden sonstigen Kapitals zurückerworben werden. Dabei ist der jeweils niedrigere Betrag maßgeblich und einzuhalten.
In diesem Rahmen besteht für Marktpflegemaßnahmen keine Zustimmungspflicht, jedoch muss die Absicht, von der Möglichkeit der Marktpflege Gebrauch zu machen, gegenüber der Bundesanstalt unverzüglich angezeigt werden. Bei der Eigenmittelberechnung ist das vom Institut zurückerworbene und gehaltene Kapital abzuziehen.

f) Verfahren bei Beendigung der Mitgliedschaft in einer Genossenschaftsbank, insbesondere bei Kündigung durch ein Mitglied

Im Falle der Beendigung der Mitgliedschaft in einer Genossenschaftsbank, insbesondere bei Kündigung durch ein Mitglied, ist es ausreichend, wenn der Bundesanstalt anstelle von Einzelanzeigen jeweils zum Jahresende eine Sammelanzeige aller Geschäftsguthaben von Mitgliedern, die zum Schluss des Geschäftsjahres ausscheiden, eingereicht wird. Sie ist zusammen mit der Meldung zur Eigenmittelausstattung zum vierten Quartal des Vorjahres abzugeben.

Die Genossenschaftsbank hat einen Schwellenwert zu ermitteln, der bestimmt, ob für die Sammelanzeige zum Jahresende die sonstigen Antragsvoraussetzungen des Abschnitts V 1 einzuhalten sind. Zur Ermittlung dieses Schwellenwerts sind die über das Jahr durch Beitritt neu gezeichneten Geschäftsguthaben von den Geschäftsguthaben von Mitgliedern, die zum Schluss des Geschäftsjahres ausscheiden, abzuziehen. Ist dieser Wert positiv, so ist er mit dem Kernkapital der Genossenschaftsbank im Sinne von § 10 Absatz 2 Satz 2 KWG ins Verhältnis zu setzen, wobei die gekündigten und bereits nach § 10 Absatz 2a Satz 1 Nr. 3 zweiter Halbsatz KWG abgesetzten Geschäftsguthaben dem Kernkapital für die Zwecke dieser Berechnung erneut hinzuzurechnen sind.

Überschreitet der vorstehend ermittelte Wert insgesamt die Schwelle von 0,5 % des Kernkapitals der Genossenschaftsbank im Sinne von § 10 Absatz 2 Satz 2 KWG, gelten für die Sammelmeldung zum Jahresende die sonstigen Antragsvoraussetzungen des Abschnittes V 1 entsprechend.
Überschreitet der vorstehend ermittelte Wert nicht die Schwelle von 0,5 % des Kernkapitals der Genossenschaftsbank im Sinne von § 10 Absatz 2 Satz 2 KWG bzw. ist der (saldierte) Schwellenwert negativ, gilt die Zustimmung zur Rückzahlung als erteilt, sofern die Bundesanstalt der Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben nicht innerhalb von 15 Arbeitstagen nach Eingang der Sammelmeldung widersprochen hat.

Berechnung des Schwellenwerts:

NGZ = Neu gezeichnete Geschäftsguthaben

GMA = Geschäftsguthaben von Mitgliedern, die zum Schluss des Geschäftsjahres ausscheiden

KK = Kernkapital der Genossenschaftsbank im Sinne von § 10 Absatz 2 Satz 2 KWG

Berechnungsschritte:

1) x = GMA – NGZ

2a) wenn x > 0:

2aa)

Rundschreiben Kernkapitalinstrumente: Formel Antragsverfahren

x / ( KK + GMA ) > 0,5 % KK => Antragsverfahren BaFin

2ab)

Rundschreiben Kernkapitalinstrumente: Formel Anzeigeverfahren

x / ( KK + GMA ) < 0,5 % KK => bloßes Anzeigeverfahren BaFin

2b) wenn x ≤ 0 => bloßes Anzeigeverfahren

1 Implementation Guidelines for Hybrid Capital Instruments (http://www.eba.europa.eu/CMSPages/GetFile.aspx?nodeguid=97f3cd8f-855c-40de-a98b-b923e8eaa4ad)

2 Implementation Guidelines regarding Instruments referred to in Article 57 (a) of Directive 2006/48/EC recast (http://www.eba.europa.eu/documents/Publications/Standards---Guidelines/2010/Guidelines_article57a/Guidelines_article57a.aspx

3 Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen (Solvabilitätsverordnung – SolvV) vom 14.12.2006, BGBl. I 2006, S. 2926.

4 Zulässig sind strenger ausgestaltete Vereinbarungen, die z. B. auf das Jahresergebnis abstellen

5 Zulässig sind strenger ausgestaltete Vereinbarungen, die z. B. auf das Jahresergebnis abstellen

6 Verordnung über die aufsichtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (Institutsvergütungsverordnung – InstitutsVergV) vom 06.10.2010, BGBl. I 2010, S. 1374

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