BaFin/Matthias Sandmann
Erscheinung:26.09.2024 | Thema Versicherungen aba-Pensionskassentagung
Rede von Julia Wiens, Exekutivdirektorin Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Rings,
sehr geehrte Damen und Herren,
herzlichen Dank für die Einladung. Ich freue mich, heute bei der aba-Tagung zu sein. Weil die Pensionskassen einen gesellschaftlich wichtigen Auftrag haben: Einkommen im Alter zu sichern. Und weil mir der Austausch mit der Branche sehr am Herzen liegt. Und – last not least – weil ich in meinem bisherigen Berufsleben nur wenige Berührungspunkte mit dieser Branche hatte.
Der berühmte Chemiker Justus von Liebig soll ja einmal gesagt haben: „Auch die Lehrer der besten Schulen verwildern, wenn die strenge Aufsicht fehlt.“ So weit möchte ich dann doch nicht gehen. Aber aus Perspektive der Aufsicht gibt es ein paar Themen, die ich heute ansprechen möchte.
Erstens natürlich die wirtschaftliche Lage der Pensionskassen. Wie geht es den Unternehmen? Auf welche Unwägbarkeiten müssen sie achten?
Zweitens aktuelle Risiken, die mit Anlagen in bestimmten Bereichen wie etwa Gewerbeimmobilien einhergehen. Drittens möchte ich die weiter laufende Konsolidierung der Branche ansprechen. Und – viertens – den Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes II, der für die Branche sehr wichtig ist.
Und zu guter Letzt habe ich mir noch das Thema operationelle Resilienz vorgenommen. Das ist ja auch für Pensionskassen hoch relevant.
Beginnen wir mit der wirtschaftlichen Lage der Pensionskassen. Die hat sich in der letzten Zeit deutlich verbessert.
Nach den langen Jahren des Niedrigzinsumfelds war der jüngste Zinsanstieg eine große Entlastung. Die Kassen haben nun wieder viel bessere Ertragschancen in der Neu- und Wiederanlage.
Die bessere wirtschaftliche Lage bedeutet auch: Weniger Kassen befinden sich unter intensivierter Aufsicht. Inzwischen sind es weniger als 20.
Das ist sehr erfreulich. Nur mal zum Vergleich: Ende 2021 standen noch rund 40 Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht.
Auf den ersten Blick stehen die Pensionskassen – insgesamt betrachtet – heute also besser da als in den vergangenen Jahren. Wenn wir aber genauer hinsehen, dann wird deutlich: Zumindest bislang gab es zwischen den Kassen große Unterschiede. Das hatte die letzte BaFin-Prognoserechnung zum 30. September 2023 klar gezeigt. Nur ein Beispiel: Die Rückkehr eines niedrigeren Zinsniveaus, das wir in der Prognoserechnung ab dem Jahr sechs vorgegeben hatten, kann bei einigen Kassen weiterhin zu Schwierigkeiten führen. Also zu Solvabilitätsunterdeckungen und zu Leistungskürzungen.
Die neue Prognoserechnung zum 30. September 2024 wird uns einen aktuelleren Blick in die wirtschaftliche Lage der Pensionskassen ermöglichen.
Sie wird ähnlich angelegt sein wie die Prognoserechnung im vergangenen Jahr. Es gibt vor allem Aktualisierungen bei einigen Parametern.
Zur wirtschaftlichen Lage der Pensionskassen gehört auch die Reservesituation. In der Brutto-Betrachtung bestanden bei den Pensionskassen im zweiten Quartal 2024 immer noch erhebliche stille Lasten. Erheblich bedeutet: mehr als 14 Milliarden Euro. Ende 2022, auf dem Höchststand der Zinsen, waren es rund 17 Mrd. Euro. Das zeigt, wie langsam die stillen Lasten abschmelzen. Die Pensionskassen werden noch einige Zeit damit umgehen müssen.
Netto sieht es etwas anders aus. Seit dem Ende letzten Jahres weisen die Kassen – auf Branchenebene– wieder stille Netto-Reserven aus, wenn auch nur im geringen Umfang. Das ist eine positive Entwicklung.
Auch in puncto Netto-Reserven gibt es in der Branche erhebliche Unterschiede.
Einige Unternehmen stehen sehr gut da. Aber gleichzeitig wies Mitte des Jahres etwas mehr als die Hälfte der Kassen stille Netto-Lasten aus. Bei rund einem Drittel gibt es sogar Unterwertigkeiten im Sicherungsvermögen. Das Thema stille Lasten bleibt also auf der Agenda.
Das mit dem höheren Zinsniveau einhergehende Abschmelzen der Bewertungsreserven bedeutet auch: Kassen, die Abschreibungen bei ihren Kapitalanlagen vornehmen müssen, können diese Abschreibungen schlechter kompensieren. Und das bedeutet: Die Risikotragfähigkeit nimmt bei diesen Unternehmen ab.
Für uns ist klar: Die Risikotragfähigkeit der Pensionskassen muss gewährleistet sein. Die Eigenmittel der Kassen müssen stets mindestens der Solvabilitätskapitalanforderung entsprechen. Das sind klare gesetzliche Anforderungen. Behalten Sie das Thema daher auf dem Schirm.
Kommen wir nun zu den Anlagerisiken. In der Praxis haben wir in den letzten Jahren Abschreibungsbedarf bei Kapitalanlagen in verschiedenen Bereichen gesehen – insbesondere auch im Bereich der Gewerbeimmobilien, wo es ja deutliche Preiskorrekturen gab.
Pensionskassen müssen daher ihre Anlagerisiken gut managen. Darauf werden wir auch künftig großen Wert legen. Mein Kollege Marc Wolbeck wird heute Nachmittag näher auf dieses Thema eingehen.
Im Niedrigzinsumfeld haben viele Pensionskassen vermehrt in alternative Anlageklassen investiert.
Zum Beispiel in Gewerbeimmobilien oder in höher rentierliche illiquide Anlagen wie Private Equity und Private Debt. Aber diese Anlageklassen bringen natürlich auch spezifische Risiken mit sich.
Das haben die Verwerfungen auf dem Markt für Gewerbeimmobilien in den letzten Monaten und Jahren deutlich gezeigt.
Teilweise spektakuläre Pleiten großer Immobilieninvestoren haben für einige Schlagzeilen gesorgt. Die Preise für Gewerbeimmobilien sind auf breiter Front gefallen. Das Transaktionsvolumen ist eingebrochen. Und wenn wir uns die Faktoren ansehen, die Angebot und Nachfrage maßgeblich bestimmen, dann sind weitere Preisrückgänge nicht auszuschließen.
Da ist die schwache Konjunktur, die die Nachfrage nach neuen Büro-, Fabrik- oder Ladenflächen bremst. Da ist, oder war, die erhöhte Inflation der vergangenen Jahre und Monate, die die Kauflust der Konsumentinnen und Konsumenten zügelte, die Ertragssituation der Gewerbetreibenden belastete und die immer noch nachwirkt.
Die Notenbanken haben darauf mit Zinserhöhungen reagiert. In der Folge sind die Finanzierungskosten gestiegen. Damit rechneten sich viele neue Projekte nicht mehr.
Zu diesen wirtschaftlichen Faktoren kommen strukturelle Entwicklungen wie das inzwischen weit verbreitete Home-Office und der wachsende Online-Handel.
Weil der Markt für Gewerbeimmobilien unter Druck steht, haben wir analysiert, welchen Risiken Versicherer und Pensionskassen dadurch ausgesetzt sind. Deshalb haben wir in den vergangenen Monaten mehrere Erhebungen durchgeführt, zu den Exposures von Versicherern und Pensionskassen in Gewerbeimmobilien und illiquiden Anlagen wie Private Equity und Private Debt.
Bleiben wir zunächst bei den Gewerbeimmobilien. Hier zeigte unsere Erhebung bei Versicherern und großen Pensionskassen mit einer Bilanzsumme von über einer Milliarde Euro, dass es bei Wohn- und Gewerbeimmobilienanlagen durchaus zu negativen Wertanpassungen bei den Zeitwerten kam. Da viele Versicherer und Pensionskassen in diesem Bereich aber über hohe stille Reserven verfügen, waren außerplanmäßige Abschreibungen bei den Buchwerten bisher nur sehr selten erforderlich. Und bezogen auf die gesamten Kapitalanlagen waren sowohl die Zeitwertanpassungen als auch die außerplanmäßigen Abschreibungen für die Branche bisher überschaubar. Hier zeigt sich wieder einmal, wie wichtig eine gute Diversifikation ist.
Bei den kleinen Pensionskassen mit einer Bilanzsumme von bis zu einer Milliarde Euro haben wir, wie Sie wissen, ebenfalls eine Abfrage zum Gewerbeimmobilien-Exposure durchgeführt.
Diese zeigt, dass die kleineren Kassen im Durchschnitt etwas stärker in Gewerbeimmobilien investiert sind als die Großen. Auch bei den kleineren Pensionskassen ergab sich nur selten ein erheblicher außerplanmäßiger Abschreibungsbedarf.
Die Höhe des Exposures unterscheidet sich zwischen den einzelnen Pensionskassen jedoch deutlich. Auch hier zeigt sich also ein heterogenes Bild.
Alles in allem erwarten wir derzeit auf Branchenebene keine signifikante Verschlechterung der Solvenz aufgrund von Risiken aus Gewerbeimmobilien. Aber – ich hatte es bereits gesagt – bei der Höhe der Exposures gibt es ein sehr heterogenes Bild. Bei einzelnen Pensionskassen kann weiterer Abschreibungsbedarf in diesem Bereich durchaus zu Schwierigkeiten wie Solvabilitätsunterdeckungen und sogar zu Leistungskürzungen führen.
Neben den Investments in Gewerbeimmobilien haben viele Versicherer und große Pensionskassen in illiquide Anlagen wie Private Equity und Private Debt investiert. Gerade im Niedrigzinsumfeld boten diese Anlagen noch Aussicht auf attraktive Renditen.
Diese Anlageformen bringen jedoch eigene Unwägbarkeiten mit sich. Sie sind insbesondere viel komplexer als liquide Anlagen wie Staatsanleihen und Aktien. Denn das Anlageuniversum von Private Equity und Private Debt ist sehr heterogen. Zudem ist es viel aufwändiger, Informationen zu den Zielunternehmen zu beschaffen und auszuwerten. Kurzum: Das sind sehr anspruchsvolle Anlagen.
Unsere Analysen zeigen, dass der Anstieg der illiquiden Anlageformen in den Portfolien der Versicherer und der großen Pensionskassen mittlerweile abgeebbt ist. Lediglich der Anteil von Private-Debt-Anlagen hat zuletzt noch weiter zugelegt.
Besonders aufgefallen ist uns bei unserer Erhebung des Kapitalanlageverhaltens der Versicherer und der großen Pensionskassen zudem, dass Pensionskassen stärker als Versicherer in Anlageformen wie Private Equity und Private Debt investieren.
Gerade deshalb möchte ich betonen: Für diese Anlageformen brauchen Sie ein leistungsstarkes Risikomanagement. Mit einer adäquaten Personalausstattung. Und zwar mit Mitarbeitenden, die sich in puncto Private-Equity- und Private-Debt-Investments sehr gut auskennen. Verlassen Sie sich nicht nur auf die Informationen und Daten Ihrer Asset-Manager. Entwickeln Sie eigene Expertise, wenn Sie in dieser Anlageklasse weiterhin investiert bleiben wollen.
Das vergleichsweise hohe Exposure der größeren Pensionskassen in den genannten Assetklassen war auch einer der Gründe warum wir uns dazu entschieden haben, die Erhebung zum Kapitalanlageverhalten auch bei den kleineren Pensionskassen durchzuführen. Diese Abfrage läuft noch etwas mehr als zwei Wochen, bis zum 11. Oktober.
Eines steht jedoch schon heute fest: Wir werden auf Basis der Ergebnisse unserer Abfragen Gespräche mit einigen Pensionskassen führen. Zum Beispiel mit den Kassen, die ein relativ hohes Exposure in bestimmten Anlageklassen aufweisen. Mit ihnen werden wir über die Behandlung dieser Anlageformen im Risikomanagement sprechen.
Kommen wir damit zum dritten Thema, der laufenden Konsolidierung der Branche. Auch wenn sich die wirtschaftliche Lage inzwischen wieder aufgehellt hat: Die Zahl der Pensionskassen sinkt beharrlich.
Zum Jahresende 2023 standen 122 Pensionskassen unter Aufsicht der BaFin. Zum Vergleich: Fünf Jahre zuvor, zum Jahresende 2018 waren es noch 136. Das entspricht einem Rückgang von 10 Prozent.
Wenn wir einmal gemeinsam auf die deutsche Pensionskassen-Landschaft blicken, dann sehen wir ein sehr differenziertes Bild. Insgesamt betrachtet wächst die Branche. Das gilt sowohl für die Zahl der Versorgungsberechtigten als auch für die Kapitalanlagen. Aber: Dieses Wachstum ist ungleichmäßig verteilt.
Einige Kassen verzeichnen einen deutlichen Anstieg der Zahl der Versorgungsberechtigten. Aber rund die Hälfte der Kassen betreibt kein Neugeschäft mehr. Sie befinden sich im Abwicklungsprozess. Einige dieser Kassen sind schon seit Jahrzehnten geschlossen und haben daher bereits sehr reife Versicherungsbestände.
Alle geschlossenen Kassen werden sich früher oder später die gleiche Frage stellen müssen: Sind wir auch mittelfristig noch zukunftsfähig?
Als Aufsicht wollen wir natürlich zukunftsfähige Pensionskassen, die in der Lage sind den Berechtigten eine verlässliche Rentenzahlung zu bieten und die aufsichtlichen Anforderungen zu erfüllen. Darüber sprechen wir auch regelmäßig mit den Kassen. Solche Gespräche haben in der Vergangenheit durchaus dazu beigetragen, das eine oder andere Vorhaben zur Bestandsübertragung zu realisieren.
Ich möchte daher heute noch einmal deutlich machen: Wir begrüßen es sehr, wenn sich Pensionskassen rechtzeitig mit ihrer Zukunft beschäftigen. Und: Wir unterstützen bei der Suche und Umsetzung geeigneter Lösungen.
Daher ist unsere klare Bitte: Sprechen sie uns frühzeitig an, falls Sie etwa eine Bestandsübertragung anstreben. Unsere Kolleginnen und Kollegen werden gerne Kontakte zu aufnahmewilligen Unternehmen herstellen.
Ich möchte aber an dieser Stelle auch nochmal besonders den Kassen danken, die sich immer wieder bereit erklären Bestände zu übernehmen. Das ist ein wichtiger Beitrag für die Stabilität der Branche. Ich hoffe, dass es auch in Zukunft nicht an aufnahmebereiten Kassen fehlen wird.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte diese Gelegenheit gerne auch nutzen, um auf einige Neuerungen des geplanten Betriebsrentenstärkungsgesetzes II einzugehen, das ja auch die Pensionskassen stark betreffen wird.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hatte im Juni den Referentenentwurf des Gesetzes veröffentlicht, den die Verbände dann kommentieren konnten. Das hat die aba ja auch gemacht. Seit dem 18. September liegt nun der Regierungsentwurf vor. Ich möchte hier auf einige ausgewählte Punkte eingehen, die die Pensionskassen besonders betreffen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, § 234j VAG um eine Regelung zu erweitern, die Pensionskassen in engen Grenzen Unterdeckungen des Sicherungsvermögens zu Buchwerten erlaubt. Ich begrüße diese Neuregelung. Denn damit wird den Pensionskassen, die davon Gebrauch machen, eine ertragreichere, aber damit auch riskantere Kapitalanlage ermöglicht. Eine Unterdeckung soll nur dann möglich sein, wenn mit Genehmigung der BaFin vorab ein Plan, ein sogenannter „Sicherungsvermögensplan“, erstellt wird, wie die Bedeckung wiederhergestellt werden kann. Im Rahmen dieses Plans sind Zahlungen der beteiligten Arbeitgeber notwendig. Die Regelung kann also nur genutzt werden, wenn solvente und zahlungswillige Arbeitgeber vorhanden sind, die bereit sind den gesamten vorhandenen Bestand im Bedarfsfall zu stützen. Anders als noch im Referentenentwurf vorgesehen, soll der Pensions-Sicherungs-Verein nun nicht bereits bei Genehmigung eines Sicherungsvermögensplans über den Plan informiert werden, sondern erst bei Eintritt einer Unterdeckung.
Zudem ist geplant, den Pensionskassen vor dem Hintergrund des neuen Hinzuverdienstrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung zu gestatten, Leistungen bereits dann zu erbringen, wenn Versicherte eine Voll- oder Teilrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen ohne ihr Arbeitsverhältnis beendet zu haben. Zudem soll ermöglicht werden, höhere Zahlungen als bisher zu erbringen, wenn das Erwerbseinkommen nur teilweise wegfällt. Ich begrüße diese Flexibilisierung. Ich begrüße aber auch, dass es bei dem Grundsatz bleibt, dass der Zweck einer Pensionskasse die Absicherung wegfallenden Erwerbseinkommens ist.
Darüber hinaus enthält der Gesetzesentwurf eine Regelung, wonach bei Auflösung einer Pensionskasse die Zusage des Arbeitgebers in dem Umfang erlöschen soll, wie sie von der Pensionskasse durchgeführt wurde. Die entsprechende Regelung im Referentenentwurf war von vielen Seiten dahingehend kommentiert worden, dass hier weitere Klarstellungen erforderlich seien. Der Regierungsentwurf wurde hier angepasst. Es bleibt abzuwarten, wie die erfolgten Anpassungen aufgenommen werden.
Außerdem sind im Gesetzesentwurf auch Änderungen der Anlageverordnung vorgesehen. Die „Risikokapitalanlagequote“, die insbesondere die Anlage in Aktien umfasst, soll von 35 auf 40 Prozent angehoben werden. Dies würde den Spielraum in der Kapitalanlage der Pensionskassen erweitern. In welchem Maß der erweiterte Spielraum genutzt werden kann, wird vom Anlage- und Risikomanagement sowie der Risikotragfähigkeit des jeweiligen Unternehmens bestimmt.
Zudem soll eine gesonderte Infrastrukturquote eingeführt werden, um Infrastrukturinvestitionen zu erleichtern. Wir werden sehen, wie die Pensionskassen diese neuen Möglichkeiten in der Praxis nutzen werden.
Der letzte Aspekt des Gesetzentwurfs, auf den ich hier eingehen will, betrifft die reine Beitragszusage. Das Thema betrifft nicht ausschließlich, aber eben auch die Pensionskassen. Der Entwurf enthält dazu zahlreiche Neuregelungen, mit denen insbesondere die Verbreitung der reinen Beitragszusage gestärkt werden soll. Damit sie möglichst effizient ist, braucht sie allerdings ein gewisses Volumen. Daher begrüße ich, dass die Verbreitung der reinen Beitragszusage gestärkt werden soll. Übrigens: Inzwischen bietet auch eine Pensionskasse eine reine Beitragszusage an.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich noch ein Thema ansprechen, das nicht nur, aber eben auch die Pensionskassen betrifft. Und das ist die operative Resilienz. Das bedeutet vor allem: Sie müssen Ihre IT- und Cyber-Risiken gut managen, damit Sie eine starke operative Resilienz haben.
Bleiben wir nur einmal kurz beim Thema Cyber. Die Bedrohung durch Cyber-Angriffe ist so hoch wie nie. Nahezu jeden Tag können wir in den Medien über neue Attacken lesen. Die subjektive Bedrohungslage steigt.
Aber auch die Einschätzung von Fachexpertinnen und Fachexperten, beispielsweise beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, ist eindeutig. Deshalb ist es unerlässlich, dass Sie sich gut gegen Cyber-Risiken wappnen.
Zu einer starken operationellen Resilienz gehört es auch, die Risiken durch Konzentrationen von IT-Auslagerungen im Blick zu behalten. Viele Unternehmen lagern Services aus, weil Dienstleister sie effizienter und auch sicherer anbieten können. Dagegen ist grundsätzlich auch nichts einzuwenden, es macht sogar sehr viel Sinn. Es gibt aber einige spezialisierte IT-Dienstleister, die für zahlreiche Unternehmen in der Versicherungsbranche arbeiten. Wenn es dort zu Störungen kommt, sind gleich mehrere Unternehmen betroffen.
Angesichts dieser Risiken muss sich jede und jeder, die oder der bei einer Pensionskasse Verantwortung für die IT trägt, fragen: Haben wir ein effektives Risikomanagement? Ist unsere IT noch adäquat? Investieren wir regelmäßig in leistungsfähige Systeme? Und: Haben wir die Fachkräfte, die wir brauchen – und zwar heute und morgen? Wir erwarten von Ihnen, dass Sie IT- und Cyber-Risiken ernst nehmen.
Bisher haben wir die Umsetzung der VAIT geprüft. Und ab 2025 werden wir dann schauen, wie die Unternehmen das europäische Regelwerk DORA umsetzen. Wenn wir Lücken in der IT-Sicherheit feststellen, greifen wir ein. Vor allem aber möchten wir Sie für dieses Thema sensibilisieren. Wir erwarten, dass Sie in die Sicherheit und in die Resilienz Ihrer IT-Systeme investieren. Das ist Ihre Verantwortung.
Meine Damen und Herren,
das waren jetzt viele Themen in relativ kurzer Zeit. Bewusst außen vor gelassen habe ich das Thema der Wohlverhaltensaufsicht. Wie Sie sicherlich wissen, schauen wir uns zurzeit kapitalbildende Lebensversicherungen besonders intensiv an. Aber das, was wir für diese Produkte einfordern – dass sie Kundinnen und Kunden einen hinreichenden Nutzen bieten müssen – das gilt grundsätzlich natürlich für alle Versicherungssparten, auch für die betriebliche Altersversorgung. Das Thema können wir vielleicht bei anderer Gelegenheit einmal vertiefen.
Morgen oder am Montag kehren viele von Ihnen zurück ins Büro oder ins Homeoffice. Wenn Sie dann mit Ihren Kolleginnen und Kollegen sprechen und die sie fragen: „Was hat Frau Wiens von der BaFin gesagt?“, dann können Sie Ihnen diese fünf Punkte mitgeben:
Erstens: Die wirtschaftliche Lage der Pensionskassen hat sich verbessert. Aber zwischen den Kassen gibt es teilweise erhebliche Unterschiede. Jetzt ist nicht die Zeit, sich auf vermeintlichen Lorbeeren auszuruhen. Alle Pensionskassen sollten ihre wirtschaftlichen Risiken konsequent managen.
Zweitens: Die Pensionskassen müssen Ihre Anlagerisiken im Griff haben. Das gilt insbesondere für Anlageklassen, die zurzeit höhere Risiken bergen, wie Gewerbeimmobilien.
Und das gilt für Anlageklassen, die besondere Anforderungen an das Risikomanagement und an das Knowhow stellen, wie Private Equity und Private Debt.
Drittens: Kassen, die über eine Bestandsübertragung nachdenken, können gern ihr Aufsichtsteam ansprechen. Wir unterstützen sie dabei.
Viertens: Der Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes II enthält einige Neuerungen für die Pensionskassen. Haben Sie diese frühzeitig im Blick.
Und schließlich fünftens: Sie müssen Ihre operationelle Resilienz stärken und in die Sicherheit und in die Widerstandsfähigkeit Ihrer IT-Systeme investieren. Daran wird kein Weg vorbeiführen.
Vielen herzlichen Dank.