Thema Verbraucherschutz Zins-Anleihen
Inhalt
Festzins- und Stufenzins-Anleihen aus der Banken- und Sparkassenwelt bieten häufig scheinbar eine attraktivere Verzinsung als Festgeld & Co. Was leicht übersehen wird: Erst nach Abzug der Kosten zeigt sich, wie hoch der erzielbare Ertrag ist. Etwaige Kündigungsrechte zugunsten des Ausstellers sollten Sie in Ihre Renditebetrachtung miteinbeziehen.
Das Wichtigste vorab
Festzins-Anleihen oder -Zertifikate sind Wertpapiere von Banken und Sparkassen. Sie unterscheiden sich grundlegend von klassischen Einlageprodukten wie beispielsweise Festgeldkonten. Das sind die Hauptunterschiede - und die Gemeinsamkeiten:
Einlagen auf Festgeldkonten, klassische Sparbriefe ohne Nachrangabrede | Zins-Zertifikate | |
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Ertrag | planbar, fester Zinssatz über die Laufzeit | planbar, fester Zinssatz über die Laufzeit |
Laufzeit | feste Laufzeiten (z. B. 1 Jahr, 3 Jahre) | feste Laufzeit, bei manchen Produkten kann der Emittent zu festgelegten Zeitpunkten kündigen |
Kosten | keine | Sie zahlen Erwerbskosten in Höhe von [x] Prozent des Anlagebetrags, Handelsplatzentgelte und Depotgebühren für die Verwahrung |
Liquidität | Der Anlagebetrag ist während der Laufzeit in der Regel nicht verfügbar | Zins-Zertifikate können regelmäßig börsentäglich verkauft werden, aber: beim Verkauf muss man möglicherweise mit Abschlägen rechnen |
Risiken bei Insolvenz | Einlagen bis 100.000 Euro pro Kunde und Bank sind durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt. Oft sind die Institute darüber hinaus Mitglied in freiwilligen Einlagesicherungssystemen. Zu einer möglichen freiwilligen Institutssicherung siehe Ausführungen unter Chancen und Risiken. | Die gesetzliche Einlagensicherung greift bei Insolvenz des Zertifikate-Herausgebers nicht. Zu einer möglichen freiwilligen Institutssicherung siehe Ausführungen unter Chancen und Risiken. |
Zugänglichkeit | Die Produkte sind einfach zu eröffnen und zu verwalten | Die Produkte sind einfach zu eröffnen. Für die Verwahrung brauchen Sie ein Depot. |
So funktionieren Zins-Anleihen
Wer eine Zins-Anleihe kauft (der Fachbegriff ist „zeichnen“), gibt dem Emittenten faktisch einen Kredit in Höhe des Anlagebetrages. Der Emittent verpflichtet sich, den Nennwert am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen. Der Nennwert ist der Preis, zu dem das Papier emittiert wird, also der Anlagebetrag. Die Kosten, die Sie zahlen müssen, um das Papier zu kaufen und verwahren zu lassen, sind im Nennwert nicht berücksichtigt.
Zins-Anleihen sind mit einem Kupon ausgestattet. Das heißt, dass der Emittent verpflichtet ist, Zinsen in vereinbarter Höhe auf den Nennwert zu zahlen. Bei Festzins-Anleihen ist der Zinssatz zu jedem Zinszahlungstermin gleich hoch. Bei Stufenzins-Anleihen sind für die Zinszahlungstermine in der Regel verschiedene Zinssätze vereinbart. Der Zinssatz steigt stufenweise von Zinszahlungstermin zu Zinszahlungstermin.
Zins-Anleihen sind Wertpapiere. Anders als bei Festgeld oder einem Sparbrief müssen Sie ein Depot eröffnen, um diese Papiere verwahren zu lassen.
Chancen und Risiken
Zins-Anleihen sind planbar und grundsätzlich liquide. Es gibt betragsmäßig feststehende Zinszahlungen zu vereinbarten Terminen. Am Laufzeitende hat man Anspruch auf Rückzahlung des Nennwerts.
Man kann die Papiere in der Regel jederzeit verkaufen, muss aber bei Veräußerung während der Laufzeit mit Abschlägen rechnen (Erläuterungen zur Preisbildung finden Sie hier). Dies gilt insbesondere dann, wenn das allgemeine Zinsniveau im Vergleich zum Zinsniveau im Emissionszeitraum steigt. In diesem Fall ist es für Neu-Anlegerinnen und -Anleger nämlich lukrativer, neu ausgegebene Anleihen mit - infolge des gestiegenen Zinsniveaus - höherem Kupon zu kaufen, als bereits früher emittierte mit geringerer Verzinsung.
Wenn das allgemeine Zinsniveau während der Laufzeit des Zinszertifikats hingegen spürbar sinkt oder der Zinssatz, zu dem der Emittent sich Kapital beschaffen kann (Refinanzierungssatz), spürbar steigt, können Sie beim Verkauf während der Laufzeit damit rechnen, dass Sie beim Verkauf möglicherweise entsprechend mehr erzielen, als Sie bezahlt hatten.
Bei Verschlechterung der Kreditwürdigkeit (Bonität) des Emittenten während der Laufzeit sinkt der Preis, den man bei vorzeitigem Verkauf erzielen kann. Wenn der Emittent zahlungsunfähig wird, können Sie möglicherweise ganz leer ausgehen, denn Zins-Zertifikate werden nicht von der gesetzlichen Einlagensicherung geschützt.
Verbundbanken, also Volks- und Raiffeisenbanken, Sparkassen, Landesbanken und Landesbausparkassen, nutzen allerdings in der Regel ein besonderes Instrument, um eine Insolvenz abzuwenden, die sogenannte Institutssicherung. Alle Mitglieder der institutssichernden Einrichtungen fühlen sich untereinander aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Sicherungssystem des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) oder zum Haftungsverbund des Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) verpflichtet, sich im Bedarfsfall gegenseitig zu helfen und zu unterstützen. Der Verbund übernimmt in einem solchen Fall die Aufgabe, drohende oder bestehende wirtschaftliche Schwierigkeiten bei den angeschlossenen Instituten abzuwenden oder zu beheben. Ein Rechtsanspruch hierauf besteht jedoch nicht. Ob eine Bank Mitglied einer solchen Institutssicherung ist, erfahren Sie bei der Bank selbst oder bei den entsprechenden Einrichtungen.
Kosten als Renditefaktor
Die Hauptkostenblöcke sind die Erwerbskosten (Einstiegskosten) und das Depotentgelt. Daneben gibt es möglichweise Aufwendungen wie Handelsplatzentgelte, die die Emittenten sich erstatten lassen. In aller Regel müssen Sie keinen Ausgabeaufschlag zahlen.
Erwerbs- oder Einstiegskosten können Provisionen (Zuwendungen) oder Margen sein, die die Banken und Sparkassen für den Wertpapierverkauf verlangen. Angaben hierzu gibt es in den Verkaufsunterlagen bzw. in den sogenannten Ex-ante-Kosteninformationen.
Die Höhe des Depotentgelts ist unterschiedlich. Häufig ist vorgesehen, dass man jährlich eine Grundgebühr zahlt und zusätzlich einen bestimmten Prozentsatz des Kurswerts der im Depot verwahrten Wertpapiere im Abrechnungszeitraum. Es gibt aber auch Modelle, bei denen beispielsweise die Grundgebühr und die Verwahrung von Wertpapieren bis zu einem bestimmten Volumen enthalten sind. Es können auch Erwerbskosten für eine bestimmte Anzahl oder Art der Transaktionen mit einem - dann entsprechend höheren - pauschalen Depotentgelt abgedeckt sein.
Erwerbskosten und Depotentgelt müssen Sie bei der Renditebetrachtung berücksichtigen. Je kürzer die Laufzeit der Zins-Anleihe ist, desto mehr wird die Rendite durch die Erwerbskosten und das Depotentgelt aufgezehrt.
Weitere Kostenangaben: nur informationshalber
Die Emittenten geben in der Regel auch die Produktkosten, also den ungefähren Herstellungspreis pro Anleihe bezogen auf einen Nennwert von 1.000 Euro, an. Dieser Herstellungspreis heißt Issuer Estimated Value (IEV). Die Differenz zwischen dem Nennwert und dem IEV zeigt für den Emissionszeitpunkt, wieviel der Aussteller und der Vertrieb voraussichtlich an dem Zins-Zertifikat verdienen, also wie hoch die Emittenten-Marge und die Vertriebsvergütung sein werden.
Wichtig: Der voraussichtliche Wert wird lediglich informationshalber einmalig ausgewiesen, nämlich in der Emissionsphase, um die Kostentransparenz zu erhöhen und es Ihnen zu ermöglichen, verschiedene Zins-Zertifikate auch in dieser Hinsicht zu vergleichen.
Beispiel: Issuer Estimated Value (IEV) einer Zins-Anleihe
Der Nennwert von zwei Zins-Anleihen a) und b) beträgt jeweils 1.000 Euro. Im Informationsblatt ist ein IEV von a) 975 Euro und b) 980 Euro ausgewiesen.
Im Beispiel a) belaufen sich Herstellermarge und Vertriebsvergütung geschätzt auf 25 Euro pro Stück, im Beispiel b) auf 20 Euro. Emittenten und Vertrieb verdienen also im Beispiel b) pro platziertem Zins-Zertifikat weniger als im Beispiel a).
Kündigungsrechte und Kündigungsfolgen
Bei manchen Zins-Zertifikaten mit längeren Laufzeiten ist vorgesehen, dass die Zertifikate-Emittenten zu einem bestimmten Zeitpunkt (oder zu mehreren Zeitpunkten) einseitig kündigen können. Diese Produkte locken in der Regel mit einem etwas höheren Zinssatz. Die Emittenten haben – anders als Sie – durch solche Kündigungsrechte die Flexibilität, beispielsweise auf Änderungen des allgemeinen Zinsniveaus zu reagieren. Einen Kündigungsgrund braucht es nicht. Die Ankündigungsfrist ist kurz. Oft sind es nur wenige Werktage.
Je eher die Kündigung erfolgt, desto mehr fallen etwaige anfänglich gezahlte Erwerbskosten bei der Renditebetrachtung ins Gewicht (siehe Abschnitt "Kosten als Renditefaktor").
Der Zeitpunkt, in dem Sie nach einer Kündigung den Nennwert zurückbekommen, kann ungünstig für die Wiederanlage sein. Außerdem müssen sie beim Wiederanlegen möglicherweise erneut insbesondere mit Erwerbskosten rechnen.
Bei Stufenzins-Anleihen sollten Sie insbesondere prüfen, ob ein Kündigungsrecht gerade dann durch den Emittenten ausgeübt werden kann, bevor ein spürbar höherer Zinssatz greifen würde. Überlegen Sie, ob Sie das Papier auch kaufen würden, wenn die Laufzeit auf den Zeitraum bis zur Kündigung begrenzt wäre.
Bei manchen Zins-Anleihen sind im Kündigungsfall Sonderzahlungen vorgesehen. Ob diese die Einstiegskosten und den Renditeausfall bis zum Laufzeitende ohne Kündigung hinreichend kompensieren, sollten Sie ebenfalls sorgfältig prüfen.
Darauf sollten Sie achten
Nicht nur der Zinssatz ist wichtig: Es geht um Zinsertrag – klar. Maßgeblich ist aber nicht der Zinssatz, sondern was nach Abzug aller Kosten übrigbleibt. In einer Anlageberatung müssen Sie Informationen über alle Kosten der angebotenen Zins-Anleihe und der Dienstleistung und deren Auswirkungen auf die Rendite bekommen. Auch wichtig: Informieren Sie sich nicht nur über die Kosten, sondern holen Sie auch Informationen über den Zertifikate-Herausgeber ein.
Eigene Ziele klarmachen und mitteilen: Suchen Sie ein Produkt, das Sie vor Laufzeitende wieder zu Geld machen könnten? Spielt es für Sie eine Rolle, ob Ihr Investment durch die Einlagensicherung abgesichert wäre? Was ist Ihnen sonst noch wichtig? Erklären Sie Ihrer Beraterin oder Ihrem Berater Ihre Anlageziele und wie Sie zu Risiken stehen. Nur dann kann man Ihnen geeignete Produkte empfehlen.
Neutrales Expertenwissen nutzen: Wer neutralen Rat sucht, kann sich zum Beispiel an unabhängige Honorar-Anlageberaterinnen oder -berater oder an die Verbraucherzentralen wenden.