Erscheinung:21.08.2025 | Thema Bilanzkontrolle, Maßnahmen Pittler Maschinenfabrik AG: Fehlerbekanntmachung für den offengelegten Konzernabschluss zum 31. Dezember 2022 und den zugehörigen zusammengefassten Lagebericht für das Geschäftsjahr 2022
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat im Zuge ihrer Prüfung festgestellt, dass der offengelegte Konzernabschluss zum 31. Dezember 2022 und der zugehörige zusammengefasste Lagebericht für das Geschäftsjahr 2022 der Pittler Maschinenfabrik AG, Langen, fehlerhaft sind.Die Bekanntmachung erfolgt nach § 109 Absatz 2 Satz 1 WpHG.
Es wird festgestellt, dass der offengelegte Konzernabschluss zum Abschlussstichtag 31. Dezember 2022 und der zugehörige zusammengefasste Lagebericht für das Geschäftsjahr 2022 der Pittler Maschinenfabrik AG, Langen, gemäß § 109 Absatz 1 Satz 1 WpHG fehlerhaft sind:
1. Im zusammengefassten Lagebericht und dort im Prognosebericht wird die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens nicht hinreichend erklärt. Prognostiziert wird ein so benanntes „Ergebnis vor Sondereinflüssen“. Dennoch umfasst die Prognose das erwartete Ergebnis in Höhe von 790,0 Tsd. Euro aus der Geschäftstätigkeit eines assoziierten Unternehmens. Im Wirtschaftsbericht des zusammengefassten Lageberichts ist das Ergebnis dieses Unternehmens als Sondereinfluss bezeichnet.
Dies verstößt gegen § 315 Absatz 1 Satz 4 des Handelsgesetzbuches, wonach im Konzernlagebericht die voraussichtliche Entwicklung zu erläutern ist. Dies setzt voraus, dass im Wirtschaftsbericht einbezogene Sondereinflüsse konsequent fortgeschrieben werden. Andernfalls kann zu Unrecht eine Steigerung des Ergebnisses prognostiziert werden.
2. Im Konzernabschluss und dort in der Konzernbilanz zum 31. Dezember 2022 sind die Sachanlagen um 3.527,6 Tsd. Euro und in der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung vom 01. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 die sonstigen Erträge um 338,7 Tsd. Euro sowie die Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte und Sachanlagen sowie als Finanzinvestition gehaltene Immobilien um 314,3 Tsd. Euro zu hoch ausgewiesen. Die Pittler Maschinenfabrik AG erfasste Maschinen im Wert von 3.527,6 Tsd. Euro, die sie verleaste, als Sachanlagen. Die von den Leasingnehmern erhaltenen Zahlungen in Höhe von 338,7 Tsd. Euro erfasste sie als sonstige Erträge und den Werteverzehr der Maschinen in Höhe von 314,3 Tsd. Euro als Abschreibung, obwohl die Leasingverhältnisse nicht als Operating-Leasingverhältnisse, sondern als Finanzierungsleasingverhältnisse einzustufen waren.
Dies verstößt gegen IFRS 16.61 i. V. m. IFRS 16.67 sowie IFRS 16.76. Danach erfolgen der Ansatz und die Bewertung eines Leasingverhältnisses in Abhängigkeit von der Einstufung als Operating- oder Finanzierungleasingverhältnis. Bei Finanzierungsleasingverhältnissen hat ein Unternehmen die gehaltenen Vermögenswerte als Forderungen darzustellen. Erhaltene Leasingzahlungen sind aufzuteilen in Rückzahlungen der Forderungen und Finanzerträge.
3. Im Konzernabschluss und dort im Konzernanhang
a) fehlen in der gesonderten Angabe zu den Leasingverhältnissen, in denen die Pittler Maschinenfabrik AG Leasingnehmer ist, die Angabe oder Querverweise zu der Angabe des Umstandes, dass das Unternehmen kurzfristige Leasingverhältnisse nach IFRS 16.6 bilanzierte, des Aufwands für kurzfristige Leasingverhältnisse und Leasingverhältnisse über einen Vermögenswert mit einem geringen Wert, die nach IFRS 16.6 bilanziert wurden, sowie der gesamten Zahlungsmittelabflüsse für Leasingverhältnisse.
Dies verstößt gegen IFRS 16.52 i. V. m. IFRS 16.60 sowie IFRS 16.53 Buchstaben c, d und g,wonach ein Leasingnehmer die zu bestehenden Leasingverhältnissen erforderlichen Angaben zusammengefasst darzustellen hat.
b) wird bei den Angaben nach IAS 16 nicht nach Sachanlagen, welche die Pittler Maschenfabrik AG als Leasinggeber nutzt, und Sachanlagen, welche das Unternehmen selbst nutzt, getrennt.
Dies verstößt gegen IFRS 16.95, wonach bei Angaben nach IAS 16 nach Vermögenswerten, für die ein Operating-Leasingverhältnis besteht, und solchen, die das berichtende Unternehmen selbst hält und nutzt, zu trennen ist.
4. Im Konzernabschluss und dort im Konzernanhang fehlen die Angaben zu dem Umstand,
a) dass sich die DVS Technology AG gegenüber der Pittler Maschinenfabrik AG verpflichtete, künftig Leasingverhältnisse einzugehen, und für Verpflichtungen der Pittler Maschinenfabrik AG gegenüber Dritten uneingeschränkt die gesamtschuldnerische Mithaftung übernahm; Kinder des Mehrheitsaktionärs der Pittler Maschinenfabrik AG waren Geschäftsführer des Unternehmens, welches Mehrheitsaktionär der DVS Technology AG war.
Dies verstößt gegen IAS 24.18, wonach Informationen über Geschäftsvorfälle mit nahestehenden Unternehmen, die die Abschlussadressaten benötigen, um die möglichen Auswirkungen der Beziehung zwischen dem rechnungslegenden und dem nahestehenden Unternehmen auf den Abschluss nachzuvollziehen, sowie über Forderungen und Verbindlichkeiten, einschließlich Verpflichtungen, darzulegen sind. Nach IAS 24.9 Buchstabe b Nummer vii, Buchstabe a Nummer i sind nahestehend auch Unternehmen, bei denen die Geschäftsführer ihres Mutterunternehmens nahe Familiengehörige der Person sind, welche das berichtende Unternehmen beherrscht.
b) dass es sich bei den Geschäftsvorfällen mit der DVS Production GmbH, der Carborundum Schleifmittelfabrik GmbH, der Albert Klopfer GmbH sowie der SWS Grundstücksverwaltungsgesellschaft GmbH um Leasingverhältnisse handelte; der indirekte Mehrheitsaktionär der Pittler Maschinenfabrik AG war Vater der Geschäftsführer des Unternehmens, welches Mehrheitsaktionär der DVS Production GmbH war, sowie ebenfalls Mehrheitsaktionär der Carborundum Schleifmitteltechnik GmbH und der SWS Grundstücksverwaltungsgesellschaft GmbH; überdies hielt die Pittler Maschinenfabrik AG einen Anteil von über 20 % an der Albert Klopfer GmbH.
Dies verstößt gegen IAS 24.18 i. V. m. IAS 24.21 Buchstabe d, IAS 24.9 Buchstabe b Nummer i, Nummer ii, Nummer vii sowie IAS 24.9 Buchstabe a Nummer i. Die Pflicht zur Information über Geschäftsvorfälle mit nahestehende Unternehmen umfasst Leasingverhältnisse. Nahestehend sind auch Unternehmen, bei denen die Geschäftsführer ihres Mutterunternehmens nahe Familiengehörige der Person sind, welche das berichtende Unternehmen beherrscht und die von derselben Person wie das berichtende Unternehmen beherrscht werden, sowie assoziierte Unternehmen.
c) wie die Vergütung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Pittler Maschinenfabrik AG in kurzfristig fällige Leistungen, Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, andere langfristig fällige Leistungen, Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und anteilsbasierte Vergütungen aufgegliedert war.
Dies verstößt gegen IAS 24.17, wonach im Konzernanhang die Vergütungen der Mitglieder des Managements in Schlüsselpositionen nicht nur insgesamt, sondern auch gesondert für einzelne Kategorien anzugeben sind.
5. Im Konzernabschluss und dort in der Kapitalflussrechnung vom 01. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 ist der Posten „Cashflow aus der Investitionstätigkeit“ um 3.487,7 Tsd. Euro zu gering ausgewiesen. Zum einen wurden dort Zahlungsmittelabflüsse in Höhe von 1.218,5 Tsd. Euro erfasst, obgleich die Barmittel noch nicht abgeflossen waren oder es sich um zahlungsunwirksame Transaktionen handelte. Zum anderen wurde ein Betrag in Höhe von 2.269,2 Tsd. Euro, der zur Tilgung eines Darlehens geleistet worden war, als Zahlungsmittelabfluss aus Investitionstätigkeit ausgewiesen.
Dies verstößt gegen IAS 7.10, IAS 7.43 sowie IAS 7.16. Die Kapitalflussrechnung hat demnach Zahlungsströme der Periode zu enthalten. Investitions- und Finanzierungstransaktionen, für die im abgelaufenen Geschäftsjahr keine Zahlungsmittel oder Zahlungsmitteläquivalente eingesetzt wurden, sind nicht Bestandteil der Kapitalflussrechnung. Als Investitionstätigkeit einzustufen sind nur Ausgaben, die zu in der Bilanz angesetzten Vermögenswerten führten.
6. Im Konzernabschluss und dort in der Konzernbilanz zum 31. Dezember 2022 ist der Posten „Forderungen und sonstige finanzielle Vermögenswerte“ um 1.654,2 Tsd. Euro zu hoch ausgewiesen. Die Pittler Maschinenfabrik AG erfasste dort auch erworbene Rechte, die es ihr erlauben, künftig Maschinen zu bereits vereinbarten Kaufpreisen zu erwerben.
Dies verstößt gegen IAS 32.11. Die erworbenen Rechte fallen nicht unter die Definition eines finanziellen Vermögenswertes; insbesondere handelt es sich nicht um vertragliche Rechte darauf, Zahlungsmittel oder andere finanzielle Vermögenswerte zu erhalten oder finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten mit einem anderen Unternehmen zu potenziell vorteilhaften Bedingungen zu tauschen.
7. Im Konzernabschluss und dort in Konzernbilanz zum 31. Dezember 2022 enthält der Posten „Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung und sonstige finanzielle Verbindlichkeiten“ neben Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung auch eine Verpflichtung in Höhe von 2.097,1 Tsd. Euro, ein zur Verfügung gestelltes Darlehen zurückzuzahlen; im Konzernanhang wird diese Verpflichtung als Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung und nicht als finanzielle Verbindlichkeit eingestuft.
Dies verstößt gegen IAS 1.54 Buchstaben k und m, wonach Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistungen und finanzielle Verbindlichkeiten getrennt in der Konzernbilanz auszuweisen sind. Darlehensverbindlichkeiten zählen nicht zu Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung.
8. Im Konzernabschluss und dort in der Konzern-Gesamtergebnisrechnung vom 01. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 ist das sonstige Ergebnis um 188,5 Tsd. Euro zu gering ausgewiesen. Um diesen Betrag überstieg der beizulegende Zeitwert der Zahlung für den Erwerb weiterer Anteile an dem von der Pittler Maschinenfabrik AG vollkonsolidierten Tochterunternehmen SWS Spannwerkzeuge GmbH den Betrag, um den die nicht beherrschenden Anteile im Eigenkapital angepasst wurden.
Dies verstößt gegen IFRS 10.B96, wonach jede Differenz, die sich aus dem Betrag, um den nicht beherrschende Anteile angepasst werden, und dem beizulegenden Zeitwert der gezahlten Gegenleistung ergibt, unmittelbar im Eigenkapital zu erfassen und den Eigentümern des Mutterunternehmens zuzuordnen ist.