Erscheinung:25.03.2020, Stand:geändert am 17.03.2022AUSGELAUFEN: Beschränken die MaRisk die Möglichkeit, Überbrückungskredite im Krisenfall zu geben? Wie sind die Vorschriften des BTO 1.2.1, BTO 1.2.4 und BTO 1.2.5 hier auszulegen?
Die Regelungen der MaRisk im Bereich Kreditgeschäft legen Mindestanforderungen insbesondere an die Funktionstrennung und Votierung (BTO 1.1, u. a. zur Beteiligung von Markt und Marktfolge bei risikorelevanten Engagements) sowie an die Prozesse im Kreditgeschäft (BTO 1.2) fest. Letztere betreffen unter anderem die Kreditgewährung (BTO 1.2.1), die Intensivbetreuung (BTO 1.2.4) und die Problemkreditbearbeitung (BTO 1.2.5). BTO 1.2.4 regelt insbesondere die Notwendigkeit von feststehenden Kriterien, wann ein Engagement einer gesonderten Beobachtung und einer intensiven Betreuung zu unterziehen ist: Die Entwicklung dieser Kriterien und die regelmäßige Überprüfung muss außerhalb des Marktes angesiedelt sein. Bei der Festlegung der Kriterien hat das Institut insbesondere solche Engagements in die Analyse einzubeziehen, bei denen Zugeständnisse hinsichtlich der Rückzahlungsmodalitäten des Kreditnehmers gemacht wurden (Forbearance). Für die Normal- und Intensivbetreuung von Kreditnehmern gelten vergleichbare organisatorische Anforderungen und Prozesse bei unterschiedlichem Betreuungsaufwand für das Kreditengagement. Für die Bearbeitung von Problem- und Sanierungskrediten gelten hiervon abweichende organisatorische Mindestanforderungen. Insbesondere darf hier die Bearbeitung und Betreuung nur noch außerhalb des Marktes erfolgen (BTO 1.2.5).
Die MaRisk in ihrer derzeitigen Fassung regeln damit zwar, welchen aufbau- und ablauforganisatorischen Anforderungen Kreditgewährungen und die laufende Engagementbetreuung genügen müssen. Sie regeln aber nicht, nach welchen Kriterien und unter welchen Voraussetzungen eine Stundung zugunsten eines Kreditnehmers oder die Gewährung eines neuen Kredits als Überbrückungskredit überhaupt erfolgen darf. Dies muss ein Institut im Rahmen banküblicher Sorgfaltspflichten in eigener geschäftspolitischer Verantwortung entscheiden. Daran, was noch als banküblich gelten darf, sind im Fall einer schweren Krise bzw. eines externen Schocks mit einer unerwarteten Fallzahl von Intensiv- und Problemkrediten gewiss andere Maßstäbe anzulegen als in Normalzeiten. Dies wird die Aufsicht auch im Rahmen der laufenden Aufsicht und bei späteren Prüfungen berücksichtigen, insbesondere auch dann, wenn Institute weitere Kredite an denselben Kreditnehmer im Rahmen der von öffentlicher Seite aufgelegten Förderprogramme zur Eindämmung der Krise vergeben.
Allerdings müssen auch für Überbrückungskredite (bzw. Stundungen) bei der Kreditgewährung die damit verbundenen Risiken angemessen gewürdigt werden. Inwieweit ein Institut bereit ist, diese Risiken einzugehen, ist nach eigener geschäftspolitischer Beurteilung zu entscheiden. Die Geschäftspolitik wird dabei regelmäßig auch die derzeitige Krisensituation, die sich auf viele Kreditnehmer auswirken wird, berücksichtigen und dabei beispielsweise auch auf die Dauerhaftigkeit von Geschäftsbeziehungen abstellen. Ferner wird eine Bank, auch wenn sie die besonderen Auswirkungen einer unverschuldeten Krise auf ihre Kreditnehmer und/oder Garantien und Haftungsfreistellungen berücksichtigen wird, auch bei flexibler Ausgestaltung der Kreditkonditionen und flexibler Handhabung banküblicher Instrumente feststellen müssen, ob wesentliche Leistungsstörungen vorliegen. Dann wäre nach Maßgabe von BTO 1.2.5 Tz. 2 der MaRisk zu prüfen, ob ein Engagement trotz wesentlicher Leistungsstörungen noch in der Intensivbetreuung verbleiben kann. Dies ist auch bei wesentlichen Leistungsstörungen noch zulässig, wenn das Adressenausfallrisiko des Kredits zumindest begrenzt werden kann und diese Beurteilung und das daran anknüpfende Vorgehen (die bankübliche intensive Begleitung des Kredites ohne Sanierungsgutachten) mit den auf die Sanierung und Abwicklung spezialisierten Mitarbeitern abgestimmt ist, sowie rechtliche Risiken hinreichend geprüft worden sind.